Rechtsdatenbank
Welche Fragen Arbeitgeber auch zum Thema Sozialversicherungsrecht bewegen: Die Rechtsdatenbank der AOK liefert die Antworten – einfach, fundiert und topaktuell.

Welche Fragen Arbeitgeber auch zum Thema Sozialversicherungsrecht bewegen: Die Rechtsdatenbank der AOK liefert die Antworten – einfach, fundiert und topaktuell.
Gewerkschaft - Werbung im Betrieb
Gewerkschaft - Werbung im Betrieb
Inhaltsübersicht
- 1.
- 2.
- 3.
- 4.
- 5.Rechtsprechungs-ABC
- 5.1
- 5.2
- 5.3
- 5.4
- 5.5
- 5.6
- 5.7
- 5.8
- 5.9
- 5.10
- 5.11
- 5.12
- 5.13
- 5.14
Information
1. Allgemeines
Der Stellenwert einer Gewerkschaft zeigt sich daran, wie "rührig" sie ist. Die Mitglieder und Arbeitnehmer, die Mitglied werden wollen, müssen wissen, dass es "ihre" Gewerkschaft gibt und was "ihre" Gewerkschaft für sie tut. Das Instrumentarium gewerkschaftlicher Werbung ist zwar weit gefächert. Am wirkungsvollsten ist es für sie jedoch, die Arbeitnehmer dort anzusprechen, wo sie ihre Probleme haben: am Arbeitsplatz. Und gerade das macht anderen wiederum Probleme: den Arbeitgebern.
2. Der Grundsatz vertrauensvoller Zusammenarbeit
§ 2 Abs. 1 BetrVG verpflichtet
Arbeitgeber und
Betriebsrat
unter Beachtung der geltenden Tarifverträge vertrauensvoll und im Zusammenwirken mit den im Betrieb vertretenen Gewerkschaften und Arbeitgebervereinigungen zum Wohl der Arbeitnehmer und des Betriebs zusammenzuarbeiten.
Zur Wahrnehmung der im BetrVG genannten Aufgaben und Befugnisse der im Betrieb vertretenen Gewerkschaften ist deren Beauftragten nach Unterrichtung des Arbeitgebers oder seines Vertreters Zugang zum Betrieb zu gewähren, soweit dem nicht unumgängliche Notwendigkeiten
des Betriebsablaufs,
zwingende Sicherheitsvorschriften oder
der Schutz von Betriebsgeheimnissen
entgegenstehen (§ 2 Abs. 2 BetrVG). Die Aufgaben der Gewerkschaften, insbesondere die Wahrnehmung der Interessen ihrer Mitglieder, werden durch dieses Gesetz nicht berührt (§ 2 Abs. 3 BetrVG).
3. Das Zutrittsrecht wegen BetrVG-Aufgaben
Das Zutrittsrecht in § 2 Abs. 2 BetrVG bezieht sich auf die Wahrnehmung der im BetrVG genannten Aufgaben und Befugnisse, zum Beispiel:
Zusammenarbeit mit Arbeitgeber und Betriebsrat, § 2 Abs. 1 BetrVG
Einreichung von Wahlvorschlägen, § 14 Abs. 3 BetrVG
Entsendung in den Wahlvorstand, § 16 Abs. 2 BetrVG
Teilnahme an Sitzungen des Betriebsrats, § 31 BetrVG
Verständigung nach Aussetzung eines Betriebsratsbeschlusses, § 35 Abs. 1 BetrVG
Beantragung einer Betriebsversammlung, § 43 Abs. 3 BetrVG
Teilnahme an Sitzungen des Wirtschaftsausschusses, § 108 Abs. 1 BetrVG
Die Werbung von Mitgliedern ist keine BetrVG-Aufgabe der Gewerkschaft. Sie ist im BetrVG in keiner einzigen Bestimmung hinterlegt. Es handelt sich vielmehr um eine allgemeine koalitionsspezifische Betätigung.§ 2 Abs. 2 BetrVG ist allerdings nicht abschließend und steht insoweit einem Zutrittsrecht zu Werbezwecken nicht entgegen (BAG, 28.02.2006 - 1 AZR 460/04).
4. Zulässigkeit gewerkschaftlicher Werbung im Betrieb
Die Mitgliederwerbung ist Teil der durch Art. 9 Abs. 3 GG geschützten Betätigungsfreiheit der Gewerkschaften. Grundsätzlich haben Gewerkschaften daher einen ebenfalls aus Art. 9 Abs. 3 GG abzuleitenden Anspruch darauf, in Betrieben Mitgliederwerbung zu betreiben. Das dürfen sie mit eigenen und sogar auch mit betriebsfremden Beauftragten tun (BAG, 28.02.2006 - 1 AZR 460/04).
