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Welche Fragen Arbeitgeber auch zum Thema Sozialversicherungsrecht bewegen: Die Rechtsdatenbank der AOK liefert die Antworten – einfach, fundiert und topaktuell.

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Arbeitsunfähigkeit - Nachweis Auslandsaufenthalt
Arbeitsunfähigkeit - Nachweis Auslandsaufenthalt
Kurzinfo
Erkrankt ein in Deutschland oder im Ausland Versicherter im anderen Staat, z.B. während eines Urlaubsaufenthalts oder einer Entsendung, muss sowohl für den Krankengeldanspruch als auch für den Anspruch auf Entgelt- oder Leistungsfortzahlung zuverlässig festgestellt werden, ob und ggf. wie lange diese Krankheit Arbeitsunfähigkeit verursacht.
Da der zuständige Träger dies aus der Ferne naturgemäß nur mit relativ hohem Aufwand feststellen kann, steht ihm hierzu bei einem Aufenthalt in einem Staat, mit dem Deutschland ein entsprechendes Abkommen über Soziale Sicherheit abgeschlossen hat, die Krankenkasse (als aushelfender Träger) am Aufenthaltsort des Erkrankten zur Verfügung.
Dagegen ist die deutsche Krankenkasse bei einem Aufenthalt ihres Versicherten in einem anderen EU-/EWR-Staat, der Schweiz oder dem Vereinigten Königreich grundsätzlich immer selbst zuständig für die Überwachung der Arbeitsunfähigkeit.
Will oder kann die deutsche Krankenkasse dies in diesen Staaten nicht zeitnah erledigen, kann sie im Einzelfall den aushelfenden Träger am Aufenthaltsort konkret mit der Begutachtung beauftragen.
Ob und wie (z.B. auf Papier oder rein elektronisch) eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ausgestellt wird, ist in den einzelnen Staaten unterschiedlich.
Information
Inhaltsübersicht
- 1.Arbeitsunfähigkeit im Ausland
- 1.1
- 1.2
- 1.3
- 1.4
- 2.
- 3.
1. Arbeitsunfähigkeit im Ausland
Stammt die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung aus einem ausländischen Staat, der nicht der EU angehört, gilt nach dem Urteil des BAG vom 19.02.1997 (- 5 AZR 83/96) Folgendes:
Einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung, die in einem Land außerhalb der EU ausgestellt wurde, kommt im Allgemeinen der gleiche Beweiswert zu wie einer in Deutschland ausgestellten Bescheinigung. Die Bescheinigung muss jedoch erkennen lassen, dass der ausländische Arzt zwischen einer bloßen Erkrankung und einer mit Arbeitsunfähigkeit verbundenen Krankheit unterschieden und damit eine den Begriffen des deutschen Arbeits- und Sozialversicherungsrechts entsprechende Beurteilung vorgenommen hat.
Im EU-/EWR-Ausland ausgestellte Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen sind Gutachten, die die deutsche Krankenkasse zu würdigen hat (vgl. EuGH, 12.03.1987 - C 22/86). Dabei ist allerdings darauf zu achten, dass der Rechtsbegriff der Arbeitsunfähigkeit nach deutschem Recht angewendet wurde. Die Krankenkasse kann den Versicherten durch einen Arzt ihrer Wahl im Ausland begutachten lassen. Bitte beachten Sie, dass für das Vereinigte Königreich und Nordirland seit 01.01.2021 nicht mehr die EG-rechtlichen Regelungen, sondern die Regelungen aus dem zwischen der EU- und dem Vereinigten Königreich abgeschlossen Handels- und Kooperationsabkommens anzuwenden sind. Nähere Informationen zu dem dort gültigen Verfahren finden Sie im Fachbeitrag Vereinigtes Königreich.
