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BAG, 21.01.1988 - 6 AZR 287/86 - Ortszuschlag eines Angestellten mit volljährigen Kindern; Berücksichtigung des Barunterhaltsbedarfs der Kinder; Begriff der "anderen Angestellten"; Vorübergehende oder dauerhafte Aufnahme in Wohnung; Geltung des Unterhaltsbegriffs des bürgerlichen Rechts; Mietanteil als Unterhaltsleistung; Beachtung der Wohnkostenersparnis; Anrechnung eigener Einkünfte und Zahlungen Dritter; Berücksichtigung des staatlichen Kindergelds und steuerlicher Entlastungen
Bundesarbeitsgericht
Urt. v. 21.01.1988, Az.: 6 AZR 287/86
Ortszuschlag eines Angestellten mit volljährigen Kindern; Berücksichtigung des Barunterhaltsbedarfs der Kinder; Begriff der "anderen Angestellten"; Vorübergehende oder dauerhafte Aufnahme in Wohnung; Geltung des Unterhaltsbegriffs des bürgerlichen Rechts; Mietanteil als Unterhaltsleistung; Beachtung der Wohnkostenersparnis; Anrechnung eigener Einkünfte und Zahlungen Dritter; Berücksichtigung des staatlichen Kindergelds und steuerlicher Entlastungen
BAG, 21.01.1988 - 6 AZR 287/86
Redaktioneller Leitsatz:
- 1.
Ein Restunterhaltsbarbedarf mindert sich im tarifrechtlichen Zusammenhang nur, wenn dem Unterhaltsberechtigten eigene Einkünfte und Barunterhaltszahlungen Dritter oder Leistungen zufließen, die die Ausgabe baren Geldes unmittelbar ersparen.
- 2.
Auch die kinderbezogenen Ortzuschlagsbeträge sind nicht bei der Ermittlung des Restunterhaltsbedarfs des Berechtigten zu berücksichtigen. Sie sind vielmehr nur bei der im Unterhaltsrecht erheblichen Frage der Leistungsfähigkeit des Unterhaltsverpflichteten zu beachten.
- 3.
Ebenso dürfen die steuerrechtlichen Entlastungen des Unterhaltsverpflichteten nicht bei der Feststellung des Barbedarfs des Berechtigten berücksichtigt werden.
Tatbestand
1
Die Parteien streiten über die Höhe des Ortszuschlags.
2
Die 1939 geborene Klägerin ist bei der Beklagten seit dem 1. Juli 1981 in einem Fernmeldeamt mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von zuletzt 35 Stunden als Angestellte beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien findet der Tarifvertrag für die Angestellten der Deutschen Bundespost vom 21. März 1961 (TVAng) kraft Tarifbindung Anwendung. Die Klägerin erhält Vergütung aus der Vergütungsgruppe VII. Sie ist seit dem 7. Februar 1983 rechtskräftig geschieden. Die beiden aus der Ehe hervorgegangenen Kinder leben mit ihr in ihrer Wohnung in häuslicher Gemeinschaft. Der 1962 geborene Sohn studiert am Wohnort. Er erhielt von seinem Vater Unterhalt in Höhe von 350,00 DM in der Zeit vom 1. April 1983 bis 31. Oktober 1984. Seit dem 1. November 1984 beläuft sich der Unterhaltsbetrag auf 450,00 DM monatlich. Der 1965 geborenen Tochter zahlte der Vater 350,00 DM Unterhalt bis zum 31. August 1983. Während des sich anschließenden 14monatigen Ausbildungsverhältnisses erhielt die Tochter der Klägerin von ihrem Vater 300,00 DM Unterhalt. Seit dem 1. November 1984 ist sie in einem Arbeitsverhältnis beschäftigt. Seither leistet ihr Vater keinen Unterhalt mehr. Die Klägerin erhält seit dem 1. Januar 1983 anstelle ihres geschiedenen Mannes Kindergeld und kinderbezogenen Anteil des Ortszuschlags nach § 26 Abs. 3 TVAng. Ortszuschlag bekommt sie seit Oktober 1983 nur noch nach der Stufe 1. Mit ihrer der Beklagten am 27. März 1985 zugestellten Klage verlangt die Klägerin Zahlung des Differenzbetrages zwischen den Ortszuschlägen der Stufen 1 und 2 für die Zeit vom Oktober 1983 bis Februar 1985 sowie die Feststellung einer entsprechenden Zahlungsverpflichtung der Beklagten bis zum 31. März 1986.
