Expertenforum

Fachleute antworten auf Ihre Fragen zur Sozialversicherung

Fragen Sie Fachleute zu allen Aspekten der Sozialversicherung – im Expertenforum der AOK. An Arbeitstagen bekommen Sie innerhalb von 24 Stunden eine Antwort.

Darüber hinaus können Sie sich im Expertenforum mit anderen Nutzern zu persönlichen Erfahrungen im Umgang mit der Sozialversicherung austauschen.

Profitieren Sie rund um den Jahreswechsel von einem besonderen Angebot. Stellen Sie auch Fragen zum Steuer- und Arbeitsrecht, die Bezug zum Sozialversicherungsrecht haben. Ihre Frage wird dann direkt von unseren externen Steuer- und Arbeitsrechtsfachleuten beantwortet.

Zur Übersicht
  • 01
    Pflegezeit und Familienpflegezeit

    Ein Mitarbeiter unseres Unternehmens hat einen Antrag auf Familienpflegezeit gestellt. Er möchte für die Pflege eines nahen Angehörigen für die Dauer von 24 Monaten vollständig von der Arbeit freigestellt werden. Er hat die zwar die Ankündigungsfrist gemäß Pflegezeitgesetz (10 Tage) eingehalten, nicht aber die Ankündigungsfrist gemäß Familienpflegegesetz (8 Wochen).


    Nach unserem Kenntnisstand ist eine vollständige Freistellung im Rahmen der Familienpflegezeit gesetzlich nicht vorgesehen, da diese grundsätzlich mit einer Mindestarbeitszeit von 15 Wochenstunden einhergeht. Eine vollständige Freistellung wäre demnach nur im Rahmen der Pflegezeit möglich, nämlich nur für die maximal zulässige Dauer von sechs Monaten.


    Vor diesem Hintergrund stellen sich für uns als Arbeitgeber folgende Fragen:

    1. Wie sind Pflegezeit und Familienpflegezeit gesetzlich geregelt und welche Optionen zur Freistellung – insbesondere über sechs Monate hinaus bestehen?

    2. Besteht die Möglichkeit, nach Ablauf der sechsmonatigen Pflegezeit eine Familienpflegezeit anzuschließen, obwohl der Mitarbeiter voraussichtlich auch in diesem Zeitraum nicht vollständig mit der Pflege des nahen Angehörigen beschäftigt sein wird?

    3. Gibt es rechtlich zulässige Modelle, um über die gesetzlichen Grenzen hinaus eine individuelle Lösung z.B. im Rahmen einer privatrechtlichen Vereinbarung zu treffen?

    Falls ja, welche arbeits- oder sozialrechtlichen Nachteile könnten dem Mitarbeiter daraus entstehen (z. B. Auswirkungen auf Plegegeld, Rentenversicherung, Krankenversicherung, Kündigungsschutz etc.)?

    4. Wie können wir als Arbeitgeber mit einem solchen Sonderfall rechtssicher und zugleich im Sinne des Mitarbeiters umgehen?


    Wir möchten unserem Mitarbeiter bestmöglich entgegenkommen, gleichzeitig aber auch sicherstellen, dass unser Vorgehen rechtlich korrekt ist.


    Vielen Dank für Ihre Beratung.

     

  • 02
    RE: Pflegezeit und Familienpflegezeit

    Sehr geehrter Fragesteller,


    vielen Dank für Ihre Frage.


    Pflegezeit und Familienpflegezeit sind in den entsprechenden Gesetzen geregelt. Die zeitliche Obergrenze für die Pflegezeit beträgt sechs Monate. Während dieser Zeit kann eine vollständige Arbeitsbefreiung beansprucht werden. Die Familienpflegezeit beträgt insgesamt 24 Monate. Hier ist eine vollständige Arbeitsbefreiung allerdings nicht zulässig.


    Eine vollständige Arbeitsbefreiung über sechs Monate hinaus ist gesetzlich also nicht vorgesehen. Sie könnten mit dem Mitarbeiter allenfalls einen zeitlich befristeten Sonderurlaub vereinbaren. Der Mitarbeiter würde während dieser Sonderurlaubszeit nicht zur Arbeit verpflichtet sein, im Gegenzug aber auch keine Vergütung erhalten. Sozialversicherungsrechtlich ist zu beachten, dass sich der Mitarbeiter nach Ablauf eines Monats selbst krankenversichern muss. Die weiteren sozialversicherungsrechtlichen Auswirkungen in der Rentenversicherung müsste der Mitarbeiter beim zuständigen Versicherungsträger selbst abfragen. Denkbar ist auch, mit dem Mitarbeiter ein Arbeitszeitkonto in Form einer sogenannten Wertguthaben-Vereinbarung zu regeln. Dabei würde die Arbeitszeit des Mitarbeiters reduziert werden. Der Mitarbeiter würde auch nur die reduzierte Vergütung erhalten. Gleichzeitig würde ihm die Möglichkeit eingeräumt werden, Überstunden (in der Regel bis zur zuvor geltenden wöchentlichen Arbeitszeit) abzuleisten. Diese Überstunden würden auf einem Arbeitszeitkonto erfasst und könnten zu einem späteren Zeitpunkt für eine vollständige Arbeitsbefreiung entnommen werden. Dieses Arbeitszeitkonto ist allerdings gegen Insolvenz abzusichern. Da der Pflegebedarf aber offensichtlich akut besteht, dürfte diese Regelung für Ihren Mitarbeiter ebenfalls nicht in Betracht kommen.


    Familienpflegezeit und Pflegezeit können miteinander kombiniert werden, allerdings nur bis zur zeitlichen Obergrenze von 24 Monaten. Voraussetzung ist in beiden Fällen aber die Pflegebedürftigkeit eines nahen Angehörigen. Auf den zeitlichen Umfang der erforderlichen täglichen Pflege kommt es dagegen nicht an. Ob der Mitarbeiter also wie ein "Vollzeitbeschäftigter" pflegen muss, ist nicht entscheidend.


    Sollten Sie weitere Fragen haben, stehen wir gern zur Verfügung.


    Mit freundlichen Grüßen

    Ihr Fachexperte Arbeitsrecht

     

    Themenbereich:
Zur Übersicht
Kontakt zur AOK
Grafik Ansprechpartner

Persönliche Ansprechperson

Ihre Ansprechperson steht Ihnen gerne für Ihre Fragen zur Verfügung.
Grafik e-mail

Kontaktformular

Melden Sie uns Ihr Anliegen, wir antworten umgehend oder rufen Sie zurück.