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BAG, 27.05.2003 - 9 AZR 129/02 - Fortzahlung der Heuer als Urlaubsentgelt; Begriff der "Gesamtheuer" ; Abgrenzung von "Heuer" und "Grundheuer"; Berücksichtigung von Heuerteilen bei der Berechnung des Urlaubsentgelts
Bundesarbeitsgericht
Urt. v. 27.05.2003, Az.: 9 AZR 129/02
Fortzahlung der Heuer als Urlaubsentgelt; Begriff der "Gesamtheuer" ; Abgrenzung von "Heuer" und "Grundheuer"; Berücksichtigung von Heuerteilen bei der Berechnung des Urlaubsentgelts
Verfahrensgang:
vorgehend:
ArbG Bremen - 27. März 2001 -3 Ca 3373/00
LAG Bremen - 19. September 2001 -2 Sa 122/01
Rechtsgrundlagen:
§ 57 SeemannsG
§ 78 Abs. 1 SeemannsG
§ 10 SeemannsG
§ 10 Nr. 6 Abs. 1 Rahmentarifvertrag für die Besatzungen der Bugsierschlepper auf der Unterweser (RTV) vom 2. Juni 1993
Fundstelle:
NZA 2004, 399 (red. Leitsatz)
BAG, 27.05.2003 - 9 AZR 129/02
Redaktioneller Leitsatz:
Heuerteile, deren Höhe sich nach dem Ausmaß der Arbeit, dem Erfolg oder ähnlichen nicht gleich bleibenden Bemessungsgrundlagen richtet, sind bei der Berechnung des Urlaubsentgelts angemessen zu berücksichtigen.
In Sachen
hat der Neunte Senat des Bundesarbeitsgerichts
auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 27. Mai 2003
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesarbeitsgericht Düwell,
die Richterin am Bundesarbeitsgericht Reinecke,
den Richter am Bundesarbeitsgericht Krasshöfer
sowie die ehrenamtlichen Richter Kranzusch und Heilmann
für Recht erkannt:
Tenor:
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Bremen vom 19. September 2001 - 2 Sa 122/01 - wird zurückgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.
Tatbestand
1
Die Parteien streiten über die Höhe des Urlaubsentgelts für das Jahr 2000.
2
Der Kläger ist seit 1981 bei der Beklagten als Kapitän beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis sind auf Grund beiderseitiger Tarifbindung der Rahmentarifvertrag für die Besatzungen der Bugsierschlepper auf der Unterweser (RTV) vom 2. Juni 1993, der Änderungstarifvertrag zum RTV für die Besatzungen der Bugsierschlepper auf der Unterweser (ÄTV) vom 16. November 1999 sowie der Heuertarifvertrag für die auf den Bugsierschleppern beschäftigten Besatzungsmitglieder (HTV) anzuwenden.
3
Mit Wirkung zum 1. Januar 2000 wurde durch den ÄTV das 3-Wachensystem (bis dahin: § 2 Nr. 2 RTV) auf das 2,5-Wachensystem umgestellt. Hierzu heißt es eingangs des ÄTV, die Tarifvertragsparteien hielten eine Verlängerung der Bordzeit zur Absicherung der Arbeitsplätze und Sicherung der Einkommen für erforderlich und unumgänglich. In § 1 ÄTV vereinbarten die Tarifvertragsparteien ua. den Ausschluss betriebsbedingter Kündigungen bis 31. Dezember 2004. In § 2 ÄTV ist geregelt:
4
"Die tariflichen Jahresarbeitstage werden nach dem 2,5 Wachen-System errechnet und durch Dienstplan unter Mitbestimmung des Betriebsrates geregelt. § 2, Nr. 2, Abs. 2 des RTV entfällt. Als Ausgleich wird monatlich ein Betrag in Höhe von 10 % der jeweiligen Gesamtheuer gezahlt."
5
Außerdem wurden nach § 5 ÄTV für das Kalenderjahr vom 1. Januar 2000 bis 31. Dezember 2000 die "Heuern und geldwerten Leistungen aus dem HTV einschl. Zusatznotiz Seereisen" um 2,75 % erhöht.
6
Der gleichzeitig vereinbarte HTV vom 16. November 1999, gültig ab 1. Januar 2000, sieht für den Kläger folgende Bezüge vor:
7
"Stundenlohn 1/173 I Grundheuer II 47 Überstunden ä125% III Nacht- u. Sonntagszuschläge Summe l -III Tagessätze gem. § 5 und 6 MTV Zuschlag gem. § 2 Änderungs tarifvertr.