3
Sie hat gemeint, ihr stehe Ortszuschlag der Stufe 2 nach § 26 Abs. 2 Nr. 4 Satz 1 TVAng zu.
4
Sie hat beantragt,
- 1.
die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 1.817,93 DM brutto nebst 4 % Zinsen aus dem sich hieraus ergebenden Nettobetrag seit dem 27. März 1985 zu zahlen,
- 2.
festzustellen, daß die Klägerin im Sinne des TV-Angestellte § 26 Angestellte der Stufe 2 ist und dementsprechend bei der Berechnung des an sie zu zahlenden Ortszuschlags die Stufe 2 zugrunde zu legen ist.
5
Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und gemeint, nach der hier maßgebenden allgemeinen Verwaltungsvorschrift zur gleichlautenden Bestimmung des Bundesbesoldungsgesetzes komme ein Anspruch nur in Betracht, wenn die aufgenommene Person nicht über eigene Mittel von mehr als 210,00 DM verfüge.
6
Arbeitsgericht und Landesarbeitsgericht haben der Klage entsprochen. Mit der zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte weiter das Ziel der Klageabweisung, während die Klägerin um Zurückweisung der Revision bittet.
Gründe
7
Die Revision ist unbegründet. Sie war zurückzuweisen, angesichts der Erklärung der Klägerin zu Protokoll des Landesarbeitsgerichts am 9. April 1986 mit der Maßgabe, daß die Klage lediglich den Zeitraum bis zum 31. März 1986 betrifft.
8
A.
Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, die Klägerin habe nach § 26 Abs. 2 Nr. 4 TVAng einen Anspruch auf die beantragten Ortszuschlagsbeträge. Zunächst komme es auf den Barunterhaltsbedarf des Sohnes an. Darauf seien eigene Einkünfte und Barunterhaltszahlungen Dritter anzurechnen. Verbleibe danach ein Rest an Unterhaltsbedarf in einer solchen Größenordnung, daß der Verpflichtete im Fall der Nichtgewährung mit Sanktionen rechtlicher oder sittlicher Art rechnen müßte, stelle die Befriedigung dieses Restbedarfs das Gewähren von Unterhalt im Sinne der Tarifvorschriften dar. Wenn die Beklagte demgegenüber die maßgebenden Grenzen aus der allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum Bundesbesoldungsgesetz entnehme, so könne dem nicht gefolgt werden. Diese sei rechtlich nicht verbindlich. Es könne dahinstehen, ob die sich aus der Erfüllung des ermittelten Restbedarfs ergebende wirtschaftliche Belastung der Angestellten um den Kinderanteil im Ortszuschlag zu kürzen sei, weil sie auch dann ihrem Sohn Unterhalt gewähre, wenn ihre Belastung um diesen Posten gekürzt wäre. Es könne ferner dahinstehen, ob die Belastung der Angestellten um die kindbezogenen Leistungen der öffentlichen Hand in Form steuerlicher Entlastungen zu mindern sei. Nach dem insoweit unstreitigen Vortrag der Klägerin könne allenfalls angenommen werden, auf sie entfalle die Hälfte des Ausbildungsfreibetrages. Die Gesamtentlastung könne unter Berücksichtigung der Teilzeitbeschäftigung der Klägerin und der aus der Vergütungsgruppe VII zu entnehmenden Vergütung auch ab dem 1. Januar 1986 nicht mit einem höheren Betrag als 100,00 DM monatlich angenommen werden. Unter Berücksichtigung des Unterhaltsbedarfs ihres Sohnes nach der Düsseldorfer Tabelle und den unterhaltsrechtlichen Hinweisen des Oberlandesgerichts Stuttgart betrage die von der Klägerin zu tragende Belastung mindestens 185,00 DM für die Zeit vom 1. Oktober 1983 bis 31. Oktober 1.984,85 DM für die Monate November und Dezember 1984 und 120,00 DM für Januar und Februar 1985. Die Erfüllung dieses Unterhaltsrestbedarfs stelle keinen minimalen Betrag im Sinne der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts dar. Deshalb sei auch die zulässige Feststellungsklage begründet, weil die Klägerin in dem dazu klagegegenständlichen Zeitraum einen monatlichen Unterhaltsrestbedarf von 120,00 DM erfülle.
