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Welche Fragen Arbeitgeber auch zum Thema Sozialversicherungsrecht bewegen: Die Rechtsdatenbank der AOK liefert die Antworten – einfach, fundiert und topaktuell.

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Zinsen - Allgemeines
Zinsen - Allgemeines
Inhaltsübersicht
- 1.
- 2.
- 3.
- 4.
- 5.
- 6.Rechtsprechungs-ABC
- 6.1
- 6.2
- 6.3
- 6.4
- 6.5
- 6.6
- 6.7
- 6.8
- 6.9
- 6.10
- 6.11
- 6.12
- 6.13
- 6.14
- 6.15
- 6.16
- 6.17
- 6.18
Information
1. Allgemeines
Der Arbeitgeber schuldet die Zahlung des Arbeitsentgelts und/oder zusätzlicher Vergütungsbestandteile in der Regel zu einem bestimmten Zeitpunkt. Die geschuldete Arbeitsvergütung ist allerdings grundsätzlich erst nach der Arbeitsleistung zu entrichten (§ 615 Satz 1 BGB). Das heißt bei einem Arbeitsentgelt, das nach Zeitabschnitten bemessen ist: "nach dem Ablauf der einzelnen Zeitabschnitte" (§ 614 Satz 2 BGB) – üblicherweise also am Monatsende. Individual- oder kollektivrechtlich können andere Fälligkeitszeitpunkte vereinbart werden.
Praxistipp:
Arbeitnehmer haben regelmäßige Ausgaben für Miete, Raten, Versicherungen und vieles mehr. Die Abbuchungen erfolgen zum Monatsende oder zum Monatsanfang – vorausgesetzt, es ist genügend Geld auf dem Konto. Gut – haushalten will gelernt sein. Auf der anderen Seite: Zahlt der Arbeitgeber zu spät, kommt er in Verzug. Und wenn der Arbeitnehmer wegen des Verzugs Soll- oder Dispozinsen zahlen muss, kann er sich das Geld als Verzugsschaden vom Arbeitgeber erstatten lassen (§ 288 Abs. 4 BGB). Daher sollte man als Arbeitgeber/Personaler schon im eigenen Interesse auf pünktliche Zahlung des Arbeitsentgelts achten.
Wer von seinem Vertragspartner Zinsen verlangen möchte, braucht dafür eine Anspruchsgrundlage. So eine Anspruchsgrundlage kann – auch wenn es im Arbeitsleben eher unüblich ist – beispielsweise schon der Arbeitsvertrag sein (s. dazu Gliederungspunkt 2.). Für den Fall, dass Forderungen gerichtlich eingeklagt werden, gibt es nach Maßgabe des § 291 BGB die so genannten Prozesszinsen (dazu: Gliederungspunkt 3.). Eine weitere Anspruchsgrundlage ist § 256 BGB für die Verzinsung von Aufwendungen (s. Gliederungspunkt 4.). Der wichtigste "Zinsfall" sind die in § 288 Abs. 1 BGB geregelten Verzugszinsen – in der Regel fünf Prozentpunkte über dem jeweiligen Basiszinssatz nach § 247 BGB (dazu mehr in Gliederungspunkt 5.). Einzelfragen werden in Gliederungspunkt 6. im Rechtsprechungs-ABC beantwortet.
2. Zinsen aus Vertrag
Es ist selten, dass Arbeitgeber und Arbeitnehmer freiwillig Zinsen für den Fall verspäteter Zahlung von Arbeitsentgelt etc. vereinbaren. Gar nicht so selten ist allerdings der Fall, dass der Arbeitgeber seinem Mitarbeiter ein Arbeitgeberdarlehen verspricht und auszahlt. Dieses Darlehen kann zinslos sein, es kann aber auch verzinslich gewährt werden. Dann müssen sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer im Darlehensvertrag darüber einigen, mit welchem Zinssatz der Kredit während der Laufzeit und/oder während des Verzuges zurückzuzahlen ist.
Beispiel:
Der japanische Koch I arbeitet in einer Düsseldorfer Sushi-Bar. Er ist zwar erst wenige Wochen bei uns, möchte sich aber schnell eine Wohnung mieten. Dafür gewährt ihm sein Chef ein Darlehen von 7.500 EUR. Man ist sich einig, dass I dieses Darlehen mit 5% p.a. verzinsen und ab dem 01.01. nächsten Jahres zurückzahlen muss. Für den Fall, dass I mit der Rückzahlung in Verzug kommt, vereinbaren die Parteien Verzugszinsen von 10%.
Die gesetzlichen Zinssätze sind in der Regel starr und lassen ohne besondere Vereinbarung keine Spielräume. Wer höhere oder niedrigere Zinsen als die gesetzlich vorgesehenen vereinbaren will, muss das vertraglich regeln. Das Gleiche gilt für Fälle, die das Gesetz nicht regelt.
Praxistipp:
Von Rechts wegen gibt es nicht für alles Zinsen. Daher ist es ganz wichtig, eindeutige vertragliche Regelungen über den Grund für die Verzinsung und die Höhe der Zinsen zu treffen. Wer das nicht veranlasst, bekommt am Ende entweder gar nichts oder muss sich mit dem niedrigeren gesetzlichen Zinssatz abfinden.
Eins kann man aber selbst per Vertrag nicht regeln: "Von Zinsen sind Verzugszinsen nicht zu entrichten", § 289 Satz 1 BGB. Das Gesetz verbietet also die sog. Zinseszinsen. Gleichwohl heißt es in § 289 Satz 2 BGB: "Das Recht des Gläubigers auf Ersatz des durch den Verzug entstandenen Schadens bleibt unberührt."
3. Prozesszinsen, § 291 BGB
Der Schuldner muss eine Geldschuld, auch wenn er nicht im Verzug ist, vom Eintritt der Rechtshängigkeit an verzinsen, § 291 Satz 1 Halbs. 1 BGB.
