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Übergewicht bei Kindern: Warum es riskant ist und was Eltern tun können

Veröffentlicht am:12.03.2021

7 Minuten Lesedauer

Aktualisiert am: 02.09.2025

Noch Babyspeck oder doch schon Übergewicht? Fest steht: Aus übergewichtigen Kindern und Jugendlichen werden oft übergewichtige Erwachsene. Eltern können einiges tun, um überflüssige Kilos bei ihrem Nachwuchs zu reduzieren – oder zu vermeiden, dass sie überhaupt entstehen.

Kind isst Brot mit Gurken, denn eine gesunde Ernährung verhindert Übergewicht.

© AOK

Bei übergewichtigen Kindern kann die Gesundheit leiden

Wenn Kinder und Jugendliche etwas zu dick sind, heißt es oft: Das ist doch nur Babyspeck, der verwächst sich. Forschende der Universität Leipzig haben jedoch herausgefunden, dass diese weit verbreitete Meinung so nicht stimmt. Dazu analysierten sie das Gewicht von über 51.000 Kindern, von der Geburt an bis hin zur Pubertät und zum Erwachsenenalter. Das Ergebnis zeigte deutlich, dass fast 90 Prozent der Kinder, die im Alter von drei Jahren als übergewichtig eingestuft wurden, auch als Jugendliche zu viel Gewicht auf die Waage brachten.

Vor allem starkes Übergewicht ist mit einer ganzen Reihe gesundheitlicher Probleme verbunden: So erhöht es zum Beispiel das Risiko, im späteren Leben an Typ-2-Diabetes, Bluthochdruck, Fettstoffwechselstörungen und Gelenkbeschwerden sowie verschiedenen Krebsarten zu erkranken. Nicht unerheblich sind auch die psychischen Folgen, denn Jugendliche mit Übergewicht werden oft gemobbt, gehänselt, ungleich behandelt und auch wegen ihres Gewichts stigmatisiert.

Häufig führt es dazu, dass übergewichtige Teenager wenig Selbstvertrauen und ein geringeres Selbstwertgefühl haben als Gleichaltrige. Oft neigen sie auch zu depressiven Symptomen.

Der Einfluss der Lebensmittel-Werbung

Eine von der AOK geförderte Studie der Universität Hamburg zeigt, dass in 92 Prozent der Lebensmittelwerbespots, die Kinder im Fernsehen und im Internet sehen, Produkte mit einem zu hohen Zucker-, Fett- oder Salzgehalt beworben werden, insbesondere Fastfood, Süßigkeiten sowie fett- und zuckerhaltige Milchprodukte. Dabei sind mediennutzende Kinder zwischen 3 und 13 Jahren im Durchschnitt 15 Werbespots für ungesunde Produkte am Tag ausgesetzt. 70 Prozent der Spots wenden sich direkt an Kinder.

Eine besorgniserregende Entwicklung, denn Werbung beeinflusst das Essverhalten von Kindern – und diese beeinflussen oft die Kaufentscheidungen der Eltern. Achten Sie daher auf versteckte Zutaten in Fertiglebensmitteln sowie den Gesamtzuckergehalt in den Nährwertangaben und verzichten Sie nach Möglichkeit auf Fertiggerichte und stark verarbeitete Lebensmittel.

Sprechen Sie mit Ihren Kindern über die Auswirkungen, die stark zucker- oder fetthaltige Produkte auf ihren Körper haben und sorgen Sie dafür, dass Ihre Kinder möglichst wenig mit Werbung konfrontiert werden. Die Initiative „SCHAU HIN! Was dein Kind mit den Medien macht“ bietet Erziehenden dabei Unterstützung.

Übergewichtige Kinder: Wissen und Geld sind zentrale Faktoren

Im Rahmen der AOK-Familienstudie 2022 wurden Eltern zur Gesundheit und Ernährung ihrer Familie befragt. Ein zentrales Ergebnis: Mehr als die Hälfte (57 Prozent) der Eltern von stark übergewichtigen Kindern verfügt über eine unzureichende oder problematische Ernährungskompetenz. Beispielsweise fehlt oft konkretes Wissen, welche Lebensmittel klima- und umweltfreundlich sind, welche Nährstoffe enthalten sind, wie man Mahlzeiten plant und selbst zubereitet. Rund 80 Prozent der Eltern wünschen sich mehr Unterstützung beim Lebensmitteleinkauf durch eine einfache Kennzeichnung dazu, wie gesund oder klimafreundlich die Produkte sind.

