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BAG, 23.10.1996 - 3 AZR 540/95 - Betriebsrente bei bedarfsorientierter Teilzeitarbeit; Betriebsvereinbarung über die Gewährung eines betrieblichen Altersruhegeldes; Unständig Beschäftigte
Bundesarbeitsgericht
Urt. v. 23.10.1996, Az.: 3 AZR 540/95
Betriebsrente bei bedarfsorientierter Teilzeitarbeit; Betriebsvereinbarung über die Gewährung eines betrieblichen Altersruhegeldes; Unständig Beschäftigte
BAG, 23.10.1996 - 3 AZR 540/95
In dem Rechtsstreitverfahren
hat der Dritte Senat des Bundesarbeitsgerichts
gemäß § 128 Abs. 2 ZPO
in der Sitzung vom 23. Oktober 1996
durch
den Vorsitzenden Richter Dr. Heither,
die Richter Kremhelmer und Bepler sowie
die ehrenamtliche Richterin Martschin und den ehrenamtlichen Richter Dr. Kaiser
für Recht erkannt:
Tenor:
- 1.
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 1. Juni 1995 - 5 Sa 255/95 - wird zurückgewiesen.
- 2.
Die Klägerin hat die Kosten der Revision zu tragen.
Tatbestand
1
Die Parteien streiten um die Höhe der an die Klägerin zu zahlenden Betriebsrente.
2
Die am 7. Oktober 1933 geborene Klägerin war vom 31. Oktober 1964 bis zum 31. Oktober 1993 bei der Beklagten beschäftigt. Seit 1. November 1993 bezieht die Klägerin Altersruhegeld aus der gesetzlichen Rentenversicherung und von der Beklagten eine monatliche Betriebsrente in Höhe von 176,30 DM.
3
Bis zum 31. Dezember 1987 war die Klägerin als sog. unständig beschäftigte "Stammfrau" tätig. Am 16. November 1987 hatte die Beklagte mit dem zuständigen Betriebsrat eine Betriebsvereinbarung über die Übernahme der unständig beschäftigten "Stammfrauen" in ein Teilzeitarbeitsverhältnis geschlossen. Diese Betriebsvereinbarung sah vor, daß den in der Weiterverarbeitung beschäftigten 52 "Stammfrauen" über eine Ausschreibung ab 1. Januar 1988 ein Teilzeitvertrag angeboten werde. Ein derartiger Vertrag kam mit der Klägerin zustande. Sie wurde ab 1. Januar 1988 als Hilfsarbeiterin mit einer monatlichen Mindestarbeitszeit beschäftigt, die sich zunächst auf 60 Stunden und ab dem 1. Februar 1992 auf 83 Stunden belief.
4
Mit der Berechnung der Sozialleistungen und der betrieblichen Altersversorgung befaßt sich die Protokollnotiz vom 23. Dezember 1987. Sie ist sowohl von der Geschäftsleitung der Beklagten als auch vom Gesamtbetriebsrat unterzeichnet worden und lautet wie folgt:
"Sofern bisher Unständig Beschäftigte in ein Teilzeitarbeitsverhältnis übernommen worden sind beziehungsweise zum 1. Januar 1988 übernommen werden, fallen sie unter den Geltungsbereich des Kataloges FREIWILLIGE LEISTUNGEN.
Zwecks Berechnung eines fiktiven Eintrittsdatums wird folgende Regelung getroffen:
Für die Berechnung der Betriebszugehörigkeit vor Abschluß von Teilzeitarbeitsverträgen wird die Zeit ab erstem Arbeitseinsatz zugrundegelegt und mit der durchschnittlichen Arbeitsleistung der letzten fünf Jahre multipliziert. Sofern in den zugrundegelegten Arbeitsstunden Fehlzeiten wie zum Beispiel Urlaub und Krankheit nicht enthalten sind, wird das Kalenderjahr mit 210 Arbeitstagen bewertet. Auf dieser Grundlage werden fiktive Eintrittsdaten ermittelt. Für die betriebliche Altersversorgung gelten die Jahre vor Abschluß von Teilzeitarbeitsverträgen als Vollarbeitszeit.