Beispiel:
Verzug setzt nach § 286 Abs. 4 BGB Verschulden voraus. Wenn ein Arbeitnehmer an seinen Arbeitgeber Geld zurückzahlen muss, er aber mangels Verschulden mit der Rückzahlung nicht in Verzug ist, hat der Arbeitgeber die Möglichkeit, über § 291 Satz 1 Halbs. 1 BGB trotzdem Zinsen auf die Forderung geltend zu machen. Die Rechtshängigkeit beginnt nach den Vorschriften der Zivilprozessordnung mit Zustellung der Klage (§ 253 Abs. 1 ZPO) oder des Mahnbescheids (§ 696 Abs. 3 ZPO) an den Beklagten/Antragsgegner.
§ 291 Satz 1 Halbs. 1 BGB sieht als materielle Wirkung der Rechtshängigkeit einer Forderung die Verpflichtung des Schuldners zur Zahlung von Zinsen vor. "Der Anspruch auf Prozesszinsen ist eine prozessuale, aus dem Prozessrechtsverhältnis erwachsende Nebenforderung" (BAG, 19.06.2018 - 9 AZR 615/17 - mit Hinweis auf BAG, 25.04.2007 - 10 AZR 586/06).
Die praktische Bedeutung von § 291 BGB ist eher gering. In den meisten Fällen gibt es für den Zinsanspruch eben eine vertragliche Grundlage oder er tritt als Verzugsfolge ein. Wird die Schuld erst nach Rechtshängigkeit fällig, ist sie vom Eintritt der Fälligkeit an zu verzinsen, § 291 Satz 1 Halbs. 2 BGB. Die Höhe der Prozesszinsen bestimmt sich nach § 288 Abs. 1 Satz 2; Abs. 2; Abs. 3 BGB (s. dazu unten 4.), auch hier gilt das Verbot der Zinseszinsen (§ 291 BGB).
4. Weitere gesetzliche Zinsansprüche
Die unter Ziffer 2. angesprochenen Prozesszinsen gehören - wie die Verzugszinsen - zu den bekannteren. Im Handels- und im BürgerlichenGesetzbuch gibt es aber noch eine Reihe weiterer, weniger bekannter Anspruchsgrundlagen für die Verzinsung von Geldforderungen. Hier eine - nicht abschließende - Auswahl:
Auftrag: Verwendet der Beauftragte Geld, das er dem Auftraggeber herauszugeben oder für ihn zu verwenden hat, für sich selbst, so ist er verpflichtet, es von der Zeit der Verwendung an zu verzinsen, § 668 BGB.
Aufwendungen: Wer zum Ersatz von Aufwendungen verpflichtet ist, hat den aufgewendeten Betrag, oder, wenn anderen Gegenstände als Geld aufgewendet worden sind, den als Ersatz ihres Wertes zu zahlenden Betrag von der Zeit der Aufwendung an zu verzinsen, § 256 Satz 1 BGB. Sind Aufwendungen auf einen Gegenstand gemacht worden, der dem Ersatzpflichtigen herauszugeben ist, so sind Zinsen für die Zeit, für welche dem Ersatzberechtigten die Nutzungen oder die Früchte des Gegenstandes ohne Vergütung verbleiben, nicht zu entrichten, § 256 Satz 2 BGB.
Handelsgeschäfte: Kaufleute sind untereinander berechtigt, für ihre Forderungen aus beiderseitigen Handelsgeschäften vom Tage der Fälligkeit an Zinsen zu fordern, § 353 HGB. Der gesetzliche Zinssatz beträgt - mit Ausnahme der Verzugszinsen - bei beiderseitigen Handelsgeschäften 5 Prozent, § 352 Abs. 1 Satz 1 HGB. Zinsen von Zinsen können nach Maßgabe des § 353 HGB auch hier nicht verlangt werden.
Prozesskosten: Die Parteien können bei Gericht einen Kostenfestsetzungsantrag stellen, § 104 ZPO. In dem nachfolgenden Kostenfestsetzungsbeschluss ist auf Antrag auszusprechen, dass die festgesetzten Kosten vom Eingang des Festsetzungsantrages - im Falle des § 105 Abs. 3 ZPO von der Verkündung des Urteils ab - mit fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 247 BGB zu verzinsen sind, § 104 Abs. 1 Satz 2 ZPO.
Unerlaubte Handlung: Muss der Schädiger wegen Entziehung einer Sache deren Wert ersetzen oder wegen der Beschädigung einer Sache die Wertminderung ersetzen, so kann der Geschädigte Zinsen des zu ersetzenden Betrages von dem Zeitpunkt an verlangen, welcher der Bestimmung des Wertes zugrunde liegt, § 849 BGB.
Verwahrung: Verwendet der Verwahrer hinterlegtes Geld für sich, so ist er verpflichtet, es von der Zeit der Verwendung zu verzinsen, § 698 BGB.
Wertersatz: Muss der Schuldner den Wert eines Gegenstandes ersetzen, der während seines Verzugs untergegangen ist oder aus einem während des Verzugs eingetretenen Grunde nicht herausgegeben werden kann, so ist der Gläubiger berechtigt, von dem Zeitpunkt ab Zinsen zu verlangen, der der Bestimmung des Wertersatzes zugrunde gelegt wird, § 290 Satz 1 BGB. Das Gleiche gilt, wenn der Schuldner zum Ersatze der Minderung des Wertes eines während des Verzugs verschlechterten Gegenstandes verpflichtet ist, § 290 Satz 2 BGB.
Da die einzelnen Zinsbestimmungen nichts über die Zinshöhe sagen, kann an dieser Stelle nur auf den gesetzlichen Zinssatz aus § 246 BGB verwiesen werden: "Ist eine Schuld nach Gesetz oder Rechtsgeschäft zu verzinsen, so sind vier vom Hundert für das Jahr zu entrichten, sofern nicht ein anderes bestimmt ist."
