Überblick: Suchtprävention bei der Arbeit

Der häufigste Suchtmittelmissbrauch bei der Arbeit geht auf Nikotin und Alkohol zurück. Doch auch illegale Drogen und Medikamentenmissbrauch kommen vor. Suchtmittelkonsum ist für die Betriebssicherheit, insbesondere an Arbeitsplätzen mit hohem Unfallrisiko und einer hohen Verantwortung, ein schwerwiegendes Problem.

Risikofaktor illegale Drogen bei der Arbeit

Die Einnahme von illegalen Drogen wie Kokain, Ecstasy oder Crystal Meth kann bereits in geringen Mengen zur Verminderung der Arbeitsfähigkeit und zu einem erheblichen Sicherheitsrisiko führen.  

Da es kein absolutes gesetzliches Drogenverbot am Arbeitsplatz gibt, ist es Aufgabe der Arbeitgeber, innerbetriebliche Regelungen, beispielsweise durch das Aufstellen eines absoluten Drogenverbotes, vorzunehmen.

Legale Drogen bei der Arbeit

Weitaus häufiger als der Konsum illegaler Drogen ist der Konsum von legalen Drogen am Arbeitsplatz oder in der Freizeit mit Nachwirkungen auf die Arbeitszeit:

  • Alkohol: Wer bei der Arbeit Alkohol trinkt oder sie mit Restalkohol vom Vorabend antritt, erhöht das Unfallrisiko für sich und die Mitarbeitenden enorm. Passiert ein Unfall, prüfen Versicherungen im Detail, ob er als Arbeitsunfall gilt. Wenn nicht, haftet der Betrieb.
  • Nikotin: Etwa 8,5 Millionen Nichtraucher sind Passivrauch am Arbeitsplatz ausgesetzt. Da nicht nur Rauchende selbst von den negativen Folgen des Tabakkonsums betroffen sein können, ist der Schutz vor den gesundheitlichen Belastungen durch Passivrauchen ein wichtiger Baustein betrieblicher Präventionsmaßnahmen. Durch Passivrauchen können die gleichen Erkrankungen wie durch aktives Rauchen verursacht werden. Die Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV) verpflichtet den Arbeitgeber deshalb dazu, Beschäftigte vor den Gefahren des Passivrauchens zu schützen.
  • Medikamente: Laut Schätzungen sind rund 1,5 bis 1,9 Millionen Menschen in Deutschland abhängig von Medikamenten. Die oft lange unbemerkte, „stille Sucht“ macht auch vor der Arbeitswelt nicht halt und zieht sich durch alle Branchen, Altersklassen und Hierarchien. Vor allem sind Frauen betroffen. Frauen erhalten insbesondere ab dem 45. Lebensjahr häufiger und mehr Psychopharmaka als Männer. Auch wenn solche Mittel vorübergehend die erhoffte Wirkung erzielen mögen, bringt die regelmäßige Einnahme unerwünschte und erhebliche Nebenwirkungen mit sich – vor allem Schlaf- und Beruhigungsmittel machen chronisch müde und verringern die Konzentrationsfähigkeit.

Cannabiskonsum: Teillegalisierung seit 1. April 2024

Mit der Teillegalisierung von Cannabis sind Anbau und Besitz der Droge jetzt mit Einschränkungen erlaubt. Für Arbeitgeber bringt diese Veränderung besondere Herausforderungen mit sich, denn: Mitarbeitende dürfen nicht unter dem Einfluss von Cannabis stehen, wenn sie zur Arbeit kommen, oder sogar während der Arbeitszeit Cannabis konsumieren. Das gilt allem voran für Bereiche, in denen Sicherheit und Konzentration von entscheidender Bedeutung sind, zum Beispiel im Bauwesen, in der Gesundheits- oder Transportbranche.

Neben vorhandenen Angeboten zur Suchtprävention können weitere Maßnahmen sinnvoll sein:

  • Schulungsprogramme, die über die Auswirkungen von Cannabis auf die kognitive Funktion, Reaktionszeiten und das Risiko von Arbeitsunfällen informieren.
  • Eine Überarbeitung der betriebsinternen Drogenrichtlinien, mit der klaren Botschaft, dass der Konsum von Cannabis am Arbeitsplatz nicht toleriert wird und Verstöße gegen entsprechende Unternehmensrichtlinien disziplinarische Maßnahmen nach sich ziehen.

Stichwort Arbeitssucht

Bei immer mehr Menschen verschwimmen die Grenzen zwischen Arbeit und Freizeit. Manche bleiben bis in die Abendstunden im Büro oder nehmen sich Arbeit mit nach Hause. Selbst in der Freizeit kreisen die Gedanken um Projekte, Probleme und deren Lösungsansätze. Viele Berufstätige entwickeln allerdings auch einen übersteigerten Arbeitseifer und suchen Bestätigung verstärkt in ihrer beruflichen Beschäftigung. Daraus kann Arbeitssucht entstehen.

Als Arbeitgeber Suchterkrankungen entgegenwirken

Führungskräfte mit Personalverantwortung nehmen eine Schlüsselrolle bei der betrieblichen Suchtprävention ein. Gerade ein sensibles Wahrnehmen von Warnsignalen (Geruch nach Alkohol, Wesensveränderungen, Nachlässigkeiten) und ein frühzeitiges, klärendes Gespräch sind Bestandteile gesunder Führung.

