Verdauungssystem
Bariatrische Eingriffe: Wann eine OP bei Adipositas sinnvoll ist
Veröffentlicht am:18.08.2025
8 Minuten Lesedauer
Operationen zur Behandlung von schwerem Übergewicht sind ein wirksames Mittel, um abzunehmen und die Gesundheit zu verbessern. Sie sind aber auch mit Herausforderungen und Risiken verbunden. Welche OPs es gibt und für wen sie infrage kommen.

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Inhalte im Überblick
- Wozu dienen bariatrische Eingriffe?
- Wann kommt ein bariatrischer Eingriff in Frage?
- Schlauchmagen und Bybass: Diese bariatrischen Eingriffe gibt es
- Was vor der Adipositas-Operation zu beachten ist
- Risiken von bariatrischen Eingriffen
- Nachteile und Langzeitfolgen der Schlauchmagen-OP und anderer Eingriffe
- Was vor einer bariatrischen Operation zu klären ist
Wozu dienen bariatrische Eingriffe?
Bariatrische Eingriffe sind chirurgische Verfahren zur Behandlung von Adipositas, also starkem Übergewicht. Daher stammt auch der Name, der sich von baros, dem griechischen Wort für „Gewicht“, ableitet. Es gibt verschiedene Adipositas-Operationen. Entweder wird der Verdauungstrakt so umgestaltet, dass sich das Fassungsvermögen des Magens verringert, oder der Verdauungsweg wird verkürzt, um die Nährstoffaufnahme zu begrenzen.
Das unmittelbare Ziel eines bariatrischen Eingriffs ist die Gewichtsreduktion. Diese kann zu einem besseren Gesundheitszustand und zu einer besseren Lebensqualität führen und das Risiko für Folgeerkrankungen reduzieren. Zu den Folgeerkrankungen von starkem Übergewicht zählen beispielsweise Stoffwechselerkrankungen wie Typ-2-Diabetes, Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder die obstruktive Schlafapnoe.
Durch bariatrische Eingriffe können Patientinnen und Patienten in relativ kurzer Zeit erheblich an Gewicht verlieren. Um eine Lebensstilveränderung kommen jedoch auch sie nicht herum, wenn sie weiter an Gewicht abnehmen wollen.
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Wann kommt ein bariatrischer Eingriff in Frage?
Trotz ihrer Effektivität gilt die bariatrische Chirurgie als das letzte Mittel in der Behandlungsstrategie gegen Adipositas. Denn ein operativer Eingriff ist stets mit Risiken verbunden. Bariatrische Eingriffe können zu verschiedenen Komplikationen führen und lebenslange Auswirkungen haben.
Das bedeutet: Zunächst sind konservative Methoden zum Abnehmen auszuschöpfen. Dies können zum Beispiel ärztlich begleitete Abnehmprogramme sein. Sie umfassen Ernährungsberatung sowie Maßnahmen zur Steigerung der körperlichen Aktivität und zur Anpassung des Lebensstils.
Führen die konservativen Methoden zu keiner ausreichenden Gewichtsabnahme, kommt nach den derzeitigen Empfehlungen von medizinischen Fachgesellschaften eine Operation in Betracht, wenn
- der Body-Mass-Index (BMI) 40 oder höher ist (das entspricht Adipositas Grad 3).
- der BMI zwischen 35 und 40 liegt (Adipositas Grad 2) und zusätzlich andere behandlungsbedürftige Erkrankungen bestehen, die mit der Adipositas zusammenhängen.
Bei manchen Menschen ist eine Ausnahme von diesen Empfehlungen möglich. Dann kann eine Operation auch ohne vorherige Abnehmversuche erfolgen. Mögliche Beispiele hierfür sind ein BMI über 50 oder sehr schwere Begleiterkrankungen.
Schlauchmagen und Bybass: Diese bariatrischen Eingriffe gibt es
In Deutschland werden bei der Behandlung von Adipositas standardmäßig zwei chirurgische Verfahren angewendet. Auch Kombinationen sind möglich. Neben diesen zwei Standardverfahren gibt es noch andere operative Möglichkeiten, die jedoch nur in Ausnahmefällen zum Einsatz kommen.