5. Verzugszinsen
Der wichtigste Zinsanspruch ergibt sich aus Verzug. Während dieser Zeit ist eine Geldschuld nämlich nach Maßgabe des § 288 Abs. 1 Satz 1 BGB zu verzinsen.
Beispiel:
S hatte seinen Job beim Privatsender T einfach satt und kündigt daher nach dem Ende einer Sendung an, fortan nicht mehr zur Arbeit kommen zu wollen. Seine Ankündigung setzt er auch in die Tat um. S's Verhalten ist ein Vertragsbruch. Er hätte kündigen müssen, und das unter Einhaltung der geltenden Kündigungsfrist. Der Sender fordert ihn umgehend auf, seine Arbeit wieder aufzunehmen. Das macht S aber nicht. Er bewirbt sich bei der öffentlich-rechtlichen Konkurrenz. Da in seinem Anstellungsvertrag für Vertragsbruch eine Vertragsstrafe von 10.000 EUR vereinbart war, versucht der Sender nun, diese Vertragsstrafe zu realisieren. Er setzt S eine Frist zur Zahlung bis zum 31. März. S zahlt nicht.
Die Vertragsstrafe wurde im Zeitpunkt des Vertragsbruchs fällig. Mit dem Forderungsschreiben hat T für S's Leistung kalendermäßig eine Zeit bestimmt. Diese Leistung hat S - innerhalb des vorgegebenen Zeitrahmens - nicht erbracht. Er befindet sich mit Ablauf des 31. März in Verzug. Ab dem 1. April muss S nun also Verzugszinsen auf die Forderung zahlen.
Die Höhe der Verzugszinsen ergibt sich aus § 288 Abs. 1 Satz 2 BGB: "Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz." Der Basiszinssatz beträgt ab dem 01.01.2022 -0,88 % (!). Er verändert sich jeweils zum 1. Juli und dann wieder zum 1. Januar des Folgejahres um die Prozentpunkte, um welche die Bezugsgröße seit der letzten Veränderung des Euro-Basiszinssatzes gestiegen oder gefallen ist (§ 247 Abs. 1 Satz 2 BGB). Bezugsgröße ist der Zinssatz für die jüngste Hauptrefinanzierungsoperation der Europäischen Zentralbank vor dem ersten Kalendertag des betreffenden Halbjahres (§ 247 Abs. 1 Satz 3 BGB).
Die Deutsche Bundesbank gibt den geltenden Basiszinssatz unverzüglich nach dem in § 247 Abs. 1 Satz 2 BGB genannten Zeitpunkt im Bundesanzeiger bekannt, § 247 Abs. 2 BGB.
Der aktuelle Stand lässt sich im Internet unter www.bundesbank.de und www.basiszins.de abfragen.
Bis zum 30.06.2005 entwickelten sich Basis- und Verzugszinssatz wie folgt:
Zeitraum | Basiszinssatz | Verzugszinssatz |
---|---|---|
Verbrauchergeschäfte | ||
01.05.2000 - 31.08.2000 | 3,42 | 8,42 |
01.09.2000 - 31.12.2000 | 4,26 | 9,26 |
01.01.2001 - 30.04.2001 | 4,26 | 9,26 |
01.05.2001 - 31.08.2001 | 4,26 | 9,26 |
01.09.2001 - 31.12.2001 | 3,62 | 8,62 |
Nach dem Schuldrechtsmodernisierungsgesetz: | ||
01.01.2002 - 30.06.2002 | 2,57 | 7,57 |
01.07.2002 - 31.12.2002 | 2,47 | 7,47 |
01.01.2003 - 30.06.2003 | 1,97 | 6,97 |
01.07.2003 - 31.12.2003 | 1,22 | 6,22 |
01.01.2004 - 30.06.2004 | 1,14 | 6,14 |
01.07.2004 - 31.12.2004 | 1,13 | 6,13 |
01.01.2005 - 30.06.2005 | 1,21 | 6,21 |
Nach der Reform des Schuldrechts wird zwischen mehreren Verzugszinssätzen unterschieden:
§ 288 Abs. 1 BGB, der "normale" Verzugszinssatz, 5 Prozentpunkte über dem Basiszinssatz
§ 288 Abs. 2 BGB, der Verzugszinssatz für Rechtsgeschäfte, an denen kein Verbraucher beteiligt ist, bis zum 28.07.2014 acht Prozentpunkte über dem Basiszinssatz, ab dem 29.07.2014 dann neun.
