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Welche Fragen Arbeitgeber auch zum Thema Sozialversicherungsrecht bewegen: Die Rechtsdatenbank der AOK liefert die Antworten – einfach, fundiert und topaktuell.

Arbeitslosengeld II
Arbeitslosengeld II
Normen
Kurzinfo
Das Arbeitslosengeld II ist eine Fürsorgeleistung mit Bedürftigkeitsprüfung. Leistungsberechtigt sind erwerbsfähige Hilfebedürftige, die keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld haben. Das Arbeitslosengeld II umfasst
die Regelleistung,
ggf. Mehrbedarf,
Kosten für Unterkunft und Heizung,
ggf. abweichende Erbringung von Leistungen.
Voraussetzung für einen Leistungsbezug ist, dass nach § 37 Abs. 1 Satz 1 SGB II ein Antrag gestellt wird. Bei einem Antrag i.S.d. Vorschrift Antrag handelt es sich um eine einseitige, empfangsbedürftige, öffentlich-rechtliche Willenserklärung, auf die - sofern das Sozialrecht keine speziellen Regelungen trifft - die Vorschriften des Bürgerliches Gesetzbuch, insbesondere § 133 BGB, Anwendung finden (BSG, 17.07.1990 - 12 RK 10/89). Maßgebend für die Auslegung eines Antrags ist daher - unter Berücksichtigung aller Umstände - der erkennbare wirkliche Wille des Antragstellers (BSG, 02.04.2014 - B 4 AS 29/13 R). Die Auslegung selbst hat nach dem Grundsatz der Meistbegünstigung zu erfolgen (vgl. BSG, 06.05.2010 - B 14 AS 3/09 R). Danach ist, sofern eine ausdrückliche Beschränkung auf eine bestimmte Leistung nicht vorliegt, davon auszugehen, dass der Antragsteller die nach der Lage des Falls ernsthaft in Betracht kommenden Leistungen begehrt, unabhängig davon, welcher Antragsvordruck hierfür benutzt oder welchen Ausdruck gewählt wird (vgl. z.B. BSG, 24.04.2015 - B 4 AS 22/14 R).
Als einseitiges Recht ist es möglich, durch die Antragstellung den Leistungsbeginn zu bestimmen (vgl.hierzu BSG, 28.10.2014 - B 14 AS 36/13 R). Die Zulässigkeit dessen folgt bereits aus dem gesetzlichen Antragsgrundsatz und -erfordernis. Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende werden nicht ohne Rücksicht auf ein konkretes Leistungsbegehren erbracht. Der Staat ist zwar verpflichtet, die Existenz eines jeden Grundrechtsträgers zu gewährleisten (BVerfG, 09.02.2010 - 1 BvL 1/09, 1 BvL 3/09, 1 BvL 4/09 - BVerfGE 125, 175), allerdings dürfen Sozialleistungen einem Hilfebedürftigen jedoch nicht aufgezwungen werden, da mit der Erbringung dieser Leistungen nicht nur Rechte, sondern ebenso Pflichten für die Leistungsempfänger verbunden sind. Die Entscheidung über die Inanspruchnahme von Leistungen und den damit verbundenen Eintritt in den Pflichtenkreis des SGB II bleibt daher zwar dem Antragsteller vorbehalten, der dabei grundsätzlich auch über den Beginn der Leistungsinanspruchnahme bestimmen kann. Ebenso steht es ihm grundsätzlich frei seinen Antrag zurückzunehmen, um nicht dem Regime des SGB II zu unterfallen (vgl. SG Stade, 05.10.2020 - S 28 AS 352/18). Der rechtlich zulässigen Disposition des Antragstellers unterfällt hingegen nicht die nachträgliche Beschränkung des einmal gestellten Antrags, wenn dadurch die materiell-rechtlichen Leistungsvoraussetzungen innerhalb des Antragsmonats zugunsten des Antragstellers verändert werden sollen (s. Schlegel/Voelzke (Aubel), jurisPK-SGB II, 3. Aufl 2012, § 37 Rn. 30), da dies insbesondere dem Nachranggrundsatz des § 2 Abs. 2 Satz 1 SGB II widerspricht, wonach die Leistungsberechtigten ihren Lebensunterhalt zuvörderst aus eigenen Mitteln und Kräften zu bestreiten haben (vgl. BT-Drs. 17/3404, S 114).