Zu der durch Art. 9 Abs. 3 GG geschützten Betätigungsfreiheit der Gewerkschaften gehören
die Befugnis, selbst zu bestimmen, welche Personen sie mit der Werbung betrauen, und
die Möglichkeit, dort um Mitglieder zu werben, wo Arbeitnehmer zusammenkommen und als solche angesprochen werden können.
Da es keine ausdrückliche gesetzliche Regelung des Zugangsrechts zu Werbezwecken gibt, müssen die Arbeitsgerichte unter Beachtung der Vorgaben in Art. 9 Abs. 3 GG die notwendigen Schranken setzen. Dabei ist zwischen
dem gewerkschaftlichen Interesse an einer effektiven Mitgliederwerbung und
den ebenfalls verfassungsrechtlich geschützten Belangen des Arbeitgebers und Betriebsinhabers
abzuwägen. Schützenswerte Interessen des Arbeitgebers sind
sein Haus- und Eigentumsrecht sowie
sein Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb (Art. 2 Abs. 1, 13 u. 14 GG).
Aber: Nach Art. 9 Abs. 3 Satz 2 GG sind Abreden, die Rechte aus Art. 9 Abs. 3 Satz 1 GG einschränken oder zu behindern suchen, nichtig und hierauf gerichtete Maßnahmen rechtswidrig. Insoweit ist die Koalitionsfreiheit auch vor einer privatrechtlichen Beeinträchtigung geschützt. Trotzdem: Es liegt keine Einschränkung oder Behinderung gewerkschaftlicher Betätigung vor, wenn ein Arbeitgeber in Ausübung seines Haus- und Eigentumsrechts nur bestimmten Personen - zum Beispiel seinen Mitarbeitern und Kunden - den Zutritt gestattet, ihn sonstigen Personengruppen dagegen verwehrt (BAG, 28.02.2006 - 1 AZR 460/04). So ist eine Maßnahme unter Wahrnehmung des Eigentums- und Hausrechts, die nicht gezielt die Gewerkschaften ausgrenzt, keine Art. 9 Abs. 3 Satz 2 GG-widrige Maßnahme (zum alle koalitionsspezifischen Verhaltensweisen umfassenden Schutzbereich des Art. 9 Abs. 3 Satz 1 GG: BVerfG, 14.11.1995 - 1 BvR 601/92).
Die von den Gerichten geforderte Herstellung praktischer Konkordanz zwischen
dem Recht der Gewerkschaften auf betriebliche Mitgliederwerbung einerseits und
den gegenläufigen Rechten des Arbeitgebers und Betriebsinhabers andererseits
lässt
weder eine generelle Anerkennung
noch eine generelle Versagung
des Zutrittsrechts (betriebsfremder) Gewerkschaftsbeauftragter zu. Entscheidend sind die Umstände des Einzelfalls. Dazu gehören:
Ausmaß und Intensität des beanspruchten Zugangsrechts
Häufigkeit, Dauer und Zeitpunkt der Besuche
Anzahl der Gewerkschaftsbeauftragten im Verhältnis zur Anzahl der Mitarbeiter
Interesse des Arbeitgebers an einem störungsfreien Betriebsablauf
Wahrung des Betriebsfriedens
Geheimhaltungs- und Sicherheitsinteressen
Ausmaß des personellen und sachlichen Aufwands für die Besuche
Ort der beabsichtigten Besuche
So gehört beispielsweise die Verteilung gewerkschaftlicher Werbe- und Informationsschriften während der Arbeitszeit der Empfänger nicht zum Kernbereich einer koalitionsmäßigen Betätigung (BAG, 26.01.1982 - 1 AZR 610/80). Ebenso wenig gehört es zum verfassungsrechtlich geschützten Kernbereich, eine periodisch erscheinende Gewerkschaftszeitung im Betrieb ausschließlich an Gewerkschaftsmitglieder zu verteilen (BAG, 23.02.1979 - 1 AZR 540/77). Der Arbeitgeber kann seinen Mitarbeitern auch untersagen, gewerkschaftliche Werbe- und Informationsschriften über ein hausinternes Postverteilungssystem, das für dienstliche Zwecke eingerichtet worden ist, an seine Arbeitnehmer zu verteilen (BAG, 23.09.1986 - 1 AZR 597/85). Auf der anderen Seite gehört die gewerkschaftliche Mitgliederwerbung über Plakate schon zum Kernbereich koalitionsmäßiger Betätigung, wenn lediglich mit satzungsgemäßen Leistungen - hier zum Beispiel Arbeits- und Sozialrechtsschutz - geworben wird (BAG, 30.08.1983 - 1 AZR 121/81). Der Betriebsrat darf als Gremium Betriebsrat keine Mitgliederwerbung für eine Gewerkschaft machen (so schon: BVerfG, 26.05.1970 - 2 BvR 664/65 - und BAG, 14.02.1967 - 1 AZR 494/65). In der Regel ist es angesagt, dass der Arbeitgeber über den Zeitpunkt des Besuchs und die Person des oder der Beauftragten unterrichtet wird.