9
B.
Dem Landesarbeitsgericht kann im Ergebnis, nicht aber in allen Teilen der Begründung zugestimmt werden.
10
I.
Die Klägerin hat gegen die Beklagte für die Zeit vom 1. Oktober 1983 bis 31. Dezember 1985 einen Anspruch auf Zahlung des Ortszuschlags der Stufe 2 nach dem bis zum Jahresende 1985 geltenden § 26 Abs. 2 Nr. 4 Satz 1 TVAng in der Fassung des Tarifvertrages Nr. 368 vom 17. Mai 1982, gültig ab 1. März 1982. Denn die Klägerin erfüllt die Voraussetzungen dieser Tarifbestimmung, wonach zur Stufe 2 andere Angestellte gehören, die eine andere Person nicht nur vorübergehend in ihre Wohnung aufgenommen haben und ihr Unterhalt gewähren, weil sie gesetzlich oder sittlich dazu verpflichtet sind oder aus beruflichen oder gesundheitlichen Gründen ihrer Hilfe bedürfen.
11
1.
Die Klägerin ist "andere Angestellte" als die in § 26 Abs. 2 Nr. 1 bis 3 TVAng genannten Angestellten im Sinne des Absatzes 4 (BAG Urteil vom 8. Juni 1982 - 3 AZR 948/79 - AP Nr. 2 zu § 29 BAT; Clemens/Scheuring/Steingen/Wiese, BAT, Stand September 1987, § 29 Anm. 5.4 a). Des weiteren hat sie ihren Sohn S bis zum 31. März 1986 nicht nur vorübergehend in ihre Wohnung aufgenommen.
12
2.
Die Klägerin gewährte während der Geltungsdauer des § 26 Abs. 2 Nr. 4 Satz 1 TVAng in der Fassung des Tarifvertrages Nr. 368 ihrem Sohn Unterhalt aufgrund gesetzlicher Verpflichtung, indem sie ihn in ihrer Wohnung unterbrachte, betreute und pflegte. Darin kann keine unterhaltsrechtlich nicht gebotene Zuwendung gesehen werden.
13
a)
Das Landesarbeitsgericht ist bei der Auslegung des Tarifvertrages zu Recht vom Unterhaltsbegriff des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) und seinen gesetzlichen Bestimmungen über den Unterhalt unter Verwandten ausgegangen (BAGE 45, 36 [BAG 24.01.1984 - 3 AZR 205/82] und 45, 48 = AP Nr. 3 und 4 zu § 29 BAT). Dabei hat es zutreffend zunächst den Unterhaltsbarbedarf der Kinder ermittelt. Denn die Eltern schulden dem volljährigen Kind grundsätzlich eine Geldrente (§§ 1601, 1602, 1612 Abs. 1 Satz 1 BGB), auch wenn sie verlangen können, daß ihnen die Gewährung des Unterhalts in anderer Art gestattet wird, wenn besondere Gründe es rechtfertigen (§ 1612 Abs. 1 Satz 2 BGB).
