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Welche Fragen Arbeitgeber auch zum Thema Sozialversicherungsrecht bewegen: Die Rechtsdatenbank der AOK liefert die Antworten – einfach, fundiert und topaktuell.

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Elektronische Gesundheitskarte
Elektronische Gesundheitskarte
Normen
§ 19 BMV-Ä
§§ 290, 291a SGB V
Information
Inhaltsübersicht
- 1.
- 2.
- 3.
- 4.
1. Allgemeines
Die Regelungen zur elektronischen Gesundheitskarte und der hierfür erforderlichen Telematikinfrastruktur sind in den §§ 290 und § 291a SGB V geregelt. Das "Gesetz für sichere digitale Kommunikation und Anwendungen im Gesundheitswesen (E-Health-Gesetz)" konkretisierende Vorgaben für die Einführung der digitalen Infrastruktur und über die Einführung nutzenbringender Anwendungen auf der elektronischen Gesundheitskarte eingeführt. Mit dem "Digitale-Versorgung-Gesetz" (DVG), das zum 01.01.2020 in Kraft getreten ist, sind weitere konkretisierende Vorgaben erlassen worden. Mit dem "Patientendaten-Schutz-Gesetz" wurde der Weg frei gemacht für weitere Anwendungen der Telematikinfrastruktur und der eGK: die elektronische Patientenakte (ePA) ab 2021 ebenso wie das E-Rezept und digitale Facharztüberweisungen.
Nach § 15 Abs. 2 SGB V haben Versicherte, die ärztliche oder zahnärztliche Behandlung i.R.d. vertrags(zahn)ärztlichen Versorgung in Anspruch nehmen, dem Arzt (Zahnarzt) vor Beginn der Behandlung ihre KV-Karte zum Nachweis der Berechtigung zur Inanspruchnahme von Leistungen auszuhändigen. Allerdings ist die KV-Karte zur Verbesserung von Wirtschaftlichkeit, Qualität und Transparenz der Behandlung für die in §§ 291a Abs. 2 und 3 SGB V genannten Zwecke zu einer elektronischen Gesundheitskarte (eGK) zu erweitern (vgl. § 291 Abs. 2a Satz 1 i.V.m. § 291a Abs. 1 SGB V).
Die elektronische Gesundheitskarte mit Lichtbild soll dazu beitragen, die missbräuchliche Inanspruchnahme von Leistungen einzudämmen. Sie ist technisch so vorbereitet, dass nach und nach weitere Anwendungen hinzugefügt werden können. Die elektronische Gesundheitskarte und die sich im Aufbau befindliche einrichtungsübergreifende Kommunikationsinfrastruktur schaffen die Grundlage für einen sicheren Austausch sowohl wichtiger medizinischer als auch administrativer Daten. Dies dient dem Ziel, die Versorgung der Patientinnen und Patienten qualitativ zu verbessern sowie effizienter und wirtschaftlicher zu gestalten.
Die Vereinbarung zwischen dem GKV-Spitzenverband und der Kassenärztlichen Bundesvereinigung zum Inhalt und zur Anwendung der elektronischen Gesundheitskarte (Anlage 4a BMV-Ä) hat den aktuellen Stand vom 01.10.2020.
2. Ziele der Einführung der elektronischen Gesundheitskarte
Ziele der Gesundheitskarte sind die
Verbesserung der Qualität der medizinischen Versorgung, u.a. der Arzneimittelsicherheit,
Verbesserung patientenorientierter Dienstleistungen,
Stärkung der Eigenverantwortung, Mitwirkungsbereitschaft und -initiative der Patienten,
Steigerung der Wirtschaftlichkeit und Leistungstransparenz im Gesundheitswesen,
Optimierung von Arbeitsprozessen und
Bereitstellung von aktuellen gesundheitsstatistischen Informationen.