In Einzelfällen auftretende Fragen der Berechnung werden mit den örtlichen Betriebsräten besprochen.
Für Leistungen aus dem Sozialkatalog und der Betrieblichen Altersversorgung gilt jeweils die vertraglich vereinbarte Arbeitszeit."
5
Die als Anlage zu dieser Betriebsvereinbarung verfaßten "Informationen zur betrieblichen Altersversorgung" enthalten auszugsweise folgende Erläuterungen:
"Unständig Beschäftigte Unständig Beschäftigte, die in ein festes Arbeitsverhältnis übernommen werden, haben Anspruch auf Leistungen aus der betrieblichen Altersversorgung. Dabei wird die Zeit vom fiktiven Eintrittsdatum bis zum Abschluß des Arbeitsvertrages als Vollarbeitszeit gewertet.
..."
6
Die Beklagte errechnete die der Klägerin gezahlte Betriebsrente von monatlich 176,30 DM anhand der Betriebsvereinbarungen und der Protokollnotiz. Ausgehend von einem Beschäftigungsumfang von 53,4 % in der Zeit von 1983 bis 1987 legte sie als fiktives Eintrittsdatum den 1. August 1975 zugrunde.
7
Die Klägerin verlangt die Vollzeitkräften zustehende Höchstrente von monatlich 300,00 DM. Sie hat die Auffassung vertreten, nach der Protokollnotiz vom 23. Dezember 1987 seien die gesamten tatsächlichen Dienstzeiten bis zum 1. Januar 1988 wie ein Vollzeitarbeitsverhältnis zu berücksichtigen. Wenn die Protokollnotiz anders ausgelegt würde, läge eine Diskriminierung der "Stammfrauen" vor. Sie verstoße dann gegen Art. 119 EG-Vertrag, die Richtlinie 75/117 EWG und § 611 a BGB. Die Klägerin müsse als unständig beschäftigte "Stammfrau" auch wegen der Besonderheiten dieser Art Teilzeitarbeit wie eine Vollzeitkraft behandelt werden.
8
Die Klägerin hat beantragt,
- 1.
die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 1.360,70 DM zu zahlen,
- 2.
festzustellen, daß die Beklagte verpflichtet sei, der Klägerin ab 1. Oktober 1994 eine monatliche Betriebsrente in Höhe von 300,00 DM zu zahlen.
9
Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt. Sie hat die Auffassung vertreten, nach der Protokollnotiz vom 23. Dezember 1987 gelte lediglich die Zeit vom Beginn des fiktiven Eintrittsdatums bis zum Abschluß des Teilzeitarbeitsvertrages als Vollarbeitszeit. Diese Regelung diskriminiere "Stammfrauen" nicht. Die Teilzeitarbeit der Klägerin müsse nicht wie eine Vollzeitarbeit behandelt werden. Selbst wenn die Protokollnotiz unwirksam wäre, könne die Klägerin keine höhere Betriebsrente verlangen. Da die Klägerin nur Teilzeitarbeit geleistet habe, dürfe die Betriebsrente anteilig gekürzt werden. Ohne die Protokollnotiz ergäbe sich nach der Versorgungsordnung der Beklagten eine monatliche Betriebsrente in Höhe von 167,52 DM.
10
Das Arbeitsgericht hat mit Versäumnisurteil vom 10. Mai 1994 die Klage abgewiesen. Mit Urteil vom 11. Oktober 1994 hat das Arbeitsgericht das Versäumnisurteil auf den Einspruch der Klägerin hin aufgehoben und der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat auf die Berufung der Beklagten das Urteil des Arbeitsgerichts vom 11. Oktober 1994 abgeändert, das klageabweisende Versäumnisurteil vom 10. Mai 1994 aufrechterhalten und die Revision zugelassen. Die Klägerin verfolgt mit ihrer Revision ihr bisheriges Klagebegehren weiter.
Gründe
11
Die Revision der Klägerin ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Klägerin steht kein Anspruch auf eine höhere Betriebsrente zu.
12
I.