Für Versicherte, die sich vorübergehend in einem anderen EU-/EWR-Staat oder der Schweiz aufhalten und auf die die Regelungen der EG-Verordnung Nr. 883/2004 anzuwenden sind(1),(2), hat die Krankenkasse das Recht, den Versicherten im Zweifel zur Begutachtung nach Deutschland einzubestellen, wenn es sein Gesundheitszustand zulässt. Sie hat dann allerdings die damit verbundenen Kosten zu tragen.
Arbeitsunfähigkeit mit Entgeltfortzahlungsanspruch
Die Beweislast, dass der Arbeitnehmer nicht arbeitsunfähig ist, obliegt i.R.d. Entgeltfortzahlung dem Arbeitgeber. Anders als im Inland reicht es nicht aus, dass der Arbeitgeber Umstände anführt, die zu ernsthaften Zweifeln an der Arbeitsunfähigkeit Anlass geben.
§ 5 Abs. 1 EFZG sieht auch für den Fall des Eintritts von Arbeitsunfähigkeit im Ausland Anzeige- und Nachweispflichten des Arbeitnehmers vor. Der Arbeitnehmer ist verpflichtet, seinem Arbeitgeber die Arbeitsunfähigkeit, deren voraussichtliche Dauer sowie seine Adresse am Aufenthaltsort in der schnellstmöglichen Art der Übermittlung mitzuteilen (§ 5 Abs. 2 Satz 1 EFZG). Dies gilt für arbeitsunfähige Personen, die arbeitslos gemeldet sind, in gleicher Weise gegenüber dem Jobcenter.
Gegenüber seiner Krankenkasse erfüllt der Versicherte seine Anzeige- und Nachweispflichten durch die Einhaltung der nachfolgend beschriebenen Verfahren. Er hat seine Krankenkasse und den Arbeitgeber allerdings darüber hinaus unverzüglich zu unterrichten, wenn er während der Fortdauer der Arbeitsunfähigkeit nach Deutschland zurückkehrt.
1.1 Arbeitsunfähigkeit in einem EU-/EWR-Staat
Seit dem 01.05.2010 gelten für EU-Staatsangehörige sowie Staatenlose und Flüchtlinge mit Wohnsitz in einem EU-Staat zwischen den EU-Staaten die Bestimmungen der EG-Verordnung Nr. 883/2004. Diese Regelungen gelten seit dem 01.01.2011 auch für Nicht-EU-Staatsangehörige innerhalb der EU (mit Ausnahme von Dänemark und dem Vereinigten Königreich, letzteres bis 31.12.2020), wenn diese Personen in einem EU-Staat ihren rechtmäßigen Wohnsitz haben. Seit 01.04.2012 gilt dies auch für EU-Staatsangehörige und Schweizer in Bezug auf die Schweiz und seit 01.06.2012 für EU- und EWR-Staatsangehörige ebenfalls in Bezug auf Island, Liechtenstein und Norwegen. Seit dem 01.07.2013 sind die Regelungen der EG-Verordnung Nr. 883/2004 auch auf Kroatien, und zwar unabhängig von der Staatsangehörigkeit des Versicherten, anzuwenden.
Das Vereinigte Königreich hat bis zum 31.12.2020 die Regelungen der o.g. EG-Verordnungen aufgrund des zwischen der EU und dem Vereinigten Königreich abgeschlossenen Austrittsabkommens weiter angewandt. Tritt die Arbeitsunfähigkeit bei einem Aufenthalt im Vereinigten Königreich zu einem Zeitpunkt ab dem 01.01.2021 ein, gelten in Bezug auf die Arbeitsunfähigkeit die Regelungen des zwischen der EU und der Europäischen Atomgemeinschaft einerseits und dem Vereinigten Königreich und Nordirland andererseits abgeschlossenen Handels- und Kooperationsabkommens (Trade Cooperation Agreement (TCA – im Folgenden: "Abkommen"). Die darin vorgesehen Regelungen zu ärztlichen Gutachten und Geldleistungen bei Arbeitsunfähigkeit entsprechen denen der EG-Verordnungen.
Näheres zum aktuellen Stand finden Sie auch im Fachbeitrag Vereinigtes Königreich.
