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Welche Fragen Arbeitgeber auch zum Thema Sozialversicherungsrecht bewegen: Die Rechtsdatenbank der AOK liefert die Antworten – einfach, fundiert und topaktuell.

Abfindung - Höhe und Fälligkeit der Abfindung
Abfindung - Höhe und Fälligkeit der Abfindung
Inhaltsübersicht
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Information
1. Allgemeines
Der Arbeitgeber braucht nur dann eine Abfindung zu zahlen, wenn der Arbeitnehmer dafür eine Anspruchsgrundlage hat. Die Höhe der Abfindung richtet sich immer nach der maßgeblichen Rechtsgrundlage. Das kann ein Abfindungsanspruch nach § 1a KSchG, §§ 9, 10 KSchG (s. dazu die Stichwörter Abfindung - Anspruch nach § 1a KSchG und Kündigungsschutzprozess - Auflösungsantrag) oder aus einer privaten oder prozessualen Vereinbarung ein (s. dazu u.a. die Stichwörter Aufhebungsvertrag - Abfindung, Kündigungsschutzprozess - Abfindung, Kündigungsschutzprozess - Vergleich und Gliederungspunkt 2.). Die Fälligkeit der Abfindung richtet sich entweder nach § 271 BGB oder sie ergibt sich aus den getroffenen individual- oder kollektivvertraglichen Fälligkeitsabsprachen und -regelungen (s. dazu Gliederungspunkt 3. und die Stichwörter Fälligkeit - Allgemeines ff.).
Praxistipp:
Führt ein mitbestimmter Arbeitgeber eine Betriebsänderung durch, ohne darüber mit seinem Betriebsrat einen Interessenausgleich versucht zu haben, haben infolge der Maßnahme entlassene Mitarbeiter gem. § 113 Abs. 3 i.V.m. § 113 Abs. 1 BetrVG Anspruch auf eine Abfindung (Nachteilsausgleich). Deren Höhe richtet sich nach § 10 KSchG (so: § 113 Abs. 1 Halbs. 2 BetrVG). Der Abfindungsanspruch nach § 113 Abs. 3 BetrVG kann gerichtlich geltend gemacht werden. Dabei sind jedoch die maßgeblichen Ausschlussfristen zu beachten (s. dazu u.a. LAG Berlin, 28.09.2001 - 6 Sa 1030/01).
Arbeitgeber und Personaler sollten die praktische Bedeutung von Höhe und Fälligkeit einer Abfindung nicht verkennen (s. dazu Gliederungspunkt 4.). Beim Abfindungsanspruch nach § 1a KSchG ist die Höhe der Abfindung beispielsweise nicht verhandelbar. Sie beträgt gem. § 1a Abs. 2 Satz 1 KSchG strikte "0,5 Monatsverdienste für jedes Jahr des Bestehens des Arbeitsverhältnisses." Dagegen ist die Abfindungsregelung in den §§ 9, 10 KSchG in den dort gezogenen Grenzen - je nach Alter und Betriebszugehörigkeit - flexibler. Für die Bemessung von Abfindungen gibt es unterschiedliche Faktoren (s. dazu die Auflistungen in Gliederungspunkt 4.). In der arbeitsrechtlichen Praxis spielt die so genannte "Regelabfindung" (= ein halbes Gehalt pro Beschäftigungsjahr) eine nicht zu unterschätzende Rolle. Solange Arbeitgeber und Arbeitnehmer die Sache selbst in der Hand haben, ist die Höhe einer Abfindung frei verhandelbar (s. dazu das Stichwort Abfindung - Arbeitgeberstrategien). Interessante Entscheidungen zu Höhe und Fälligkeit von Abfindungen werden im Rechtsprechungs-ABC vorgestellt (s. dazu Gliederungspunkt 5.).
2. Die Regelungen im KSchG
Im Kündigungsschutzgesetz gibt lediglich § 1a Abs. 2 Satz 1 KSchG eine klare Rechengröße vor (s. dazu die Stichwörter Abfindung - Anspruch nach § 1a KSchG, Kündigung - Abfindungsanspruch, Kündigungsschutzprozess - Abfindung):
"Die höhe der Abfindung beträgt 0,5 Monatsverdienste für jedes Jahr des Bestehens des Arbeitsverhältnisses."