Für Bewilligungszeiträume, die in der Zeit vom 31.03.2020 bis vor dem 31.08.2020 enden, werden nach § 67 Abs. 5 SGB II die Leistungen auf Basis der Verhältnisse des bisherigen Bewilligungsabschnitts weiter bewilligt. Hierfür ist abweichend von § 37 SGB II kein erneuter Antrag erforderlich. Der zuletzt gestellte Antrag gilt insoweit einmalig für einen weiteren Bewilligungszeitraum fort.
Für die Leistungserbringung sind grundsätzlich die Jobcenter als Arbeitsagenturen und die Kommunalbehörden für die Betreuung der Arbeitslosengeld-II-Bezieher zuständig. Jobcenter sind gem. § 6d SGB II die gemeinsamen Einrichtungen nach § 44b SGB II und die zugelassenen kommunalen Träger nach § 6a SGB II.
Personen, die neben Arbeitslosengeld oder Teilarbeitslosengeld auch Arbeitslosengeld II beziehen, erhalten gem. § 5 Abs. 4 SGB II Leistungen zur aktiven Arbeitsmarktpolitik vom Träger der Arbeitsförderung nach dem SGB III.
Information
Inhaltsübersicht
- 1.
- 2.
- 3.
- 4.
- 5.
- 6.
- 7.
Das Arbeitslosengeld II dient der Sicherung des Lebensunterhaltes von erwerbsfähigen Leistungsberechtigten. Es umfasst
Leistungen zur Sicherung des laufenden Lebensunterhaltes. Hierzu gehören nach § 19 Abs. 1 S. 3 SGB II der Regelbedarf, der Mehrbedarf und die Bedarfe für die Unterkunft und Heizung.
Ggf. Leistungen für einmalige Bedarfe, d.h. Bedarfe, die nicht laufend anfallen.
Leistungsberechtigt sind diejenigen, die die Voraussetzungen nach § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 - 4 SGB II erfüllen oder gem. § 7 Abs. 2 Satz 1 SGB II durch die Öffnungsklausel in den Leistungsbereich einer erwerbsfähigen Leistungsberechtigung hineinkommen (Bedarfsgemeinschaft). Leistungsberechtigt sind darüber hinaus auch Auszubildende, sofern sie nicht vom Leistungsausschluss des § 7 Abs. 5 SGB II betroffen sind oder die in den Anwendungsbereich des § 27 SGB II fallen. Vom Leistungsbezug im Bereich des SGB II ist auch nicht erfasst, wer mit einer Person zusammenlebt, die die Voraussetzungen eines Leistungsausschlusses erfüllt, z.B. § 7 Abs. 1 Satz 2 oder Abs. 4 SGB II (sog. "gemischte" Bedarfsgemeinschaft).
1. Regelbedarf
Der Regelbedarf zur Sicherung des Lebensunterhaltes umfasst nach § 20 Abs. 1 Satz 1 SGB II insbesondere Ernährung, Kleidung, Körperpflege, Hausrat sowie sonstige Aufwendungen des täglichen Lebens und wird nach § 20 Abs. 1 Satz 3 SGB II als Pauschalbetrag gewährt. Über die Verwendung der zur Deckung des Regelbedarfs erbrachten Leistungen entscheiden die Leistungsberechtigten eigenverantwortlich; dabei haben sie das Eintreten unregelmäßig anfallender Bedarfe zu berücksichtigen.
Jeweils zum 01.01. eines Jahres wird die Regelleistung im Wege einer Rechtsverordnung angepasst. Die Regelbedarfe werden gem. § 28 SGB XII im Regelbedarfs-Ermittlungsgesetz (RBEG) ermittelt und sind gem. § 20 Abs. 5 SGB II auch für die Anpassung der Regelbedarfe nach dem SGB II anwendbar.