Doch die Praxis zeigt: Noch immer ignorieren viele Vorgesetzte viel zu lange offensichtliche suchtbedingte Probleme ihrer Mitarbeitenden, meist, weil sie nicht geschult sind, rechtzeitig und angemessen zu reagieren. Manchmal scheuen sich Führungskräfte, Beschäftigte mit ihrer Sucht zu konfrontieren. Oder sie fürchten das Aufkommen eines Konflikts.

Die Hoffnung, das Problem werde sich schon von allein lösen, erfüllt sich meistens nicht. Vorgesetzte müssen wissen, dass sie Abhängige nicht therapieren können. Doch sie können dabei motivieren und dabei unterstützen, frühzeitig professionelle Hilfe zu finden und in Anspruch zu nehmen.

Den Dialog suchen

Suchtgefährdete Mitarbeitende sollten möglichst frühzeitig auf offenkundige Verhaltensänderungen angesprochen werden.

Nach Erfahrungen von Fachleuten der Deutschen Hauptstelle für Suchtfragen (DHS) hat es sich bewährt, wenn Führungskräfte betroffene Mitarbeitende zunächst mit ihren eigenen Wahrnehmungen konfrontieren – also zum Beispiel mit der Aussage: „Mir ist aufgefallen, dass Sie in letzter Zeit häufig zu spät kommen und viele Flüchtigkeitsfehler machen.“ Ein Satz wie „Ich glaube, Sie sind alkoholkrank“ sollte hingegen unbedingt vermieden werden. Denn für eine Diagnose sind Vorgesetzte nicht zuständig.

Empfehlenswert ist, am Ende eines ersten Gesprächs auf konkrete Unterstützungsangebote hinzuweisen – zum Beispiel auf örtliche Suchtberatungsstellen, die beim Weg aus der Abhängigkeit helfen.

Vereinbarungen treffen

Nachdem Vorgesetzte die beobachteten Auffälligkeiten und deren Auswirkungen auf die Arbeitsleistung geschildert haben, sollte er oder sie klare Erwartungen und angemessene Konsequenzen gegenüber Beschäftigten formulieren.

In weiteren Gesprächen kann auch eine Abmahnung verdeutlichen, dass das Unternehmen bereit ist, Konsequenzen zu ziehen, wenn keine Bereitschaft zu einer Änderung erkennbar wird.

Für alle Beteiligten – Vorgesetzte, Team und Betroffene selbst – ist es sinnvoll, ein betriebliches Hilfsprogramm in Form einer Betriebsvereinbarung aufzustellen, die ein systematisches, stufenweises Vorgehen im Fall von Alkohol-, Drogen- und Medikamentenmissbrauch regelt.

Schulungen und externe Unterstützung nutzen

In Schulungen können Führungskräfte und Teamkollegen lernen, suchtbedingte Veränderungen bei Mitarbeitenden frühzeitig wahrzunehmen und wie Gespräche mit den Betroffenen zielgerichtet und motivierend geführt werden. Folgende Aspekte sind für Mitarbeitende wichtig:

  • Bieten Sie Unterstützung an, um Veränderung der Situation herbeizuführen, gegebenenfalls mithilfe weiterer Personen
  • Schlagen Sie konkrete interne oder externe Beratungsangebote vor
  • Formulieren Sie Erwartungen an zukünftiges Verhalten und Vereinbarungen, indem Sie Ihre Erwartungen an künftiges Arbeits- und Sozialverhalten konkret äußern
  • Verdeutlichen Sie die Konsequenzen, wenn keine Änderung erfolgt
  • Betonen Sie die Auswirkungen des Fehlverhaltens auf Unternehmensinteressen

Die AOK bietet bewährte betriebliche Hilfs- und Unterstützungsprogramme im Rahmen des Betrieblichen Gesundheitsmanagements (BGM) und der Betrieblichen Gesundheitsförderung (BGF). Im Mittelpunkt steht zum einen die verhaltensorientierte Suchtprävention mit folgenden Zielen:

  • Erweiterung der Gesundheitskompetenz
  • Stressbewältigung und -management
  • Konfliktmanagement
  • Förderung von Fitness und Bewegung (Gesundheitscoaching, -checks).

Zum anderen sollte es Ziel der verhältnisorientierten Suchtprävention sein, das Klima des persönlichen Umgangs im Betrieb zu verbessern und eine suchtabweisende Unternehmenskultur aufzubauen.

Praxishilfe der DHS

Die Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen (DHS) hat für Personalverantwortliche eine umfangreiche Materialsammlung zum Thema Sucht zusammengestellt. Sie finden dort:

  • Hintergrundinformationen
  • Merkmale zum frühzeitigen Erkennen einer Sucht bei Mitarbeitenden 
  • Stufenweise aufgebaute Gesprächs- und Interventionsleitfäden
  • Präventionsempfehlungen.

Die DHS hat eine Praxishilfe mit dem Titel „Suchtprobleme am Arbeitsplatz – eine Praxishilfe für Personalverantwortliche“ herausgegeben.

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Stand

Zuletzt aktualisiert: 26.04.2024

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