Ist ein bei einer deutschen Krankenkasse versicherter Arbeitnehmer oder Arbeitslosengeldbezieher in einem anderen EU-/EWR-Staat, der Schweiz oder im Vereinigten Königreich arbeitsunfähig erkrankt, muss er die vom Arzt im Ausland ausgestellte Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung unverzüglich nach Feststellung der Arbeitsunfähigkeit an die deutsche Krankenkasse senden. Da der Versicherte die Bescheinigung nach EG-Recht in jeder Amtssprache der EU vorlegen kann, gehen evtl. erforderliche Übersetzungskosten zulasten der zuständigen Krankenkasse (Art. 86 Abs. 7 EG-Verordnung Nr. 883/2004).
Stellt der behandelnde Arzt nach den Rechtsvorschriften des Aufenthaltsstaats keine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung aus (dies ist z.B. in den Niederlanden der Fall), hat sich der Versicherte an den Träger des Wohn- oder Aufenthaltsorts zu wenden. Dieser veranlasst die ärztliche Beurteilung der Arbeitsunfähigkeit und die Ausstellung einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung.
Bitte beachten Sie dabei das besondere Verfahren in den Niederlanden und der Schweiz, das detailliert in der Broschüre "Meine Krankenversicherung bei Aufenthalt in den Niederlanden" und "Meine Krankenversicherung bei Aufenthalt in der Schweiz" beschrieben ist, die Sie im Fachbeitrag Auslandsaufenthalt - Urlaub finden sowie das Rundschreiben des GKV-Spitzenverbands, Deutsche Verbindungsstelle Krankenversicherung – Ausland Nr. 2022/608 vom 07.10.2022.
In einigen Staaten, wie z.B. in Polen, Lettland oder Frankreich, wird die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung grds. elektronisch an die örtliche Krankenkasse übermittelt. Hier muss der Versicherte beim Arzt darauf hinweisen, dass er zwei Ausdrucke hiervon benötigt, von denen einer eine Diagnose enthält. Hierfür ggf. entstehende Kosten sind vom Versicherten zu tragen.
Auch hierzu finden Sie die Details in der jeweiligen länderspezifischen Broschüre, die im Fachbeitrag Auslandsaufenthalt - Urlaub verlinkt ist.
Mit der Umstellung der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung auf die e-AU in Deutschland, gilt dieses Verfahren ab 01.01.2023 grundsätzlich auch für im Ausland Versicherte bei Arbeitsunfähigkeit in Deutschland. Solange die Ausstellung der e-AU an das Vorhandensein einer deutschen Krankenversicherungsnummer gebunden ist, stellen die Leistungserbringer für im Ausland Versicherte die Bescheinigung allerdings weiterhin in Papierform aus.
Die Krankenkassen sind an die Feststellungen eines Arztes im Ausland hinsichtlich der Arbeitsunfähigkeit ihres Versicherten gebunden (vgl. Art. 27 Abs. 8 EG-Verordnung Nr. 987/2009). Der Arzt muss jedoch zwischen einer bloßen Erkrankung und dem Vorliegen von Arbeitsunfähigkeit unterschieden haben.
Praxistipp:
Es ist keine "automatische" Erstuntersuchung auf Veranlassung des Trägers des Wohn- oder Aufenthaltsorts mehr vorgesehen, wie dies in der Vergangenheit bei Anwendung der Regelungen der EWG-Verordnung Nr. 1408/71 der Fall war. Der Träger des Wohn- oder Aufenthaltsortes nimmt eine kontrollärztliche Untersuchung nur dann vor, wenn er hierfür von der deutschen Krankenkasse einen Auftrag erhält. Erteilt die deutsche Krankenkasse den Auftrag, hat sie für die dadurch entstehenden Kosten, die ihr vom Träger des Aufenthaltsortes i.R.d. Kostenabrechnung in Rechnung gestellt werden, aufzukommen. Dies gilt auch für Folgebegutachtungen. Die mit Luxemburg bestehenden Erstattungsverzichtsregelungen für die Kosten ärztlicher Kontrollen bleiben jedoch weiterhin bestehen.