5. Rechtsprechungs-ABC
An dieser Stelle werden einige der interessantesten Entscheidungen zum Thema Gewerkschaft - Werbung im Betrieb nach Stichwörtern geordnet in alphabetischer Reihenfolge hinterlegt:
5.1 Auflösung des Betriebsrats
Der Betriebsrat hat nach § 2 Abs. 1 BetrVG"vertrauensvoll" mit "den im Betrieb vertretenen Gewerkschaften" zum Wohl von Arbeitnehmern und Betrieb zusammenzuarbeiten. Zu den Aufgaben des Betriebsrats gehört es nach § 43 Abs. 1 Satz 1 BetrVG auch, regelmäßige Betriebsversammlungen durchzuführen. "Auf Antrag einer im Betrieb vertretenen Gewerkschaft muss der Betriebsrat vor Ablauf von zwei Wochen nach Eingang des Antrags eine Betriebsversammlung nach Absatz 1 Satz 1 [des § 43 BetrVG] einberufen, wenn im vorausgegangenen Kalenderhalbjahr keine Betriebsversammlung und keine Abteilungsversammlungen durchgeführt worden sind." Weigert sich der Betriebsrat beharrlich, Betriebsversammlungen durchzuführen, kann das ein Fall sein, der einen Auflösungsantrag der Gewerkschaft nach § 23 Abs. 1 BetrVG rechtfertigt (ArbG Stuttgart, 24.07.2013 - 22 BV 13/13).
5.2 Betriebsfremde Beauftragte - 1
Gewerkschaften können die Mitgliederwerbung in den Betrieben auch durch betriebsfremde Beauftragte vornehmen. Sie dürfen innerhalb der Garantie des Art. 9 Abs. 3 Satz 1 GG selbst bestimmen, welche Personen sie mit der Werbung beauftragen (BAG, 28.02.2006 - 1 AZR 460/04 - mit dem Hinweis, dass die Gewerkschaft dabei das Haus- und Eigentumsrecht des Arbeitgebers und sein Interesse an einem störungsfreien Arbeitsablauf zu wahren hat).
5.3 Betriebsfremde Beauftragte - 2
Will eine Gewerkschaft einmal im Kalenderhalbjahr in Pausenzeiten gewerkschaftliche Werbemaßnahmen durchführen, muss der Arbeitgeber das auch dann dulden, wenn die Werbemaßnahmen durch betriebsfremde Beauftragte durchgeführt werden sollen. Zieht man dabei die Wertungen des § 43 Abs. 4 BetrVG - eine Betriebsversammlung im Kalenderhalbjahr - heran, kann davon ausgegangen werden, dass bei dieser Häufigkeit Arbeitgeberinteressen nicht unverhältnismäßig beeinträchtigt werden. "Das Verlangen einer Gewerkschaft, einmal im Kalenderhalbjahr im Betrieb Mitgliederwerbung durch betriebsfremde Beauftragte zu betreiben, entspricht in der Regel dem Gebot praktischer Konkordanz" (BAG, 22.06.2010 - 1 AZR 179/09).