Regelbedarfsstufen seit dem 01.01.2021:
Alleinlebende/ Alleinerziehende Volljährige mit minderjährigen Partnern | Kinder | Sonstige Angehörige der Bedarfsgemeinschaft | |||
---|---|---|---|---|---|
Kinder von 0 bis unter 6 Jahren | Kinder ab Beginn des 6. Lebensjahres bis unter 14 Jahren | Kinder ab Beginn des 14. Lebensjahres bis zur Vollendung des 17. Lebensjahres | Volljährige bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres, Personen unter 25 Jahre, die ohne Zusicherung des kommunalen Trägers umziehen (18-24 Jahre) | jeweils für zwei und in einem gemeinsamen Haushalt zusammenlebende Partner | |
RBS 1 § 20 Abs. 2 Satz 1 SGB II § 8 Abs. 1 Nr. 1 RBEG § 2 RBSFV | RBS 6 § 23 Nr. 1 SGB II § 8 Abs. 1 Nr. 6 RBEG § 2 RBSFV | RBS 5 § 23 Nr. 1 SGB II § 8 Abs. 1 Nr. 5 RBEG § 2 RBSFV | RBS 4 § 23 Nr. 1 SGB II § 8 Abs. 1 Nr. 4 RBEG § 2 RBSFV | RBS 3 § 20 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 SGB II § 20 Abs. 3 SGB II § 8 Abs. 1 Nr. 3 RBEG § 2 RBSFV | RBS 2 § 20 Abs. 4 SGB II § 8 Abs. 1 Nr. 2 RBEG § 2 RBSFV |
446,00 EUR | 283,00 EUR | 309,00 EUR | 373,00 EUR | 357,00 EUR | 401,00 EUR |
Die Regelbedarfsstufen gelten auch für den Bereich SGB XII. Seit August 2017 erhalten nicht erwerbsfähige oder behinderte, erwachsene Sozialhilfeempfänger 100% statt 80% der Grundsicherung. Leben Menschen mit Behinderung in stationären Einrichtungen, erhalten sie die Regelbedarfsstufe 2.
2. Mehrbedarfe
Die pauschalierten Regelbedarfe werden in besonderen Lebenssituationen um sog. "Mehrbedarfe" ergänzt. Folgende zusätzliche Leistungen sind in § 21 SGB II vorgesehen:
Werdende Mütter, die erwerbsfähig und hilfebedürftig sind, erhalten nach der zwölften Schwangerschaftswoche einen Mehrbetrag von 17 % der Regelleistung.
Für Personen, die mit einem oder mehreren minderjährigen Kindern zusammenleben und allein für deren Pflege und Erziehung sorgen, ist ein Mehrbedarf anzuerkennen:
- i.H.v. 36 % der Regelleistung, wenn sie mit einem Kind unter sieben Jahren oder mit zwei oder drei Kindern unter 16 Jahren zusammenleben oder
- i.H.v. 12 % der Regelleistung für jedes Kind, wenn sich dadurch ein höherer Prozentsatz als nach der vorhergehenden Regelung ergibt, höchstens jedoch i.H.v. 60 % der maßgebenden Regelleistung.
Erwerbsfähige behinderte Hilfebedürftige, denen Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nach den Vorschriften des SGB IX oder sonstige Hilfen zur Erlangung eines Arbeitsplatzes bewilligt wurden, erhalten einen Mehrbedarf von 35 % der Regelleistung.
Erwerbsfähige Hilfebedürftige, die aus medizinischen Gründen einer kostenaufwändigen Ernährung bedürfen, erhalten einen Mehrbetrag in angemessener Höhe.
Bei Leistungsberechtigten wird ein zusätzlicher Mehrbedarf anerkannt, soweit im Einzelfall ein unabweisbarer, laufender, nicht nur einmaliger besonderer Bedarf besteht.
Bei Leistungsberechtigten wird ein Mehrbedarf anerkannt, soweit Warmwasser durch in der Unterkunft installierte Vorrichtungen erzeugt wird (dezentrale Warmwassererzeugung) und deshalb keine Bedarfe für zentral bereitgestelltes Warmwasser nach § 22 SGB II anerkannt werden.
Die Summe der insgesamt gezahlten Mehrbedarfe darf die Höhe der für erwerbsfähige Leistungsberechtigte maßgebenden Regelbedarfe nicht übersteigen, § 21 Abs. 8 SGB II.
3. Leistungen für Unterkunft und Heizung
Unterkunfts- und Heizkosten werden, sofern sie angemessen sind, in tatsächlicher Höhe übernommen, § 22 SGB II.