3. Anwendungsbereiche der Gesundheitskarte
Die Vereinbarung zum Inhalt und zur Anwendung der elektronischen Gesundheitskarte ist Anlage 4a des Bundesmantelvertrages Ärzte (Stand 01.10.2020) zu entnehmen.
Folgende Anwendungen sind derzeit auf der Gesundheitskarte realisiert:
Administrativer Teil (verpflichtend):
Die Gesundheitskarte soll alle Daten enthalten, die bereits auf der Krankenversichertenkarte gespeichert waren (§ 291a Abs. 2 1. HS SGB V). Nach § 291 Abs. 2 SGB V sind also zu speichern:
- die Bezeichnung der ausstellenden Krankenkasse einschließlich eines Kennzeichens für die Kassenärztliche Vereinigung, in deren Bezirk der Versicherte seinen Wohnsitz hat,
- Familienname und Vorname des Versicherten,
- Geburtsdatum,
- Geschlecht,
- Anschrift,
- Krankenversichertennummer,
- Versichertenstatus, für Versichertengruppen nach § 267 Abs. 2 Satz 4 SGB V in einer verschlüsselten Form,
- Zuzahlungsstatus,
- Tag des Beginns des Versicherungsschutzes und
- bei befristeter Gültigkeit der Karte das Datum des Fristablaufs.
Nutzung der elektronischen Gesundheitskarte
Der Versicherte ist verpflichtet, bei jedem Arztbesuch die elektronische Gesundheitskarte vorzulegen. Der Arzt ist verpflichtet, die Identität des Versicherten zu prüfen. Die Identität des Versicherten ist anhand der auf der elektronischen Gesundheitskarte aufgebrachten Identitätsdaten (Lichtbild (soweit vorhanden), Unterschrift, Name, Vorname, Geburtsdatum) zu prüfen.
Kann bei einer Arzt-/Patientenbegegnung im Behandlungsfall die Identität des Versicherten nicht bestätigt werden oder kann bei einer Arzt-/Patientenbegegnung eine gültige elektronische Gesundheitskarte nicht vorgelegt werden, kann der Arzt nach Ablauf von zehn Tagen eine Privatvergütung für die Behandlung verlangen, die jedoch zurückzuzahlen ist, wenn dem Arzt bis zum Ende des Quartals eine zum Zeitpunkt der Behandlung gültige elektronische Gesundheitskarte oder ein anderer gültiger Anspruchsnachweis vorgelegt wird. Veranlasste Leistungen kann der Arzt in derartigen Fällen ohne Angabe der Kassenzugehörigkeit mit dem Vermerk "ohne Versicherungsnachweis" privat verordnen. Der Arzt ist verpflichtet, im Falle eines Verdachts auf Missbrauch die zuständige Krankenkasse zu informieren.
Für zahnärztliche Behandlungen gilt eine etwas abweichende Regelung. Die Möglichkeit, eine gültige elektronische Gesundheitskarte oder einen anderen Versicherungsnachweis bis zum Ende des Quartals nachzureichen besteht bei zahnärztlichen Behandlungen nicht. In Fällen, in denen die elektronische Gesundheitskarte nicht verwendet werden kann (z.B. bei defekten Karten) sehen die Regelungen des Bundesmantelvertrages – Ärzte eine Datenerhebung i.R.e. Ersatzverfahrens vor.
Wenn die Karte aus Verschulden der versicherten Person neu ausgestellt werden muss, etwa, weil sie verlorengegangen ist oder beschädigt wurde, kann die Krankenkasse eine Gebühr von 5,00 EUR erheben. Diese Gebühr kann auch erhoben werden, wenn die Karte aus Verschulden des oder der Versicherten nicht ausgestellt werden kann. Die Krankenkasse wird in diesem Fall eine befristete Ersatzbescheinigung als Nachweis des Leistungsanspruchs ausstellen. Die wiederholte Ausstellung einer solchen Ersatzbescheinigung kommt nur in Betracht, wenn die versicherte Person bei der Ausstellung der elektronischen Gesundheitskarte mitwirkt.