14
Bei der Berechnung des angemessenen Unterhalts nach § 1610 Abs. 1 BGB hat das Landesarbeitsgericht zutreffend die unterhaltsrechtlichen Sätze zugrunde gelegt, die die Familiensenate des Oberlandesgerichts Stuttgart in ständiger Rechtsprechung anwenden. Das sind monatliche Regelbeträge von 765,00 DM bis Ende 1984 und 800,00 DM ab Januar 1985, die als angemessener Gesamtunterhaltsbedarf volljähriger Kinder in der Ausbildung im Regelfall angenommen werden können (vgl. unterhaltsrechtliche Hinweise des OLG Stuttgart, Stand 1. Januar 1984, NJW 1984, 284 und Stand 1. Januar 1985, NJW 1985, 310). Allerdings hat das Landesarbeitsgericht übersehen, daß die Familiensenate des Oberlandesgerichts Stuttgart dem Elternteil, der ein volljähriges Kind aufgenommen hat, seinen Mietanteil als Unterhaltsleistung für das Kind werten. Unterhaltsrechtlich hat das zur Folge, daß dem unterhaltsberechtigten Kind Mittel zufließen, die seinen Gesamtunterhaltsbarbedarf ebenso mindern wie Leistungen Dritter. Die Familiensenate des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg (Urteil vom 29. November 1983 - 16 UF 58/83 - FamRZ 1984, 190) beschreiten einen anderen, im Ergebnis vergleichbaren Weg und kürzen den Gesamtbedarfsbetrag bei volljährigen Kindern in der Ausbildung, die bei einem Elternteil wohnen, bei der konkreten Berechnung des Unterhaltsanspruchs um einen Anteil "Wohnkostenersparnis", um eine angemessene Abstufung zwischen auswärts und daheim ausgebildeten volljährigen Kindern zu erreichen. Diese Überlegungen treffen auch bei der vorliegenden Beurteilung des Tarifbegriffs "Unterhalt aufgrund gesetzlicher Pflicht" zu. Soweit aus den Entscheidungen des Dritten Senats vom 24. Januar 1984 (BAGE 45, aaO) geschlossen werden könnte, die Wohnkostenersparnis sei bei der Ermittlung des Restbarbedarfs volljähriger, in der Ausbildung befindlicher Kinder nicht zu berücksichtigen, wird daran vom nunmehr allein zuständigen Senat nicht festgehalten. Das Zugrundelegen eines hohen Ausgangsbetrages von 765,00 DM bzw. 800,00 DM rechtfertigt sich, weil mit der Berücksichtigung nicht nur des Mindestbedarfs, sondern des angemessenen Bedarfs davon auszugehen ist, daß dieser wirklich für sämtliche Ausgaben incl. der Kosten für eine Wohnung verwendet wird.
15
Die Höhe des Betrags für Wohnkostenersparnis ist in Anlehnung an die Beträge des § 13 Abs. 2 BAföG festzusetzen, weil sie für den Regelfall in angemessener Weise den unterschiedlichen Wohnbedarf eines auswärts ausgebildeten und eines im Elternhaus lebenden Volljährigen in der Ausbildung bewerten. Das sind unter Berücksichtigung nichtanrechenbaren Wohnbedarfs (Kosten für den Grundwohnbedarf, die auch die bei den Eltern wohnenden Kindern haben) für die Zeit bis zum 30. Juni 1.984.125,00 DM (180,00 DM abzüglich 55,00 DM, § 13 Abs. 2 BAföG in der Fassung der Bekanntmachung vom 6. Juni 1983) und für die Zeit vom 1. Juli 1984 bis 31. Dezember 1.985.130,00 DM (vgl. die Änderung des § 13 Abs. 2 BAföG durch das 8. Gesetz zur Änderung des Berufsausbildungsförderungsgesetzes vom 24. Mai 1984, BGBl I S. 707).
16
b)
Zur weiteren Berechnung des Unterhaltsbarbedarfs der aufgenommenen Kinder sind deren eigene Einkünfte und Barunterhaltszahlungen Dritter vom gekürzten Ausgangsbetrag anzurechnen (BAG, aaO).
17
aa)
Das sind im Streitfall die Unterhaltsleistungen des Vaters. Soweit die Revision in der mündlichen Verhandlung einen Rechtsfehler des Landesarbeitsgerichts bei der Auslegung des § 26 Abs. 2 Nr. 4 TVAng deswegen rügte, weil es lediglich die Barbeträge zugrunde gelegt und andere Leistungen des Vaters unberücksichtigt gelassen habe, kann der Senat dem nicht zustimmen. Ein derartiger Rechtsfehler wäre nur denkbar, wenn entsprechender Tatsachenvortrag der Parteien unberücksichtigt geblieben wäre, an dem es aber in den Vorinstanzen fehlte.