§ 497 Abs. 1 BGB, der Verzugszinssatz beim Verbraucherdarlehen, 2,5 Prozentpunkte über dem Basiszinssatz
Zeitraum | Basiszinssatz | ||||
01.01.2002 - 30.06.2002 | 2,57 | 7,57 | 10,57 | 5,07 | |
01.07.2002 - 31.12.2002 | 2,47 | 7,47 | 10,47 | 4,97 | |
01.01.2003 - 30.06.2003 | 1,97 | 6,97 | 9,97 | 4,47 | |
01.07.2003 - 31.12.2003 | 1,22 | 6,22 | 9,22 | 3,72 | |
01.01.2004 - 30.06.2004 | 1,14 | 6,14 | 9,14 | 3,64 | |
01.07.2004 - 31.12.2004 | 1,13 | 6,13 | 9,13 | 3,63 | |
01.01.2005 - 30.06.2005 | 1,21 | 6,21 | 9,21 | 3,71 | |
01.07.2005 - 31.12.2005 | 1,17 | 6,17 | 9,17 | 3,67 | |
01.01.2006 - 30.06.2006 | 1,37 | 6,37 | 9,37 | 3,87 | |
01.07.2006 - 31.12.2006 | 1,95 | 6,95 | 9,95 | 4,45 | |
01.01.2007 - 30.06.2007 | 2,70 | 7,70 | 10,70 | 5,20 | |
01.07.2007 - 31.12.2007 | 3,19 | 8,19 | 11,19 | 5,69 | |
01.01.2008 - 30.06.2008 | 3,32 | 8,32 | 11,32 | 5,82 | |
01.07.2008 - 31.12.2008 | 3,19 | 8,19 | 11,19 | 5,69 | |
01.01.2009 . 30.06.2009 | 1,62 | 6,62 | 9,62 | 4,12 | |
01.07.2009 - 31.12.2009 | 0,12 | 5,12 | 8,12 | 2,62 | |
01.01.2010 - 30.06.2010 | 0,12 | 5,12 | 8,12 | 2,62 | |
01.07.2010 - 31.12.2010 | 0,12 | 5,12 | 8,12 | 2,62 | |
01.01.2011 - 30.06.2011 | 0,12 | 5,12 | 8,12 | 2,62 | |
01.07.2011 - 31.12.2011 | 0,37 | 5,37 | 8,37 | 2,87 | |
01.01.2012 - 30.06.2012 | 0,12 | 5,12 | 8,12 | 2,62 | |
01.07.2012 - 31.12.2012 | 0,12 | 5,12 | 8,12 | 2,62 | |
01.01.2013 - 30.06.2013 | -0,13 (!) | 4,87 (!) | 7,87 (!) | 2,37 (!) | |
01.07.2013 - 31.12.2013 | -0,38 (!) | 4,62 (!) | 7,62 (!) | 2,12 (!) | |
01.01.2014 - 30.06.2014 | -0,63 (!) | 4,37 (!) | 7,37 (!) | 1,87 (!) | |
01.07.2014 - 28.07.2014 | -0,73 (!) | 4,27 (!) | 7,27 (!) | 1,77 (!) | |
29.07.2014 - 31.12.2014 | -0,73 (!) | 4,27 (!) | 8,27 (!) | 1,77 (!) | |
01.01.2015 - 30.06.2015 | -0,83 (!) | 4,17 (!) | 8,17 (!) | 1,67 (!) | |
01.07.2015 - 31.12.2015 | -0,83 (!) | 4,17 (!) | 8,17 (!) | 1,67 (!) | |
01.01.2016 - 30.06.2016 | -0,83 (!) | 4,17 (!) | 8,17 (!) | 1,67 (!) | |
01.07.2016 - 31.12.2016 | -0,88 (!) | 4,12 (!) | 8,12 (!) | 1,62 (!) | |
01.01.2017 - 30.06.2017 | -0,88 (!) | 4,12 (!) | 8,12 (!) | 1,62 (!) | |
01.07.2017 - 31.12.2017 | -0,88 (!) | 4,12 (!) | 8,12 (!) | 1,62 (!) | |
01.01.2018 - 30.06.2018 | - 0,88 (!) | 4,12 (!) | 8,12 (!) | 1,62 (!) | |
01.07.2018 - 31.12.2018 | - 0,88 (!) | 4,12 (!) | 8,12 (!) | 1,62 (!) | |
01.01.2019 - 30.06.2019 | - 0,88 (!) | 4,12 (!) | 8,12 (!) | 1,62 (!) | |
01.07.2019 - 31.12.2019 | - 0,88 (!) | 4,12 (!) | 8,12 (!) | 1,62 (!) | |
01.01.2020 - 30.06.2020 | - 0,88 (!) | 4,12 (!) | 8,12 (!) | 1,62 (!) | |
01.07.2020 - 31.12.2020 | - 0,88 (!) | 4,12 (!) | 8,12 (!) | 1,62 (!) | |
01.01.2021 - 30.06.2021 | - 0,88 (!) | 4,12 (!) | 8,12 (!) | 1,62 (!) | |
01.07.2021 - 31.12.2021 | - 0,88 (!) | 4,12 (!) | 8,12 (!) | 1,62 (!) | |
01.01.2022 - 30.06.2022 | - 0,88 (!) | 4,12 (!) | 8,12 (!) | 1,62 (!) | |
01.07.2022 - 31.12.2022 | - 0,88 (!) | 4,12 (!) | 8,12 (!) | 1,62 (!) | |
01.01.2023 - 30.06.2023 | 1,62 | 6,62 | 10,62 | 4,12 | |
01.07.2023 - 31.12.2023 |
Praxistipp:
Im Verlauf eines längeren Rechtsstreits kann sich der Basiszinssatz wiederholt ändern. Es ist daher nicht ratsam, in den Klageantrag eine bestimmte Höhe dieses Zinssatzes aufzunehmen. In der Praxis hat sich folgende Formulierung bewährt: "Der/Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger/die Klägerin (...Hauptforderung in Euro) nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 247 Abs. 1 BGB zu zahlen."
Das BAG hält diese Art der Geltendmachung von Verzugszinsen für ausreichend bestimmt (BAG, 01.10.2002 - 9 AZR 215/01 - zum Antrag "...den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger (Hauptforderung) nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank zu zahlen."). Es heißt in § 288 Abs. 1 BGB eben nicht "fünf Prozent" über dem Basiszinssatz, sondern "fünf Prozentpunkte" über dem Basiszinssatz (BAG, 08.06.2004 - 1 AZR 308/03). Fünf Prozent über dem Basiszinssatz fallen deutlich geringer aus als fünf Prozentpunkte.
Der Arbeitnehmer wird i.S.d. § 288 Abs. 2 BGB als Verbraucher angesehen. Bei Rechtsgeschäften, an denen kein Verbraucher beteiligt ist, beträgt der Zinssatz für Entgeltforderungen sogar acht Prozentpunkte über dem Basiszinssatz. Kann der Gläubiger aus einem anderen Rechtsgrund höhere Zinsen verlangen, so sind diese fortzuentrichten, § 288 Abs. 3 BGB.
