Ausländische Studierende im Praktikum

Im September und Oktober ist an den Hochschulen und Fachhochschulen Semesterbeginn. Dann beginnen auch viele Studierende ihr Praxissemester. Auch immer mehr Studierende aus dem Ausland üben ein Praktikum bei einem Arbeitgeber in Deutschland aus. Viele Arbeitgeber haben dann Fragen, wie ein Praktikum einer oder eines ausländischen Studierenden sozialversicherungsrechtlich zu bewerten ist. Was für Arbeitgeber bei der Beschäftigung ausländischer Studierender im Praktikum wichtig ist.

Studierende aus dem Ausland

Üben Studierende aus der EU, Norwegen, Island, Liechtenstein, dem Vereinigten Königreich oder der Schweiz ein Praktikum in Deutschland aus, benötigen sie kein Visum zur Einreise oder eine Aufenthaltserlaubnis.

Praktikantinnen und Praktikanten aus anderen Staaten, die für ein studienbezogenes Praktikum nach Deutschland kommen, benötigen in der Regel ein Visum zur Einreise und eine Aufenthaltserlaubnis. Die genauen Bestimmungen hängen von verschiedenen Faktoren ab, zum Beispiel von der Dauer des Praktikums und dem Drittstaat, aus dem die Person einreist.

Die Aufenthaltserlaubnis wird für die vereinbarte Dauer des Praktikums erteilt, längstens jedoch für sechs Monate. Voraussetzungen wie ein Nachweis des Studiums und der Sicherung des Lebensunterhalts müssen erfüllt sein. In bestimmten Fällen muss das Praktikum vorab von der Bundesagentur für Arbeit genehmigt werden. Ein bezahltes Praktikum gilt als Erwerbstätigkeit, eine Arbeitserlaubnis ist daher nötig.

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Vorgeschriebene Praktika

Für die Sozialversicherung ist es entscheidend, ob ein Praktikum in der Studien- oder Prüfungsordnung der ausländischen Hochschule vorgeschrieben ist oder nicht. Verpflichtend vorgesehene Praktika sind bei ihrer Durchführung in Deutschland als vorgeschriebene Praktika anzuerkennen, wenn die ausländische Hochschule mit einer deutschen vergleichbar ist. Der Arbeitgeber weist die Praktikumspflicht nach, indem er einen Nachweis von der oder dem Studierenden verlangt und ihn zu den Entgeltunterlagen nimmt.

Vor- oder Nachpraktika

Üben Studierende ein vorgeschriebenes Vor- oder Nachpraktikum in Deutschland gegen Arbeitsentgelt aus, besteht Sozialversicherungspflicht als Auszubildende. Die Regelungen der Geringfügigkeit gelten nicht. Beträgt das monatliche Arbeitsentgelt nicht mehr als 325 Euro, trägt der Arbeitgeber auch den Arbeitnehmeranteil. Wird kein Arbeitsentgelt gezahlt, besteht dennoch Renten- und Arbeitslosenversicherungspflicht als Auszubildende.

Vorgeschriebene Praktika außerhalb des Studiums

Wird ein vorgeschriebenes Praktikum vor Beginn oder nach Abschluss des Studiums und damit außerhalb der Studienzeit ausgeübt (Vor- oder Nachpraktikum), ist es Teil der betrieblichen Ausbildung. Dann gilt die Sozialversicherung wie bei Auszubildenden.

Beispiel: Vorgeschriebenes Vorpraktikum

Eine Studentin aus Polen nimmt ab dem 1. Oktober 2025 ein in der Studienordnung ihrer polnischen Hochschule vorgeschriebenes Vorpraktikum in Deutschland ohne Arbeitsentgelt auf.

Die polnische Studentin ist als Auszubildende renten- und arbeitslosenversicherungspflichtig. Die Regelungen einer geringfügigen Beschäftigung bis zur Minijobgrenze von 556 Euro gelten auch hier nicht. Die Beitragsberechnung (Beitragsgruppe „0110“) erfolgt aus einem monatlichen fiktiven Arbeitsentgelt in Höhe von 1 Prozent der monatlichen Bezugsgröße (2025: 37,45 Euro). Die Beiträge zur Renten- und Arbeitslosenversicherung trägt der Arbeitgeber allein.