Laufende Leistungen für Heizkosten bzw. monatliche Abschlagszahlungen an den Vermieter sind grundsätzlich zu übernehmen. Hat der Sozialleistungsträger eine Wohnung als dem Grunde nach angemessen anerkannt, so kann dieser nachträglich nicht bei den Heizkosten eine in Relation zur Anzahl der Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft unangemessene Wohnungsgröße geltend machen (BSG, 02.07.2009 - B 14 AS 36/08 R).
Welche Wohnkosten als angemessen angesehen werden, sind nach den Verhältnissen des Einzelfalles zu beurteilen. Dabei sollte die Zahl der Familienangehörigen, Alter, Geschlecht, Gesundheitszustand, vertraute Umgebung und ggf. vorhandene Nachbarschaftshilfe bei Senioren berücksichtigt werden. Außerdem sind das örtliche Mietniveau und die örtliche Wohnungsmarktsituation zu beachten. Dies geschieht überwiegend durch den Erlass einer öffentlich-rechtlichen Satzung (KdU-RL).
Kosten einer Wohnungsbeschaffung (Umzugskosten, Kaution) sind durch den Leistungsträger zu erstatten, wenn der Umzug durch diesen veranlasst wurde. Gemäß § 22a SGB II können die Länder die Kreise und kreisfreien Städte durch Gesetz ermächtigen oder verpflichten, durch Satzung zu bestimmen, in welcher Höhe Aufwendungen für Unterkunft und Heizung in ihrem Gebiet angemessen sind. Die Regelungen erfolgen auf der Grundlage der §§ 22a - 22 c SGB II.
Grundsätzlich gilt, dass Wohnraum als angemessen angesehen werden kann, sofern dieser bezogen auf Ausstattung, Lage und Bausubstanz einfachen und grundlegenden Bedürfnissen genügt.
Es kann von folgenden Richtwerten ausgegangen werden:
Anzahl der Personen | Angemessener Wohnraum |
---|---|
1 | ca. 45 bis 50 qm Wohnfläche |
2 | ca. 65 qm Wohnfläche oder zwei Wohnräume |
3 | ca. 80 qm Wohnfläche oder drei Wohnräume |
4 | ca. 85 bis 95 qm Wohnfläche oder vier Wohnräume |
5 | ca. 110 qm oder fünf Wohnräume |
Für jedes Familienmitglied erhöht sich der Wohnraum um ca. 10 qm bis 15 qm.
Unverheiratete, volljährige, unter 25-jährige Leistungsberechtigte in der Bedarfsgemeinschaft der Eltern benötigen für eine eigene Wohnung vorab die Zusicherung des Leistungsträgers (vgl. § 34 SGB X). Fehlt die Zusicherung, werden keine Leistungen für Unterkunft und Heizung sowie Wohnungserstausstattung gezahlt und die Regelleistung wird auf 80 % gekürzt. Ferner entfällt in solchen Fällen der Anspruch auf Übernahme der Wohnungsbeschaffungskosten und Umzugskosten, § 22 Abs. 6 SGB II. Der kommunale Träger ist jedoch zur Zusicherung verpflichtet, wenn der unter 25-Jährige aus beruflichen, schwerwiegenden sozialen oder anderen zwingenden Gründen nicht auf die elterliche Wohnung verwiesen werden kann.
Leistungsberechtigte mit Wohneigentum erhalten für eine nach § 12 Abs. 3 Nr. 4 SGB II geschützte Unterkunft ebenfalls die angemessenen Bedarfe für Unterkunft und Heizung sowie ggf. nach § 22 Abs. 2 SGB II unabweisbare Aufwendungen für Instandhaltung und Reparatur.
4. Unabweisbarer Bedarf
Nach § 24 Abs. 3 SGB II handelt es sich - entgegen der Bedarfe nach § 24 Abs. 1 SGB II - um Bedarfe, die nicht vom Regelbedarf umfasst sind, z.B. Erstausstattung der Wohnung, Bedarfe bei Schwangerschaft und Geburt, orthopädische Hilfsmittel. "Zuschussleistungen" sind gem. § 24 Abs. 3 SGB II:
die Erstausstattung einer Wohnung einschließlich Haushaltsgeräten,
die Erstausstattung mit Kleidungsstücken; dies gilt auch bei Schwangerschaft und Geburt sowie
Anschaffungen und Reparaturen von orthopädischen Schuhen, Reparaturen von therapeutischen Geräten und Ausrüstungen sowie die Miete von therapeutischen Geräten.