Bei einer Auflösung des Arbeitsverhältnisses gem. § 9 KSchG hat das Arbeitsgericht den Arbeitgeber zur Zahlung einer "angemessenen Abfindung zu verurteilen" (s. dazu das Stichwort Kündigungsschutzprozess - Auflösungsantrag). Und § 10 Abs. 1 KSchG schließt mit
"Als Abfindung ist ein Betrag bis zu zwölf Monatsverdiensten festzusetzen."
an. Für ältere Arbeitnehmer mit längerer Betriebszugehörigkeit ergänzt § 10 Abs. 2 Satz 1 KSchG:
"Hat der Arbeitnehmer das fünfzigste Lebensjahr vollendet und hat das Arbeitsverhältnis mindestens fünfzehn Jahre bestanden, so ist ein Betrag bis zu fünfzehn Monatsverdiensten,"
"hat der Arbeitnehmer das fünfundfünfzigste Lebensjahr vollendet und hat das Arbeitsverhältnis mindestens zwanzig Jahre bestanden, so ist ein Betrag bis zu achtzehn Monatsverdiensten festzusetzen."
Als Monatsverdienst gilt nach § 10 Abs. 3 KSchG,
"was dem Arbeitnehmer bei der für ihn maßgebenden regelmäßigen Arbeitszeit in dem Monat, in dem das Arbeitsverhältnis endet (§ 9 Abs. 2), an Geld und an Sachbezügen zusteht."
Dazu gehören u.a.:
Bruttoverdienst
Gratifikationen
Naturalleistungen
Provisionen
Tantiemen
Umsatzbeteiligungen
Zulagen
Praxistipp:
Arbeitsentgelt, das für einen längeren Zeitraum als einen Monat gezahlt wird, ist anteilig zu berücksichtigen - das 13. Monatsgehalt beispielsweise mit 1/12. War der Arbeitnehmer zuvor arbeitsunfähig krank ohne Entgeltfortzahlung, wird die Abfindung nach dem Arbeitsentgelt berechnet, das der Arbeitnehmer in dem Monat der Beendigung des Arbeitsverhältnisses verdient hätte, wenn er nicht arbeitsunfähig krank gewesen wäre. Echter Aufwendungsersatz wird nicht in die Berechnung einer Abfindung einbezogen.
Allgemein gültige, mathematisch präzise und umsetzbare, Regeln für eine Abfindung gibt es jedoch nicht. Maßgeblich ist der Einzelfall, in dem das Ergebnis auch vom Verhandlungsgeschick der Vertragspartner abhängen kann (s. dazu das Stichwort Abfindung - Arbeitgeberstrategien).
Eine Abfindung ist keine Belohnung oder Gratifikation. Sie soll den Arbeitnehmer für den Verlust des Arbeitsplatzes entschädigen und ihm einen pauschalen Ausgleich für die kündigungsbedingten Vermögens- und Nichtvermögensschäden verschaffen.
3. Die Fälligkeit der Abfindung
Das Bürgerliche Gesetzbuch sieht in § 271 Abs. 1 BGB zur Leistungszeit vor:
"Ist eine Zeit für die Leistung weder bestimmt noch aus den Umständen zu entnehmen, so kann der Gläubiger die Leistung sofort verlangen, der Schuldner sie sofort bewirken."
Beispiel:
Arbeitgeber A hat Mitarbeiter M zum 31.10. gekündigt. M wehrt sich gegen die Kündigung mit einer Kündigungsschutzklage. In der Güteverhandlung am 27.11. schließen A und M einen Beendigungsvergleich - u.a. mit der Vereinbarung: "Der Beklagte zahlt an den Kläger für den Verlust des Arbeitsplatzes in entsprechender Anwendung der §§ 9, 10 KSchG einer Abfindung in Höhe von 2.000 EUR brutto." A kann die 2.000 EUR sofort nach Vergleichsschluss zahlen, M sie sofort nach Vergleichsschluss verlangen.