Möglichkeiten zur gesundheitlichen Optimierung ergab die Studie auch in Sachen Bewegung: Laut AOK-Familienstudie üben 42 Prozent der Kinder aus einkommensschwachen Haushalten oder von alleinerziehenden Eltern nur selten (gar nicht bis einmal pro Woche) gesundheitsfördernde Bewegung aus. Bei höherem sozioökonomischem Status sind es 25 Prozent. Auch beim Schwimmen zeigen sich Unterschiede: 30 Prozent der Kinder aus einkommensschwachen Familien können nicht schwimmen, verglichen mit 19 Prozent aus bessergestellten Haushalten. Fast die Hälfte der Kinder (49 Prozent) in strukturschwachen Regionen sind nicht in einem Sportverein, in strukturstarken Gegenden sind dies nur 38 Prozent.

BMI-Rechner: Wann gilt ein Kind als übergewichtig?

Viele Eltern sind sich unsicher, ob ihr Kind übergewichtig ist oder nicht. Weil sich bei Kindern und Jugendlichen im Laufe des Heranwachsens das Verhältnis von Größe zu Gewicht ständig verändert, müssen Übergewicht und Adipositas anders als bei Erwachsenen bewertet werden. Die für Erwachsene gängige Formel des Body-Mass-Index (BMI) ist bei Kindern und Jugendlichen für sich genommen nicht geeignet. Nur in Verbindung mit dem Wachstum kann beurteilt werden, ob ein Kind normal- oder übergewichtig ist. Für Jungen und Mädchen gibt es zudem unterschiedliche Wachstumskurven.

Das Bundesinstitut für Öffentliche Gesundheit (BiÖG) bietet auf seiner Webseite einen BMI-Rechner für Kinder und Jugendliche an, der diese zusätzlichen Faktoren berücksichtigt. Bei Verdacht auf Übergewicht sollte man aber in jedem Fall eine Ärztin oder einen Arzt für Kinder- und Jugendmedizin zu Rate ziehen. Sie oder er kann mögliche Ursachen für die Gewichtszunahme identifizieren und Eltern dabei unterstützen, entgegenzuwirken.

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Übergewicht bei Kindern vermeiden: Tipps zur richtigen Ernährung

Die richtige Ernährung leistet einen wesentlichen Beitrag für die Gesundheit und ist der wichtigste Aspekt, um ein gesundes Körpergewicht zu erreichen und zu halten.

Folgende Empfehlungen machen die Fachleute für Übergewicht und Adipositas bei Kindern in ihrer aktuellen Leitlinie:

  • täglich drei Hauptmahlzeiten und zwei Zwischenmahlzeiten, um eine gleichmäßige Energiezufuhr sicherzustellen
  • keine Snacks oder zuckerhaltige Getränke zwischen den Mahlzeiten, auch keine Milch als Zwischengetränk
  • gemeinsame Mahlzeiten mindestens einmal täglich in einer ruhigen und freundlichen Atmosphäre, dabei Ablenkung, etwa durch Fernsehen oder Smartphone, vermeiden
  • Hunger- und Sättigungssignale des Kindes beachten: Erwachsene wählen die Lebensmittel aus, das Kind bestimmt die Menge
  • zunächst kleine Portionen anbieten, das Kind darf nachnehmen
  • Essen nicht als Belohnung oder Bestrafung einsetzen
  • neue Lebensmittel mehrfach anbieten, auch möglichst roh, damit Kinder den Eigengeschmack erleben
  • ungesüßte Getränke wie Wasser, ungesüßten Tee oder verdünnte Säfte anbieten
  • vor allem pflanzliche Lebensmittel anbieten, darunter Obst, Gemüse und Vollkornprodukte
  • Zucker, Süßigkeiten und fettige Snacks nur in Maßen 
  • ausgewogene Ernährung mit angemessenen Kalorien anbieten, also eine optimierte Mischkost
  • die gesamte Familie in die Ernährungsumstellung einbeziehen, um nachhaltige Veränderungen zu fördern
Ein Mädchen hält in einer Hand einen Apfel, in der anderen einen großen runden Lolli und schaut skeptisch auf den Apfel.