8
25,48 4.408,04 1.496,95 993,00 6.897,99 689,80 689,80"
9
§ 5 RTV betrifft Ansprüche auf besondere Vergütung bei Wachwechsel. Unter der Überschrift "Heueranspruch" ist in § 6 geregelt:
"1.
Die Besatzungen erhalten für eine monatliche Arbeitszeit von 173 Stunden eine Grundheuer. Diese ist in einem besonderen Heuertarifvertrag festgelegt, der Bestandteil dieses Manteltarifvertrages ist.2.
Neben der Grundheuer werden gezahlt:47 Stundenlöhne zuzüglich eines Mehrarbeitszuschlages von 25 % für die Bezahlung von Überstunden
sowie ein Zuschlag für die Bezahlung von Sonntags- und Nachtarbeit.
Hiermit sind folgende Zuschläge abgegolten:
.
In Ziff. 3 werden die Feiertagszuschläge und in § 7 RTV "Sondervergütungen" geregelt, ua. Schmutzgeld, Bergelohn. § 8 RTV betrifft die Jahreszuwendung (13. Heuer), die gestaffelt nach der Anzahl der Konzernzugehörigkeit, "100 % der monatlichen Gesamtheuer der betreffenden Berufsgruppe" beträgt. § 10 RTV enthält die Urlaubsbestimmungen. Dort heißt es:
"1.
Das Besatzungsmitglied hat für jedes Kalenderjahr Anspruch auf bezahlten Urlaub unter Fortgewährung seiner Bezüge.6.
Bei Berechnung des Urlaubsentgelts für die Urlaubsdauer ist der Durchschnittsverdienst des dem Urlaubsjahr vorangegangenen Kalenderjahres zu Grunde zu legen, jedoch darf das Urlaubsentgelt die Gesamtheuer der jeweiligen Berufsgruppe des im betreffenden Urlaubsjahres geltenden Heuertarifvertrages plus 40 % nicht unterschreiten.Der Durchschnittsverdienst pro Kalendertag wird dadurch ermittelt, dass der Gesamtbruttoverdienst des Besatzungsmitgliedes aus dem dem Urlaubsjahr vorangegangenen Kalenderjahr durch 12 = Monat: 30 = Kalendertag geteilt wird.
Gratifikationen (z.B. auch 13. Heuer und vermögenswirksame Leistungen), Heirats- und Geburtsbeihilfen und sonstige Nebenleistungen bleiben bei der Errechnung des Gesamtbruttoverdienstes außer Ansatz.
10
Der Kläger erhielt in den Monaten Januar, März und April 2000 mehrere Tage Urlaub. Die Beklagte berechnete das Urlaubsentgelt nach dem im Heuertarifvertrag unter der Überschrift "Summe l bis III"stehenden Betrag zuzüglich 40 %. Den Ausgleichsbetrag nach § 2 Satz 3 ÄTV berücksichtigte sie nicht.
11
Der Kläger hält das für nicht zutreffend. Er hat geltend gemacht, in die Berechnung des Urlaubsentgelts sei der mit 10 % vereinbarte Zuschlag des § 2 ÄTV einzubeziehen.
12
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an ihn 317,42 Euro nebst 5 % Zinsen über den Basiszins der Europäischen Zentralbank seit jedem Tag ihrer Fälligkeit zu zahlen.
13
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
14
Das Arbeitsgericht und das Landesarbeitsgericht haben die Klage abgewiesen. Dagegen wendet sich die vom Landesarbeitsgericht zugelassene Revision des Klägers unter Änderung des Zinsbeginns auf das Datum der Klagezustellung. Die Beklagte beantragt deren Zurückweisung.
Entscheidungsgründe
15
Die Revision des Klägers ist unbegründet. Die Beklagte hat den Anspruch des Klägers auf Urlaubsentgelt für die in den ersten vier Monaten des Jahres 2000 gewährten und genommenen Urlaubstage erfüllt (§ 362 Abs. 1 BGB). Weiter gehende Ansprüche bestehen nicht.
16
I.