Beispiel:
Programmierer P arbeitet bei einer dieser kleinen Software-Firmen. P kündigt wegen erheblicher Vergütungsrückstände und macht seine Forderungen über einen Anwalt geltend.
Beiden Parteien ist nicht unbedingt an einer gerichtlichen Auseinandersetzung gelegen. Auf der anderen Seite stehen fast 4.500 EUR aus und P möchte sein Geld natürlich möglichst schnell haben. P's Anwalt schließt mit dem früheren Chef eine Ratenzahlungsvereinbarung. Danach sollen die 4.500 EUR beginnend mit dem 1. Juli in sechs monatlichen Raten zu je 750 EUR gezahlt werden. Um den notwendigen Druck zu schaffen nimmt man auf, dass die Restforderung, wenn der Arbeitgeber mit einer Rate länger als einen Monat in Verzug ist, auf einmal fällig wird und ab diesem Zeitpunkt mit 15 Prozent zu verzinsen ist.
Die ersten drei Raten kommen pünktlich, dann läuft plötzlich nichts mehr. P klagt jetzt die gesamte Restforderung auf dringendes Anraten seines Anwalts ein und macht dafür Verzugszinsen von 15 Prozent geltend. Das darf P auch, weil sein Arbeitgeber nicht nur die 5 Prozentpunkte über dem Basiszinssatz als nach § 288 Abs. 1 BGB als Verzugszinsen schuldet, sondern über § 288 Abs. 3 BGB "aus einem anderen Rechtsgrund" - das ist die getroffene Ratenzahlungsvereinbarung - wesentlich mehr.
Trotz der Zinsregelung in § 288 Abs. 1 BGB ist die Geltendmachung eines weiteren Schadens nicht ausgeschlossen, § 288 Abs. 4 BGB.
Beispiel:
T hat ein Girokonto bei der Privatbank Z. Der Service ist in Ordnung, aber auch teuer. So muss T für Überziehungszinsen 15,75 % und für einen Dispo-Kredit 13,25 % Zinsen zahlen. Wenn T jetzt beispielsweise wegen des Zahlungsverzuges ihres Arbeitgebers Kreditleistungen des Bankhauses Z in Anspruch nehmen muss, deckt der gesetzliche Zinssatz von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nicht den tatsächlich eintretenden Zinsschaden, weil T, je nach Art des Kredits, mindestens 13,25 %, möglicherweise sogar 15,75 % Zinsen zahlen muss. In diesem Fall hilft § 288 Abs. 4 BGB: T kann die Prozentpunkte, die der gesetzliche Zinssatz nicht abdeckt, als "weiteren Schaden" geltend machen.
Praxistipp:
In arbeitsgerichtlichen Verfahren ist es vielfach so, dass es letztlich nur noch um die Hauptschuld geht und der Zinsanspruch, wenn sich die Parteien im Gütetermin oder im weiteren Prozessverlauf gütlich einigen, vom Tisch ist. Wird der Rechtsstreit dagegen durch Urteil entschieden, ist es schon wichtig, die richtige Anspruchsgrundlage und den richtigen Zinssatz zu kennen und geltend zu machen. Da der Anspruchssteller die Darlegungs- und Beweislast für seinen Zins- oder Schadensersatzanspruch hat, sollte die Beweisführung von Anfang an mit einer aussagefähigen Bankbescheinigung vorgenommen werden. Darauf kann man verzichten, wenn man "nur" den gesetzlichen Zinssatz aus § 288 Abs. 1 Satz 1 BGB verlangt.
Die Zinspflicht endet, wenn der Anspruch erlischt. Ohne Hauptschuld gibt es keine Zinsen. Und was ganz wichtig ist: die Verjährung des Hauptanspruchs führt nach § 217 BGB auch zur Verjährung der von ihm abhängenden Nebenleistungen. Und das passiert sogar dann, wenn die besondere Verjährung für die Nebenleistung noch nicht eingetreten ist.
6. Rechtsprechungs-ABC
An dieser Stelle finden Sie einige der wichtigsten Entscheidungen der letzten Jahre zum Thema Zinsen - Allgemeines in alphabetischer Reihenfolge nach Stichwörtern geordnet:
6.1 "Anfang des Monats"
Der Arbeitsvertrag von Arbeitnehmer N enthielt die Klausel: "Als Arbeitsverdienst für Ihre Tätigkeit erhalten Sie, jeweils am Anfang des Kalendermonats, ein Bruttogehalt nach der Tarifgruppe 7 im 8. Berufsjahr in Höhe von DM 3.440,- monatlich." Das bedeutet: Sein Anspruch auf Arbeitsentgelt ist jeweils am Monatsersten fällig. Mit dem weiteren Ergebnis, dass der Verzug nach den §§ 286 ff. BGB nicht bereits am Ersten des Monats, sondern erst am Folgetag, also jeweils am Zweiten eintritt, und Verzugszinsen erst ab dem Folgetag geschuldet sind (BAG, 19.09.2018 - 5 AZR 439/17).
6.2 Ausschlussfrist
Der Anspruch auf Zinsen hängt von der Hauptforderung ab. Gibt es keine Hauptforderung, gibt es auch keine Zinsen. Bleibt die Hauptforderung von einer tariflichen Ausschlussfrist unberührt, verfallen auch die Zinsansprüche darauf nicht (BAG, 21.01.2003 - 9 AZR 546/01).