Die Klageforderung läßt sich nicht auf die Betriebsvereinbarung über die Gewährung eines betrieblichen Altersruhegeldes vom 22. Dezember 1983 i.d.F. vom 12. Dezember 1990 und die Protokollnotiz vom 23. Dezember 1987 stützen. Entgegen der Ansicht der Klägerin sind nach der Protokollnotiz vom 23. Dezember 1987 nicht die Beschäftigungszeiten vom 31. Oktober 1964 bis zum 31. Dezember 1987 insgesamt und uneingeschränkt als Vollzeitarbeit zu werten, sondern lediglich die Jahre zwischen dem fiktiven Eintrittsdatum und dem Abschluß des Teilzeitarbeitsvertrages.
13
1.
Die Protokollnotiz vom 23. Dezember 1987 ist eine Betriebsvereinbarung im Sinne des § 77 BetrVG. Sie ist sowohl von der Geschäftsleitung als auch vom Gesamtbetriebsrat unterschrieben worden. Die darin enthaltenen Regelungen sollen unmittelbar für die angesprochenen Arbeitsverhältnisse gelten. Damit sind die Voraussetzungen einer Betriebsvereinbarung erfüllt.
14
2.
Da die Betriebsvereinbarungen ebenso wie die Tarifverträge Rechtsnormen enthalten, sind sie nach den gleichen Regeln auszulegen wie Gesetze (vgl. u.a. BAGE 27, 187, 191 = AP Nr. 1 zu § 77 BetrVG 1972 Auslegung, zu 1 der Gründe; BAGE 60, 94, 98 = AP Nr. 48 zu § 112 BetrVG 1972, zu II 2 a der Gründe). Der Wortlaut bildet den Ausgangspunkt der Auslegung. Sie darf jedoch nicht am Buchstaben des Textes haften bleiben. Über den reinen Wortlaut hinaus sind der wirkliche Wille der Betriebspartner und der von ihnen beabsichtigte Sinn und Zweck der Regelung mitzuberücksichtigen, sofern und soweit sie in der Betriebsvereinbarung erkennbar Ausdruck gefunden haben. Der Gesamtzusammenhang der Regelung ist schon deshalb einzubeziehen, weil daraus häufig auf den wirklichen Willen der Betriebspartner geschlossen und nur so der Sinn und Zweck der Regelung zutreffend ermittelt werden kann (vgl. u.a. BAG Urteil vom 28. April 1993 - 10 AZR 222/92 - AP Nr. 67 zu § 112 BetrVG 1972, zu II 2 b der Gründe). Die Auslegung darf sich zwar nicht über einen eindeutigen Wortlaut hinwegsetzen (vgl. u.a. BAGE 27, 187, 192 = AP Nr. 1 zu § 77 BetrVG 1972 Auslegung, zu 1 der Gründe; BAG Urteil vom 4. März 1982 - 6 AZR 594/79 - AP Nr. 3 zu § 77 BetrVG 1972). Der Wortlaut darf aber nicht überbewertet werden. Vor allem darf der Wortlaut einer einzelnen Bestimmung nicht losgelöst von den übrigen Vorschriften des Tarifvertrages betrachtet werden. Da auch die Normunterworfenen den Regelungszusammenhang erkennen können, ist er stets mitzuberücksichtigen, und zwar auch bei der Frage, ob die verwendete Formulierung "eindeutig" ist (vgl. u.a. BAGE 66, 177, 179 ff. = AP Nr. 11 zu § 1 TVG Tarifverträge: Presse; BAG Urteil vom 16. Mai 1995 - 3 AZR 395/94 - AP Nr. 10 zu § 1 TVG Tarifverträge: Papier industrie, zu I 1 der Gründe).
15
Im vorliegenden Fall ist die Bestimmung - nicht einmal isoliert betrachtet - eindeutig. Absatz 3 Satz 4 der Protokollnotiz stellt auf "die Jahre vor Abschluß von Teilzeitarbeitsverträgen" ab, ohne ausdrücklich anzugeben, welche Jahre gemeint sind. Der Begriff "Jahre" ist auslegungsfähig und -bedürftig.
16
3.
