Rechtsdatenbank
Welche Fragen Arbeitgeber auch zum Thema Sozialversicherungsrecht bewegen: Die Rechtsdatenbank der AOK liefert die Antworten – einfach, fundiert und topaktuell.

Sozialhilfe
Sozialhilfe
Normen
Kurzinfo
Die Sozialhilfe schützt als letztes "Auffangnetz" vor Armut, sozialer Ausgrenzung und besonderer Belastung. Leistungen werden für Personen erbracht, die ihren Bedarf nicht aus eigener Kraft decken können und auch keine ausreichenden Ansprüche auf Leistungen bei anderen Sozialleistungsträgern haben.
Es ist dabei grundsätzlich ohne Bedeutung, ob der Hilfesuchende verschuldet oder unverschuldet in Notlage geraten ist. Es ist Aufgabe der Sozialhilfe, den Leistungsberechtigten die Führung eines Lebens zu ermöglichen, das der Würde des Menschen entspricht. Bei unzureichendem Einkommen und Vermögen deckt die Sozialhilfe den Mindestbedarf ab, um eine Lebensführung auf gesellschaftlich akzeptablem Niveau zu ermöglichen.
Information
Inhaltsübersicht
- 1.
- 2.
- 3.
- 4.
- 5.
1. Leistungsumfang der Sozialhilfe
Die Sozialhilfe umfasst folgende Bereiche mit der jeweils gebotenen Beratung und Unterstützung:
- 1.
Hilfe zum Lebensunterhalt (§§ 27 bis 40 SGB XII),
- 2.
Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung (§§ 41 bis 46 SGB XII),
- 3.
Hilfen zur Gesundheit (§§ 47 bis 52 SGB XII),
- 4.
Eingliederungshilfe für behinderte Menschen (§§ 53 bis 60 SGB XII),
- 5.
Hilfe zur Pflege (§§ 61 bis 66 SGB XII),
- 6.
Hilfe zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten (§§ 67 bis 69 SGB XII),
- 7.
Hilfe in besonderen Lebenslagen (§§ 70 bis 74 SGB XII).
§ 11 Abs. 2 Satz 1 SGB XII stellt fest, dass die Beratung die persönliche Situation und den Bedarf des Hilfesuchenden betrifft. Damit greift § 11 SGB XII über die nach § 14 SGB I geltende allgemeine Beratungspflicht über Rechte und Pflichten hinaus. Die Beratung ist eine Pflichtleistung des Sozialhilfeträgers, die nicht förmlich beantragt werden muss.
2. Anspruchsvoraussetzungen
2.1 Subsidiarität
Für alle Personen, die Ansprüche nach dem SGB II geltend machen können, ist ein Anspruch auf Sozialhilfe nach dem SGB XII mit Ausnahme eines Rückgriffs auf § 73 SGB XII ausgeschlossen.
Bei dem Anspruch nach § 73 SGB XII handelt es sich um einen von der Rechtsprechung aus verfassungsrechtlichen Gründen geschaffenen Hilfsanspruch für Leistungsempfänger des SGB II, der diesen ausnahmsweise einen Rückgriff auf das SGB XII ermöglicht (BSG, 19.08.2010 – B 14 AS 13/10).
2.2 Anspruch bei Erwerbsfähigkeit
Ansprüche nach dem SGB II bestehen für alle Menschen, im Alter von 15 und 67 Jahren, welche erwerbsfähig und hilfebedürftig sind, sowie für deren Angehörige.
Erwerbsfähig ist nach § 8 SGB II, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich arbeiten kann. Nicht erwerbsfähig ist dagegen, wer wegen Krankheit oder Behinderung gegenwärtig oder auf nicht absehbare Zeit (mindestens sechs Monate) außerstande ist, mindestens drei Stunden täglich einer Erwerbstätigkeit nachzugehen. Personen, die mit einem Erwerbsfähigen in einer Bedarfsgemeinschaft leben, aber selbst nicht erwerbsfähig sind, erhalten Sozialgeld vom Jobcenter, vgl. § 19 Abs. 1 SGB II.