18
bb)
Zu Unrecht hat das Landesarbeitsgericht jedoch das staatliche Kindergeld, das der Klägerin ausgezahlt wird, bei der Berechnung des Unterhaltsbarbedarfs berücksichtigt. Es hat dabei ersichtlich unter Berücksichtigung des Hinweises durch den Dritten Senat des Bundesarbeitsgerichts die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs übernommen (BAGE 45, 48 = AP, aaO; BGHZ 70, 151[BGH 21.12.1977 - IV ZR 4/77]; BGH Urteil vom 8. April 1981 - IV b ZR 559/80 - NJW 1981, 2462, 2463; BGH Urteil vom 8. Oktober 1980 - IV b ZR 533/80 - NJW 1981, 170 [BGH 08.10.1980 - IVb ZR 533/80]). Dem vermag der erkennende Senat jedoch nicht zu folgen. Die Übernahme der unterhaltsrechtlichen Behandlung des Kindergeldes zwischen getrenntlebenden oder geschiedenen Eltern, die dem Interessenausgleich der regelmäßig beiden unterhaltsverpflichteten Eltern dient, bei der Berechnung des Unterhaltsbarbedarfs des Kindes zur Auslegung des Tarifbegriffs in § 26 Abs. 2 Nr. 4 TVAng wird den Unterschieden beider Rechtsbereiche nicht gerecht. Der Bundesgerichtshof hatte in erster Linie die unterhaltsrechtliche Aufteilung des Kindergeldes zwischen den beiden Unterhaltsverpflichteten zu entscheiden (BGH, aaO), um sodann über die Art des Ausgleiches zu befinden. Dabei hat er zu Recht betont, die Antwort auf die Frage nach der Verteilung des Kindergeldes auf die Eltern im Verhältnis zueinander sowie nach dem zwischen ihnen vorzunehmenden Ausgleich habe keine unmittelbare Auswirkungen auf den Unterhaltsanspruch der Kinder. Eine dem § 1615 g BGB entsprechende Regelung, der eine Vorschrift über die Anrechnung des Kindergeldes auf den Regelbedarf des nichtehelichen Kindes enthalte, gebe es im Unterhaltsrecht des ehelichen Kindes nicht. Der Bundesgerichtshof lehnt auch eine entsprechende Anwendung des § 1615 g BGB und des § 4 Regelunterhaltsverordnung ab, weil es sich bei den Unterhaltsleistungen gegenüber den ehelichen Kindern dem Grundsatz nach um individuell zu bemessenden Unterhalt und nicht um schematischen Regelunterhalt handelt (BGH Urteil vom 8. Oktober 1980, aaO). In Anwendung dieser Einzelfallbewertung hat er dann in seiner Entscheidung vom 8. April 1981 (BGH, aaO) die Auffassung des Oberlandesgerichts Köln gebilligt, das die Hälfte des staatlichen Kindergeldes bei der Berechnung des Unterhaltsbedarfs bedarfsmindernd berücksichtigt hat, weil es revisionsrechtlich nicht angreifbar davon ausgegangen war, der betreuende Elternteil habe zum Zweck des Kindergeldausgleichs zwischen den Eltern die dem barunterhaltspflichtigen Elternteil zustehende Hälfte zu dessen Gunsten unmittelbar dem Kind zukommen lassen. Im Streitfall hat das Landesarbeitsgericht Feststellungen zu einem Kindergeldausgleich mit dem Zweck einer den Unterhalt mindernden Verrechnung nicht getroffen. Im übrigen können die Regeln über den Kindergeldausgleich der Eltern im Wege einer bedarfsreduzierenden Berechnung des Kinderunterhalts bei der Berechnung des Restunterhaltsbarbedarfs im Rahmen des § 26 Abs. 2 Nr. 4 TVAng nicht angewendet werden. Ein Restunterhaltsbarbedarf mindert sich in diesem Zusammenhang nur, wenn dem Unterhaltsberechtigten eigene Einkünfte und Barunterhaltszahlungen Dritter oder Leistungen zufließen, die die Ausgabe baren Geldes unmittelbar ersparen (Zuflußprinzip). Kindergeld nach dem Bundeskindergeldgesetz fließt unmittelbar dem Unterhaltsberechtigten zu. Das folgt aus § 1 Abs. 1 BKGG und wird durch die Rechtslage bei Beamten