6.3 Brutto- oder Nettobetrag
Lange Zeit war selbst bei den Senaten des BAG streitig (BAG, 18.01.2000 - 9 AZR 122/95 (B) mit weiteren Hinweisen), ob die Verzugszinsen des Arbeitgebers auf den Brutto- oder Nettobetrag zu zahlen sind. Seit dem 07.03.2001 herrscht nun in diesem Punkt Klarheit: Der Gemeinsame Senat des BAG hat sich für den Brutto-Betrag entschieden. Begründung: Der Verzinsung setzt eine Geldschuld voraus. Diese Geldschuld umfasst für den Arbeitgeber auch die an das Finanzamt abzuführende Lohnsteuer und die Versicherungsbeiträge für die Sozialversicherung. Daher gerät der Arbeitgeber mit einem Gesamtbetrag (brutto) und nicht bloß mit einem Teil davon (netto) in Verzug. Das wiederum hat zur Folge, dass die Verzugszinsen auf den Brutto-Betrag zu zahlen sind (BAG, 07.03.2001 - GS - 1/00).
6.4 Fälligkeit nach billigem Ermessen
Der Arbeitgeber hat nach § 16 Abs. 1 BetrAVG bei laufenden Leistungen eine Anpassungsprüfungspflicht, bei der er seine Entscheidung pro oder contra Anpassung nach billigem Ermessen treffen muss. Verzug - und damit ein Anspruch auf Verzugszinsen - kann erst nach Eintritt der Fälligkeit eintreten. Anpassungsforderungen des Betriebsrentners werden nicht vor Eintritt der Rechtskraft des der Klage stattgebenden Urteils fällig. "Leistungen, die nach billigem Ermessen zu bestimmen sind, werden bei gerichtlicher Bestimmung erst aufgrund eines rechtskräftigen Gestaltungsurteils nach § 315 Abs. 3 BGB fällig" - wozu auch die nach einer Anpassungsentscheidung via § 16 Abs. 1 u. 2 BetrAVG zu gewährenden Leistungen gehören (BAG, 18.03.2014 - 3 AZR 249/12).
6.5 Geschäftszinsen
Auch die Freistellung eines Arbeitnehmers ändert nichts an dem Zinssatz in § 288 Abs. 1 Satz 2 BGB. Nur bei Rechtsgeschäften, an denen kein Verbraucher beteiligt ist, beträgt der Zinssatz für Entgeltforderungen nach § 288 Abs. 2 BGB 8 Prozentpunkte über dem Basiszinssatz (BAG, 23.02.2005 - 10 AZR 600/03 und BAG, 23.02.2005 - 10 AZR 601/03).
6.6 Hinterlegung
Wenn sich zwei Gläubiger um eine Forderung streiten, hat der Schuldner die Möglichkeit, den Geldbetrag zu hinterlegen. Er kann ihn dann frei geben, wenn sich die Gläubiger geeinigt haben. Eine verzögerte Freigabe führt dazu, dass der Gläubiger in entsprechender Anwendung des § 288 Abs. 1 BGB a.F. einen Anspruch auf Verzugszinsen in gesetzlicher Höhe hat (BGH, 25.04.2006 - XI ZR 271/05).
6.7 Insolvenz
§ 39 Abs. 1 Nr. 1 und 2 InsO sieht vor, dass nach Insolvenzeröffnung bis zur Verwertung entstandene Zins- und Kostenforderungen am Insolvenzverfahren teilnehmen. Trotz Einstufung dieser Ansprüche als nachrangige Insolvenzforderungen sind sie im Vergleich zum früheren Konkursrecht günstiger gestellt worden. Daher gilt: "Nach Insolvenzeröffnung fällig werdende Ansprüche auf Kosten und Zinsen werden von dem Recht auf abgesonderte Befriedigung erfasst" (BGH, 17.07.2008 - IX ZR 132/07).
6.8 Keine Verzugspauschale
In der Regel ist es so, dass derjenige die Kosten eines Zivilprozesses trägt, der ihn verliert. Im arbeitsgerichtlichen Urteilsverfahren erster Instanz ist das anders. Da gibt es in § 12a ArbGG die sogenannte Kostenpräklusion: kein Anspruch der obsiegenden Partei auf "Erstattung der Kosten für die Zuziehung eines Prozessbevollmächtigten". Gut. Im BGB-Verzugsrecht hat der Gläubiger, wenn der Schuldner kein Verbraucher ist, gem. § 288 Abs. 5 Satz 1 BGB Anspruch auf eine 40-Euro-Verzugspauschale. Die Sonderregelung in § 12a ArbGG schließt allerdings "als spezielle arbeitsrechtliche Regelung nicht nur einen prozessualen Kostenerstattungsanspruch, sondern auch einen materiell-rechtlichen Anspruch auf Erstattung von bis zum Schluss einer eventuellen ersten Instanz entstandenen Beitreibungskosten und damit insoweit auch einen Anspruch auf Pauschalen nach § 288 Abs. 5 Satz 1 BGB aus" (BAG, 22.10.2020 – 8 AZR 412/19 – mit Hinweis auf BAG, 12.12.2018 – 5 AZR 588/17; BAG, 23.07.2019 – 9 AZN 252/19; BAG, 19.12.2018 – 10 AZR 231/18 u. BAG, 30.01.2019 – 10 AZR 596/17).
6.9 Leistungsbestimmung nach billigem Ermessen
Sowohl der Anspruch auf Verzugs- (§ 288 Abs. 1 BGB) als auch der Anspruch auf Prozesszinsen gem. § 291 Satz 1 Halbs. 2 BGB entsteht frühestens ab der Fälligkeit der Forderung. Entspricht eine einseitig vom Arbeitgeber vorzunehmende Leistungsbestimmung nicht billigem Ermessen und wird die Leistungsbestimmung gemäß § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB durch Urteil getroffen, wird die Forderung - immer vorbehaltlich anderer Vereinbarungen - erst mit Rechtskraft dieses Gestaltungsurteils fällig (s. dazu BAG, 10.12.2013 - 3 AZR 595/12). "Nach dem gesetzlichen Konzept enthält § 315 Abs. 3 BGB eine Zweiteilung zwischen feststellender Kassation und rechtsgestaltender Ersatzleistungsbestimmung" (s. dazu BAG, 27.01.2016 - 4 AZR 468/14). Bis zur gerichtlichen Leistungsbestimmung schwebt der Anspruch auf eine unbestimmte Leistung. Er wird erst durch die - rechtskräftige - Entscheidung - und das ex nunc - rechtsgestaltend konkretisiert. Mit der weiteren Folge, dass der Schuldner vorher gar nicht in Verzug kommen kann (BAG, 24.10.2018 - 10 AZR 285/16 - mit Hinweis auf BAG, 27.01.2016 - 4 AZR 916/13 u. BGH, 04.07.2013 - III ZR 52/12).
