Expertenforum - Freizeitjahr / Zeitwertguthaben / Bedingungen SV

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  • 01
    Freizeitjahr / Zeitwertguthaben / Bedingungen SV

    Hallo Expertenteam,


    ein Mitarbeiter von uns möchte sich eine Auszeit nehmen und strebt ein Freizeitjahr (Sabbatical) an.

    Folgendes Modell ist im Gespräch:

    6 Monate arbeiten bei halben Lohn und 6 Monate Freizeit bei halben Lohn.


    Wie verhält sich das mit der Sozialversicherung? Muss hier in manchen Bereichen die SV aufgestockt werden oder werden die Beiträge normal vom tatsächlichen Entgelt gerechnet ?Ändert sich der Beitrags-/oder Personengruppenschlüssel und muss der Arbeitgeber Meldungen erstellen (DEÜV)?


    Ich danke für Ihre Mühe!

  • 02
    RE: Freizeitjahr / Zeitwertguthaben / Bedingungen SV

    Hallo JessicaH,

    § 7 Abs. 1a Sozialgesetzbuch (SGB) IV schreibt vor, dass eine Beschäftigung gegen Arbeitsentgelt unter bestimmten Voraussetzungen auch während Freistellungsphasen besteht.

    Hierzu bedarf es zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer einer Vereinbarung, nach der in der Arbeitsphase ein Wertguthaben gebildet wird, welches in der Freizeitphase fällig ist (Wertguthabenvereinbarung § 7b SGB IV). Damit werden im Rahmen von sogenannten flexiblen Arbeitszeitregelungen u.a. Unterbrechungen im Arbeitsleben (z.B. durch ein „Sabbatical“ größer 3 Monate) sozialversicherungsrechtlich abgesichert.

    Eine Wertguthabenvereinbarung liegt u.a. vor,

    – wenn der Aufbau eines Wertguthabens schriftlich vereinbart wurde,
    – die Vereinbarung nicht lediglich das Ziel der flexiblen Gestaltung der werktäglichen
    oder wöchentlichen Arbeitszeit oder den Ausgleich betrieblicher Produktions- und
    Arbeitszeitzyklen verfolgt,
    – Arbeitsentgelt ins Wertguthaben eingebracht wird, um es für Zeiten der Freistellung
    von der Arbeitsleistung oder der Verringerung der Arbeitszeit zu entnehmen,
    – das aus dem Wertguthaben fällige Arbeitsentgelt mit einer vor oder nach der
    Freistellung von der Arbeitsleistung oder der Verringerung der Arbeitszeit
    erbrachten Arbeitsleistung erzielt wird.
    Um den Schutz der Wertguthaben zu gewährleisten, ist eine spezielle Insolvenzsicherung verbindlich vorgeschrieben.
     
    Eine Wertguthabenvereinbarung hat u.a. Regelungen über die Angemessenheit der Höhe des während der Freistellung fälligen Arbeitsentgelts zu beinhalten. Das monatliche Arbeitsentgelt darf in der Freistellungsphase nicht unangemessen von dem Arbeitsentgelt der der Freistellungsphase vorangegangenen zwölf Kalendermonate, in denen Arbeitsentgelt bezogen wurde, abweichen (§ 7 Abs. 1a Satz 1 Nr. 2 SGB IV). Das bedeutet u.a., dass das Arbeitsentgelt in der Freistellungsphase das vorherige Arbeitsentgelt nicht unangemessen übersteigen darf.
    Ist die Angemessenheit des Arbeitsentgelts nicht gegeben, fehlt es an den unabdingbaren Voraussetzungen der Beschäftigungsfiktion nach § 7 Abs. 1a SGB IV.

    Das Arbeitsentgelt während der Freistellungsphase gilt dann noch als angemessen, wenn es im Monat mindestens 70 % und maximal 130 % des durchschnittlich gezahlten Arbeitsentgelts der unmittelbar vorangegangenen zwölf Kalendermonate der Arbeitsphase beträgt.
    Regelmäßig gezahlte Einmalzahlungen sind bei der Feststellung eines angemessenen Arbeitsentgelts zu berücksichtigen, wenn sie auch in den letzten zwölf Monaten vor der Freistellungsphase gezahlt wurden.

    Dies gilt nicht, soweit Einmalzahlungen, die der Arbeitnehmer in den letzten zwölf Kalender-monaten vor der Freistellungsphase erhielt, auch in der Freistellungsphase gezahlt werden. In diesem Fall sind diese Einmalzahlungen bei der Berechnung eines für die versicherte Freistellungsphase angemessenen (Mindest-)Arbeitsentgelts nicht zu berücksichtigen. Sind von Beginn an die Voraussetzungen für eine sozialversicherungsrechtlich geschützte flexible Arbeitszeitregelung erfüllt, ergeben sich weder Änderungen im Meldewesen nach den Regelungen der DEÜV noch sind zusätzliche Aufstockungen in einzelnen Soziallversicherungszweigen durchzuführen.

    Sofern dagegen von Beginn an die Voraussetzungen für eine sozialversicherungsrechtlich geschützte flexible Arbeitszeitregelung nicht erfüllt sind(z.B. fehlende Schriftform oder unangemessene Höhe des Arbeitsentgelts), liegt keine flexible Arbeitszeitregelung vor.
    In einem solchem Fall endet sozialversicherungsrechtlich das Beschäftigungsverhältnis einen Monat nach Beginn der Freistellung.