Praxistipp:
Klare Verhältnisse in puncto Fälligkeit werden geschaffen, wenn in der Abfindungsvereinbarung - und da ist es egal, ob in einem Abwicklungs- oder Aufhebungsvertrag oder in einem gerichtlichen Vergleich - ein konkreter Fälligkeitszeitpunkt vereinbart wird. Zum Beispiel mit der Klausel "Die Abfindung wird mit Beendigung des Arbeitsverhältnisses am 31.03. fällig."
Für den Fall, dass die Parteien einen Zeitpunkt für die Zahlung festgelegt haben, gilt § 271 Abs. 2 BGB:
"Ist eine Zeit bestimmt, so ist im Zweifel anzunehmen, dass der Gläubiger die Leistung nicht vor dieser Zeit verlangen, der Schuldner aber sie vorher bewirken kann."
Der Zeitpunkt der Fälligkeit richtet sich vorrangig nach den Vereinbarungen der Parteien. § 271 Abs. 2 BGB macht die Forderung aus Schuldnersicht vor der Zeit erfüllbar, stellt sie jedoch nicht fällig (s. dazu BGH, 01.02.2007 - III ZR 159/06). Es gibt keine gesetzliche Vorschrift, die eine vorfällige Abfindungszahlung ausschließt (BAG, 23.06.2016 - 8 AZR 757/14).
4. Die praktische Bedeutung
Bei betriebsbedingten Kündigungen, aus deren Anlass der Arbeitgeber dem Mitarbeiter ein Abfindungsangebot nach § 1a Abs. 1 KSchG macht, ist die Abfindungshöhe gesetzlich festgelegt.
Beispiel:
Arbeitnehmer N hat eine 10-jähriger Betriebszugehörigkeit. Das zu berücksichtigende Monatsentgelt beträgt 3.548,70 EUR. Arbeitgeber A muss dem N nun ein Abfindungsangebot von (3.548,70 : 2 x 10 =) 17.743,50 EUR machen (mehr zum Thema in den Stichwörtern Abfindung - Anspruch nach § 1a KSchG und Kündigung - betriebsbedingt: Abfindungsanspruch).
Der gesetzliche Abfindungsrahmen für Auflösungsurteile ist in § 10 KSchG vorgezeichnet (s. dazu auch das Stichwort Kündigungsschutzprozess - Auflösungsantrag). Das Arbeitsgericht wird bei Ermittlung der angemessenen Höhe der Abfindung als wertbildende Faktoren u.a.
das Alter des Arbeitnehmers,
die Dauer seiner Betriebszugehörigkeit,
seinen Familienstand,
Unterhaltspflichten,
den etwaigen Verlust betrieblicher Anwartschaftsrechte,
die Chancen des Arbeitnehmers auf dem Arbeitsmarkt und
die wirtschaftliche Lage des Arbeitgebers
berücksichtigen. Es gibt keine für alle Fälle verbindliche - oder zumindest rechtssichere - Berechnungsmethode. In Kündigungsschutzprozessen, in denen es nicht um einen Auflösungsantrag geht, ist die Höhe der Abfindung vom Verhandlungsgeschick der Parteien abhängig (s. dazu auch das Stichwort Abfindung - Arbeitgeberstrategien).
Praxistipp:
Auch wenn es sie offiziell nicht gibt: In den Verhandlungen vor den Arbeitsgerichten wird immer von der so genannten "Regelabfindung" gesprochen. Das ist ein halbes Brutto-Arbeitsentgelt pro Beschäftigungsjahr. Sie bietet sich an, wenn der Rechtsstreit noch nicht ausgeschrieben und die Chancen Gewinn/Verlust 50/50 verteilt sind. Oder auch nur, um den Prozess schnell zu beenden und danach Ruhe zu haben.
Auch für die Berechnung der Höhe einer Abfindung, die außergerichtlich in einer Beendigungsvereinbarung (Abwicklungsvertrag, Aufhebungsvertrag) vereinbart wird, gibt es keine verbindlichen Regelungen. Auch hier entscheidet das Verhandlungsgeschick der Beteiligten.
