Expertenforum - Anlage Student (Studium mit vertiefter Praxis)

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  • 01
    Anlage Student (Studium mit vertiefter Praxis)

    Hallo Experten Team,


    wir haben folgenden Fall und hoffen auf eine sozialversicherungs-, steuer- und arbeitsrechtliche Beurteilung:


    Wir möchten mit einen Studenten ein Vertrag zu einen Studium mit vertiefter Praxis abschließen. Das Studium beginnt zum 23.09.2024 und dauert 3,5 Jahre.

    Der Student studiert regulär an der Hochschule, in den vorlesungsfreien Zeiten, vorgeschriebenen Praxissemester und der Bachelorarbeit ist er im Unternehmen beschäftigt.

    Zudem kann er (muss aber nicht) während der Vorlesungszeiten 1-2 mal in der Woche arbeiten, in Abstimmung mit dem Unternehmen und vergütet auf Stundenbasis mit dem Mindestlohn.

    Jedoch kann hier noch nicht abgeschätzt werden wir oft/ wieviel er arbeiten wird.

    Vorgabe der Hochschule ist, dass er monatlich einen „Sockelbetrag“, unabhängig von der Arbeitszeit, in Höhe von 450 € erhält.

    Die Vorlesungsfreien Zeiten sind insgesamt ca. 17 Wochen im Jahr, in welchen er dann Vollzeit (40 h) mit Mindestlohn arbeiten würde.


    Von der Hochschule kam die Aussage man soll einen „großen Werkstudentenvertrag“ machen. Wir haben jedoch noch nie davon gehört.


    Nach Recherche fanden wir verschiedene Aussagen zur Mindestlohnpflicht während des Pflichtpraktikum und der Bachelorarbeit.

    Ebenfalls ob es nun als Werkstudent 106 oder als Auszubildender 102 anzumelden ist.


    Uns stellt sich nun die Frage wie ist er anzumelden?

    - Während des Semesters wenn er nur den Sockelbetrag bekommt von 450 €?

    Ist es korrekt, dass der Betrag sv- und st-pflichtig ist?

    - Während des Semesters wenn er den Sockelbetrag bekommt und ggf. noch 1-2 Tage in der Woche arbeitet.

    - Während des vorgeschriebenen Pflichtpraktikums:

    1. Und ist er hier dann Mindestlohnpflichtig?

    2. Ist es dann PGS 190 und 0000 oder bleibt es bei dem 1111?

    - Während der Bachelorarbeit und ist der hier Mindestlohnpflichtig?


    Vielen Dank im Voraus.

     

  • 02
    RE: Anlage Student (Studium mit vertiefter Praxis)

    Guten Tag,
     
    Teilnehmer an dualen Studiengängen (Studium mit vertiefter Praxis) sind in versicherungsrechtlicher Hinsicht kraft gesetzlicher Fiktion den zur Berufsausbildung Beschäftigten gleichgestellt. Als solche unterliegen sie damit für die gesamte Dauer des dualen Studiums, das heißt, sowohl während der Praxisphasen als auch während der Studien- bzw. Vorlesungsphasen, der Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung.
    Wesentliches Kriterium für das Vorliegen eines dualen Studiums ist die Verzahnung von Theorie und Praxis. Duale Studiengänge können nach Art und Intensität der Integration in ausbildungsintegrierte Studiengänge, praxisintegrierte Studiengänge und im weiteren Sinne in berufsintegrierte oder berufsbegleitende Studiengänge unterschieden werden.
     
    Praxisintegrierte duale Studiengänge weisen regelmäßig einen hohen Anteil berufspraktischer Phasen auf. Das Studium wird in diesen Studiengängen mit einer Tätigkeit im Betrieb derart verbunden, dass die Praxis inhaltlich und zeitlich mit der theoretischen Ausbildung verbunden ist. Der Abschluss eines Ausbildungsvertrages ist hier nicht Voraussetzung. Insoweit grenzt sich das praxisintegrierte von dem ausbildungsintegrierten Studium ab.
     
