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Gesundheitsmagazin

Stoffwechsel

Leptin und Ghrelin – darum bekommen wir Hunger und Appetit

Veröffentlicht am:16.09.2022

5 Minuten Lesedauer

Die beiden Hormone Leptin und Ghrelin sind wichtig für unseren Stoffwechsel. Sie sind maßgeblich daran beteiligt, ob wir uns hungrig oder satt fühlen. Doch wie funktioniert das?

Eine junge blonde Frau hält einen fetten Burger in den Händen und beißt hinein.

© iStock / LordHenriVoton

Leptin und Ghrelin: Hunger entsteht im Kopf

Das Gefühl, satt zu sein oder Hunger zu haben, kommt zwar aus dem Magen, doch die eigentliche Information darüber entsteht im Hypothalamus, einem Bereich in unserem Gehirn. Er ist eine wichtige Schaltzentrale und koordiniert auch die Atmung oder den Blutdruck. Hier befinden sich Nervenzellen, die die hormonellen Signale aus dem Magen empfangen:

  • Sättigungssignale, die zum Beispiel von Hormonen wie dem Leptin übermittelt werden,
  • und Energiemangelsignale – diese vermittelt das Hormon Ghrelin.

Über diese Signale wird unser Hunger gesteuert.

Das Regulationssystem für die Nahrungsaufnahme unseres Körpers ist komplex. Es kommen viele Botschaften im Gehirn an, die das Hunger- und Sättigungsempfinden, aber auch den Appetit regulieren. Ghrelin und Leptin sind nur zwei Bausteine: Knapp 30 unterschiedliche chemische Verbindungen und Botenstoffe sind insgesamt beteiligt. So übermitteln Aminosäuren, Glukose oder Fettsäuren Informationen zur Sättigung an Rezeptoren im Magen-Darm-Trakt. Diese Informationen werden ans Gehirn weitergeleitet. Andere Rezeptoren, die in der Magenwand sitzen, melden, dass der Magen gefüllt ist. Außerdem gibt es mehrere appetitregulierende Hormone – aber nur eines, das Hunger auslöst: Ghrelin. Alle anderen haben eine appetithemmende Funktion, wobei Leptin die wichtigste Rolle spielt. Deswegen wird Leptin auch als „Sättigungshormon“ bezeichnet und Ghrelin oft als „Hungerhormon“. Das Verhältnis von Ghrelin und Leptin ist mitentscheidend dafür, dass der Energiehaushalt ausgeglichen ist.

Hungerhormon Ghrelin

Ghrelin und Leptin werden erst seit kurzer Zeit erforscht: Leptin wurde das erste Mal 1994 wissenschaftlich beschrieben und Ghrelin 2000. Wenn es ums Abnehmen geht, werden Leptin und Ghrelin vereinfachend oft als „gut“ und „böse“ gegenübergestellt. Das wird dem Ghrelin schon insofern nicht gerecht, als es sich unter anderem positiv auf den Herzmuskel oder die Knochenbildung auswirkt.

Ghrelin wird überwiegend in der Magenschleimhaut produziert. Wurde über einen längeren Zeitraum keine Nahrung zugeführt, signalisiert Ghrelin dem Gehirn, dass es wieder Zeit zum Essen ist. Auch Sinneseindrücke wie der Geruch oder der Anblick von Speisen können zu einer vermehrten Ausschüttung von Ghrelin führen. Vor den Mahlzeiten steigt der Ghrelin-Spiegel und nimmt mit dem Essen ab. Deshalb ist er nach dem Nachtschlaf besonders hoch, wenn wir lange nichts gegessen haben. Außerdem hemmt Ghrelin die Fettverbrennung und vergrößert darüber die Fettspeicher. Es sorgt dafür, dass der Körper genug Energie erhält und ausreichend Reserven im Körper angelegt werden.

Unangenehm nach einer Diät ist, dass nach der Gewichtsreduktion der Ghrelin-Spiegel ansteigt – ganz so, als ob das Hormon den Gewichtsverlust wieder ausgleichen wolle. Häufige Diäten können zu permanent hohen Ghrelin-Spiegeln führen. Ghrelin ist mitverantwortlich für den sogenannten Jo-Jo-Effekt nach Diäten.

Sättigungshormon Leptin

Leptin wird hauptsächlich im Fettgewebe produziert. Der Leptin-Spiegel wird nicht primär durch die Mahlzeiten reguliert, sondern vor allem durch die Fettmasse im Körper. Je mehr Fettgewebe, desto mehr Leptin wird in das Blut abgegeben, um die Nahrungsaufnahme zu begrenzen.