bis 1975 besonders deutlich. Bis zum 7. Gesetz zur Änderung beamtenrechtlicher und besoldungsrechtlicher Vorschriften vom 20. Dezember 1974 (BGBl I S. 3716) und dem Einkommensteuerreformgesetz vom 5. August 1974 (BGBl I S. 1769) erhielten Beamte, Richter und Soldaten Kinderzuschlag und eine steuerliche Entlastung durch Kinderfreibeträge (§ 32 Abs. 2 Einkommensteuergesetz in der Fassung vom 1. Dezember 1971, BGBl I S. 1881). Diese differenzierte Regelung wurde durch die Einbeziehung in das staatliche Kindergeldgesetz 1975 abgelöst. Durch die Zahlung eines einheitlichen Kindergeldes nach dem Bundeskindergeldgesetz hat dieser Teil der Einkünfte eines Beamten seinen Charakter nicht verändert. Er ist Teil des staatlichen Lastenausgleichs und dient der familiengerechten Besoldung (BVerfGE 44, 249; BGHZ 70, 151[BGH 21.12.1977 - IV ZR 4/77]). Dieselbe Funktion erfüllt das Kindergeld in Familien nichtbeamteter Bürger. Es läßt die zivilrechtliche Unterhaltspflicht unberührt. Es erhöht z.B. den Unterhaltsanspruch des Kindes nicht (BGHZ 70, 151, 153) [BGH 21.12.1977 - IV ZR 4/77]. Angesichts der allgemeinen, auf die Familie, nicht auf das den Anspruch auslösende Kind gerichteten Entlastungsfunktion des Ortszuschlags kann für den Regelfall auch nicht von einer mittelbaren Zuwendung an die Kinder des Angestellten ausgegangen werden, mögen die Kindergeldbeträge u.a. auch für pflegerische und betreuende Maßnahmen gegenüber den Kindern aufgewandt werden.
19
cc)
Dasselbe gilt für den kinderbezogenen Anteil im Ortszuschlag, den Differenzbetrag zwischen dem Ortszuschlag der Stufe 1 und dem der Stufe 2 nach § 26 Abs. 4 TVAng. Auch diese Ortszuschlagsbeträge, bei denen es sich im Gegensatz zum Kindergeld um keine öffentlich-rechtliche Leistung des Staates, sondern um einen tariflichen Vergütungsbestandteil handelt, fließen dem Unterhaltsberechtigten weder unmittelbar noch mittelbar im oben genannten Sinne zu und sind deshalb auch nicht bei der Ermittlung des Restunterhaltsbarbedarfs des Berechtigten zu berücksichtigen. Sie sind lediglich bei der im Unterhaltsrecht interessierenden Frage der Leistungsfähigkeit des Unterhaltsverpflichteten zu beachten.
20
dd)
Die dem Unterhaltsverpflichteten zustehenden steuerrechtlichen Entlastungen sind bei der Ermittlung des Barbedarfs auf Seiten des Berechtigten nicht zu berücksichtigen. Die Entlastung kommt dem Volljährigen weder unmittelbar noch mittelbar im oben genannten Sinne zugute, sondern dem verpflichteten Elternteil. Sie hat den Zweck, die Leistungsfähigkeit des Elternteils zu stärken, der den Unterhalt gewährt. Das übersieht die Beklagte. Ferner ist darauf hinzuweisen, daß die steuerrechtlichen Entlastungen des Einkommensteuergesetzes an einen feststehenden Bruttoverdienst des Beschäftigten anknüpfen und nicht umgekehrt der Anspruch auf einen Teil des Arbeitsentgeltes von den im Auszahlungsfall eintretenden steuerrechtlichen Vorteilen abhängig ist. Die Berücksichtigung steuerlicher Entlastungen führt außerdem wegen des individuellen Zuschnitts hinsichtlich der Auswirkungen der Entlastungen auch zu weitreichenden Nachrechnungsverpflichtungen in den Besoldungs- und Vergütungsstellen der öffentlichen Arbeitgeber. Das vereinbart sich jedoch nicht mit dem von den Tarifvertragsparteien gewünschten praktikablen, notwendigerweise pauschalierten System der Ortszuschlagsberechtigung (erkennender Senat Urteil vom 25. Juni 1987 - 6 AZR 332/85 - ZTR 1987, 308).