Es gibt kein Operationsverfahren, das sich für alle Patienten und Patientinnen gleichermaßen eignet. Die Wahl des Verfahrens muss individuell an die medizinischen Erfordernisse sowie die allgemeinen Lebensumstände der Betroffenen angepasst sein. Dabei sind der jeweilige BMI, das Alter, das Geschlecht, Begleiterkrankungen und der ausgeübte Beruf zu berücksichtigen. Wenn aus medizinischer Sicht nichts gegen ein bestimmtes Verfahren spricht,soll der Patient oder die Patienten aktiv an der Entscheidung dafür beteiligt werden.
Heutzutage führen Chirurgen und Chirurginnen Adipositas-Operationen in der Regel minimalinvasiv durch. Dazu benutzen sie spezielle Endoskope. Ein Endoskop ist ein schlauchförmiges Instrument, das durch einen kleinen Schnitt in die Bauchhöhle eingeführt wird. Durch diesen Schlauch lassen sich kleine Operationswerkzeuge steuern.
Magenverkleinerung: Schlauchmagen-OP Magenbypass
Wie bariatrische Eingriffe den Stoffwechsel verbessern
Sowohl ein Magenbypass als auch eine Magenverkleinerung wirken sich positiv auf den Hormonhaushalt aus. Insbesondere wird durch die bariatrischen Eingriffe die Produktion des Hormons GLP-1 im Darm angeregt, das den Blutzuckerspiegel reguliert. Außerdem begrenzt ein verkleinerter Magen die Produktion des „Hungerhormons“ Ghrelin das im Bereich des Magenfundus (oberer Anteil des Magens) abgesondert wird. Dadurch wird der Appetit gezügelt. Im Fokus steht auch die Erhöhung von Gallensäuren, die den Stoffwechsel ebenfalls fördern.
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Was vor der Adipositas-Operation zu beachten ist
Haben sich der Arzt oder die Ärztin gemeinsam mit dem oder der Betroffenen für einen bestimmten bariatrischen Eingriff entschieden, wird der Patient oder die Patientin in der Regel angehalten, in den Wochen vor der Operation durch eine Diät etwas Gewicht zu verlieren. Dabei können auch Medikamente helfen. Dies vereinfacht den Eingriff, weil dadurch unter anderem die Leber schrumpft und der Magen somit leichter zugänglich ist.
Um sicherzustellen, dass keine medizinischen Gründe gegen eine Behandlung sprechen, sind verschiedene Untersuchungen erforderlich: Laboruntersuchungen von Blut und Urin, eine Magenspiegelung und ein Ultraschall des Bauches. Unter Umständen empfiehlt sich auch eine psychologische Untersuchung. Es könnte beispielsweise eine psychisch bedingte Essstörung vorliegen. In solchen Fällen kann eine Psychotherapie sinnvoller sein als eine Operation.
Eine Gewichtsreduktion fördert in der Regel durch eine positivere Körperwahrnehmung das Selbstwertgefühl. Dadurch fördert sie häufig das psychische Wohlbefinden. Menschen, die sich einer Adipositas-Operation unterziehen, sollten jedoch psychisch stabil sein, um mit den körperlichen Veränderungen gut umgehen zu können. Wer psychische Probleme hat, sollte dies vor einer Operation abklären lassen.
Risiken von bariatrischen Eingriffen
Bariatrische Eingriffe sind etablierte Verfahren. Wie jede Operation sind sie jedoch mit Risiken verbunden. Allgemeine OP-Risiken sind:
- Blutungen
- Infektionen
- Wundheilungsstörungen
- Komplikationen der Narkose
- Verletzungen an Organen
- störende Narbenbildung
- Thrombose
- Lungenembolie
Außerdem ist jeder bariatrische Eingriff mit spezifischen Risiken verbunden, die nach der Operation zu Problemen führen können.
Magenverkleinerung:
- Sodbrennen und Erbrechen
- Reflux
- undichte Operationsnähte, die einen erneuten Eingriff notwendig machen
Magenbypass:
- Vernarbungen im Dünndarm
- Brüche der Darmwand (Hernien)
- undichte Nähte an den Verbindungsstellen
- Dumping-Syndrom. Durch den Bypass gelangen große Mengen unverdauter Nahrung schnell in den Dünndarm. Der Körper verdünnt daraufhin den Nahrungsbrei. Dazu entzieht er dem Blutkreislauf viel Wasser, welches in den Dünndarm strömt. Dies hat zur Folge, dass der Blutdruck fällt. Mögliche Folgen sind Benommenheit, Übelkeit, Bauchschmerzen und Schwitzen. Dieses Phänomen wird als frühes Dumping-Syndrom bezeichnet und kann innerhalb von 30 Minuten nach der Nahrungsaufnahme auftreten. Beim selteneren späten Dumping-Syndrom setzt der Körper zu viel Insulin frei. Das kann zu einer Unterzuckerung mit Beschwerden wie Schwindel, Schwäche und Schwitzen führen. Das späte Dumping-Syndrom kann ein bis drei Stunden nach dem Essen auftreten.