Aus § 57 SeemG ergibt sich kein höherer Entgeltanspruch. Nach dieser Vorschrift, die auf den Kapitän nach § 78 Abs. 1 SeemG sinngemäß anzuwenden ist, ist dem Besatzungsmitglied als Urlaubsentgelt die Heuer fortzuzahlen. Hiervon kann nach § 10 SeemG nicht zu Ungunsten des Besatzungsmitglieds abgewichen werden. Dieser gesetzliche Anspruch ist erfüllt. Das von der Beklagten gezahlte Urlaubsentgelt ist nicht geringer als die Heuer, die der Kläger ohne den urlaubsbedingten Arbeitsausfall erhalten hätte.
17
II.
Ein Anspruch lässt sich nicht aus § 10 Nr. 6 Abs. 1 RTV herleiten.
18
1.
Nach § 10 Nr. 1 RTV hat das Besatzungsmitglied für jedes Kalenderjahr Anspruch auf bezahlten Urlaub unter Fortgewährung seiner Bezüge. Diese Bezüge errechnen sich nach § 10 Nr. 6 RTV. Zu Grunde zu legen ist (1. Halbsatz von Abs. 1) der Durchschnittsverdienst des dem Urlaubsjahr vorangegangenen Kalenderjahres. In § 10 Nr. 6 Abs. 2 und Abs. 3 RTV wird sodann näher erläutert, wie der Durchschnittsverdienst zu errechnen ist. In einem weiteren Schritt ist eine Vergleichsberechnung anzustellen. Wie sich aus dem 2. Halbsatz des § 10 Nr. 6 Abs. 1 RTV ergibt, darf das Urlaubsentgelt "die Gesamtheuer der jeweiligen Berufsgruppe des im betreffenden Urlaubsjahr geltenden Heuertarifvertrages plus 40 %" nicht unterschreiten. Der nach der Vergleichsberechnung ergebende höhere Betrag ist das vom Arbeitgeber geschuldete Urlaubsentgelt.
19
Die Beklagte hat das Urlaubsentgelt nach der 2. Alternative errechnet. Der dem Kläger gezahlte Betrag übersteigt nach den unangefochtenen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts das Urlaubsentgelt, das sich bei Anwendung des in der ersten Alternative geregelten Referenzprinzips ergibt, obgleich die Beklagte als "Gesamtheuer" lediglich den Betrag der Spalte "Summe l - III" berücksichtigt und den in der Heuertabelle in einer gesonderten Spalte erfassten "Zuschlag gem. § 2 Änderungstarifvertr." außer Ansatz gelassen hat.
20
2.
Damit hat die Beklagte den tariflichen Anspruch des Klägers erfüllt. Der Ausgleichsbetrag des § 2 ÄTV ist nicht Bestandteil der Gesamtheuer iSv. § 10 Nr. 6 RTV.
21
a)
Was unter dem Begriff "Gesamtheuer" zu verstehen ist, wird weder in § 10 Nr. 6 Abs. 1 RTV noch in anderen tarifvertraglichen Bestimmungen näher erläutert.
22
Nicht ausgeschlossen ist daher die Auslegung des Klägers, wonach die Gesamtheuer alle auf Grund des Heuerverhältnisses geschuldeten regelmäßigen und unregelmäßigen Vergütungsbestandteile umfasst. Ebenso kommt die Auslegung der Beklagten in Betracht, die Gesamtheuer setze sich ausschließlich aus der Grundheuer und den pauschalierten Zuschlägen des § 6 Nr. 2 RTV zusammen, entspreche mithin dem Betrag, wie er im Heuertarifvertrag als "Summe l - III" genannt werde.
23
b)
Weder dem Wortlaut noch dem Zusammenhang der tariflichen Vereinbarungen lassen sich Anhalte für die Auslegung des Klägers entnehmen.
24
aa)
Das gilt zunächst für den Begriff "Heuer". Er ist der im Schifffahrtsrecht typischerweise verwendete Begriff für die Ansprüche des Seemanns und hat dieselbe Bedeutung wie die Begriffe Vergütung, Arbeitsverdienst oder auch Entgelt. Nach § 30 Abs. 1 SeemG umfasst die "Heuer" alle auf Grund des Heuerverhältnisses gewährten Vergütungen einschließlich des Anteils an Fracht, Gewinn oder Erlös. Gesetzlich wird hiervon lediglich die "Grundheuer" abgegrenzt. Sie ist nach § 30 Abs. 2 Satz 1 SeemG das dem Besatzungsmitglied zustehende feste Entgelt, wobei nach Satz 2 Pauschalvergütungen, deren Höhe sich nach dem Ausmaß der Arbeit, dem Erfolg oder ähnlichen nicht gleich bleibenden Bemessungsgrundlagen bestimmt, ebenso wenig als festes Entgelt anzusehen sind wie sonstige Zulagen. Dagegen ist der Begriff "Gesamtheuer" unbekannt. Auch im Seemannsgesetz findet er sich nicht; im allgemeinen Sprachgebrauch wird er nicht benutzt.