Alternativ kann die deutsche Krankenkasse den Versicherten durch einen Arzt ihrer Wahl am Aufenthaltsort (vgl. Art. 27 Abs. 6 EG-Verordnung Nr. 987/2009) oder in Deutschland kontrollärztlich (durch den MDK) untersuchen lassen (vgl. Art. 87 Abs. 2 Sätze 3 und 4 EG-Verordnung Nr. 987/2009). Letzteres setzt allerdings voraus, dass der Versicherte reisefähig ist und die Krankenkasse die damit verbundenen Reise- und Aufenthaltskosten übernimmt.
Beispiel:
Sachverhalt:
Tim Totz verbrachte vom 01.08. bis zum 31.08.2022 seinen Urlaub in Spanien. Durch eine Lebensmittelvergiftung erkrankte er vom 15.08.2022 an für mehrere Tage. Herr Totz ist gesetzlich in Deutschland krankenversichert.
Beurteilung:
Herr Totz wird während seines vorübergehenden Aufenthalts im anderen EU-Staat (Spanien) von den Regelungen der EG-Verordnung Nr. 883/2004 und ihrer Durchführungsverordnung, der EG-Verordnung Nr. 987/2009, erfasst. Er hat seine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung daher auf dem schnellsten Weg an seine deutsche Krankenkasse zu senden. Diese teilt ihm dann unverzüglich mit, ob die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung akzeptiert wird oder wohin er sich ggf. zur Krankenkontrolle begeben soll.
Nähere Einzelheiten für die jeweiligen EU-/EWR-Staaten, die Schweiz und das Vereinigte Königreich finden Sie in der länderspezifischen Broschüre "Meine Krankenversicherung bei Aufenthalt in …", die Sie im Fachbeitrag Auslandsaufenthalt - Urlaub finden. Dort enthalten sind auch Hinweise zu den im jeweiligen Staat geltenden Besonderheiten und Verfahren.
1.2 Verlegung des Aufenthalts nach Eintritt der Arbeitsunfähigkeit in einen anderen EU-/EWR-Staat oder die Schweiz
Ist die Arbeitsunfähigkeit in Deutschland eingetreten und verlegt der Versicherte während des Krankengeldbezuges seinen Aufenthalt ins Ausland, benötigt er hierfür im Vorfeld die Zustimmung der Krankenkasse (vgl. § 16 Abs. 4 SGB V). Fehlt diese Zustimmung, ruht der Anspruch auf Krankengeld. Fraglich war, ob diese Einschränkung auch dann gilt, wenn der Versicherte nach Eintritt der Arbeitsunfähigkeit im Krankengeldbezug seinen Aufenthalt in einen anderen EU-/EWR-Staat oder die Schweiz verlegt.
In diesen Fällen ist § 16 Abs. 4 SGB V im Lichte des EU-Rechts zu betrachten (vgl. § 6 SGB IV). Dabei ist zu prüfen, ob die Abhängigkeit der Zahlung des Krankengeldes von der Zustimmung der Krankenkasse bei Verlegung des Aufenthalts eine unzulässige oder zulässige Beschränkung der Freizügigkeit des Versicherten darstellt. Hierbei sind alle Aspekte des Einzelfalls zu berücksichtigen (vgl. EuGH, 11.09.2008 - 208/07, Rn. 84). Eine Beschränkung der Freizügigkeit ist u.a. nur dann gerechtfertigt, wenn die Entscheidung auf nicht diskriminierenden Kriterien beruht, die im Voraus bekannt sind.
Ziel des § 16 Abs. 4 SGB V ist es nicht generell bei einem Aufenthalt im Ausland das Krankengeld zu versagen, sondern vielmehr zu verhindern, dass der Versicherte durch den Wechsel ins Ausland die Feststellung und Überwachung der Arbeitsunfähigkeit erschwert oder verhindert.
