Nudging in der BGF erfolgreich planen und gestalten

Die richtige Strategie entscheidet darüber, wie erfolgreich Nudging in der Betrieblichen Gesundheitsförderung wirkt. Konkrete und messbare Ziele zu setzen, ist dabei der Schlüssel. Die Nudges selbst lassen sich anhand verschiedener Modelle entwickeln.

Nudging in die Praxis umsetzen

Um Nudging im Unternehmensalltag zu etablieren, ist ein systematisches Vorgehen nötig. Es geht also nicht allein um das Kreieren guter Anstupser, sondern auch um vor- und nachgelagerte Schritte wie eine Zielsetzungsphase und eine Evaluationsphase, in der geprüft wird, inwiefern die Nudges Wirksamkeit zeigen. Diese vier Schritte können Unternehmen dabei als Leitfaden für die Umsetzung eines Nudging-Konzepts im Rahmen der Betrieblichen Gesundheitsförderung (BGF) dienen:

Schritt 1: Zielbestimmung

Die erste Voraussetzung ist es, ein Zielverhalten zu benennen, das möglichst konkret und messbar ist. Nur so können Daten erhoben werden, mit denen später auch der Erfolg des Nudging-Konzepts überprüft werden kann. Beispiel: Nudges, die zum Treppensteigen anregen, senken den messbaren Betrieb des Aufzugs.

Schritt 2: Entscheidungsprozesse analysieren

Als Nächstes geht es darum herauszufinden, in welchen Situationen oder in welchem Kontext man die Mitarbeiter zu einer gesünderen Entscheidung bewegen kann. Eine ausführliche Checkliste zur Analyse der aktuellen Entscheidungsprozesse finden Arbeitgeber auch im iga.Report 38.

Es geht um Fragen wie: 

  • Profitiert eine Person direkt von einer guten Entscheidung oder erst später? Beim Beispiel der Treppe etwa werden sich erst langfristig gesundheitliche Erfolge zeigen.
     
  • Braucht die Person Willenskraft oder Selbstkontrolle, um die „gesunde“ Entscheidung zu treffen? Der Aufzug wäre gegenüber der Treppe bequemer, also ist Willenskraft erforderlich.

Schritt 3: Nudges gestalten mit verschiedenen Modellen

Ist die Vorarbeit der ersten beiden Schritte geleistet, können konkrete Nudges entwickelt werden. In den vergangenen Jahren setzten sich drei verschiedene Gestaltungsmodelle durch, mit denen die praktische Umsetzung im Unternehmen gut planbar wird.

MINDSPACE-Modell

Eins der gängigsten ist das MINDSPACE-Modell. Es wurde speziell für BGF von britischen Forschern entwickelt. In diesem Modell stehen die neun Anfangsbuchstaben des Wortes MINDSPACE für Aktionsfelder des Nudgings. Beschließt also der Steuerkreis Gesundheit eines Unternehmens, eine Treppenhaus-Aktion durchzuführen, könnte das MINDSPACE-Modell als Leitfaden zur Planung für erfolgreiche Nudges dienen:

  • Messenger steht für Absender. Dahinter verbirgt sich der Tipp, angesehene Mitarbeiter als Vorbilder einzubinden. Für die Praxis heißt das zum Beispiel, dass die Aktion „Treppen statt Aufzug“ durch den bei der Belegschaft beliebten Geschäftsführer eröffnet wird.
  • Incentives heißt so viel wie Anreize. So könnte zum Beispiel im Treppenhaus ein auffälliger Buzzer angebracht werden, der nur zu Fuß erreicht werden kann. Wer daran vorbeikommt, kann ihn drücken. Für jedes Auslösen des Buzzers wird eine kleine Summe Geld auf ein Gemeinschaftskonto gutgeschrieben und für einen guten Zweck gespendet.
  • Norms, also Normen und Netzwerke, beeinflussen unser Verhalten. Zum Beispiel könnten regelmäßig Informationen in Newslettern und Teambesprechungen kundgetan werden, die besagen: „Schon 70 Prozent deiner Kollegen benutzen überwiegend die Treppe. Sei dabei!“
  • Defaults: Damit sind Optionen gemeint, die eine ungesündere Entscheidung zur unbequemeren machen. Das bedeutet zum Beispiel, dass das Treppenhaus leichter zugänglich und deutlich sichtbarer ist als der Aufzug.
  • Salience benennt einen psychologischen Anreiz, der die Aufmerksamkeit weckt. Das können Hinweisschilder, Smileys oder Ampeln sein. Bei dem Beispiel der Treppe wären es vielleicht Aufkleber auf jeder Treppenstufe, die den Kalorienverbrauch anzeigen. 
  • Priming steht für das Hervorheben der besseren Alternative. Zum Beispiel, indem das Treppenhaus mit wechselnden Fotoausstellungen besonders einladend präsentiert wird.
  • Affect zielt darauf ab, Emotionen zu wecken. Das funktioniert oft, indem Bilder zum Einsatz kommen, die abschreckende gesundheitliche Konsequenzen aufzeigen oder positive Gefühle hervorrufen.
  • Commitments benennt den Effekt, dass ein öffentliches Bekennen zu einem Ziel das Erreichen wahrscheinlicher macht. Ein Beispiel: Alle Mitarbeiter setzen sich das gemeinsame Ziel, durch ihr Treppensteigen möglichst viel Geld für den guten Zweck zu sammeln (siehe Incentives).
  • Ego zielt darauf, dass sich der Einzelne so verhält, dass er sich persönlich besser fühlt, zum Beispiel auch, weil sein Beitrag einem höheren Gruppenziel dient