    Eine Beschäftigung besteht auch in Zeiten der Freistellung (z.B. aufgrund eines Jahresarbeitszeitkontos) von der Arbeitsleistung von mehr als einem Monat, wenn während einer bis zu dreimonatigen Freistellung Arbeitsentgelt aus einer Vereinbarung zur flexiblen Gestaltung der werktäglichen oder wöchentlichen Arbeitszeit oder dem Ausgleich betrieblicher Produktions- und Arbeitszeitzyklen fällig ist.

    Die versicherungspflichtige Beschäftigung nach § 7 Abs. 1 SGB IV endet in der Freistellung nach Ablauf von drei Monaten.

    Mit freundlichen Grüßen

    Ihr Expertenteam
     

  • 03
    RE: Freizeitjahr / Zeitwertguthaben / Bedingungen SV

    Hallo Expertenteam,


    danke für die schnelle Rückmeldung.


    Um das Thema vollständig abschließen zu können, benötige ich noch ein paar letzte Einschätzungen von Ihnen.


    Verstehe ich das richtig, dass wir dann als Arbeitgeber die 50/50 Regelung NICHT anwenden dürfen, um sozialversicherungsrechtlich abgesichert zu sein? In den 6 Monaten der Arbeitsphase zahlen wir monatlich 50% vom Bruttogehalt und müssen dann in der Freistellungsphase auf mindestens 70% des ursprünglichen Brutto´s erhöhen? Somit steuert der Arbeitgeber mindestens 20% vom ursprünglichen Brutto bei. Sollte das vom Arbeitgeber nicht gewünscht werden, kann dann die Freistellungsphase verkürzt werden?


    Was drohen uns für Konsequenzen, wenn wir dann trotzdem die 50/50-Regelung anwenden (wenn AG und AN das einvernehmlich beschließen)? Verliert der Arbeitnehmer dann in der Freistellungsphase den Versicherungsschutz?


    Wenn wir das Arbeitsentgelt der unmittelbar vorangegangenen zwölf Kalendermonate berechnen, werden in diesem Fall auch Ausbildungszeiten mitgerechnet, da der AN erst seit letztem Jahr Juli ein Angestellter ist? Das ist sicherlich nicht als Grundlage der Berechnung gewollt, richtig?


    Ich danke für Ihre Mühe!

     

  • 04
    RE: Freizeitjahr / Zeitwertguthaben / Bedingungen SV

    Hallo JessicaH,

    bei der Beantwortung Ihres Fragekomplexes möchten wir zunächst darüber informieren, dass bei Implementierung einer Wertguthabenvereinbarung neben den sozialversicherungsrechtlichen Aspekten auch arbeitsrechtliche Regelungen (Tarifvertrag, Betriebsvereinbarung etc.) berührt werden, zu denen wir im Rahmen dieses (sozialversicherungsrechtlichen) Forums keine Aussage treffen können.

    Daher bitten wir um Verständnis,  dass wir nur auf die sozialversicherungsrechtlichen Aspekte Ihrer Fragen eingehen können.

    Wie wir Ihnen bereits mitgeteilt haben, darf das monatliche Arbeitsentgelt in der Freistellungsphase nicht unangemessen von dem Arbeitsentgelt der der Freistellungsphase vorangegangenen zwölf Kalendermonate mit Arbeitsleistung abweichen. Dabei kann der Arbeitnehmer die Höhe des aus dem Wertguthaben auszuzahlenden Arbeitsentgelts im Rahmen von „Angemessenheitsgrenzen“ frei bestimmen. Als angemessen gilt ein Arbeitsentgelt in Höhe von mindestens 70 und maximal 130 Prozent des durchschnittlichen Arbeitsentgelts der vorangegangenen zwölf Monate vor der Freistellungsphase. Dabei ist darauf zu achten, dass das Arbeitsentgelt während der Freistellung die aktuelle Geringfügigkeitsgrenze (2024: 538,00 €) nicht unterschreiten darf. Mit dieser Regelung soll nach Intention des Gesetzgebers erreicht werden, dass zum einen der bisherige Lebensstandard auch in der Freistellungsphase in etwa gewahrt bleibt, zum anderen soll verhindert werden, dass der Sozialversicherungsschutz mit Minimalbeiträgen begründet werden kann.

    Bei einer geplanten Aufteilung von „50 zu 50“ wären die Voraussetzungen einer solchen  Regelung nicht gegeben, so dass ggf. eine Aufstockung (durch den Arbeitgeber) um 20 % zur Einhaltung der Mindestbemessung des Arbeitsentgeltes oder eine Verkürzung der Freistellungsphase nach unserem Verständnis ein Lösungsansatz sein könnte.  

    Sofern die Voraussetzungen der Angemessenheit des Arbeitsentgeltes nicht erfüllt sind, liegt keine flexible Arbeitszeitregelung vor, so dass - sozialversicherungsrechtlich - das Beschäftigungsverhältnis einen Monat nach Beginn der Freistellung zu beenden ist.
    Zu Ihrer Fragestellung der Einbeziehung von Ausbildungszeiten gibt es von Seiten der Spitzenverbände der Sozialversicherung keine Aussage zu diesem Thema.

    Daher empfehlen wir Ihnen, im Zweifelsfall eine sozialversicherungsrechtliche Beurteilung bei der zuständigen Krankenkasse anzufordern.
     
    Weitere Informationen mit Beispielen finden Sie im gemeinsamen Rundschreiben der Spitzenverbände der Sozialversicherung über die „Sozialrechtliche Absicherung flexibler Arbeitszeitregelungen“ vom 31. März 2009.
     
    Mit freundlichen Grüßen
     
    Ihr Expertenteam    
     
     

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