    Nach unserer Einschätzung sind die Regelungen der praxisintegrierten Studiengängen auf das von Ihnen geschilderte Modell zu übertragen. Insoweit liegt hier bei einer Entgeltzahlung für die gesamte Studiendauer Sozialversicherungspflicht in Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung vor.
    Eine verbindliche sozialversicherungsrechtliche Beurteilung kann nur die für den Studenten zuständige Krankenkasse vornehmen.
     
    Ihre Frage nach dem Mindestlohn betrifft arbeitsrechtliche Regelungen. Bitte haben Sie Verständnis, dass wir in diesem Forum zu Fragen des Arbeitsrechts keine Stellungnahme abgeben können.
     
    Antworten auf arbeitsrechtliche Fragen erhalten Sie u. a. von Arbeitgeberverbänden, Kammern (Handwerkskammer, Industrie- und Handelskammer) sowie Fachanwälten für Arbeitsrecht.
     
    Im Rahmen unseres Expertenforums können mittlerweile Fragen zum Arbeits- und Steuerrecht von externen Experten beantwortet werden, sofern Ihr Eintrag mit dem Cluster „Arbeitsrecht“ bzw. „Steuerrecht“ gekennzeichnet wurde.
     
    Daher haben wir Ihre Anfrage in die Rubrik Arbeitsrecht „umgeswitcht“. Sie erhalten somit eine Antwort/ Stellungnahme aus dem Bereich „Arbeitsrecht“.
     
    Mit freundlichen Grüßen
     
    Ihr Expertenteam

  • 03
    RE: Anlage Student (Studium mit vertiefter Praxis)

    Sehr geehrter Fragesteller,


    vielen Dank für Ihre Frage.


    Aus arbeitsrechtlicher Sicht gilt im Hinblick auf die Mindestlohnpflicht Folgendes:


    Das Pflichtpraktikum (Praxissemester) kann mindestlohnfrei ausgestaltet werden. Gesetzliche Grundlage hierfür ist § 22 Abs. 1 Nr. 1 Mindestlohngesetz. Allerdings müsste in diesem Falle der Werkstudentenvertrag, mit dem ein Arbeitsverhältnis begründet wird, vor Beginn des Pflichtpraktikums enden und darf auch nicht vor Ende des Pflichtpraktikums wieder beginnen. Das heißt, die Zeit des Pflichtpraktikums darf nur mit dem Praktikumsverhältnis „belegt" sein. Empfehlenswert ist, für das Praktikum einen gesonderten Vertrag abzuschließen, in dem ausdrücklich festgehalten wird, dass der Student im fraglichen Zeitraum sein Pflichtpraktikum nach der Hochschulordnung absolviert.


    Die Anfertigung der Bachelorarbeit kann ebenfalls mindestlohnfrei ausgestaltet werden. Allerdings ist dann wichtig, dass der Student tatsächlich nur an seiner Bachelorarbeit arbeitet und gerade nicht zur Arbeitsleistung herangezogen wird.


    Sollten Sie die Tätigkeit als Werkstudent und das Anfertigen der Bachelorarbeit parallel abwickeln wollen, müssen die beiden Tätigkeitsbereiche strikt voneinander getrennt werden. Es muss sichergestellt sein, dass der Werkstudent in diesem Falle nur während der vertraglich vereinbarten Zeiten für seine „normale" Arbeitsleistung als Werkstudent herangezogen wird, während der übrigen Zeiten, in denen er die Bachelorarbeit anfertigt, keine Arbeitsleistungen erbringt. Dabei sollten auch kurzfristige Arbeitsaufträge an den Werkstudenten vermieden werden. Empfehlenswert ist insoweit, die Arbeitszeiten im Rahmen des Werkstudentenvertrages genau festzulegen und es darüber hinaus dem Werkstudenten freizustellen, ob und wann er seine Bachelorarbeit im Unternehmen anfertigt.


    Sollten Anfertigung der Bachelorarbeit und die Tätigkeit als Werkstudent vermischt werden, besteht die Gefahr, dass die gesamte Zeit (also Tätigkeit als Werkstudent und Anfertigen der Bachelorarbeit) insgesamt der Mindestlohnpflicht unterfällt.


    Sollten Sie weitere Fragen haben, stehen wir gern zur Verfügung.


    Mit freundlichen Grüßen

    Ihr Fachexperte Arbeitsrecht

     

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