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  • 01
    Sozialversicherungspflichtige Beschäftigung nach bzw. neben einer sozialversicherungsfreien Beschäftigung

    Guten Tag,

    ab 01.08.2025 werden wir einen neuen Mitarbeiter (Alter 63 Jahre) einstellen. Er wird bei uns 3 Tage/Woche arbeiten. Gleichzeitig ist er bei einer weiteren GmbH sozialversicherungsfrei als Liquidator angestellt (vorher war er 15 Jahre sozialversicherungsfreier Gesellschaftergeschäftsführer dieser GmbH) Er war bisher freiwillig gesetzlich versichert. Meine Fragen:

    1) KV und PV

    Er ist bei uns pflichtversichert und zahlt von seiner weiteren Tätigkeit freiwillige Beiträge. Die Beiträge sind anteilig bis zur Beitragsbemessungsgrenze aus beiden Arbeitsverhältnisses zu zahlen. Korrekt?

    2) RV

    Er ist bei uns rentenversicherungspflichtig abzurechnen. Korrekt?

    3) AV

    M.E. ist die Beschäftigung bei uns pflichtig in der AV. Ist das korrekt?

    Vielen Dank für Ihre Rückmeldung.

     

  • 02
    RE: Sozialversicherungspflichtige Beschäftigung nach bzw. neben einer sozialversicherungsfreien Beschäftigung

    Hallo Frau Mayer,
     
    aufgrund Ihrer Schilderung gehen wir davon aus, dass der neue Mitarbeiter wegen Überschreitens der Jahresarbeitsentgeltgrenze bei dem anderen Arbeitgeber bereits in einem krankenversicherungsfreien Beschäftigungsverhältnis steht.
     
    Da hier zum 01.08.2025 eine weitere dem Grunde nach krankenversicherungspflichtige Beschäftigung aufgenommen wird, unterliegt diese von Beginn an auch der Krankenversicherungsfreiheit. Sofern das Firmenzahlerverfahren genutzt wird, lautet der Beitragsgruppenschlüssel in beiden Beschäftigungen „9111“ (Personengruppenschlüssel „101“).
     
    Wie Sie bereits korrekt vermuten, sind die Beiträge zur freiwilligen Kranken- und Pflegeversicherung anteilig bis zur Beitragsbemessungsgrenze aus beiden Beschäftigungsverhältnissen zu berechnen und abzuführen.
     
    In beiden Beschäftigungsverhältnissen besteht Renten- und Arbeitslosenversicherungspflicht und Beiträge sind entsprechend zu entrichten.  
    Sofern in Addition der Entgelte die jeweiligen Beitragsbemessungsgrenzen überschritten werden, sind die Beiträge analog den Ausführungen zur Kranken– und Pflegeversicherung zu ermitteln und abzuführen.
     
    Weitere Informationen mit Beispielen können Sie den „Gemeinsamen Grundsätzen zur Beitragsberechnung nach § 22 Abs. 2 SGB IV bei Arbeitnehmern mit mehreren versicherungspflichtigen Beschäftigungen“ vom 12.11.2014 entnehmen.
     
    Mit freundlichen Grüßen
     
    Ihr Expertenteam

  • 03
    RE: Sozialversicherungspflichtige Beschäftigung nach bzw. neben einer sozialversicherungsfreien Beschäftigung

    Liebes Expertenteam,

    vielen Dank für Ihre Antwort. Wie ich Ihnen geschrieben hatte, ist der neue Mitarbeiter nicht wegen Überschreiten der Jahresarbeitsentgeltgrenzen bei dem anderen Arbeitgeber krankenversicherungsfrei, sondern als Gesellschaftergeschäftsführer (bzw. mittlerweile als Liquidator) in allen Bereichen sozialversicherungsfrei (Bescheid liegt ihm vor).

    Ich möchte Sie bitten, Ihre Antwort diesbezüglich (soweit erforderlich ) anzupassen.

    Im Rahmen des damaligen Clearingverfahren wurde ihm mitgeteilt, dass er auch bei künftigen sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungen nicht mehr pflichtig in der Arbeitslosenversicherung sein könnte. Ist dies korrekt?

    Vielen Danke

    Viele Grüße Angelika Mayer

  • 04
    RE: Sozialversicherungspflichtige Beschäftigung nach bzw. neben einer sozialversicherungsfreien Beschäftigung

    Hallo Frau Mayer,
     
    die in Ihrer ersten Fallschilderung getroffene Aussage, dass die betreffende Person „als Liquidator angestellt ist und Beiträge anteilig bis zur Beitragsbemessungsgrenze aus beiden Arbeitsverhältnissen zu zahlen sind“ war die Grundlage, dass wir in unserer Stellungnahme von zwei Beschäftigungsverhältnissen im Sinne der Sozialversicherung ausgegangen waren.   
     