Beispiel: Vorgeschriebenes Nachpraktikum

Ein Student aus Frankreich nimmt ab dem 1. September 2025 ein in der Studienordnung seiner französischen Hochschule vorgeschriebenes Nachpraktikum in Deutschland mit einem monatlichen Arbeitsentgelt in Höhe von 500 Euro auf.

Der französische Student ist in allen Zweigen der Sozialversicherung versicherungspflichtig als Auszubildender, weil das vorgeschriebene Nachpraktikum Teil der betrieblichen Ausbildung ist. Die Regelungen einer geringfügig entlohnten Beschäftigung bis zur Minijobgrenze von 556 Euro gelten nicht. Die Sozialversicherungsbeiträge tragen der Arbeitgeber und der Student jeweils zur Hälfte, weil das monatliche Arbeitsentgelt die Grenze von 325 Euro (alleinige Beitragstragung durch den Arbeitgeber) übersteigt. Es gelten auch nicht die Regelungen des Übergangsbereichs.

Zwischenpraktika

Wird dagegen ein vorgeschriebenes Zwischenpraktikum in Deutschland ausgeübt, ist der oder die ausländische Studierende unabhängig von der Dauer des Praktikums und der Höhe der gezahlten Vergütung kranken-, pflege-, renten- und arbeitslosenversicherungsfrei.

Vorgeschriebene Zwischenpraktika während des Studiums

Wird ein vorgeschriebenes Praktikum während des Studiums ausgeübt (Zwischenpraktikum), ist die Praktikantin oder der Praktikant an der ausländischen Hochschule immatrikuliert. Dann handelt es sich nicht um eine Beschäftigung im sozialversicherungsrechtlichen Sinn, weil das Praktikum lediglich eine Verlagerung der Ausbildung von der ausländischen Hochschule in den Betrieb des deutschen Arbeitgebers ist. Die Regelungen der Geringfügigkeit gelten nicht.

Beispiel: Vorgeschriebenes Zwischenpraktikum

Eine Studentin aus den Niederlanden übt seit dem 1. August 2025 für vier Monate ein in der Studienordnung ihrer niederländischen Hochschule vorgeschriebenes Zwischenpraktikum in Deutschland mit einem monatlichen Arbeitsentgelt von 1.200 Euro aus.

Die niederländische Studentin ist kranken-, pflege-, renten- und arbeitslosenversicherungsfrei. Sie ist weiterhin bei ihrer niederländischen Krankenkasse krankenversichert (Wohnstaatsprinzip). Der Studienort in Deutschland ist lediglich ihr vorübergehender Aufenthaltsort.

Nicht vorgeschriebene Praktika

Üben Studierende ein nicht vorgeschriebenes Vor-, Zwischen- oder Nachpraktikum in Deutschland ohne Arbeitsentgelt aus, sind sie kranken-, pflege-, renten- und arbeitslosenversicherungsfrei.

Bei Zahlung eines Arbeitsentgelts besteht grundsätzlich Sozialversicherungspflicht als Arbeitnehmerin oder Arbeitnehmer. Wird aber ein monatliches Arbeitsentgelt bis zur Minijobgrenze von 556 Euro gezahlt, gelten die Regelungen für eine geringfügig entlohnte Beschäftigung.

Nicht vorgeschriebene Praktika

Ein nicht vorgeschriebenes Praktikum ist freiwillig und dient der persönlichen Weiterbildung oder Ergänzung des Studiums. Es besteht keine Verpflichtung zur Durchführung seitens der Studienordnung.

Es ist also nicht Teil der betrieblichen Ausbildung, daher gelten die sozialversicherungsrechtlichen Besonderheiten für Auszubildende nicht. Die ausländische Person kann das Praktikum auch als versicherungsfreie geringfügige Beschäftigung in Deutschland ausüben. Die Person gilt als Arbeitnehmerin beziehungsweise Arbeitnehmer.

Beim freiwilligen Zwischenpraktikum gibt es die Besonderheit, dass für die an der ausländischen Hochschule eingeschriebenen Studierenden unter bestimmten Voraussetzungen das Werkstudentenprivileg angewendet werden kann.