6.10 Prozesszinsen
Prozesszinsen können nach § 291 Satz 1 Halbsatz 2 BGB frühestens ab Eintritt der Rechtshängigkeit verlangt werden. Nichts anders gilt für Verzugszinsen. Auch Verzug kann erst eintreten, nachdem eine Forderung fällig geworden ist. Soweit eine Leistung - wie die nach § 16 BetrAVG angepasste Betriebsrente - erst ab Rechtskraft eines Gestaltungsurteils verlangt werden kann, wird nicht nur die Leistung, sondern auch die Prozess- und Verzugszinsen erst ab Rechtskraft der gerichtlichen Entscheidung fällig. Insoweit stehen einem klagenden Mitarbeiter Prozesszinsen nach §§ 291, 288 Abs. 1 Satz 2 BGB wie die Verzugszinsen nach §§ 286 Abs. 1 Nr. 1, 288 Abs. 1 BGB erst ab Rechtskraft der Entscheidung und nicht schon vorher zu (BAG, 28.06.2011 - 3 AZR 859/09).
6.11 Rückständige SoKa Bau-Beiträge
"1. Für die Wiedereinsetzung in die mangels ordnungsgemäßer Unterschrift iSv. § 130 Nr. 6 ZPO versäumte Berufungs- oder Berufungsbegründungfrist ist es nicht erforderlich, die Prozesshandlung nachzuholen, wenn die säumige Partei formwirksam Revision eingelegt hat und der Mangel erstmals vom Revisionsgericht festgestellt wird. 2. Der Verzug des Arbeitgebers mit der Zahlung von Beiträgen zu den Sozialkassen des Baugewerbes ist auch dann verschuldet iSv. § 286 Abs. 4 BGB, wenn die tarifliche Beitragspflicht auf einer rückwirkenden gesetzlichen Grundlage beruht, die an die Stelle einer für unwirksam erklärten Allgemeinverbindlicherklärung tritt" (BAG, 03.07.2019 - 10 AZR 499/17 - Leitsätze; zur Wirksamkeit des tariflichen 1-Prozent-Zinssatzes auf rückständige SoKa Bau-Beiträge s. BAG, 28.08.2019 - 10 AZR 549/18).
6.12 Verzugslohn
Wenn ein Arbeitgeber nach Ausspruch einer Kündigung in Annahmeverzug gerät, muss er möglicherweise auf etwaige Gehaltsrückstände Zinsen zahlen. Vertreten muss er den Annahmeverzug aber in der Regel nur, wenn er bei Anwendung der erforderlichen Sorgfalt erkennen konnte, dass die Kündigung unwirksam war. Ein entschuldbarer Rechtsirrtum liegt hier vor, wenn die Rechtslage objektiv zweifelhaft ist und der Schuldner sie sorgfältig geprüft hat (BAG, 13.06.2002 - 2 AZR 391/01 - als Fortführung von BAG, 22.03.2001 - 8 AZR 536/00; mit dem Hinweis, dass der Arbeitnehmer in Höhe des bezogenen Arbeitslosengeldes keine Zinsen auf den Verzugslohn beanspruchen kann).
6.13 Unerlaubte Handlung
Muss der Schädiger wegen der Entziehung einer Sache deren Wert oder wegen Beschädigung einer Sache die Wertminderung ersetzen, kann der Geschädigte Zinsen des zu ersetzenden Betrags von dem Zeitpunkt an verlangen, der der Bestimmung des Werts zugrunde liegt (§ 849 BGB). Wer durch eine unerlaubte Handlung zur Überweisung von Geld bestimmt wird, kann vom Schädiger ebenfalls eine Verzinsung nach § 849 BGB verlangen (BGH, 26.11.2007 - II ZR 167/06).
6.14 Urlaubsabgeltung
§ 7 Abs. 4 BUrlG sagt, dass Urlaub, der wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses weder ganz noch teilweise gewährt werden kann, vom Arbeitgeber abzugelten ist. In der Regel kommt der Schuldner Arbeitgeber nach § 286 Abs. 1 Satz 1 BGB erst dann in Verzug, wenn der Gläubiger Arbeitnehmer ihn nach Eintritt der Fälligkeit mahnt. Ohne Mahnung tritt nach § 286 Abs. 2 Nr. 1 BGB Verzug ein, wenn "für die Leistung eine Zeit nach dem Kalender bestimmt ist". § 7 Abs. 4 BUrlG enthält keine Bestimmung einer Leistungszeit i.S.d. § 286 Abs. 2 Nr. 1 BGB - sodass Verzug mit der Urlaubsabgeltung erst infolge der Geltendmachung des Anspruchs durch den Arbeitnehmer eintritt und erst danach Verzugszinsen nach § 288 BGB zu zahlen sind - und nicht bereits mit dem ersten Tag nach Ende des Arbeitsverhältnisses (BAG, 12.03.2013 - 9 AZR 292/11).