Einmalleistungen werden auch dann erbracht, wenn keine laufende Leistung zur Sicherung des Lebensunterhalts benötigt wird, aber der Bedarf für die vorgenannten Einmalleistungen aus eigenen Kräften und Einkommen nicht vollständig möglich ist (vgl. § 24 Abs. 3 Satz 3 SGB II).
5. Leistungsfortzahlung bei Arbeitsunfähigkeit
Arbeitsunfähige Bezieher von Arbeitslosengeld II erhalten damit Leistungen der Arbeitsagentur grundsätzlich ohne zeitliche Begrenzung weitergezahlt. Dies gilt nur dann nicht, wenn der Antragsteller nicht mehr gem. § 8 SGB II erwerbsfähig ist.
6. Leistungen aus der gesetzlichen Renten- und Unfallversicherung
§ 25 SGB II regelt die vorschussweise Zahlung von Übergangsgeld und Verletztengeld durch den bisherigen Leistungsträger (Agentur für Arbeit, Arbeitsgemeinschaften, kommunale Träger).
Sofern ein Bezieher von Arbeitslosengeld II dem Grunde nach Anspruch auf Übergangsgeld bei medizinischen Leistungen der gesetzlichen Rentenversicherung hat, ist das Arbeitslosengeld II zunächst als Vorschuss durch die Träger der Arbeitsverwaltung weiterzuzahlen. Gleiches gilt auch bei einem Anspruch auf Verletztengeld aus der gesetzlichen Unfallversicherung.
7. Einkommens- und Vermögensanrechnung
Zu berücksichtigen ist grundsätzlich Einkommen nach § 11 SGB II und das verwertbare Vermögen sowie das Vermögen der im Haushalt lebenden Angehörigen.
Nach § 67 Abs. 2 SGB II wird aufgrund der Coronapandemie das Vermögen des Antragstellers für die Dauer von sechs Monaten nicht berücksichtigt. Die Aussetzung der Vermögensprüfung gilt für jeweils die ersten sechs Monate von Bewilligungszeiträumen, die in der Zeit vom 01.03. bis zum 31.12.2020 beginnen. Maßgeblich für die Berechnung der Sechsmonatsfrist ist der Beginn des jeweiligen Bewilligungszeitraums. Dies gilt sowohl für Erst- als auch für Weiterbewilligungsanträge.
Verwertbar ist Vermögen i.S.d. § 12 Abs. 1 SGB II, wenn seine Gegenstände verbraucht, übertragen und belastet werden können (BSG, 16.05.2007 - B 11b AS 37/06 R). Der Begriff der Verwertbarkeit ist ein rein wirtschaftlicher und beurteilt sich sowohl nach den tatsächlichen als auch nach den rechtlichen Verhältnissen (BSG, 22.03.2012 - B 4 AS 99/11 R). Dabei ist eine Prognose zu treffen, ob der Vermögensgegenstand innerhalb eines Bewilligungszeitraumes verwertet, d.h. der Bedarfsdeckung zur Verfügung stehen könnte (BSG, 20.02.2014 - B 14 AS 10/13 R).
Für die Bewertung des Vermögensgegenstandes ist nach § 12 Abs. 4 Satz 2 SGB II der Zeitpunkt maßgebend, in dem der Antrag auf Bewilligung von Leistungen gestellt wird. Soweit Hilfebedürftigen der sofortige Verbrauch oder die sofortige Verwertung von zu berücksichtigendem Vermögen nicht möglich ist oder für sie eine besondere Härte bedeuten würde, sind nach § 24 Abs. 5 SGB II Leistungen als Darlehen zu erbringen. Nach § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 6 SGB II sind als Vermögen Sachen und Rechte nicht zu berücksichtigen, soweit ihre Verwertung offensichtlich unwirtschaftlich ist oder für den Betroffenen eine besondere Härte bedeuten würde.
Vom Vermögen abzusetzen sind gem. § 12 Abs. 2 SGB II bestimmte Freibeträge.