Weist der Versicherte die Arbeitsunfähigkeit und deren Fortbestand nach oder besteht z.B. aufgrund der Erkrankung unzweifelhaft Arbeitsunfähigkeit, ist unter Berücksichtigung des Unionsrechts eine Einschränkung der Freizügigkeit durch Versagung des Krankengeldes bei Wechsel des Aufenthaltsortes innerhalb der EU, des EWR oder der Schweiz daher nicht von § 16 Abs. 4 SGB V gedeckt.
Das Zustimmungserfordernis dient der Vermeidung des Leistungsmissbrauchs und hat die Funktion, die Krankenkasse über den Auslandsaufenthalt zu informieren. Angesichts dieser Zielsetzung ist die Zustimmung zu erteilen, wenn die Voraussetzungen des Krankengeldanspruchs während des Auslandsaufenthaltes fortbestehen (BSG, Urteil vom 04.06.2019 - B 3 KR 23/18 R).
Besteht unzweifelhaft Arbeitsunfähigkeit, kommt es auch nicht auf die Frage an, ob der Auslandsaufenthalt der Genesung des Versicherten förderlich ist (vgl. LSG NRW, 27.08.2015 - 5 KR 292/14, Rn. 29).
Beispiel:
Sachverhalt:
Vladimir Vasilicz ist polnischer Staatsangehöriger. Er wohnt und arbeitet in Berlin. Seine Familie wohnt in Polen. Im Dezember dieses Jahres erkrankt er an einer Psychose. Nach Ablauf der Entgeltfortzahlung erhält Herr Vasilicz Krankengeld von einer deutschen Krankenkasse. Herr Vasilicz beabsichtigt nun, seinen Aufenthalt zu seiner Familie nach Polen zu verlegen und sich dort in eine psychiatrische Behandlung zu begeben.
Beurteilung:
Im vorliegenden Fall ist eine Versagung des Krankengeldes aufgrund der unionsrechtlichen Freizügigkeitsregelungen durch § 16 Abs. 4 SGB V nicht gedeckt.
1.3 Abkommensstaaten
Es wurden Regelungen zum Nachweis der Arbeitsunfähigkeit mit folgenden Staaten getroffen: Bosnien-Herzegowina, Marokko, Nordmazedonien sowie Montenegro, Serbien, Türkei und Tunesien. Die Regelungen für Bosnien-Herzegowina, Montenegro und Serbien beruhen dabei auf den für diese Staaten weiter geltenden Regelungen des deutsch-jugoslawischen Abkommens über Soziale Sicherheit.
Hierfür wurden länderspezifisch Vordrucke zum Nachweis der Arbeitsunfähigkeit, zur Übermittlung ärztlicher Befunde, zur Beantragung ärztlicher Untersuchungen oder der Mitteilung über das Ende der Arbeitsunfähigkeit entwickelt. Sie tragen z.B. für die Mitteilung der Arbeitsunfähigkeit bei einer Erkrankung in diesen Staaten folgende Bezeichnungen:
Bosnien-Herzegowina: | BH 4/2 |
Marokko: | D/MA 115 |
Nordmazedonien: | D/RM 115 |
Montenegro: | DE/MNE 115 |
Serbien: | DE 115 SRB |
Türkei: | A/T 15 |
Tunesien: | A/TN 15 |
1.3.1 Rechtswirkung der Feststellungen des aushelfenden Trägers und Folgen einer Missachtung
In der laufenden Rechtsprechung wurde u.a. durch Bundesarbeitsgerichtsurteile festgestellt, dass die Beurteilungen der Arbeitsunfähigkeit durch die ausländischen Ärzte bzw. durch die ausländischen aushelfenden Träger in den Abkommensstaaten erkennen lassen müssen, dass zwischen einer bloßen Erkrankung und einer krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit unterschieden und damit eine den Begriffen des deutschen Arbeits- und Sozialversicherungsrechts entsprechende Beurteilung vorgenommen wurde. Ist dies der Fall, ist die zuständige Krankenkasse auch an die in einem Abkommensstaat von einem aushelfenden Träger getroffene Feststellung über den Eintritt und die Dauer der Arbeitsunfähigkeit bei ihrer Entscheidung über einen Antrag auf Krankengeld in tatsächlicher und in rechtlicher Hinsicht gebunden.