6.15 Verzug ohne Mahnung
Sieht ein Tarifvertrag vor, dass ein zusätzliches Urlaubsgeld "jeweils im Juni" zu zahlen ist, heißt das: es muss spätestens am 30.06. zur Auszahlung kommen. In diesem Fall ist keine Mahnung des Gläubigers notwendig, weil für die Leistung eine Zeit nach dem Kalender bestimmt ist (§ 286 Abs. 2 Nr. 1 BGB). Der Gläubiger darf in diesem Fall auch ohne besonderes Zahlungsverlangen davon ausgehen, dass seine Forderung pünktlich erfüllt wird (s. dazu BGH, 22.11.2012 – IX ZR 62/10). Aber: Der Verzug beginnt nicht schon mit dem letzten Tag der Zahlungsfrist, sondern erst mit seinem Ablauf – das heißt in diesem Fall mit dem 01.07. Der Schuldner ist erst mit Beginn des Folgetags in Verzug (BAG, 10.03.2020 – 9 AZR 109/19 – mit Hinweis auf BAG, 06.08.2003 – 4 AZR 441/02).
6.16 Verzugspauschale - 1
§ 288 Abs. 5 Satz 1 BGB sieht seit dem 29.07.2014 vor: "Der Gläubiger einer Entgeltforderung hat bei Verzug des Schuldners, wenn dieser kein Verbraucher ist, außerdem einen Anspruch auf Zahlung einer Pauschale von 40 Euro." Und § 288 Abs. 5 Satz 3 BGB schließt mit "Die Pauschale nach Satz 1 ist auf einen geschuldeten Schadensersatz anzurechnen, soweit der Schaden in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist." an. Bei arbeitsrechtlichen Verzugsfällen ist immer die Regelung in § 12a Abs. 1 Satz 1 ArbGG zu beachten: "In Urteilsverfahren des ersten Rechtszugs besteht kein Anspruch der obsiegenden Partei auf Entschädigung wegen Zeitversäumnis und auf Erstattung der Kosten für die Zuziehung eines Prozessbevollmächtigten oder Beistandes." Und das gilt nach allgemeiner Auffassung auch schon für die vorgerichtliche Geltendmachung verzugsfähiger Ansprüche.
Die Arbeitsgerichte taten sich bislang schwer darin, dem Verzugsgläubiger Arbeitnehmer wegen § 12a Abs. 1 Satz 1 ArbGG gegen den Verzugsschuldner Arbeitgeber die Verzugspauschale aus § 288 Abs. 5 Satz 1 BGB zuzusprechen. Das LAG Köln sieht das als erstes Obergericht anders. Die 40-Euro-Pauschale sei auch auf den Verzug mit der Zahlung von Arbeitsentgelt anzuwenden. Das BGB enthalte hier keine "Bereichsausnahme". Die Regelung in § 288 Abs. 5 Satz 1 BGB sei eine "Erweiterung der gesetzlichen Regelung zum Verzugszins". Der Gesetzgeber wollte mit der Neuregelung eine Möglichkeit schaffen, Druck auf säumige Schuldner auszuüben. Die Rechtslage ist bei Arbeitnehmern, die ihr Arbeitsentgelt nicht oder nicht pünktlich erhalten, mit anderen Verzugsfällen vergleichbar (LAG Köln, 22.11.2016 - 12 Sa 524/16 - wobei das Gericht die Revision zum BAG zugelassen hat, damit in dieser Angelegenheit eine höchtsrichterliche Entscheidung getroffen werden kann).
6.17 Verzugspauschale - 2
Die in § 288 Abs. 5 BGB geregelte Verzugspauschale fällt grundsätzlich neben den Verzugszinsen auch in Fällen an, in denen der Arbeitgeber mit der Entgeltzahlung in Verzug ist. Aber: § 12a Abs. 1 Satz 1 ArbGG - "In Urteilsverfahren des ersten Rechtszugs besteht kein Anspruch der obsiegenden Partei auf Entschädigung wegen Zeitversäumnis und auf Erstattung der Kosten für die Zuziehung eines Prozessbevollmächtigten oder Beistands" - schließt als spezialgesetzliche Regelung nicht bloß den erstinstanzlichen Kostenerstattungsanspruch aus. § 12a Abs. 1 Satz 1 ArbGG neutralisiert ebenso einen entsprechenden materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruch. Mit der Folge, dass auch der Anspruch auf Zahlung der Verzugspauschale nach § 288 Abs. 5 BGB ausgeschlossen ist (BAG, 25.09.2018 - 8 AZR 26/18 - zu LAG Düsseldorf, 10.10.2017 - 8 Sa 284/17).
6.18 Zusatzversorgungskasse Bau
"1. Die Präjudizwirkung des einer Beitragsklage der Zusatzversorgungskasse des Baugewerbes (ZVK) stattgebenden, rechtskräftigen Urteils schließt die erneute, selbstständige Prüfung des Bestehens dieser Geldschuld in einem nachfolgenden Rechtsstreit aus, in dem die ZVK Verzugszinsen auf die ihr zugesprochenen Sozialkassenbeiträge verlangt. Bei der Entscheidung über den Zinsanspruch ist das Ergebnis des Beitragsrechtsstreits zugrunde zu legen.
2. Ist ein Arbeitgeber rechtskräftig verurteilt worden, an die ZVK Sozialkassenbeiträge zu zahlen, erstreckt sich die Rechtskraft dieses Urteils nicht auf die Feststellung, dass der Betriebs des Arbeitgebers im Klagezeitraum vom betrieblichen Geltungsbereich des VTV erfasst worden ist. Verlangt die ZVK in einem nachfolgenden Rechtsstreit Verzugszinsen auf die ihr zugesprochenen Sozialkassenbeiträge nach Zinsvorschriften des VTV und bestreitet der Arbeitgeber, einen Betrieb des Baugewerbes unterhalt zu haben, ist erneut zu beurteilen, ob der Betrieb des Arbeitgebers dem betrieblichen Geltungsbereich des VTV unterfallen ist" (BAG, 25.04.2007 - 10 AZR 195/06).