© AOK

Kindern fällt es nicht immer leicht, sich für das Gesündere zu entscheiden. Leichter wird es, wenn Eltern ein gutes Vorbild bei der Ernährung sind.

Wie Kinder gesunde Gewohnheiten lernen

Eltern können ihren Kindern helfen, gesunde Verhaltensweisen zu lernen. Damit lässt sich Übergewicht nicht nur vorbeugen. Wer ungesunde Gewohnheiten verändert, kann auch überflüssige Kilos leichter loswerden.

  • Seien Sie Vorbilder und entdecken Sie gemeinsam mit Ihren Kindern den Spaß an Sport und Bewegung. Wählen Sie Freizeitaktivitäten aus, die Ihnen als Familie Spaß machen.
  • Bringen Sie Bewegung in Ihren Alltag, denn jede Form von körperlicher Bewegung hilft bei der Gewichtstabilisierung, zum Beispiel mit dem Rad zur Schule oder zum Einkaufen fahren, zu Fuß gehen oder Treppen steigen, statt Fahrstuhl oder Rolltreppe zu nutzen.
  • Seien Sie täglich mehr als eine Stunde körperlich aktiv. Bauen Sie an mindestens drei Tagen pro Woche Übungen ein, die Muskeln und Knochen stärken, beispielsweise Klettern oder Turnen.
  • Ändern Sie Ihre Gewohnheiten Schritt für Schritt, zum Beispiel einmal pro Woche, und behalten Sie diese gesundheitsfördernden Veränderungen langfristig bei.
  • Loben Sie Ihr Kind für kleine, durchgehaltene Änderungen. Es ist hilfreich, dafür einen Kalender oder ein Protokoll anzulegen.
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Handy, Internet, Fernsehen – welche Rolle die Medien spielen

Was viele Eltern vergessen: Computerspiele, Surfen im Internet, Chatten und Fernsehen verhindern Bewegung und ersetzen bei vielen Kindern soziale Kontakte. Außerdem begünstigen solche bewegungsarmen Beschäftigungen die Entwicklung von Übergewicht. Versuchen Sie deshalb, den Medienkonsum Ihrer Kinder zu kontrollieren und gegebenenfalls zu verringern.

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Diese Tipps können dabei helfen: 

  • Fernseher im Kinderzimmer sind tabu.
  • Feste Zeiten vereinbaren: Als Orientierung gilt ein Limit der Medienzeit von zehn Minuten pro Lebensjahr am Tag oder eine Stunde pro Lebensjahr in der Woche. Bis fünf Jahre sollten Kinder maximal eine halbe Stunde am Stück, von sechs bis neun Jahren maximal eine Stunde am Stück fernsehen oder andere Medien nutzen.
  • Regeln einhalten: Suchen Sie mit Ihrem Kind eine TV-Sendung aus und vereinbaren Sie mit ihm, dass es danach den Fernseher (eigenhändig) ausschaltet.
  • Alternativen anbieten: Spielen Sie mit Ihrem Kind Gesellschaftsspiele, unterhalten Sie sich mit Ihrem Kind über Erlebnisse aus der Schule oder lesen Sie ihm aus dem Lieblingsbuch vor.
  • Hier ist das Handy tabu: Gewöhnen Sie Ihrem Kind an, dass das Smartphone bei gemeinsamen Treffen mit Freunden, beim Essen, bei den Hausaufgaben und vor allem vor dem Schlafengehen „offline“ ist.
  • Seien Sie ein Vorbild: Auch Erwachsene können ihre Finger kaum vom Smartphone lassen. Zeigen Sie Ihrem Kind, dass es „handyfreie“ Zeiten gibt und dass diese Spaß machen können.

Die Initiative „SCHAU HIN! Was dein Kind mit den Medien macht“ bietet Erziehenden Unterstützung beim Umgang mit Medien.

Fachlich geprüft
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