Arbeitgeber müssen Arbeitszeit umfassend dokumentieren
Arbeitgeber sind verpflichtet, die gesamte Arbeitszeit ihrer Beschäftigten systematisch zu erfassen. Die Verpflichtung zur Arbeitszeiterfassung ergibt sich aus dem Urteil des EuGH. Dieses verpflichtet alle Mitgliedsstaaten zur Einführung eines objektiven, verlässlichen und zugänglichen Systems zur Dokumentation der täglichen Arbeitszeit. Das BAG hat in einem Urteil diese europarechtliche Vorgabe im Jahr 2022 in nationales Recht übertragen. Demnach besteht bereits heute eine Pflicht zur Arbeitszeiterfassung gemäß Arbeitsschutzgesetz.
Eine Überarbeitung des Arbeitszeitgesetzes steht auf dem Programm der Bundesregierung. Nach dem Koalitionsvertrag soll darin die Erfassung der Arbeitszeit als elektronische Aufzeichnungspflicht unbürokratisch ausgestaltet werden. Vertrauensarbeitszeit soll weiterhin zulässig bleiben.
Auswirkungen auf die betriebliche Praxis
Die Pflicht zur Arbeitszeiterfassung bedeutet für Arbeitgeber:
- Einführung oder Prüfung eines Zeiterfassungssystems, das Beginn, Ende und Dauer der täglichen Arbeitszeit dokumentiert, einschließlich Überstunden.
- Vertrauensarbeitszeit ist weiterhin möglich, aber auch hier ist eine systematische Zeiterfassung erforderlich.
- Die Form der Erfassung (elektronisch, per App oder handschriftlich) ist nicht gesetzlich vorgeschrieben. Sie muss jedoch objektiv, verlässlich und für die Beschäftigten zugänglich sein.
Arbeitgeber sind verpflichtet, technische Lösungen zu finden, die für alle Beschäftigtengruppen praktikabel sind. Besondere Herausforderungen ergeben sich bei mobilen Arbeitsformen wie Homeoffice oder Schichtarbeit. Die Vorgaben des Arbeitszeitgesetzes gelten unabhängig vom Arbeitsort.
Das bedeutet, dass die Festlegungen zur täglichen Höchstarbeitszeit und zu Ruhezeiten bereits heute auch bei mobiler Arbeit eingehalten werden müssen. Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) plant einen neuen Rechtsrahmen für mobiles Arbeiten, der allerdings noch auf sich warten lässt.
Kontrolle durch die Aufsichtsbehörden
Bereits jetzt kontrollieren Gewerbeaufsichtsämter in mehreren Bundesländern die Umsetzung der Arbeitszeiterfassungspflicht. Bei unzureichender Dokumentation drohen aufsichtsrechtliche Maßnahmen. Derzeit ist ein Verstoß gegen die Pflicht zur Arbeitszeiterfassung noch nicht bußgeldbewehrt.
Arbeitgeber, die bereits heute ein transparentes und zugängliches Zeiterfassungssystem nutzen, sind gut vorbereitet. Alle anderen sollten möglichst bald die Arbeitszeiterfassung an die Anforderungen zur Dokumentation anpassen.
Tipps zur praktischen Umsetzung:
- Systeme anpassen: Bestehende Zeiterfassungssysteme auf Aktualität prüfen.
- Beschäftigte einbinden: Eine Delegation der Dokumentationspflicht auf die Beschäftigten ist zulässig. Die Verantwortung bleibt aber beim Arbeitgeber.
- Organisationsprozesse optimieren: Klare Regelungen zur Zeiterfassung in Arbeitsverträgen und betrieblichen Richtlinien verankern.
- Mitbestimmung beachten: Den Betriebsrat frühzeitig über Art und Umfang der Zeiterfassung informieren.
Vertrauensarbeitszeit bleibt zulässig: mit Dokumentation
Die Vertrauensarbeitszeit kann auch künftig vereinbart werden. Arbeitgeber dürfen weiterhin darauf vertrauen, dass die vertraglich vereinbarte Arbeitszeit eingehalten wird. Trotzdem muss Beginn, Ende und Dauer der täglichen Arbeitszeit dokumentiert werden, auch im Homeoffice oder bei mobiler Arbeit.