25
bb)
Aus der Vorsilbe "Gesamt" lassen sich keine Rückschlüsse zu Gunsten des Klägers ziehen. Beide im Tarifvertrag für die Bemessung des Urlaubsentgelts vorgesehenen Methoden beruhen auf "zusammengesetzten" Beträgen. Für die Gesamtheuer gilt insoweit nichts anderes als für das in der 1. Alternative des § 10 Nr. 6 Abs. 1 RTV geregelte Referenzprinzip, das auf den Durchschnittsverdienst abstellt. Auch wenn der Ausgleichsbetrag außer Ansatz bleibt, sind für die "Gesamtheuer" mehrere Heuerbestandteile zu berücksichtigen, nämlich die Grundheuer (Spalte l) und zusätzlich die in § 6 Nr. 2 RTV geregelten und in der Heuertabelle unter II und III ausgewiesenen pauschalierten Erschwerniszuschläge.
26
cc)
Gegen die Auslegung des Klägers spricht schon der Wortlaut des § 2 ÄTV. Die Tarifvertragsparteien unterscheiden dort zwischen dem Ausgleichsbetrag und der Gesamtheuer. Sie haben als Ausgleich für die Umstellung des 3-Wachensystems auf das 2,5-Wachensystem eine monatliche Zahlung von 10 % der jeweiligen Gesamtheu-
27
er vereinbart. Wie das Arbeitsgericht zutreffend formuliert hat, ist der Wortlaut der Tarifvorschrift "... eindeutig. Eine Summe von etwas wird nicht zu dessen Teil". Mit anderen Worten: Vereinbaren Tarifvertragsparteien die Aufstockung einer tariflichen Leistung um einen bestimmten Prozentsatz, wird der sich rechnerisch ergebende Betrag nicht automatisch Bestandteil der Berechnungsgrundlage.
28
Das macht auch die Gegenüberstellung der in der Heuertabelle ausgewiesenen Beträge deutlich. Die Tarifvertragsparteien haben zwar den Ausgleich pauschal mit 10 % von der Gesamtheuer vereinbart, ohne diese Bemessungsgrundlage näher zu definieren. Diese Definition lässt sich aber unmittelbar aus dem taggleich vereinbarten Heuer-Tarifvertrag ablesen. Danach haben die Tarifvertragsparteien die 10 % aus dem in den Spalten l - III ausgewiesenen Betrag errechnet und gesondert ausgewiesen.
29
dd)
Bestätigt wird diese Auslegung durch die Tarifgeschichte. Wie zwischen den Parteien nicht streitig ist, haben die Tarifvertragsparteien in früheren Tarifverträgen den Begriff "Gesamtheuer" verwendet. Jedenfalls seit dem Jahr 1977 trug die Rubrik, die seit 1990 die Überschrift "Summe l - III" hat, die Überschrift "Gesamtheuer". Mit der geänderten Bezeichnung haben die Tarifvertragsparteien dem mit Wirkung zum 1. Januar 1990 geänderten § 3b EStG Rechnung getragen. Nach § 3b EStG können steuerfreie Zuschläge für Sonn- und Feiertagsarbeit sowie Nachtarbeit nicht mehr pauschal mit einem bestimmten Prozentsatz der gezahlten Überstundenvergütung bemessen werden, sondern Voraussetzung der Steuerfreiheit dieser Zuschläge ist deren tatsächliche Bezahlung (vgl. Bemm/Lindemann SeemG 4. Aufl. § 90 Rn. 26).
30
ee)
Der Kläger verkennt die Systematik des Tarifvertrags, wenn er zur Deutung des Begriffs Gesamtheuer auf § 10 Nr. 6 Abs. 2 und 3 RTV zurückgreift. Diese Regelungen beziehen sich ausschließlich auf die 1. Alternative und die danach erforderliche Ermittlung des Durchschnittsverdienstes, die sich nach dem Referenzprinzip auf der Bemessungsgrundlage "Gesamtbruttoverdienst" des Vorjahres vollzieht. Das ergibt sich unmissverständlich aus dem Tariftext. Der Passus über die Heuerbestandteile, die aus dem Gesamtbruttoverdienst herauszunehmen sind, betrifft die 1. Alternative der Vorschrift, nicht aber die 2. Alternative. Beide Berechnungssysteme und die jeweils gefundenen Regelungen sowie die hierfür vereinbarten Merkmale stehen unabhängig nebeneinander.