21
c)
Aus der nachstehenden Einzelberechnung ergibt sich, daß die Klägerin ihrem Sohn Unterhalt geschuldet hat, weil sein Barbedarf durch eigene Einkünfte und Leistungen Dritter nicht vollständig erfüllt worden ist. Weiter ist ohne weiteren Sachvortrag vom Ausgleich dieses Restbarbedarfs durch Zuwendungen der Klägerin auszugehen (BAGE 45, 48 = AP, aaO, zu III a.E. der Gründe).
22
Der Sohn S hatte sich 1983 auf seinen gekürzten Barbedarfsbetrag von 640,00 DM die Unterhaltsleistungen seines Vaters in Höhe von 350,00 DM anrechnen zu lassen. So blieb ihm ein Restbedarf von 290,00 DM. Im folgenden Jahr 1984 hatte er sich auf seinen gekürzten Barbedarfsbetrag von 640,00 DM für die Zeit bis zum 30. Juni und von 635,00 DM ab 1. Juli die Unterhaltsleistungen von 390,00 DM und ab November 1984 von 450,00 DM anrechnen zu lassen. So hatte er einen Restbedarf von 290,00 DM, 285,00 DM und 185,00 DM. Der letztgenannte Betrag ist wegen der gleichbleibenden Ausgangs- und Unterhaltsbeträge auch der Restbarbedarf von 1985.
23
d)
Der erkennende Senat geht davon aus, daß nicht jede geringe Leistung von Unterhalt das tarifliche Merkmal "Unterhalt gewähren aufgrund gesetzlicher Pflicht" im Sinne des § 26 Abs. 2 Nr. 4 TVAng erfüllt. Vielmehr verlangt eine am Zweck des Besoldungsrechts und des Alimentationsprinzips orientierte Betrachtungsweise eine quantitative Eingrenzung, die auch bei dem mit dem Besoldungsrecht gleichlautenden Tarifvertrag geboten ist (BAGE 45, 36 [BAG 24.01.1984 - 3 AZR 205/82] und 45, 48 = AP, aaO). Da die Tarifvertragsparteien jedenfalls bis zum Jahresende 1985 keine konkreten Grenzen festgelegt haben, unterhalb welchen Betrages nicht mehr eine den Anspruch auf erhöhten Ortszuschlag auslösende Unterhaltsgewährung vorliegt, verzichtet der Senat auf die Festlegung einer solchen Untergrenze. Es bleibt lediglich zu fordern, daß die Unterhaltsverpflichtung des Ortszuschlagsberechtigten nicht unwesentlich sein darf. Die finanzielle Belastung durch den Unterhalt muß so ins Gewicht fallen, daß der Unterhaltsverpflichtete unabhängig von den besoldungsrechtlichen Folgen mit Sanktionen rechtlicher oder sittlicher Art rechnen müßte, wenn er den tatsächlich geleisteten Unterhaltsbeitrag verweigert hätte (BAGE 45, 48 = AP, aaO, zu II 1 c a.E. der Gründe). Der Senat versteht unter nicht unwesentlichen Beträgen nicht stets die Beträge, die unter dem Differenzbetrag der Ortszuschlagsstufen 1 und 2 liegen (121,26 DM brutto ab 1. Juli 1983, 121,86 DM brutto ab 1. März 1984 und 125,76 DM brutto ab 1. Januar bis 1. Dezember 1985), sondern nur diejenigen, die erheblich unter den aus den Brutto-Ortszuschlagsbeträgen geschätzten Nettobeträgen liegen und für die Lebenshaltung der betroffenen Berechtigten auch unter Berücksichtigung der Leistungsfähigkeit des Verpflichteten keine Rolle mehr spielen. Das ist regelmäßig bei Beträgen von etwa 80,00 DM und 100,00 DM bei volljährigen Kindern mit einem Barbedarf von rund 800,00 DM einerseits und bei einer Vergütung aus der Vergütungsgruppe VII andererseits nicht der Fall (vgl. das Urteil des Senats vom heutigen Tage - 6 AZR 567/86 - zur Veröffentlichung bestimmt).
24
Demnach hat die Klägerin in den Jahren 1983 bis 1985 keinen unwesentlichen Restbarbedarf ihres Sohnes erfüllt, zumal sie stets mehr an Unterhalt aufwenden mußte als ihr durch den erhöhten Ortszuschlag zugeflossen wäre, und sie sich somit keine zusätzlichen Vorteile verschaffen konnte. Sie hätte mit rechtlichen Sanktionen rechnen müssen, wenn sie den Unterhaltsbeitrag verweigert hätte. Die Unterhaltsansprüche ihres Sohnes wären mit rechtlichen Mitteln durchsetzbar gewesen.