Praxistipp:
Je weniger der Arbeitgeber an belastbaren Kündigungsgründen hat, desto größer ist die Chance des Arbeitnehmers, seinen Arbeitsplatz zu retten. Folglich muss der Arbeitgeber in solchen Fällen etwas mehr Geld auf den Tisch legen, wenn er seinen Mitarbeiter dazu motivieren will, den Arbeitsplatz doch aufzugeben. Umgekehrt: Liegen etwa gewichtige Gründe für eine außerordentliche oder eine verhaltensbedingte ordentliche Kündigung vor, sind Mitarbeiter eher geneigt, zur Vermeidung von Schlimmerem für einen relativ geringen Betrag aus dem Ring zu steigen.
Ergeben sich Abfindungsansprüche aus einem Tarifvertrag, einem Interessenausgleich oder in einem Sozialplan, ist dort in der Regel auch bestimmt, wie sich die Höhe der Abfindung berechnet. Tarif- und Betriebspartner haben hier einen weiten Ermessensspielraum.
Der maßgebliche Fälligkeitszeitpunkt lässt sich in der Regel aus den getroffenen Vereinbarungen oder aus den zu beachtenden kollektivrechtlichen Regelungen herleiten - manchmal auch nur unter Beachtung gängiger Auslegungsregeln.
Praxistipp:
Wer in Bereichen, die individualrechtlich gestaltet werden können, auf Nummer sicher gehen will, sollte in der Abfindungsvereinbarung, im Abwicklungs- oder im Aufhebungsvertrag klar vereinbaren, wann der Anspruch auf die Abfindung entstehen soll und wann er fällig ist - z.B. mit: "Die Abfindung ist mit Beendigung des Arbeitsverhältnis am <Datum> fällig." Das Gleiche empfiehlt sich für Abfindungsvereinbarungen, die in einem gerichtlichen Vergleich getroffen werden.
Will der Arbeitnehmer einen so genannten "Steuerschaden" vermeiden (s. dazu auch das Stichwort Abfindung - Steuerrecht), der durch die Auszahlung der Abfindung zu einem Zeitpunkt erfolgen könnte, in dem der Arbeitnehmer noch ein höheres Einkommen hat, sollte er auf eine entsprechende Vereinbarung hinwirken. Das ist nicht Sache des Arbeitgebers.
Praxistipp:
Abfindungen sind bisweilen schneller versprochen als gezahlt. Wer seine Zahlungsverpflichtung als Arbeitgeber nicht ernst nimmt, läuft Gefahr, dass der Beendigungsdeal platzt. § 323 Abs. 1 BGB sieht vor: ""Erbringt bei einem gegenseitigen Vertrag der Schuldner eine fällige Leistung nicht oder nicht vertragsgemäß, so kann der Gläubiger, wenn er dem Schuldner erfolglos eine angemessene Frist zur Leistung oder Nacherfüllung bestimmt hat, vom Vertrag zurücktreten" (s. dazu auch LAG Düsseldorf, 19.03.2010 - 9 Sa 1138/09; BAG, 10.11.2011 - 6 AZR 342/10; BAG, 10.11.2011 - 6 AZR 357/10; BAG, 11.07.2012 - 2 AZR 42/11 - und BAG, 27.08.2014 - 4 AZR 999/12).
Ist der Abfindungsanspruch entstanden und fällig, zahlt der Arbeitgeber trotzdem nicht, kann der Arbeitnehmer seinen Anspruch einklagen und - wenn er bereits einen rechtskräftigen Titel (gerichtliches Auflösungsurteil, gerichtlicher Abfindungsvergleich) hat - auch vollstrecken.
5. Rechtsprechungs-ABC
An dieser Stelle werden einiger der interessantesten Entscheidungen zum Thema Höhe und Fälligkeit einer Abfindung in alphabetischer Reihenfolge nach Stichwörtern geordnet vorgestellt:
5.1 Abgrenzung: Fälligkeit/Entstehung
Bei einer Forderung muss zwischen dem Entstehen des Anspruchs und seiner Fälligkeit unterschieden werden. Beide Zeitpunkte können auseinanderfallen (s. dazu BAG, 23.09.2003 - 1 AZR 576/02). Sobald die für einen Anspruch erforderlichen Tatbestandsvoraussetzungen erfüllt sind, ist er entstanden (so: BAG, 23.09.2003 - 1 AZR 576/02). Die Fälligkeit des Anspruchs kann dagegen erst zu einem späteren Zeitpunkt eintreten (BAG, 19.02.2014 - 5 AZR 700/12).