EAST-Modell

Wie MINDSPACE entstand auch das EAST-Modell im Auftrag der britischen Regierung, entwickelt von der Forschungsgruppe Behavioural Insights Team. Auch bei EAST steht jeder Buchstabe für eine konkrete Empfehlung bei der Umsetzung von Nudging:

  • Easy zielt auf einfache Informationen, die leicht zugänglich sind, zum Beispiel in einem Newsletter.
  • Attractive besagt, dass die Botschaften und Anreize möglichst attraktiv formuliert und gestaltet sein sollen, zum Beispiel durch einen Buzzer im Treppenhaus und einen ansprechenden Slogan.
  • Social steht für soziale Normen und Netzwerke, die miteinbezogen werden, so dass eine Sogwirkung entsteht, etwa, indem Führungskräfte als Vorbild dienen oder ein Wettstreit unter einzelnen Teams angestoßen wird.
  • Timely zielt auf den richtigen Zeitpunkt, bei dem ein Nudge am besten greift, zum Beispiel durch Erinnerungsmails zur Mittagszeit und zum Feierabend.

4Ps-Framework

US-Wissenschaftler haben die Ansatzpunkte für mögliche Verhaltensänderungen auf vier „P“s konzentriert, was im Bereich Ernährung zum Beispiel so aussehen könnte:

  • Possibilities: die Essensangebote in der Kantine überdenken und prüfen, wie sie gesünder gestaltet werden können.
  • Process: bei der Essensbestellung die ungesunde Wahl erschweren – etwa, indem die ganze Pizza extra bestellt werden muss, während das Pizzastück mit dem Salat direkt in der Auslage griffbereit liegt.
  • Persuasion: die Darbietung der besseren Wahl optimieren, zum Beispiel, indem die Pizza mit Salat besonders appetitlich garniert und der Salat als kostenlose Zugabe beworben wird.
  • Person: den konkreten Nutzen für jeden Einzelnen hervorheben, indem die gesundheitsfördernde Wirkung von Rohkost kommuniziert wird.

Schritt 4: Erfolg prüfen

Bringen die Nudges wirklich den gewünschten Effekt? Das wird sinnvollerweise von Beginn an anhand der definierten Ziele überprüft. Tipp: Arbeitgeber können die Wirksamkeit auch vorab an einer kleinen Gruppe von Personen im Rahmen eines Pilotversuchs testen. In Abhängigkeit vom Ergebnis muss nach diesem Schritt das Nudging-Konzept eventuell nochmals angepasst werden.

So unterstützt die AOK

Wenn Sie sich entschließen, die Gesundheit Ihrer Beschäftigten mit Nudging oder anderen Maßnahmen zu fördern, steht Ihnen mit der AOK ein erfahrener Partner zur Seite. Die Gesundheitskasse verfügt über wissenschaftlich fundierte Konzepte und berät seit vielen Jahren Betriebe jeder Größe von Kleinstbetrieben über KMUs bis hin zu Konzernen.

iga
Mehr Ideen für die Praxis

Der iga-Report 38 „Nudging im Unternehmen“ stellt das Thema ausführlich vor, erklärt die verschiedenen Gestaltungsmodelle und zeigt in Praxisbeispielen die Wirksamkeit der kleinen Stupser.

Stand

Zuletzt aktualisiert: 31.07.2023

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