1.3.2 Verfahren bei Meldung der Arbeitsunfähigkeit des Versicherten an die deutsche Krankenkasse
Hat der in Deutschland Versicherte die Arbeitsunfähigkeit in einem der oben genannten Abkommensstaaten nicht, wie derzeit bei den Abkommensstaaten - im Gegensatz zu den EU-/EWR-Staaten, der Schweiz und dem Vereinigten Königreich - vorgeschrieben, dem ausländischen aushelfenden Träger, sondern seiner Krankenkasse gemeldet, fordert diese ihn auf, die Arbeitsunfähigkeit dem aushelfenden Träger zu melden. Außerdem informiert sie den aushelfenden Träger und bittet ihn, die Arbeitsunfähigkeit zu prüfen bzw. den Versicherten seiner Krankenkontrolle so zu unterstellen, als ob es sich um deren eigenen Versicherten handelt. Auch hierfür sind spezielle Vordrucke vereinbart worden.
1.4 Vertragsloses Ausland
Erkrankt ein Versicherter arbeitsunfähig in einem Staat außerhalb der EU, des EWR, der Schweiz oder eines Staates, mit dem Deutschland durch eines der o.g. bi- oder multilateralen Abkommen über Soziale Sicherheit verbunden ist, besteht für die Dauer des Auslandsaufenthaltes kein Anspruch auf Krankengeld (§ 16 Abs. 1 Nr. 1 SGB V). Ausnahme: Erkrankung während einer Beschäftigung im Ausland (§ 17 SGB V). Für den Anspruch auf Entgeltfortzahlung gilt, wie oben beschrieben, § 5 Abs. 1 EFZG.
2. Auszahlung von Krankengeld im Ausland
Die über- und zwischenstaatlichen Regelungen sehen zwar im Allgemeinen vor, dass die ausländische Krankenkasse mit der Auszahlung der Geldleistungen beauftragt werden kann. In der Praxis wird von dieser Möglichkeit jedoch kaum Gebrauch gemacht. Soweit die Krankengeldzahlung nicht bis zur Rückkehr des Versicherten nach Deutschland zurückgestellt werden kann, sollte die Zahlung direkt an den Versicherten, beispielsweise per internationaler Postanweisung, erfolgen. Ebenso kann die Krankenkasse, in Absprache mit dem Versicherten, das Geld auf sein deutsches Konto überweisen, soweit der Versicherte aus dem Ausland Zugang auf dieses Konto hat.
3. Verfahren bei Ausländern und Grenzgängern, die sich in Deutschland aufhalten oder hier wohnen
Für die reziproken Fälle gilt das oben beschriebene Verfahren entsprechend. Wünscht der zuständige ausländische Träger eine Überprüfung der Arbeitsunfähigkeit des bei ihm Versicherten, erfolgt diese durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK). Für die durch den MDK entstehenden Kosten erhält die deutsche Krankenkasse eine pauschale Kostenerstattung vom zuständigen Träger. Die Höhe der Pauschale wird jährlich festgesetzt. Allerdings darf der pauschalierte Betrag luxemburgischen Trägern aufgrund der speziell für diesen Bereich getroffenen Erstattungsverzichtsregelungen nicht in Rechnung gestellt werden. Nimmt der zuständige Träger im Ausland die Krankenkontrolle selbst vor, kann auch er, wie die deutsche Krankenkasse in den umgekehrten Fällen, den Versicherten auffordern, sich der dortigen Krankenkontrolle zu unterstellen. Die damit verbundenen Kosten, hat der zuständige Träger zu tragen.