Ebenso findet gem. § 11 Abs. 1 SGB II jede Einnahme in Geld Berücksichtigung bei der Beurteilung, ob Hilfebedürftigkeit vorliegt. Es kommt dabei nicht darauf an, ob sie zur Deckung des Lebensunterhaltes bestimmt oder steuerpflichtig sind und ob es sich um einmalige oder laufende Einnahmen handelt. Einnahmen in Geldeswert finden Berücksichtigung nach § 11 Abs. 1 Satz 2 SGB II, wenn es sich um Einnahmen im Rahmen einer Erwerbstätigkeit, des Bundesfreiwilligendienstes oder eines Jugendfreiwilligendienstes handelt.
Zum Einkommen gehören beispielsweise Einnahmen aus einer nicht selbstständigen oder selbstständigen Erwerbstätigkeit, Entgeltersatzleistungen, Kapital- und Zinserträge oder Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung. Nicht zu berücksichtigende Einnahmen bestimmen sich nach § 11a SGB II.
Pflegegeld zur Erziehung und Betreuung der nicht eigenen Kinder gem. dem SGB VIII ist als Einkommen ab dem 3. Pflegekind anzurechnen, während für das 1. und 2. Pflegekind die Leistung nach dem SGB VIII anrechnungsfrei bleibt. Für das 3. Pflegekind wird die Leistung zu 75 % und für das 4. und jedes weitere Pflegekind zu 100 % als Einkommen berücksichtigt (vgl. § 11a Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 SGB II).
Vom Einkommen abzusetzen sind insbesondere gem. § 11b Abs. 1 Nr. 1-6 SGB II:
darauf entfallende Steuern,
Pflichtbeiträge zur Sozialversicherung,
gesetzlich vorgeschriebene und angemessene private Versicherungen (Kfz-Haftpflichtversicherung) und sonstige angemessene Versicherungen (Unfallversicherung),
geförderte Altersvorsorgebeiträge (z.B. Riester-Sparverträge),
Werbungskosten (Berufskleidung, Fahrkosten),
Freibeträge bei Erwerbstätigkeit.
Als Anreiz zur Aufnahme oder Weiterführung (auch einer nicht bedarfsdeckenden Tätigkeit) sind Freibeträge vorgesehen. Die Freibetragsregelung sieht für erwerbsfähige Leistungsberechtigte gem. § 11b Abs. 2 Satz 1 SGB II einen Grundfreibetrag i.H.v. 100,00 EUR monatlich vor, der nicht auf das Arbeitslosengeld II angerechnet wird. Darüber hinaus kann der Grundfreibetrag wegen § 11b Abs. 2 Satz 2 SGB II höher sein. Ein weiterer Freibetrag ergibt sich aus § 11b Abs. 3 Sätze 1 und 2 SGB II, wonach ein Erwerbstätigenfreibetrag geltend gemacht werden kann. Dieser beläuft sich
für den Teil des Bruttoverdienstes, der 100,00 EUR übersteigt, aber nicht mehr als 1.000,00 EUR beträgt, auf 20 % dieses Einkommens,
für den Teil des monatlichen Bruttoverdienstes, der 1.000,00 EUR übersteigt und nicht mehr als 1.200,00 EUR beträgt, auf 10 % dieses Einkommens.
Hat der Arbeitslosengeld-II-Empfänger mindestens ein minderjähriges Kind oder lebt er mit einem minderjährigen Kind in einer Bedarfsgemeinschaft, so steigt die Obergrenze auf 1.500,00 EUR.
Am 01.01.2008 ist die Verordnung zur Berechnung von Einkommen sowie zur Nichtberücksichtigung von Einkommen und Vermögen beim Arbeitslosengeld II/Sozialgeld (Alg II-V) auf der Grundlage von § 13 SGB II in Kraft getreten. Sie regelt die Anrechnung von Einkommen aus selbstständiger Arbeit, Gewerbebetrieb und Land- und Forstwirtschaft und wird ergänzt durch § 1 Abs. 1 Alg II-V den § 11a SGB II.
§ 6 Abs. 1 Nr. 1 - 5 der Alg II-V regelt die in Form von Pauschbeträgen absetzbaren Beträge (Arbeitslosengeld-II/Sozialgeld-Verordnung vom 29.04.2019 (BGBl. I, 29.04.2019, S. 530)).