Versicherte bis zur Vollendung des 15. Lebensjahres sowie Versicherte, deren Mitwirkung bei der Erstellung des Lichtbildes nicht möglich ist, erhalten i.d.R. eine elektronische Gesundheitskarte ohne Lichtbild gem. § 291 Abs. 2 Satz 1 SGB V.
4. Elektronische Patientenakte und/oder Patientenfach für mehr Patientensouveränität ab 01.01.2021
Mit dem Terminservice- und Versorgungsgesetz (TSVG, in Kraft seit 11.05.2019) werden die Krankenkassen verpflichtet, seit dem 01.01.2021 ihren Versicherten eine elektronische Patientenakte zur Verfügung zu stellen. Zunächst können Daten der Patienten aus bereits vorhandenen Anwendungen und Dokumentationen, wie z.B. Notfalldaten oder Medikationsplan, in einer solchen elektronischen Patientenakte für den Patienten bereitgestellt werden. Patienten können ihren Behandler damit über diese wichtigen Gesundheitsdaten informieren.
In einer elektronischen Patientenakte können auch eigene Daten, wie z.B. ein Tagebuch über Blutzuckermessungen, abgelegt werden. Patienten können ihre Daten künftig auch außerhalb der Arztpraxis eigenständig einsehen. Damit sind die Patienten über Diagnose und Therapie viel genauer und umfassender informiert und können besser als bisher über ihre Gesundheit mitentscheiden. Dies ist die beste Voraussetzung für eine erfolgreiche Therapie.
Jeder Versicherte kann zu gegebener Zeit selbst entscheiden, ob und in welchem Umfang er von den neuen Möglichkeiten der elektronischen Gesundheitskarte zur Speicherung von medizinischen Daten Gebrauch macht. Er bestimmt, ob und in welchem Umfang er eine Anwendung wie die Notfalldaten nutzt, ob er die Karte zur Dokumentation seiner Organspendebereitschaft einsetzt oder ob er später einen elektronischen Medikationsplan oder die elektronische Patientenakte nutzt.
Patienten können ihre Daten auch einsehen bzw. ausdrucken, Daten für bestimmte Ärzte ein- bzw. ausblenden. Zudem können Versicherte bzw. ein berechtigter Vertreter Dokumente im Aktenkonto löschen. Nur die Verwaltungsdaten der Versicherten werden verpflichtend auf der Gesundheitskarte gespeichert.
Die Krankenkassen legen die elektronische Patientenakte an und stellen diese auf Anfrage des Versicherten bereit. Die Versicherten bestimmen, wer Zugriff auf die Daten hat. Sie bestimmen, wer über welchen Zeitraum Daten einsehen, bearbeiten oder hochladen darf – zum Beispiel Arztpraxen, Apotheken oder Kliniken.
Die Daten liegen verschlüsselt auf EU-Servern außerhalb der Praxen: Versicherte können ihre elektronische Patientenakte über die von ihren Krankenkassen entwickelten Apps für Smartphones oder Tablet einsehen. Für die Nutzung müssen sich die Versicherten identifizieren – zum Beispiel wie beim Online-Banking über eine Zwei-Faktor-Authentifizierung.
Arztpraxen und Krankenhäuser sollen im Laufe des Jahres 2021 mit der notwendigen Hard- und Software ausgestattet werden. Bevor elektronische Patientenakten eingesehen werden können, müssen die jeweiligen Versicherten jedoch die Freigabe dazu erteilen: entweder mit ihrer elektronischen Gesundheitskarte oder über die App.
Weder die Krankenkasse noch der IT-Dienstleister, auf dessen Server die Akte liegt, können die Daten auslesen. Dafür sorgt die Verschlüsselung. Erst in der App des Versicherten bzw. im Konnektor des Arztes werden die Daten entschlüsselt.
Siehe auch