Nachteile und Langzeitfolgen der Schlauchmagen-OP und anderer Eingriffe
Nach einem bariatrischen Eingriff ändert sich für die Betroffenen vieles im Leben. In den ersten Wochen müssen sie auf feste Kost verzichten und dürfen nur kleine Portionen zu sich nehmen. Langfristig ist es wichtig, Mangelerscheinungen vorzubeugen.
Vitamine und Mineralstoffe sind ein Muss nach bariatrischen Eingriffen
Die schwerwiegendste Langzeitfolge von Magenverkleinerungen und insbesondere Bypässen ist eine schlechtere Versorgung mit Nährstoffen. Dem Körper fehlen vor allem Mikronährstoffe, die bevorzugt im oberen Dünndarm mithilfe von Verdauungssäften aus dem Magen, der Bauchspeicheldrüse und der Gallenblase aufgenommen werden.
Um Krankheiten durch Mangelerscheinungen zu vermeiden, ist die lebenslange Einnahme von Nahrungsergänzungsmitteln zwingend erforderlich. Dazu gehören beispielsweise Calcium und Vitamin D, Vitamin B12, Folsäure, Eisen, Selen und Zink.

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Ernährung an die neuen Begebenheiten anpassen
Um Verdauungsprobleme wie Sodbrennen oder Erbrechen zu vermeiden, ist außerdem eine dauerhafte Umstellung der Ernährung erforderlich. Welche Maßnahmen genau ergriffen werden müssen, hängt von der Art der Operation ab. Generell ist es wichtig, die Ernährung an den kleineren Magen anzupassen und die Auswirkungen der veränderten Nährstoffzufuhr zu kontrollieren. Wichtig sind oft:
- kleine Portionen
- langsames Essen und gründliches Kauen
- gleichzeitiges Essen und Trinken vermeiden
- fett- und zuckerreiche Lebensmittel meiden
- maßvoller Alkoholkonsum, da der Körper Alkohol manchmal schneller aufnimmt
Ungewünschte kosmetischen Folgen
Eine massive Gewichtsabnahme führt unvermeidlich zu Hautüberschüssen, die insbesondere an Bauch, Hüfte, Oberschenkeln, Oberarmen und Brüsten auftreten. Viele Betroffene empfinden Hautfalten und hängende Hautlappen als belastend. Große Hautfalten können zudem Infektionen oder Ausschläge verursachen. Daher wünschen sich viele Menschen nach einer Adipositas-Operation eine Hautstraffung. Allerdings sind dazu häufig komplexe Mehrschritt-Operationen nötig, die von hochspezialisierten plastischen Chirurgen oder Chirurginnen ausgeführt werden müssen. Krankenkassen übernehmen die Kosten für die OP nur unter bestimmten Umständen. Voraussetzung ist das Vorliegen medizinischer Probleme wie chronische Hautinfektionen oder eine starke psychische Belastung.
Was vor einer bariatrischen Operation zu klären ist
Vor einem bariatrischen Eingriff ist es notwendig, einen Antrag auf Kostenübernahme bei der Krankenkasse zu stellen. Der medizinische Dienst überprüft zunächst, ob die Patienten oder Patientinnen die notwendigen Voraussetzungen für eine OP erfüllen – und außerdem, ob die vorgesehene Klinik und deren Fachpersonal den Qualitätskriterien, die für diese Eingriffe vorgeschrieben sind, entsprechen. Auch die erforderliche Nachsorge muss gewährleistet sein. Der richtige Ort für Patienten und Patientinnen sind die zertifizierten Zentren für Adipositas- und metabolische Chirurgie.
Vorsicht ist bei bariatrischen Eingriffen im Ausland geboten. Sie bergen eine Reihe von Gefahren. So bringen eine manchmal mangelhafte Vorbereitung und die oft nicht gesicherte Nachsorge ein hohes Risiko für langfristige gesundheitliche Risiken mit sich. Nicht jede Klinik im Ausland erfüllt die in Deutschland vorgeschrieben Hygienestandards, wodurch die Gefahr für Infektionen und schwerwiegende Komplikationen steigt.
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