Personen, die länger als sechs Monate nicht erwerbstätig sein können, aber (noch) nicht auf Dauer erwerbsunfähig sind, erhalten Hilfe zum Lebensunterhalt vom Sozialamt, wenn keine i.S.d. SGB II erwerbsfähige Person mit ihnen in einer Bedarfsgemeinschaft lebt. Die "Hilfe zum Lebensunterhalt" kommt fast nur bei alleinstehenden Personen zum Tragen, da bereits eine erwerbsfähige Person (hierunter fallen auch Kinder ab 15 Jahren) in der Bedarfsgemeinschaft ausreicht, um auch für die vorübergehend nicht erwerbsfähige Person einen Leistungsanspruch im SGB II auf Sozialgeld zu begründen. Eine weitere Fallgruppe sind Kinder unter 15 Jahren, die bei ihren Großeltern leben. Personen über 65 Jahre und Personen von 18 bis 64 Jahren, die dauerhaft voll erwerbsgemindert sind, erhalten Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung vom Sozialamt. Um diese Leistung erhalten zu können, muss die Erwerbsunfähigkeit vom Rentenversicherungsträger festgestellt sein.
2.3 Individuelle Hilfe
Bei der Entscheidung, welche Hilfe im Einzelfall erforderlich ist, müssen die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Hilfesuchenden berücksichtigt werden. Die Sozialhilfe wird entweder als persönliche Hilfe, Geld- oder Sachleistung zur Verfügung gestellt.
Zur Dienstleistung gehören insbesondere die Beratung in Fragen der Sozialhilfe und die Beratung und Unterstützung in sonstigen sozialen Angelegenheiten.
2.4 Geldleistung vor Sachleistung
Die Geldleistung hat Vorrang vor der Sachleistung, sofern Sachleistungen das Ziel der Sozialhilfe nicht erheblich besser oder wirtschaftlicher erreichen können oder die Leistungsberechtigten es wünschen. Gutscheine und andere Formen der Verrechnung gehören zu den Sachleistungen.
2.5 Antrag
Die Leistungen der Sozialhilfe sollen die Hilfebedürftigen befähigen, unabhängig von anderen Personen am Leben in der Gemeinschaft teilzunehmen (Hilfe zur Selbsthilfe). Mit Ausnahme der Leistungen der Grundsicherung im Alter und Erwerbsminderung setzt die Sozialhilfe ein, sobald dem Leistungsträger bekannt wird, dass die Voraussetzungen für die Leistungen vorliegen. Ein Antrag muss also nicht ausdrücklich gestellt werden, vgl. § 18 SGB XII.
2.6 Kein Einkommen oder Vermögen
Sozialhilfe wird nur gewährt, soweit der Leistungsberechtigte nicht über ausreichend Einkommen oder Vermögen verfügt. Das bedeutet, dass Einkommen und Vermögen für einen Anspruch auf Sozialhilfe zunächst vollständig verbraucht werden müssen, soweit sie nicht von der Anrechnung oder Verwertung ausgenommen sind. Dies bedeutet, dass der Leistungsträger in jedem Einzelfall prüft, ob der Lebensunterhalt tatsächlich nicht durch eigenes Einkommen oder Vermögen sichergestellt werden kann. Einkommen sind die Geldleistungen, die dem Leistungsberechtigten nach der Antragstellung zufließen. Unter Vermögen ist alles zu verstehen, was der Berechtigte bei Antragstellung bereits besitzt, z.B. Pkw, Schmuck, Bankguthaben, Grundstücke usw.
Das Vermögen ist verwertbar, wenn es einen Schonbetrag i.H.v. 5.000,00 EUR übersteigt. Hinzu kommt jeweils ein Betrag von 5.000,00 EUR für den Ehegatten/Lebenspartner und weitere 500,00 EUR für jede unterhaltene Person. Bei Leistungen der Eingliederungshilfe ist nach § 90 Abs. 3 Satz 2 SGB XII zusätzlich ein Vermögensbetrag bis zu 25.000,00 EUR für die Lebensführung und Alterssicherung geschützt. Bei Leistungen der Hilfe zur Pflege ist zusätzlich ein überwiegend aus selbstständiger oder nichtselbstständiger Erwerbstätigkeit der leistungsberechtigten Person während des Leistungsbezugs angespartes Vermögen bis zu 25.000,00 EUR geschützt. Die Einzelheiten hierzu regeln die §§ 90 ff. SGB XII.