Aus dem Aufbau der Protokollnotiz und dem Gesamtzusammenhang, in dem der Satz 4 steht, ergibt sich der Anknüpfungspunkt dieser Vorschrift. In den Sätzen 1 bis 3 desselben Absatzes ist geregelt, wie das fiktive Eintrittsdatum berechnet wird. Satz 4 bestimmt nicht, daß bei der betrieblichen Altersversorgung zum einen von der Ermittlung eines fiktiven Eintrittsdatums abzusehen und zum anderen die gesamte tatsächliche Beschäftigungszeit als Vollarbeitszeit zu werten ist. Im Gegenteil: Satz 4 bildet mit den Bestimmungen zur Ermittlung des fiktiven Eintrittsdatums eine Regelungseinheit, die in einem Absatz zusammengefaßt ist. Dieser Absatz einschließlich seines Satzes 4 enthält, wie der mit Doppelpunkt versehene Einleitungssatz ausdrücklich hervorhebt, die von den Betriebspartnern getroffene "Regelung zwecks Berechnung eines fiktiven Eintrittsdatums". Wenn das fiktive Eintrittsdatum für die betriebliche Altersversorgung keine Rolle spielen sollte, hätte es nahegelegen, dies klar zum Ausdruck zu bringen oder Satz 4 wenigstens als neuen Absatz aufzunehmen. Dem gewählten Aufbau läßt sich unschwer entnehmen, daß die Sätze 1 bis 3 den Berechnungsmodus für das fiktive Eintrittsdatum regeln und Satz 4 die Frage, wie die Jahre zwischen dem nach den Sätzen 1 bis 3 ermittelten Eintrittsdatum und dem Abschluß des Teilzeitarbeitsvertrages für die betriebliche Altersversorgung zu bewerten sind.
17
4.
Aus dem Gesamtzusammenhang ergibt sich auch der Zweck des Absatzes 3 Satz 4 der Protokollnotiz. Bei allen "freiwilligen Leistungen" einschließlich der betrieblichen Altersversorgung sollte die frühere Betriebszugehörigkeit der "unständig Beschäftigten" einheitlich berechnet werden, und zwar in Form eines fiktiven Eintrittsdatums. Dabei sollte berücksichtigt werden, daß die "unständig Beschäftigten" keine Vollzeitkräfte waren und sich ihre früheren, teilweise weit zurückliegenden tatsächlichen Arbeitszeiten nicht mehr oder nur mit unverhältnismäßigem Aufwand ermitteln ließen. Die durchschnittliche Arbeitsleistung der letzten fünf Jahre sollte deshalb auf die gesamten vor dem Abschluß des Teilzeitarbeitsvertrages liegenden Beschäftigungszeiten übertragen werden. Bei der betrieblichen Altersversorgung mußte sodann sichergestellt werden, daß die im Vergleich zu den Vollzeitkräften geringere Arbeitszeit nicht doppelt in Ansatz gebracht wird. Da der geringere Arbeitszeitumfang bereits bei der Ermittlung des fiktiven Eintrittsdatums berücksichtigt wird, ist die Zeit zwischen dem fiktiven Eintrittsdatum und dem Abschluß des Teilzeitarbeitsvertrages für die Rentenberechnung wie Vollarbeitszeit anzusetzen.
18
5.
Die Entstehungsgeschichte der Protokollnotiz bestätigt diese Auslegung. Wie auch die Klägerin in der Revisionserwiderung einräumt, diente die Betriebsvereinbarung vom 16. November 1987 dazu, den Status der bis dahin "unständig beschäftigten Stammfrauen" rechtlich abzusichern. Damit in Zusammenhang steht die Protokollnotiz vom 23. Dezember 1987. Sie sollte die Berechnung der Leistungen aus dem Sozialkatalog und der betrieblichen Altersversorgung klären. Daraus läßt sich nicht ableiten, daß die Betriebspartner die bisher unständig Beschäftigten gegenüber den nicht bedarfsorientiert arbeitenden Teilzeitkräften bevorzugen und bei der betrieblichen Altersversorgung trotz geringerer Arbeitszeit wie Vollzeitkräfte behandeln wollten.
19
6.