5.2 Ausschluss vorfälliger Zahlung?
Der vereinfachte Fall: Arbeitgeber A und Arbeitnehmer N haben in einem Kündigungsschutzverfahren einen Prozessvergleich geschlossen. In diesem Prozessvergleich hat sich A u.a. verpflichtet, dem N eine Abfindung von 47.500 EUR brutto zu zahlen. Weiter war vereinbart: "Die gesamte Abfindung wird mit dem regulären Gehaltslauf des auf den Beendigungsmonat folgenden Kalendermonats gezahlt." A rechnete die Abfindung bereits im Beendigungsmonat ab und zahlte ihm auch den Nettobetrag im Beendigungsmonat aus. N meinte, A sei verpflichtet gewesen, ihm die Abfindung erst im Folgemonat auszuzahlen und machte den so genannten "Steuerschaden" - immerhin knapp 5.000 EUR - geltend.
Nach § 271 Abs. 2 BGB kann der Schuldner die Leistung auch dann vorher bewirken, wenn die Parteien eine Leistungszeit vereinbart haben. § 271 Abs. 2 BGB lässt sich allerdings einschränken. Fehlt eine eindeutige Regelung dazu, kann sich der Ausschluss einer vorfälligen Leistung aus den Umständen ergeben, "wenn die Leistungszeit nicht nur im Interesse des Schuldners hinausgeschoben ist, sondern wenn auch der Gläubiger ein rechtlich geschütztes Interesse daran hat, die Leistung nicht vor Fälligkeit entgegennehmen zu müssen" (s. dazu BGH, 25.10.2006 - VIII ZR 23/06 - und BGH, 16.06.1993 - XII ZR 6/92). Ob das dann tatsächlich so ist, bestimmt sich vor allem nach der Natur des Schuldverhältnisses und der Verkehrssitte - was hier nicht bejaht werden konnte (BAG, 23.06.2016 - 8 AZR 757/14 - mit dem Ergebnis, dass N's Forderung unbegründet war).
5.3 Elternzeit-Entlassungsentschädigung
"1. Paragraf 2 Nr. 6 der am 14. Dezember 1995 geschlossenen Rahmenvereinbarung über den Elternurlaub, die im Anhang der Richtlinie 96/34/EG des Rates vom 3. Juni 1996 zu der von UNICE, CEEP und EGB geschlossenen Vereinbarung über Elternurlaub in der durch die Richtlinie 97/75/EG des Rates vom 15. Dezember 1997 geänderten Fassung enthalten ist, ist dahin auszulegen, dass er dem entgegensteht, dass die Entlassungsentschädigung und die Zuwendung für einen Wiedereingliederungsurlaub, die einem unbefristet und in Vollzeit angestellten Arbeitnehmer zu zahlen sind, wenn dieser Arbeitnehmer zu dem Zeitpunkt, in dem er einen Elternurlaub auf Teilzeitbasis in Anspruch nimmt, entlassen wird, zumindest teilweise auf der Grundlage des verringerten Entgelts festgesetzt werden, das er zum Zeitpunkt der Entlassung bezieht."
"2. Art. 157 AEUV ist dahin auszulegen, dass er einer Regelung wie der im Ausgangsverfahren fraglichen entgegensteht, wonach ein unbefristet und in Vollzeit angestellter Arbeitnehmer, wenn dieser Arbeitnehmer zu dem Zeitpunkt entlassen wird, in dem er einen Elternurlaub auf Teilzeitbasis in Anspruch nimmt, eine Entlassungsentschädigung und eine Zuwendung für einen Wiedereingliederungsurlaub erhält, die zumindest teilweise auf der Grundlage des verringerten Entgelts, das er bei der Entlassung bezieht, festgesetzt werden, wenn sich eine deutlich höhere Zahl von Frauen als von Männern dazu entschließt, einen Elternurlaub auf Teilzeitbasis in Anspruch zu nehmen, und wenn die sich hieraus ergebende Ungleichbehandlung nicht durch objektiv gerechtfertigte Faktoren, die nichts mit einer Diskriminierung aufgrund des Geschlechts zu tun haben, erklären lässt" (EuGH, 08.05.2019 - C-486/18 - Leitsätze - Frankreich).