    Aufgrund Ihrer nun gemachten Angaben ist In Ihrem Sachverhalt vordergründig zu prüfen, inwiefern bei der betreffenden Person die Voraussetzungen einer „nebenberuflichen“ oder einer „hauptberuflichen“ selbstständigen Erwerbstätigkeit vorliegen.
     
    § 5 Abs. 5 Sozialgesetzbuch (SGB) V schließt Personen, die hauptberuflich selbstständig erwerbstätig sind, von der Krankenversicherungspflicht als Arbeitnehmer nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V aus. Dadurch wird vermieden, dass ein hauptberuflich selbstständiger Erwerbstätiger in einer sozialversicherungspflichtigen Nebenbeschäftigung grundsätzlich krankenversicherungspflichtig wird.
     
    Entscheidend für die Hauptberuflichkeit ist, ob die selbstständige Erwerbstätigkeit von der wirtschaftlichen Bedeutung und vom zeitlichen Umfang her die übrige Erwerbstätigkeit deutlich übersteigt und den Mittelpunkt der Erwerbstätigkeit darstellt.
     
    Dabei stellt die Beschäftigung eines oder mehrerer Arbeitnehmer ein Indiz für den Umfang einer selbstständigen Tätigkeit dar. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass der mit der Leitungsfunktion verbundene Zeitaufwand dem Selbstständigen als Arbeitgeber genauso zuzurechnen ist wie das wirtschaftliche Ergebnis der von ihm (evtl.) beschäftigten Arbeitnehmer.
     
    Nach wie vor gelten die vom GKV-Spitzenverband (GKV-SV) in seinen „Grundsätzlichen Hinweisen“ zur Abgrenzung einer hauptberuflich selbstständigen Tätigkeit getroffenen Aussagen, nach denen eine mehr als halbtags ausgeübte selbstständige Tätigkeit anzunehmen ist, wenn der Zeitaufwand mehr als 20 Stunden wöchentlich beträgt. Bei einem Zeitaufwand von nicht mehr als 20 Stunden wöchentlich ist die Annahme einer hauptberuflichen selbstständigen Tätigkeit dann nicht ausgeschlossen, wenn die daraus erzielten Einnahmen die Hauptquelle zur Bestreitung des Lebensunterhalts bilden. Hinsichtlich der Frage, wie eine hauptberuflich selbstständige Tätigkeit einzuordnen ist, wenn sie neben einer anderen Erwerbstätigkeit ausgeübt wird, hat der GKV-SV in seinen Grundsätzlichen Hinweisen ebenfalls Ausführungen getroffen, nach denen die Prüfung, ob die selbstständige Erwerbstätigkeit von der wirtschaftlichen Bedeutung und dem zeitlichen Umfang her die übrigen Erwerbstätigkeiten deutlich übersteigt, nicht schematisch, sondern im Rahmen einer Gesamtschau vorzunehmen ist. 
     
    Eine abschließende und verbindliche Beurteilung der Frage der hauptberuflichen Selbstständigkeit ist jeweils von der für den Mitarbeiter zuständigen Krankenkasse vorzunehmen.
     
    Dafür benötigt die Krankenkasse eine schriftliche Anfrage mit Anlagen. Als Anlagen sollten vom Arbeitgeber alle relevanten Dokumente, die das Beschäftigungsverhältnis betreffen (Arbeitsvertrag, eventuelle Zusatzvereinbarungen) und vom Mitarbeiter die Nachweise, die im Zusammenhang mit der Selbstständigkeit stehen (Gewerbeanmeldung, Einkommensnachweise aus der selbstständigen Tätigkeit etc.) beigefügt werden.  
     
    Liegen die Voraussetzungen einer hauptberuflichen selbstständigen Erwerbstätigkeit vor, besteht in der Beschäftigung keine Kranken- und Pflegeversicherungspflicht. Da in der Renten- und Arbeitslosenversicherung Versicherungspflicht vorliegt, sind die Beiträge an die einzugsberechtigte Krankenkasse zu übermitteln. Dabei findet der Beitragsgruppenschlüssel „0110“ und der Personengruppenschlüssel „101“ Anwendung.
     
    Sollte aufgrund der Prüfung durch die Krankenkasse keine hauptberufliche selbstständige Erwerbstätigkeit vorliegen, würde der Arbeitnehmer neben der Versicherungspflicht zur Renten- und Arbeitslosenversicherung grundsätzlich auch kranken- und pflegeversicherungspflichtig werden. In Ihrem Fall wäre der Beitragsgruppenschlüssel „1111“ mit dem Personengruppenschlüssel „101“ zu verwenden.
     
    Eine „dauerhafte Beitragsfreiheit in der Arbeitslosenversicherung“ - für eine neben der Selbstständigkeit ausgeübte versicherungspflichtige Beschäftigung - aufgrund eines durchgeführten Clearingverfahrens ist nach den sich aus den Regelungen des SGB III nach unserem Verständnis nicht möglich.
     
    Mit freundlichen Grüßen
     
    Ihr Expertenteam
     
     

     

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