Zu Recht hat das Landesarbeitsgericht die als Anlage zur Versorgungsordnung i.d.F. vom 12. Dezember 1990 verfaßten "Informationen zur betrieblichen Altersversorgung" bei der Auslegung der Protokollnotiz vom 23. Dezember 1987 mitberücksichtigt. Unter dem Abschnitt "unständig Beschäftigte" weisen sie ausdrücklich darauf hin, daß bei diesen Arbeitnehmern "die Zeit vom fiktiven Eintrittsdatum bis zum Abschluß des Arbeitsvertrages als Vollarbeitszeit gewertet" wird. Auch wenn der Arbeitgeber die Informationen erstellt hat, spiegeln sie doch den bisherigen Vollzug der Betriebsvereinbarung wider. Selbst die Klägerin hat nicht behauptet, daß sich der Gesamtbetriebsrat dagegen gewandt hat. Dies hätte jedoch nahegelegen, wenn die der Betriebsvereinbarung beigefügten Informationen nicht dem Regelungswillen des Gesamtbetriebsrats entsprochen hätten. Der praktische Vollzug einer Betriebsvereinbarung kann, wenn ihn beide Betriebspartner akzeptiert haben, bei der Auslegung unterstützend herangezogen werden (vgl. BAG Urteil vom 16. Januar 1969 - 5 AZR 314/68 - AP Nr. 9 zu § 611 BGB Urlaub und Fünf-Tage-Woche; Fitting/Kaiser/Heither/ Engels, BetrVG, 18. Aufl., § 77 Rz 15; Kreutz, GK-BetrVG, 5. Aufl., § 77 Rz 57; Stege/Weinspach, BetrVG, 7. Aufl., § 77 Rz 26).
20
II.
Soweit die Protokollnotiz vom 23. Dezember 1987 die bedarfsorientierte Teilzeitarbeit nicht der Vollzeitarbeit gleichstellt, ist sie wirksam. Ob die Berechnung des fiktiven Eintrittsdatums nach der durchschnittlichen Arbeitszeit der letzten fünf Jahre wirksam ist, kann offenbleiben. Selbst wenn sie insoweit unwirksam wäre, könnte die Klägerin weder aufgrund der Gesamtbetriebsvereinbarung vom 22. Dezember 1983 i.d.F. vom 12. Dezember 1990 noch aufgrund des Gleichbehandlungsgrundsatzes i.V.m. Art. 1 § 2 Abs. 1 BeschFG 1985 oder Art. 119 EG-Vertrag eine höhere Betriebsrente verlangen.
21
1.
Wie der Senat mehrfach entschieden hat, können Teilzeitkräfte keine gleich hohen Betriebsrenten fordern wie Vollzeitkräfte (vgl. BAG Urteil vom 5. Oktober 1993 - 3 AZR 695/92 - AP Nr. 20 zu § 1 BetrAVG Lebensversicherung, zu B II 1 der Gründe; Urteil vom 15. Februar 1994, BAGE 76, 1, 9 [BAG 15.02.1994 - 3 AZR 708/93] = AP Nr. 12 zu § 1 BetrAVG Gleichberechtigung, zu III 2 b (3) der Gründe; Urteil vom 25. Oktober 1994 - 3 AZR 149/94 - AP Nr. 40 zu § 2 BeschFG 1985, zu III der Gründe). Die Besonderheiten der bedarfsorientierten Arbeit ändern daran nichts. Weder die Verpflichtung, beim Arbeitgeber anzurufen, noch ein faktischer Zwang, angebotene Arbeit anzunehmen, führen dazu, daß in der arbeitsfreien Zeit eine Arbeitsleistung anfällt. Die Beklagte hat zutreffend darauf hingewiesen, daß die Klägerin in der arbeitsfreien Zeit keine Arbeitsbereitschaft, keinen Bereitschaftsdienst und keine Rufbereitschaft leistete. Eine rechtliche Verpflichtung, die Beschränkung der anderweitigen Verwertung der Arbeitskraft wie eine Arbeitsleistung zu behandeln, bestand nicht. Die Arbeitsvergütung darf nach dem zeitlichen Umfang der Arbeitsleistung bemessen werden. Nichts anderes gilt für Leistungen der betrieblichen Altersversorgung.
22
2.