5.4 E-Mail ins Homeoffice?
Während der "Corona"-Pandemie haben viele Arbeitnehmer im Zuhause-Büro gearbeitet. Das hatte für sie den Vorteil, wegen eingeschränkter Kontakte einer geringeren Ansteckungsgefahr ausgesetzt zu sein. Auf der anderen Seite stand jedoch der Nachteil, im Homeoffice weniger betriebliche und gewerkschaftliche Informationen zu bekommen. Das brachte Gewerkschaft G auf den Gedanken, von Arbeitgeber A zu verlangen, dass er ihre Informationen vom Betrieb aus an die dienstlichen E-Mail-Adressen der bei ihm beschäftigten Mitarbeiter verschickt. A hielt das für keine gute Idee und weigerte sich, G's Wunsch zu entsprechen. Zu Recht: "Es besteht keine Verpflichtung des Arbeitgebers, E-Mails mit einem von einer Arbeitnehmervereinigung gestalteten Inhalt an alle bei ihm Beschäftigten zu versenden. Dies gilt jedenfalls dann, wenn der Arbeitgeber der Arbeitnehmervereinigung über das hauseigene Intranet die Möglichkeit gewährt, Information an alle bei ihm Beschäftigten zur Verfügung zu stellen" (ArbG Bonn, 11.05.2022 - 2 Ca 93/22 - Leitsatz).
5.5 E-Mail-Werbung - 1
Schickt eine Gewerkschaft ungefragt Mitarbeitern eines Unternehmens, denen eine private Nutzung der betrieblichen E-Mail-Adresse untersagt ist, elektronische Nachrichten mit gewerkschaftlichen Inhalten, braucht der Arbeitgeber das grundsätzlich nicht zu dulden. Das muss er auch dann nicht tun, wenn die Gewerkschaft in ihren E-Mails zu betrieblichen Umstrukturierungsplänen Stellung bezieht. Die grundgesetzlich durch Art. 9 Abs. 3 GG geschützte Koalitionsfreiheit garantiert die Nutzung moderner Kommunikationsmittel nicht per se (ArbG Frankfurt, 12.04.2007 - 11 Ga 60/07).
5.6 E-Mail-Werbung - 2
Eine tarifzuständige Gewerkschaft - hier: ver.di - darf sich auch dann über die betriebliche E-Mail-Adresse an Arbeitnehmer wenden, wenn der Arbeitgeber den Gebrauch der betrieblichen E-Mail-Adresse seiner Arbeitnehmer für private Zwecke untersagt hat. Die Entscheidung einer Gewerkschaft, Arbeitnehmer auf diesem Weg zu erreichen, ist Teil ihrer durch Art. 9 Abs. 3 GG geschützten gewerkschaftlichen Betätigungsfreiheit. Etwas anderes kann nur anzunehmen sein, wenn durch die E-Mail-Werbung eine Störung des Betriebsablaufs eintritt oder der Arbeitgeber messbare wirtschaftliche Nachteile hat (BAG, 20.01.2009 - 1 AZR 515/08).
5.7 "im Betrieb vertreten"
Nach § 17 Abs. 4 Satz 1 BetrVG bestellt das Arbeitsgericht auf Antrag von mindestens drei wahlberechtigten Arbeitnehmern oder einer im Betrieb vertretenen Gewerkschaft einen Wahlvorstand, wenn trotz Einladung keine Betriebsversammlung stattfindet oder die Betriebsversammlung keinen Wahlvorstand wählt. Vertreten i.S. des § 17 Abs. 4 Satz 1 BetrVG ist eine Gewerkschaft, wenn ihr mindestens ein Arbeitnehmer des Betriebs als Mitglied angehört und dieser Arbeitnehmer nach der Satzung der Gewerkschaft nicht offensichtlich zu Unrecht als Mitglied aufgenommen wurde (BAG, 10.11.2004 - 7 ABR 19/04 - mit dem Hinweis, dass dabei die Tarifzuständigkeit der Gewerkschaft für den Betrieb oder das Unternehmen nicht erforderlich ist).
5.8 Konkurrierende Gewerkschaft
Die gewerkschaftliche Mitgliederwerbung wird durch Art. 9 Abs. 3 Satz 1 GG garantiert. Dieses Recht gilt auch gegenüber konkurrierenden Gewerkschaften. Ausnahme: Die werbende Gewerkschaft versucht mit unlauteren Mitteln Mitglieder an- und abzuwerben oder sie zielt auf die Existenzvernichtung der Konkurrentin (BAG, 31.05.2005 - 1 AZR 141/04 - hier: Zulässigkeit befristeter Sonderkonditionen für Neumitglieder).