Grenzgänger sollten sich bei Beschäftigungsaufnahme sehr genau über die Regelungen bei Arbeitsunfähigkeit im Beschäftigungsstaat informieren, da diese von den aus Deutschland bekannten Regelungen teilweise erheblich abweichen können. Dies gilt z.B. für Krankheitszeiträume bis zu denen die Vorlage einer Arbeitsunfähigkeit nicht erforderlich ist oder das Verhalten bei Arbeitsunfähigkeit.
Bei Fragen in diesen Zusammenhängen kann auch die Deutsche Verbindungsstelle Krankenversicherung - Ausland (www.dvka.de) oder die dortige Nationale Kontaktstelle für die grenzüberschreitende Gesundheitsversorgung (www.eu-patienten.de) weiterhelfen.
Beispiel:
Sachverhalt:
Paul Peters arbeitet als Grenzgänger in Luxemburg. Für ihn gelten daher die luxemburgischen Rechtsvorschriften über Soziale Sicherheit. Am 01.08.2022 erkrankte Herr Peters arbeitsunfähig. Nach einer sechswöchigen Arbeitsunfähigkeit fordert der luxemburgische Träger ihn auf, sich zu einer Krankenkontrolle in Luxemburg vorzustellen.
Beurteilung:
Herr Peters hat der Aufforderung zur Krankenkontrolle nachzukommen und sich in Luxemburg der dortigen Krankenkontrolle zu unterstellen, wenn er reisefähig ist. Die für ihn damit verbundenen Kosten sind von der luxemburgischen Krankenkasse zu tragen.
Siehe auch
Arbeitsunfähigkeit - NachweisDigitalisierung der Arbeitsunfähigkeits-Bescheinigung
Anmerkung 1:
Die EG-Verordnungen gelten auch für Staatsangehörige anderer Staaten (Drittstaatsangehörige), wenn diese ihren rechtmäßigen Wohnsitz in einem EU-Staat (Ausnahme: Dänemark, hier nur EU-/EWR-Staatsangehörige und Schweizer) haben.
Anmerkung 2:
Durch das "Brexit-Referendum", die mit der EU vereinbarten Verlängerungen des Austrittstermins auf den 31.01.2020 und das zwischen der EU und der Europäischen Atomgemeinschaft einerseits und dem Vereinigten Königreich Großbritannien und Nordirland andererseits abgeschlossenen Austrittsabkommen, traten zunächst in Bezug auf das Vereinigte Königreich bis zum 31.12.2020 keine rechtlichen Änderungen ein (vgl. Details hierzu im Fachbeitrag Brexit). Für Drittstaatsangehörige, deren Ansprüche im Verhältnis zum Vereinigten Königreich und Nordirland auf den Rechtsvorschriften der EWG-Verordnung Nr. 1408/71 und ihrer Durchführungsverordnung, der EWG-Verordnung Nr. 574/72 basierten, galt dies ebenfalls. Wer als Drittstaatsangehöriger in Bezug auf das Vereinigte Königreich Großbritannien und Nordirland anzusehen ist, erörtert der Fachbeitrag Brexit. Personen, die am 31.12.2020 in einer grenzüberschreitenden Situation zwischen Deutschland und dem Vereinigten Königreich Großbritannien oder Nordirland standen, können jedoch auch darüber hinaus aufgrund des zwischen der EU und der Europäischen Atomgemeinschaft einerseits und dem Vereinigten Königreich Großbritannien und Nordirland andererseits abgeschlossenen Austrittsabkommens weiterhin ihre Ansprüche nach den EG- bzw. EWG-Verordnungen aufrechterhalten. Für die Auswirkungen auf die Gültigkeit der Bescheinigung A1, vgl. Informationen in der Broschüre "Arbeiten im Vereinigten Königreich" sowie im Fachbeitrag Brexit. Auf Neusachverhalte ab dem 01.01.2021 sind in Bezug auf das Vereinigte Königreich und Nordirland die Vorschriften des zwischen der EU und der Europäischen Atomgemeinschaft einerseits und dem Vereinigten Königreich Großbritannien und Nordirland andererseits abgeschlossenen Handels- und Kooperationsabkommens anzuwenden. Nähere Details hierzu finden sie im Fachbeitrag Vereinigtes Königreich.