Beispiel: Freiwilliges Zwischenpraktikum als Minijob

Ein Student aus Spanien nimmt am 1. September 2025 ein in der Studienordnung seiner spanischen Hochschule nicht vorgeschriebenes Zwischenpraktikum in Deutschland mit einem monatlichen Arbeitsentgelt in Höhe von 556 Euro auf. Das Praktikum erfüllt die Voraussetzungen einer geringfügig entlohnten Beschäftigung.

Der spanische Student ist aufgrund seiner geringfügigen Beschäftigung kranken-, pflege- und arbeitslosenversicherungsfrei. In der Rentenversicherung besteht Versicherungspflicht, von der sich der Student befreien lassen kann. Lässt er sich befreien, gilt die Sonderregelung, dass vom Arbeitgeber keine Pauschalbeträge zur Rentenversicherung zu zahlen sind.

Hinweis: In diesem Fall kommt für den spanischen Studenten die Krankenversicherung der Studierenden in Betracht. Ist diese nicht möglich, kann er eine freiwillige Krankenversicherung in Deutschland abschließen.

Wird jedoch ein nicht vorgeschriebenes Zwischenpraktikum in Deutschland mit einem monatlichen Arbeitsentgelt über der Minijobgrenze von 556 Euro ausgeübt, besteht in allen Zweigen der Sozialversicherung Versicherungspflicht. Ausnahmen: Es wird eine versicherungsfreie kurzfristige Beschäftigung ausgeübt oder es greift das Werkstudentenprivileg. Das bedeutet Zeit und Arbeitskraft werden überwiegend durch das Studium in Anspruch genommen (Werkstudentenprivileg, 20-Stunden-Grenze in der Woche). Werkstudenten sind nur rentenversicherungspflichtig und ansonsten versicherungsfrei (Beitragsgruppe „0100“).

Beispiel: Freiwilliges Praktikum als Werkstudent

Eine Studentin aus Italien übt seit 1. Juli 2025 ein in der Studienordnung ihrer italienischen Hochschule nicht vorgeschriebenes fünfmonatiges Zwischenpraktikum in Deutschland mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 18 Stunden und einem monatlichen Arbeitsentgelt von 1.500 Euro aus.

Die italienische Studentin ist als Arbeitnehmerin grundsätzlich kranken-, pflege-, renten- und arbeitslosenversicherungspflichtig, es sei denn, sie übt eine versicherungsfreie kurzfristige oder geringfügig entlohnte Beschäftigung aus oder das Werkstudentenprivileg kann angewendet werden.

Das fünfmonatige Zwischenpraktikum ist von vornherein auf mehr als drei Monate oder insgesamt 70 Arbeitstage im Kalenderjahr begrenzt. Das monatliche Arbeitsentgelt übersteigt die Minijobgrenze von 556 Euro. Eine kurzfristige oder geringfügig entlohnte versicherungsfreie Beschäftigung liegt nicht vor.

Voraussetzung für das Werkstudentenprivileg ist, dass das Studium im Vordergrund steht, also Zeit und Arbeitskraft der Studentin überwiegend durch das Studium in Anspruch genommen werden. Davon ist immer dann auszugehen, wenn die Studentin während der Vorlesungszeit maximal 20 Stunden in der Woche arbeitet. Die Höhe des Arbeitsentgelts spielt dabei keine Rolle. Die italienische Studentin übt während des Studiums ihr Praktikum mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 18 Stunden aus. Das Werkstudentenprivileg ist anzuwenden, sodass die italienische Studentin kranken- pflege- und arbeitslosenversicherungsfrei und rentenversicherungspflichtig ist (Beitragsgruppe „0100“). Für den Rentenversicherungsbeitrag gelten die Regelungen des Übergangsbereichs.

Umlagen

Es besteht in allen Varianten des Praktikums Umlagepflicht zu den Umlagekassen U1 und U2 sowie auch die Insolvenzgeldumlagepflicht, wenn Arbeitsentgelt gezahlt wird. Die Beurteilung der Umlagepflicht ist also unabhängig davon, ob ein Praktikum vorgeschrieben ist oder nicht.

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Erstellt am: 14.08.2025

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