Die Protokollnotiz beschränkt sich allerdings nicht darauf, die betriebliche Altersversorgung entsprechend der gegenüber Vollzeitkräften geringeren Arbeitszeit zu bemessen, sondern schreibt außerdem vor, daß sich der Anteil der betrieblichen Altersversorgung nach dem Arbeitszeitvolumen in den letzten fünf Jahren vor Abschluß des Teilzeitarbeitsvertrages richtet. Dies wirkt sich bei Arbeitnehmern, deren durchschnittliche Arbeitszeit in den letzten fünf Jahren sank, nachteilig aus, dagegen vorteilhaft bei Arbeitnehmern, deren durchschnittliche Arbeitszeit in den letzten fünf Jahren stieg. Als sachlicher Grund für diese - je nach Blickwinkel - Gleich- oder Ungleichbehandlung kommen die Ermittlungsschwierigkeiten und der beträchtliche Verwaltungsaufwand in Betracht, die entstanden wären, wenn bei den unständig Beschäftigten die teilweise stark schwankende individuelle Arbeitszeit für länger zurückliegende Zeiträume hätte festgestellt werden müssen. Die Frage des sachlichen Grundes kann jedoch offenbleiben, weil sich auch nach der individuellen Arbeitszeit der Klägerin keine höhere Betriebsrente errechnen würde. Nach dem im Berufungsurteil als unstreitig festgestellten Sachverhalt belief sich die durchschnittliche Arbeitszeit der Klägerin bis zum Ablauf ihrer 25jährigen Betriebszugehörigkeit auf 55,84 % der Arbeitszeit einer Vollzeitkraft. Dies ergibt eine Betriebsrente von 167,52 DM (55,84 % von 300,00 DM). Die Klägerin erhält jedoch mehr.
23
3.
Sowohl nach dem Gleichbehandlungsgrundsatz i.V.m. Art. 1 § 2 BeschFG 1985 als auch nach Art. 119 Abs. 1 EG-Vertrag kann die Klägerin lediglich eine ihrer Arbeitszeit entsprechende anteilige Altersrente verlangen.
24
a)
Auch bei bedarfsorientierter Teilzeitarbeit ist die Arbeitsleistung quantitativ geringer als bei einem Vollzeitarbeitsverhältnis. Arbeitsentgelt und betriebliche Altersversorgung werden nur insoweit geschuldet, als eine Arbeitsleistung erbracht wird (vgl. BAG Urteil vom 15. Februar 1994, aaO; Urteil vom 25. Oktober 1994, aaO, zu III 1 a der Gründe).
25
b)
Für Art. 119 Abs. 1 EG-Vertrag gilt nichts anderes. Eine Ungleichbehandlung i.S. des Art. 119 EG-Vertrag liegt nicht vor, wenn Teilzeitbeschäftigte für die gleiche Anzahl geleisteter Arbeitsstunden die gleiche Vergütung erhalten wie Vollzeitbeschäftigte (vgl. EuGH Urteile vom 15. Dezember 1994 - Rs C-399/92, C-409/92, C-425/92, C-34/93, C-50/93 und C-78/93 - AP Nr. 7 zu § 611 BGB Teilzeit).
26
c)
Entgegen der Ansicht der Klägerin ist es unerheblich, daß sich die Altersversorgung nicht nach dem Arbeitsverdienst der Arbeitnehmer richtet, sondern ein einheitlicher Festbetrag gewährt wird. Dies bedeutet nicht, daß der Umfang der geleisteten Arbeit bedeutungslos ist (vgl. BAG Urteil vom 25. Oktober 1994, aaO, zu III 1 b der Gründe). Die Ansicht der Klägerin würde dazu führen, daß sich die Versorgungslasten der Beklagten durch den Einsatz unständig beschäftigter Teilzeitkräfte gegenüber dem Einsatz von Vollzeitkräften vervielfachen würden. Ein derartiges Ergebnis war weder von den Betriebspartnern gewollt noch entspricht es dem Regelungsziel des Gleichbehandlungsgrundsatzes, des Art. 1 § 2 Abs. 1 BeschFG 1985 und des Art. 119 Abs. 1 EG-Vertrag.
Dr. Heither,
Kremhelmer,
Bepler,
Martschin,
Kaiser
Von Rechts wegen!