5.4 Gestaffelte Abfindungshöhe
"1. Sozialpläne dürfen eine nach Lebensalter oder Betriebszugehörigkeit gestaffelte Abfindungsregelung vorsehen. Sie dürfen für rentenberechtigte Arbeitnehmer Sozialplanleistungen reduzieren oder ganz ausschließen. Die damit verbundene unterschiedliche Behandlung wegen des Alters ist durch § 10 Satz 3 Nr. 6 AGG gedeckt. 2. § 10 Satz 3 Nr. 6 AGG verstößt nicht gegen das gemeinschaftsrechtliche Verbot der Altersdiskriminierung. Die Regelung ist iSv. Art. 6 Abs. 1 Satz 1 der Richtlinie 2000/78/EG durch ein vom nationalen Gesetzgeber verfolgtes legitimes Ziel gerechtfertigt. Es entspricht einem allgemeinen sozialpolitischen Interesse, dass Sozialpläne danach unterscheiden können, welche wirtschaftlichen Nachteile den Arbeitnehmern drohen, die durch eine Betriebsänderung ihren Arbeitsplatz verlieren" (BAG, 26.05.2009 - 1 AZR 198/08 - Leitsätze).
5.5 Haftung für "Steuerschaden"?
"Vereinbaren die Parteien in einem in einem Kündigungsschutzprozess abgeschlossenen Vergleich die Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 31.12.2004 und Freistellung von der Arbeit ab Juli 2004 sowie dass die zu zahlende Abfindungssumme 'zum 01.01.2004 fällig' wird, so verstößt der zahlungspflichtige Arbeitgeber nicht gegen seine Vertragspflichten aus dem Vergleich, wenn er die Überweisung des Abfindungsbetrages so terminiert, dass diese im Dezember 2003 dem Konto des Arbeitnehmers gutgeschrieben wird. Für steuerliche Nachteile, die dadurch entstehen, dass der Abfindungsbetrag nicht - wie vom Arbeitnehmer gewünscht - erst im Jahr 2004 auf seinem Konto eingegangen ist, haftet der Arbeitgeber nicht" (LAG Bremen, 03.11.2005 - 3 Sa 111/05 - Leitsätze).
5.6 Ungleichbehandlung
"Paragraf 4 Nr. 1 der Rahmenvereinbarung über befristete Arbeitsverträge vom 18. März 1999, die im Anhang der Richtlinie 1999/70/EG des Rates vom 28. Juni 1999 zu der EGB‑UNICE‑CEEP-Rahmenvereinbarung über befristete Arbeitsverträge enthalten ist, ist dahin auszulegen, dass er einer nationalen Regelung nicht entgegensteht, wonach in einer Situation wie der in den Ausgangsverfahren in Rede stehenden, in der die Kündigung eines zwischen dem Arbeitgeber und einem seiner Kunden geschlossenen Dienstleistungsvertrags zum einen die Beendigung von zwischen diesem Arbeitgeber und einigen seiner Arbeitnehmer geschlossenen Arbeitsverträgen zur Erbringung einer Werk- oder Dienstleistung zur Folge hatte und zum anderen zur auf einen sachlichen Grund gestützten kollektiven Entlassung von von diesem Arbeitgeber unbefristet eingestellten Arbeitnehmern geführt hat, die den befristet beschäftigten Arbeitnehmern wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses gezahlte Entschädigung niedriger ist als diejenige, die den unbefristet beschäftigten Arbeitnehmern gewährt wird" (EuGH, 11.04.2019 - C-29/18, C-30/18 u. C-44/18 Leitsatz - Spanien).