Gemäß § 82 Abs. 3 Satz 2 SGB XII gelten für die in Werkstätten für behinderte Menschen beschäftigten Menschen höhere anrechnungsfreie Anteile des Arbeitsentgeltes. Zusätzlich zu dem auch bisher in § 82 Abs. 3 Satz 2 SGB XII genannten Achtel der Regelbedarfsstufe 1 bleiben 50 % des diesen übersteigenden Betrages bei der Berechnung des Einkommens unberücksichtigt. Das Arbeitsförderungsgeld für Werkstattbeschäftige beträgt 52,00 EUR im Monat.
2.7 Unterhaltspflicht von Verwandten geht vor
Die Unterhaltspflicht der Verwandten geht der Sozialleistung nach dem SGB XII vor. Der Sozialleistungsträger prüft daher, ob und in welchem Umfang unterhaltspflichtige Angehörige ersten Grades (Kinder und Eltern) oder der Ehegatte zum Ersatz der Sozialhilfe herangezogen werden können. Durch Art 1 des Gesetzes zur Entlastung unterhaltsverpflichteter Angehöriger in der Sozialhilfe und in der Eingliederungshilfe (Angehörigen-Entlastungsgesetz) vom 10.12.2019 (BGBl I, S. 2135 sind nach § 94 Abs. 1a SGB XII Unterhaltsansprüche der Leistungsberechtigten gegenüber ihren Kindern und Eltern nicht zu berücksichtigen, es sei denn, deren jährliches Gesamteinkommen i.S.d. § 16 des Vierten Buches beträgt jeweils mehr als 100.000,00 EUR (Jahreseinkommensgrenze). Der Übergang von Ansprüchen der Leistungsberechtigten ist ausgeschlossen, sofern Unterhaltsansprüche nach Satz 1 nicht zu berücksichtigen sind. Es wird vermutet, dass das Einkommen der unterhaltsverpflichteten Personen nach Satz 1 die Jahreseinkommensgrenze nicht überschreitet.
3. Zuständigkeit
Zuständig für die Leistungsgewährung sind insbesondere die kreisfreien Städte und die Landkreise. Bezüglich der Zuständigkeit kommt es dabei auf den tatsächlichen Aufenthaltsort des Hilfesuchenden an.
Die kreisfreien Städte und Landkreise sollen hinsichtlich der Leistungsgewährung eng mit anderen Sozialleistungsträgern sowie Wohlfahrtsverbänden (Caritas, Diakonie) und Servicestellen der Rehabilitationsträger zusammenarbeiten.
4. Keine Rückzahlung der Sozialhilfe
Erhaltene Hilfe zum Lebensunterhalt braucht der Hilfeempfänger grundsätzlich nicht zurückzuzahlen, auch nicht, wenn später höheres Einkommen vorhanden ist. Nur wenn die Leistungen von vornherein als Darlehen gewährt wurden, müssen sie zurückgezahlt werden. Die Erben eines Hilfeempfängers werden hingegen unter bestimmten Voraussetzungen zur Rückzahlung herangezogen, wenn ein großer Nachlass verblieben ist. In Härtefällen werden die Erben jedoch nicht in Anspruch genommen.
5. Verfahren und Rechtsmittel
Das Verwaltungsverfahren richtet sich nach den Vorgaben des SGB I und SGB X. Der Hilfesuchende ist verpflichtet, bei der Antragstellung mitzuwirken und alle Tatsachen anzugeben, die für eine Leistungsgewährung erheblich sind. Dies betrifft insbesondere auch die Mitteilung von Änderungen in den persönlichen Verhältnissen, vgl. § 60 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 2 SGB I.
Als Rechtsmittel gegen belastende Entscheidungen des Sozialhilfeträgers ist der Widerspruch möglich.