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BFH, 06.03.1952 - IV 31/52 U - Anerkennung der Buchführung durch Aufzeichnung aller Geschäftsvorgänge; Ordnungsgemäße Buchführung eines Kaufmanns durch Verbuchung der Bargeschäfte in einem Kassenbuch; Ordnungsgemäße Buchführung zur Unterscheidung eines Privatmanns und Unternehmers
Bundesfinanzhof
v. 06.03.1952, Az.: IV 31/52 U
Anerkennung der Buchführung durch Aufzeichnung aller Geschäftsvorgänge; Ordnungsgemäße Buchführung eines Kaufmanns durch Verbuchung der Bargeschäfte in einem Kassenbuch; Ordnungsgemäße Buchführung zur Unterscheidung eines Privatmanns und Unternehmers
Fundstellen:
BFHE 56, 276 - 278
BStBl III 1952, 108
DB 1952, 406-407 (Volltext mit amtl. LS)
BFH, 06.03.1952 - IV 31/52 U
Amtlicher Leitsatz:
Eine ordnungsmäßige kaufmännische Buchführung erfordert die Verbuchung der Bargeschäfte in einem Kassenbuch.
Zusammenfassung:
Eine ordnungsmäßige kaufmännische Buchführung erfordert die Verbuchung der Bargeschäfte in einem Kassenbuche.
Tatbestand
1
Der Beschwerdeführer (Bf.), ein Flüchtling aus der Tschechoslowakei, betreibt einen Textilgroßhandel, außerdem ist er auch als Vertreter tätig. Seine Firma ist im Handelsregister eingetragen. Seinen Gewinn ermittelt er auf Grund doppelter Buchführung.
2
Bei einer Betriebsprüfung im Oktober 1950 wurde festgestellt, daß der Bf. seit 1. Juni 1947 keine Geschäftskasse und kein Kassenbuch mehr führte und die baren Betriebseinnahmen und -ausgaben nicht über Kassakonto, sondern über Privatkonto verbuchte.
3
Aus diesem Grunde verwarf das Finanzamt die Buchführung als nicht ordnungsmäßig, machte für II/1948 und 1949 Unsicherheitszuschläge beim Umsatz von je 1.000,00 DM und beim Gewinn von je 500,00 DM und versagte die Steuervergünstigung der Bewertungsfreiheit nach §7 der Einkommensteuer-Durchführungsverordnung (EStDVO) 1949.
4
Dagegen wandte sich die Sprungberufung. Als im Berufungsverfahren durch eine erneute Prüfung der Buchführungsunterlagen festgestellt wurde, daß im zweiten Halbjahr 1948 zwei bare Eingänge nicht verbucht waren, nahm der Bf. die Berufung für II/1948 zurück und erhielt sie nur für 1949 aufrecht.
5
Die Berufung blieb ohne Erfolg. Das Finanzgericht schloß sich der Auffassung des Finanzamts an, daß der Buchführung des Bf. die Anerkennung als ordnungsmäßig zu versagen sei.
6
Mit der Rechtsbeschwerde (Rb.) wird der bisherige Standpunkt verfochten, daß die Art der Verbuchung grundsätzlich zu den Maßnahmen eines Unternehmers gehöre, die keiner gesetzlichen Vorschrift unterliege. Es sei in das Belieben des Unternehmers gestellt, ob er eine Geschäftskasse führen wolle oder nicht. Der Bf. habe sich entschlossen, keine Geschäftskasse zu führen, was aber die Ordnungsmäßigkeit seiner Buchführung nicht in Frage stellen könne. Da für 1949 keinerlei sachliche Unrichtigkeiten trotz zweimaliger Prüfung festgestellt seien, müsse die Buchführung als ordnungsmäßig anerkannt werden.
Entscheidungsgründe
7
Die Rb. ist unbegründet.
8
Wie das Finanzgericht mit Recht voranstellt und worauf auch der Bf. fußt, ist es grundsätzlich in das Belieben des Unternehmers gestellt, welches Buchführungssystems er sich bedienen will. Für die Frage der Ordnungsmäßigkeit der Buchführung und deren steuerliche Anerkennung spielt das System keine Rolle.