31
ff)
Es ist deshalb auch weder widersprüchlich noch unklar, wie der Kläger meint, wenn der Zuschlag des § 2 ÄTV nach der 1. Alternative zum "Gesamtbruttoverdienst" des Vorjahres gehört, bei Anwendung der 2. Alternative aber außer Ansatz gelassen wird.
32
Den Tarifvertragsparteien kam es ersichtlich darauf an, sicherzustellen, dass die tarifliche Urlaubsentgeltregelung der Vorgabe des § 57 SeemG entspricht. Nach dessen Abs. 1 ist dem Besatzungsmitglied als Urlaubsentgelt die Heuer fortzuzahlen, wobei für Sachbezüge ein angemessener Abgeltungsbetrag zu gewähren ist. In Abs. 2 ist bestimmt, für jeden in den Urlaub fallenden Sonn- und Feiertag sei ein Dreißigstel der Monatsgrundheuer zu zahlen. Heuerteile, deren Höhe sich nach dem Ausmaß der Arbeit, dem Erfolg oder ähnlichen nicht gleich bleibenden Bemessungsgrundlagen richtet, sind bei der Berechnung des Urlaubsentgelts angemessen zu berücksichtigen. Diesen Anforderungen haben die Tarifvertragsparteien erkennbar durch die Aufstockung der "Gesamtheuer" um 40 % Rechnung tragen wollen. Die Interessen des Besatzungsmitglieds sind gewahrt. Ihm steht der sich aus den tariflichen Modellen jeweils ergebende höhere Betrag als Urlaubsentgelt zu.
33
gg)
Ein anderes Ergebnis rechtfertigt sich nicht aus den Ausführungen des Klägers zur Arbeitszeit. Er macht geltend, bei der Auslegung sei zu berücksichtigen, dass die Grundheuer sich unverändert an der in § 6 Nr. 1 RTV bestimmten Arbeitszeit von 173 Stunden/Monat ausrichte. Hieraus folgert er, dass die sich für die Arbeitnehmer infolge der Umstellung des 3-Wachensystem auf das 2,5-Wachensystem ergebende kollektive Mehrarbeit auch im Urlaubsentgelt niederschlagen müsste. Die Tarifvertragsparteien haben aber, und das verkennt der Kläger, aus Anlass der Umstellung des Wachensystems nicht die Monatsarbeitszeit verlängert, sondern die Bordzeiten. Hierfür haben sie keine allgemeine Erhöhung der Gesamtheuer um 10 % vereinbart, sondern lediglich den Ausgleichsbetrag. Eine allgemeine Lohnerhöhung haben die Tarifvertragsparteien allein in § 5 ÄTV festgelegt, indem die Grundheuer und die von der Grundheuer abhängigen Pauschalen um 2,75 % erhöht wurden. Zusätzliche "Gegenleistung" der Arbeitgeberseite für die zeitliche Mehrbelastung der Arbeitnehmer war der in § 1 ÄTV vereinbarte Verzicht auf betriebsbedingte Kündigungen.
34
hh)
Die Erwägungen des Klägers zu "Grundmotiven" der Entgeltfortzahlung nach § 1, § 11 Abs. 1 BUrIG gehen fehl. Das BUrIG ist nach § 53 Abs. 2 SeemG nur hinsichtlich der Urlaubsdauer anzuwenden.
35
ii)
Für die weitere Erwägung des Klägers, die nach § 10 Nr. 6 RTV geschuldete Aufstockung der Gesamtheuer um 40 % sei als Urlaubsgeld zu beurteilen und deshalb seien die 10 % in die Gesamtheuer einzubeziehen, bietet der Tarifvertrag keinen Anhalt.
36
III.
Der Kläger hat die Kosten der erfolglosen Revision nach § 97 Abs. 1 ZPO zu
37
tragen.
Düwell, Vorsitzender Richter am BAG
Krasshöfer, Richter am BAG
Reinecke, Richterin am BAG
H. Kranzusch, ehrenamtlicher Richter
Heilmann, ehrenamtlicher Richter
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