Diese Appetitregulierung funktioniert aber angesichts heutiger Essgewohnheiten nicht mehr so wie früher. Heutzutage haben viele Lebensmittel einen hohen Zucker- und Fettgehalt. Sie sind dadurch außerordentlich energiereich, woran sich das Informationssystem unseres Körpers nicht angepasst hat. Bei Nahrungsknappheit ist es vorteilhaft, viel energiereiche Kost zu konsumieren – das ist bei uns heute nicht mehr so.

Bei einer Leptin-Resistenz können im Hypothalamus die Sättigungssignale des Leptins nicht richtig interpretiert werden. Eine Leptin-Resistenz begünstigt Adipositas, also krankhaftes Übergewicht: Trotz ausreichender Nahrungszufuhr verspüren Betroffene weiter ein Hungergefühl und nehmen mehr Nahrung zu sich, als für einen ausgeglichenen Energiehaushalt nötig ist.

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Manche Menschen mit Adipositas haben also nicht zu wenig Leptin im Körper, sondern es löst nicht den gewünschten Effekt aus. Nur in sehr seltenen Fällen liegt wegen eines Gendefekts ein Leptin-Mangel vor, der das Übergewicht bedingt. Dieser Mangel kann durch die Gabe von Leptin behandelt werden.

Ein Mann sitzt auf dem Sofa und greift zu einer Schale Chips.

© iStock / shironosov

Snacks wie Chips oder Salzstangen sollten nur in Maßen verzehrt werden, da sie sehr fettig sind.

Signale aus dem Darm

Sekretin

Noch ein weiteres Hormon spielt in die Steuerung von Hunger und Sättigung hinein: das Sekretin, das im Zwölffingerdarm gebildet wird. Sekretin regt beim Essen die Produktion von Verdauungssäften an. Im sogenannten braunen Fettgewebe – ein besonderes Fettgewebe, dessen Zellen Wärme produzieren können – erhöht Sekretin außerdem den Energieverbrauch. Die Botschaften, die über das Sekretin im Hypothalamus ankommen, verbessern das Sättigungsgefühl und vermindern den Appetit. Die Forschungen sind noch jung, aber auch hier könnte eine Möglichkeit liegen, den menschlichen Energiehaushalt zu beeinflussen.

Mikroorganismen im Darm

Zu den Mikroorganismen, die im Menschen leben und auch Mikrobiota genannt werden, zählen Bakterien und Pilze. Mikrobiota im Darm beeinflussen ebenfalls unseren Appetit. Studien mit Nagetieren haben gezeigt, dass Darmbakterien über Signale an das Gehirn die Sättigung beeinflussen. Außerdem regen mikrobiotische Stoffwechselprodukte die Leptin-Produktion an. Andere Tierstudien haben zudem Erkenntnisse über ein Bakterium namens Escherichia coli erbracht. Es produziert, wenn Nahrung im Darm ankommt, Eiweiße, die den Appetit zügeln.

Kann der Leptin-Ghrelin-Haushalt beeinflusst werden?

Leptin erhöhen oder Ghrelin senken – geht das? Hier könnte eine bequeme Möglichkeit liegen, um unser Körpergewicht zu reduzieren. Allerdings sind nicht alle Fälle von Übergewicht oder Adipositas hormonell bedingt, weshalb die Beeinflussung des körperlichen Hormonhaushaltes oft nicht sinnvoll ist. Das zeigt gerade das Beispiel der Leptin-Resistenz: Hier nützt die Einnahme des Hormons überhaupt nichts.

Also besser beim Hungerhormon Ghrelin ansetzen, mit so etwas wie einem Ghrelin-Blocker? Einem Medikament, dass einerseits die Hunger hervorrufende Wirkung des Ghrelins einschränkt und auch die Energieverwertung anregt, um darüber das Körperfett zu reduzieren? Tatsächlich wird an solchen Arzneimitteln geforscht. Und in den USA ist seit November 2021 ein Präparat zugelassen, das zwar nicht das Ghrelin blockiert, aber die Rezeptoren im Hypothalamus beeinflusst und die Sättigungssignale des Leptins verstärkt. Allerdings ist dieses Medikament nicht frei von Nebenwirkungen.

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Vor pharmazeutischen Lösungen sollte immer der Versuch stehen, sein Körpergewicht durch ausgewogene Ernährung oder ein Mehr an körperlicher Aktivität zu verringern. Das kann nicht nur zu einem verbesserten Gleichgewicht von Hunger- und Sättigungsgefühl und zu einer Gewichtsabnahme führen, sondern auch die allgemeine Gesundheit und das Wohlbefinden positiv beeinflussen. Bei sehr starkem Übergewicht oder wenn sich partout kein Erfolg einstellen will, kann eine ärztliche Beratung und Untersuchung Aufschlüsse liefern, ob auch andere Maßnahmen ergriffen werden sollten.

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