Expertenforum - zu wenig Lohnsteuer abgeführt

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  • 01
    zu wenig Lohnsteuer abgeführt

    Liebes Expertenteam,

    wir haben eine Mitarbeiterin, die seit 2021 bei uns beschäftigt ist. Sie hat Steuerklasse 1. Für 2020 und 2021 hat sie freiwillig Steuererklärungen eingereicht. Daraufhin verlangte das Finanzamt von ihr, dass sie auch für die Jahre 2022 und 2023 Steuererklärungen abgibt. Sie wollte das klären, erreichte aber zunächst niemanden beim Finanzamt. Umso erstaunter war sie jetzt, dass sie mit Bescheid vom 30.09., aufgrund einer Schätzung, für 2022 101 Euro an Einkommensteuer sowie einen Verspätungszuschlag von 300 Euro zahlen soll. Sie fragte beim Finanzamt nach und erhielt die Auskunft, der Arbeitgeber habe für 2022 und 2023 zu wenig Lohnsteuer abgeführt. Unsere Mitarbeiterin solle nun bis Ende des Monats die Steuererklärungen für 2022 und 2023 einreichen und seitens des Arbeitgebers sollen die Lohnsteuerabführungen wenn möglich noch dieses Jahr angepasst werden. Unser Steuerbüro kann sich nicht erklären, warum zu wenig Lohnsteuer abgeführt worden sein sollte. Was definitiv falsch gelaufen ist: unser Steuerbüro hat die Mitarbeiterin fälschlicherweise mit dem BGRS 1112 abgerechnet, richtig wäre BGRS 1111 gewesen. Dies ist erst im Juli 2023 aufgefallen. Mit der Juli-Abrechnung wurden die Monate Februar bis Juni 2023 nachberechnet. Etwas anderes hat unser Steuerbüro nicht in die Wege geleitet - keine Nachmeldung für die Jahre 2021, 2022 und Januar 2023. Liegt hier der Fehler? Soll unsere Mitarbeiterin Einspruch gegen den Bescheid, der nach § 165 I 2 AO teilweise vorläufig ergangen ist und unter dem Vorbehalt der Nachprüfung steht, einlegen? Oder was wäre jetzt richtigerweise zu tun?

    Danke für Ihre Hilfe.

  • 02
    RE: zu wenig Lohnsteuer abgeführt

    Sehr geehrter Fragesteller,


    zunächst zur Verpflichtung, eine Steuererklärung abzugeben: Für bestimmte Einkunftsarten gilt die Erklärungspflicht bereits von Gesetzes wegen. Darüber hinaus kann die Finanzbehörde aber jederzeit auch in anderen Fällen (z.B auch, wenn nur Einkünfte aus nicht selbstständiger Arbeit erzielt werden, die bereits lohnbesteuert sind) eine Steuererklärung verlangen. (Diese Anforderung muss nicht begründet werden.) Damit besteht dann die Pflicht zur Steuererklärung gemäß § 149 Abs. 1 Satz 2 AO. Nach Ablauf der gesetzten Fristen kann die Finanzbehörde die Besteuerungsgrundlagen auch schätzen (§ 162 AO). Davon unberührt bleibt die Möglichkeit, nach Erhalt eines Einkommensteuerbescheides auf Schätzungs-Grundlage Einspruch einzulegen und die eigene Steuererklärung nachzureichen.


    Zur Abweichung zwischen Lohn- und Einkommensteuer: Der fehlerhafte Beitragsgruppenschlüssel kann bereits zu einem falschen (eventuell zu niedrigen) Lohnsteuerabzug geführt haben, wenn in der verwendeten Software daraus lohnsteuerlich relevante Abzugsbeträge abgeleitet werden.


    Effektive Mehrbelastungen für die einkommensteuerpflichtige Arbeitnehmerin ergeben sich "nur" aus der verspäteten bzw. versäumten Abgabe der Einkommensteuererklärung (Verspätungszuschläge). Die Abweichungen zwischen Lohnsteuer und Einkommensteuer wirken sich nicht als Mehrbelastung aus, weil im Rahmen der Einkommensteuererklärung jeweils die "endgültig richtige" Steuer ermittelt und festgesetzt wird, die Lohnsteuer "nur" als (sei es auch recht detaillierte) pauschale Vorab-Besteuerung zu verstehen ist. (Wenn außer den lohnsteuerpflichtigen Einkünften keine anderen Einkünfte erzielt werden, entscheidet häufig die/der steuerpflichtige Arbeitnehmer/in, ob eine Überprüfung des Steuerbetrages aufgrund Einkommensteuererklärung noch erfolgen soll. Wie oben dargestellt, ist die Einkommensteuererklärung aber jedenfalls obligatorisch, wenn sie vom Finanzamt verlangt wird.)


    Zusammengefasst: Die Differenzen zwischen Lohn- und Einkommensteuer können auf dem fehlerhaften Beitragsgruppenschlüssel beruhen. Natürlich kann auch direkt bei der Finanzbehörde zu den konkreten Gründen nachgefragt werden.


    Die Arbeitnehmerin muss eine Einkommensteuererklärung jedenfalls dann abgeben, wenn dies vom Finanzamt verlangt wird. Ansonsten drohen wegen der verspäteten/fehlenden Steuererklärung Mehrbelastungen (Verspätungszuschläge). Aus etwaigen Abweichungen zwischen Einkommens-und Lohnsteuer ergibt sich demgegenüber keine (vermeidbare) Mehrbelastung; insoweit besteht also auch kein arbeitgeberseits zugefügter Schaden.


    Mit freundlichen Grüßen

    Ihr Fachexperte Steuerrecht

     

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