5.9 Mitbestimmung
Manchmal passieren Sachen …, da verlangte der Betriebsrat vom Arbeitgeber, es zu unterlassen, im Betrieb beschäftigten Gewerkschaftsmitgliedern ohne seine vorherige Zustimmung oder einen entsprechenden Beschluss der Einigungsstelle zu untersagen, außerhalb der Arbeitszeit einen Informationsstand aufzubauen und gewerkschaftliches Informationsmaterial zu verteilen. Und dann? Dann ist er damit in drei Instanzen gescheitert: "Das von Art. 9 Abs. 3 GG geschützte Recht betriebsangehöriger Gewerkschaftsmitglieder, sich durch die Verteilung gewerkschaftlichen Informations- oder Werbematerials im Betrieb aktiv an der koalitionsgemäßen Betätigung ihrer Gewerkschaft zu beteiligen und diese dadurch bei der Verfolgung ihrer koalitionsspezifischen Ziele zu unterstützen, unterliegt nicht der Regelungsmacht der Betriebsparteien" (BAG, 28.07.2020 – 1 ABR 41/18 – Leitsatz).
5.10 Nicht tariffähige Koalition
Auch eine nicht tariffähige Gewerkschaft fällt in den durch Art. 9 Abs. 3 GG gesicherten Schutzbereich. Dazu gehört auch das Recht auf Mitgliederwerbung. Aber: "Verlangt eine nicht tariffähige Arbeitnehmerkoalition zu Zwecken der Mitgliederwerbung Zutritt zu den Vorräumen einer Betriebsversammlung, ist ein solcher Anspruch gegen den Arbeitgeber und nicht gegen den Betriebsrat zu richten. Das gilt unabhängig davon, ob die Betriebsversammlung im Betrieb oder außerhalb stattfindet" (BAG, 22.05.2012 - 1 ABR 11/11 - Leitsatz).
5.11 Parteipolitische Betätigung
"Von dem in § 74 Abs. 2 Satz 3 BetrVG normierten Verbot parteipolitischer Betätigung im Betrieb werden Äußerungen allgemeinpolitischer Art ohne Bezug zu einer Partei nicht erfasst. Verstöße des Betriebsrats gegen das Verbot parteipolitischer Betätigung begründen keinen Unterlassungsanspruch des Arbeitgebers gegenüber dem Betriebsrat" (BAG, 17.03.2010 - 7 ABR 95/08 - mit dem Hinweis, dass ein Unterlassungstitel gegen den Betriebsrat wegen dessen Vermögenslosigkeit gar nicht vollstreckbar wäre, der Arbeitgeber aber nach § 23 Abs. 1 Satz 1 BetrVG bei grober Verletzung gesetzlicher Pflichten die Auflösung des Betriebsrats verlangen kann).
5.12 Unterschriftenliste - 1
Was eine Polizeigewerkschaft nicht darf: in Dienstgebäuden Unterschriftenlisten auslegen, mit denen bei Besuchern um Unterstützung ihrer Forderung nach Schaffung von mehr Planstellen geworben wird (BAG, 25.01.2005 - 1 AZR 657/03).
5.13 Unterschriftenliste - 2
Art. 9 Abs. 3 GG erfasst grundsätzlich auch das Auslegen von Unterschriftenlisten in Polizeidienststellen. Dabei ist allerdings eine Beschränkung der Koalitionsfreiheit hinzunehmen, wenn ansonsten die Funktionsfähigkeit einer neutralen und allein nach rechtsstaatlichen Gesichtspunkten handelnden Ordnungsverwaltung beeinträchtigt würde. Bei der Auslegung von Unterschriftenlisten in Polizeidienststellen besteht die Gefahr, dass der störende Eindruck entsteht, hier würde die Erledigung hoheitlicher Aufgaben mit politischen Forderungen einer Interessengruppe verknüpft (BVerfG, 06.02.2007 - 1 BvR 978/05 - zu BAG, 25.01.2005 - 1 AZR 657/03).
5.14 Wahlwerbung
Im Betrieb vertretene Gewerkschaften können für eine Betriebsratswahl eigene Wahlvorschläge einbringen und dafür Wahlwerbung betreiben. Nach § 20 Abs. 2 BetrVG darf niemand die Betriebsratswahl durch Zufügung oder Androhung von Nachteilen oder durch Gewährung oder Versprechen von Vorteilen beeinflussen. Dieses Verbot gilt auch für Gewerkschaften. Trotzdem steht es einer Maßregelung von Gewerkschaftsmitgliedern, die bei den Wahlen für eine konkurrierende Liste kandidiert haben, durch eine Gewerkschaft nicht entgegen (BVerfG, 24.02.1999 - 1 BvR 123/93 - hier: Ausschluss und befristetes Funktionsverbot von IG Metall-Mitgliedern).