9
Was aber für die Anerkennung wichtig ist, und worauf das entscheidende Gewicht zu legen ist, ist die Widerspiegelung aller tatsächlichen Geschäftsvorfälle nach ihrem wirklichen Ablauf in der Buchführung, und die jederzeitige Kontrollmöglichkeit. Diesen Grundforderungen, die an eine Buchführung gestellt werden müssen, wenn sie steuerlich anerkannt werden und die Voraussetzung zur Gewährung von Vergünstigungen bieten soll, wird die Art der Buchführung des Bf. nicht gerecht.
10
Der Bf. will darlegen, daß gerade die Buchungsart, die er gewählt hat, nämlich alle Verkäufe über das Privatkonto zu leiten, dem wirklichen Ablaufe der Geschehnisse entspreche. Das ist aber nicht der Fall. Die vom Bf. vorgenommene Buchung geht z.B. von der Konstruktion aus, daß der Privatmann L. eine Geschäftsforderung gegen einen Kunden einzieht und bucht deshalb Privatkonto Soll - Debitorenkonto Haben. Ein Vorgang, der sich einzig und allein in der geschäftlichen Sphäre abspielt, wird in der Buchführung als ein Vorgang hingestellt, der zwischen dem Geschäftskunden und Privatmann L. einerseits und zwischen Privatmann L. und Unternehmer L. andererseits abläuft. Dem Bf. ist zuzugeben, daß bei dem Fehlen einer Geschäftskasse und eines Kassenkontos die vorgenommenen Buchungen der Logik entsprechen. Aber gerade das Fehlen der Geschäftskasse ist der Verstoß gegen das Erfordernis der Ordnungsmäßigkeit der Buchführung. Der Geldverkehr ist einer der Angelpunkte eines Gewerbebetriebes. Dem hat die Buchführung Rechnung zu tragen. Eine Buchführung, die das nicht tut, ist keine ordnungsmäßige kaufmännische Buchführung im Sinne des Handels- und Steuerrechts. Sie verstößt gegen den Hauptgrundsatz der Klarheit und Wahrheit. Da überdies die baren Geschäftsvorfälle nach den unwidersprochen gebliebenen Feststellungen des Betriebsprüfers im Betriebe des Bf. eine nicht unerhebliche Rolle gespielt haben, war die Führung einer Geschäftskasse und demgemäß eines Kassakontos um so mehr geboten.
11
Die Buchführung läßt auch die Möglichkeit einer reibungslosen Kontrolle vermissen, was die Ordnungsmäßigkeit ebenfalls in Frage stellt. Es spricht eine gewisse Wahrscheinlichkeit dafür, daß die Führung der Geschäftskasse und des Kassakontos seinerzeit wegen der Unstimmigkeiten aufgegeben ist, wenn der Bf. dies auch bestreitet.
12
Da der Buchführung mithin die Ordnungsmäßigkeit abzusprechen ist, haben die Vorbehörden mit Recht nach § 217 der Reichsabgabenordnung (AO) Unsicherheitszuschläge gemacht. Dem steht nicht entgegen, daß für 1949 kein Fall einer tatsächlichen Unterlassung von Buchungen festgestellt ist. Die Prüfung für die Vorjahre hat gezeigt, daß in der Tat Buchungen unterblieben waren; das war Veranlassung genug, auch für 1949 Unsicherheitszuschläge anzusetzen. Da sich der Zuschlag überdies in sehr bescheidenen Grenzen hält, ist er nicht zu beanstanden.
13
Die Versagung der Bewertungsfreiheit war mangels einer ordnungsmäßigen Buchführung nach § 7 EStDVO geboten.
14
Damit tritt der Senat dem Urteil des Obersten Finanzgerichtshofs vom 25. August 1950 (Amtsblatt des Württ.-Bad. Finanzministeriums 1950 S. 500) bei, das in einem sehr ähnlich gelagerten Fall ergangen ist.
15
Die Rb. kann keinen Erfolg haben.