Bitte beachten Sie, dass Schweizer sowie andere Drittstaatsangehörige in Bezug auf die EWR-Staaten Island, Liechtenstein und Norwegen nicht von der EG-Verordnung Nr. 883/2004 erfasst werden, da der Gemeinsame EWR-Ausschuss die sog. Drittstaatenverordnung – VO (EU) 1231/10 – bisher nicht übernommen hat (vgl. Rundschreiben des GKV-Spitzenverbandes Nr. 2011/12). Dies gilt wegen einer fehlenden Zustimmung des Gemischten Ausschusses auch für EWR-Staatsangehörige aus Island, Liechtenstein und Norwegen sowie für Drittstaatsangehörige in Bezug auf Sachverhalte mit der Schweiz.
Anmerkung 3:
Die EG-Verordnungen gelten auch für Staatsangehörige anderer Staaten (Drittstaatsangehörige), wenn diese ihren rechtmäßigen Wohnsitz in einem EU-Staat (Ausnahme: Dänemark, hier nur EU-/EWR-Staatsangehörige und Schweizer) haben.
Anmerkung 4:
Durch das "Brexit-Referendum", die mit der EU vereinbarten Verlängerungen des Austrittstermins auf den 31.01.2020 und das zwischen der EU und der Europäischen Atomgemeinschaft einerseits und dem Vereinigten Königreich Großbritannien und Nordirland andererseits abgeschlossenen Austrittsabkommen, traten zunächst in Bezug auf das Vereinigte Königreich und Nordirland bis zum 31.12.2020 keine rechtlichen Änderungen ein (vgl. Details hierzu im Fachbeitrag Brexit). Für Drittstaatsangehörige, deren Ansprüche im Verhältnis zum Vereinigten Königreich und Nordirland auf den Rechtsvorschriften der EWG-Verordnung Nr. 1408/71 und ihrer Durchführungsverordnung, der EWG-Verordnung Nr. 574/72 basierten, galt dies ebenfalls. Wer als Drittstaatsangehöriger in Bezug auf das Vereinigte Königreich Großbritannien und Nordirland anzusehen ist, erörtert der Fachbeitrag Brexit. Personen, die am 31.12.2020 in einer grenzüberschreitenden Situation zwischen Deutschland und dem Vereinigten Königreich Großbritannien oder Nordirland standen, können jedoch auch darüber hinaus aufgrund des zwischen der EU und der Europäischen Atomgemeinschaft einerseits und dem Vereinigten Königreich Großbritannien und Nordirland andererseits abgeschlossenen Austrittsabkommens weiterhin ihre Ansprüche nach den EG- bzw. EWG-Verordnungen aufrechterhalten. Für die Auswirkungen auf die Gültigkeit der Bescheinigung A1 im Fachbeitrag Brexit. Auf Neusachverhalte ab dem 01.01.2021 sind in Bezug auf das Vereinigte Königreich und Nordirland die Vorschriften des zwischen der EU und der Europäischen Atomgemeinschaft einerseits und dem Vereinigten Königreich Großbritannien und Nordirland andererseits abgeschlossenen Handels- und Kooperationsabkommens anzuwenden.
Bitte beachten Sie, dass Schweizer sowie andere Drittstaatsangehörige in Bezug auf die EWR-Staaten Island, Liechtenstein und Norwegen nicht von der EG-Verordnung Nr. 883/2004 erfasst werden, da der Gemeinsame EWR-Ausschuss die sog. Drittstaatenverordnung – VO (EU) 1231/10 – bisher nicht übernommen hat (vgl. Rundschreiben des GKV-Spitzenverbandes Nr. 2011/12). Dies gilt wegen einer fehlenden Zustimmung des Gemischten Ausschusses auch für EWR-Staatsangehörige aus Island, Liechtenstein und Norwegen sowie für Drittstaatsangehörige in Bezug auf Sachverhalte mit der Schweiz.