25
Die Aufnahme ihrer Tochter kann somit unbeachtet bleiben.
26
II.
Für die Zeit nach dem 1. Januar 1986 hat die Klägerin Anspruch auf Ortszuschlag der Stufe 2 nach § 26 Abs. 2 Nr. 4 TV Ang in der Fassung des Tarifvertrages Nr. 380 vom 4. März 1986, gültig ab 1. Januar 1986. Das hat das Landesarbeitsgericht übersehen. Nach § 26 Abs. 2 Nr. 4 Satz 1 TVAng neuer Fassung gehören wie bisher zur Stufe 2 andere Angestellte, die eine andere Person nicht nur vorübergehend in ihre Wohnung aufgenommen haben und ihr Unterhalt gewähren, weil sie gesetzlich oder sittlich dazu verpflichtet sind oder aus beruflichen oder gesundheitlichen Gründen ihrer Hilfe bedürfen. Dies gilt nach dem neuen Satz 2 des § 26 Abs. 2 Nr. 4 TVAng bei gesetzlicher oder sittlicher Verpflichtung zur Unterhaltsgewährung nicht, wenn für den Unterhalt der aufgenommenen Person Mittel zur Verfügung stehen, die, bei einem Kind einschließlich des gewährten Kindergeldes und des kinderbezogenen Teils des Ortszuschlags, das Sechsfache des Unterschiedsbetrages zwischen der Stufe 1 und der Stufe 2 des Ortszuschlags der Tarifklasse I c übersteigen. Damit haben die Tarifvertragsparteien im Anschluß an die Änderung des § 40 Abs. 2 Nr. 4 BBesG durch das 4. Gesetz zur Änderung besoldungsrechtlicher Vorschriften vom 20. Dezember 1985 (BGBl I S. 2466) eine tarifliche Eigenmittelgrenze eingefügt. Unabhängig von unterhaltsrechtlichen Bedarfssätzen geht der Tarifvertrag jetzt generell davon aus, daß nach Überschreitung des Betrages eine Unterhaltsgewährung nicht mehr erforderlich sei. Wird dennoch Unterhalt gewährt, so ist er nicht mehr anspruchsbegründend (Schwegmann/Summer, Bundesbesoldungsgesetz, Stand Dezember 1987, § 40 Rz. 8 und 9.a; im Ergebnis ebenso Clemens/Millack/Lantermann/Engelking/Henkel, Besoldungsrecht des Bundes und der Länder, Stand Juli 1987, § 40 BBesG Anm. 6.2 c letzter Absatz). Damit entfällt die bisherige an § 1610 Abs. 1 BGB anknüpfende Prüfung, ob der Angestellte dem aufgenommenen Kind Restunterhalt schuldet und gewährt und von welcher Grenze an anspruchshemmende Geringfügigkeit anzunehmen ist (vgl. die Stellungnahme des Bundesrats vom 5. Juli 1985 zum Gesetzentwurf der Bundesregierung zu § 40 BBesG BT-Drucks.10/3789, Anl. 2; Gegenäußerung der Bundesregierung BT-Drucks.10/3789, Anl. 3; Bericht des Innenausschusses vom 13. November 1985 BT-Drucks.10/4225, S. 20).
27
Die Eigenmittelgrenze betrug 819,96 DM für das Jahr 1986. Dem Sohn S standen nur Mittel von 601,33 DM (450,00 DM Unterhalt, 50,00 DM Kindergeld, 101,33 DM anteiliger kinderbezogener Anteil im Ortszuschlag für 35 Wochenarbeitsstunden) zur Verfügung. Demnach erfüllt die Klägerin auch für das erste Quartal 1986 die Voraussetzungen nach der neugefaßten Anspruchsgrundlage des § 26 Abs. 2 Nr. 4 TVAng.
29
C.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 ZPO.
Dr. Jobs
Schneider
Dörner
Dr. Kukies
Scheerer
Parallelsache zu BAG Urteil vom 21.01.1988, 6 AZR 567/86.