Rechtsdatenbank
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Familienversicherung - Ausschluss von Kindern
Familienversicherung - Ausschluss von Kindern
Normen
§ 10 SGB V
§ 25 SGB XI
Gemeinsames Rundschreiben vom 09.12.1988
Gemeinsames Rundschreiben vom 16.12.2002
Grundsätzliche Hinweise Gesamteinkommen im Rahmen der Prüfung der Voraussetzungen der Familienversicherung vom 12.06.2019
Kurzinfo
Falls der Hauptverdiener einer Familie nicht Mitglied der gesetzlichen Krankenversicherung ist, ist die Familienversicherung seiner Kinder bei der Krankenkasse des anderen Elternteils unter bestimmten Voraussetzungen ausgeschlossen.
Information
Inhaltsübersicht
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- 4.
- 5.
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1. Allgemeines
Die kostenlose Familienversicherung ist ein Stützpfeiler des Solidaritätsprinzips in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung. Sie soll denjenigen zugutekommen, die Teil dieser Solidargemeinschaft sind. Sollte der Hauptverdiener einer Familie sich allerdings von der Solidargemeinschaft abgewendet haben, so sollen seine Kinder nicht in den Genuss der kostenlosen Familienversicherung kommen. Dieser Grundgedanke wird in § 10 Abs. 3 SGB V umgesetzt. Damit dieser "Ausschlusstatbestand" greift, müssen folgende Voraussetzungen erfüllt sein:
Der Ehegatte bzw. Lebenspartner des Mitglieds
- ist mit den Kindern verwandt,
- nicht Mitglied einer Krankenkasse,
- verfügt über ein monatliches Gesamteinkommen, das regelmäßig im Monat 1/12 der Jahresarbeitsentgeltgrenze übersteigt, und
- hat ein höheres Gesamteinkommen als das Mitglied.
Falls eines dieser Kriterien nicht erfüllt ist, können die Kinder familienversichert werden. Die einzelnen Voraussetzungen werden im Folgenden näher erläutert.
2. Ehegatte bzw. Lebenspartner des Mitglieds
Der Ausschlusstatbestand von Kindern aus der Familienversicherung greift nur, wenn die Eltern des Kindes miteinander verheiratet bzw. in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft verbunden sind.
Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat mit Beschluss vom 14.06.2011 - 1 BvR 429/11 die Verfassungsbeschwerde einer Frau zurückgewiesen, die eine Ungleichbehandlung zwischen verheirateten und unverheirateten Eltern beanstandet hat. Nach Auffassung des BVerfG verstößt die gesetzliche Regelung nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz i.V.m. dem Grundrecht auf Ehe und Familie.
3. Verwandtschaft mit dem Kind
Weitere Voraussetzung für den Ausschluss der Kinder aus der Familienversicherung ist, dass der Ehegatte bzw. Lebenspartner des Mitglieds mit den Kindern verwandt ist. Sollte das Mitglied das Kind in die Ehe/Lebenspartnerschaft eingebracht haben, das Kind also das Stiefkind des anderen Ehegatten sein, ist eine Familienversicherung möglich, auch wenn die übrigen Kriterien des § 10 Abs. 3 SGB V vorliegen.
4. Keine Mitgliedschaft bei einer Krankenkasse
Hier wird lediglich auf die Frage abgestellt, ob eine Mitgliedschaft innerhalb der gesetzlichen Krankenversicherung besteht, der Ehegatte/Lebenspartner also der Solidargemeinschaft der GKV angehört oder nicht.
5. Gesamteinkommen oberhalb der Jahresarbeitsentgeltgrenze
Weiteres Kriterium ist, dass der Ehegatte bzw. Lebenspartner des Mitglieds über ein Gesamteinkommen verfügt, das regelmäßig im Monat höher ist als 1/12 der Jahresarbeitsentgeltgrenze.
Gesamteinkommen ist die Summe der Einkünfte i.S.d. Einkommensteuerrechts (§ 16 SGB IV), d.h., dass bei der Ermittlung des Gesamteinkommens Werbungskosten, zum Teil in Form von Pauschbeträgen, zu berücksichtigen sind. So ist z.B. beim Arbeitsentgelt der Werbungskostenpauschbetrag nach § 9a EStG in Abzug zu bringen, sofern nicht höhere Werbungskosten nachgewiesen werden. Einkünfte aus Kapitalvermögen sind um den "Sparer-Pauschbetrag" nach § 20 Abs. 9 EStG (Grundsätzliche Hinweise Gesamteinkommen im Rahmen der Prüfung der Voraussetzungen der Familienversicherung vom 12.06.2019) zu verringern. Beim Gesamteinkommen des Ehegatten sind allerdings Sonderausgaben, außergewöhnliche Belastungen, Kinderfreibeträge und der Haushaltsfreibetrag nicht abzuziehen (BSG, 25.08.2004 - B 12 KR 36/03 R).
Bei der Ermittlung des Gesamteinkommens sind die regelmäßigen Bezüge zugrunde zu legen. Das bedeutet, dass ggf. Einmalzahlungen, die mit hinreichender Sicherheit zu erwarten sind, auf den Kalendermonat angerechnet und dem laufenden Einkommen zugerechnet werden. Ein gelegentliches und nicht vorhersehbares Überschreiten der Einkommensgrenze bis zu zwei Monaten im Kalenderjahr führt nicht zum Ausschluss der Familienversicherung.
Werden Einkünfte verschiedener Einkommensarten erzielt, so ist eine Saldierung von negativen und positiven Einkünften zur Ermittlung des Gesamteinkommens möglich (GH v. 12.06.2019 zum Gesamteinkommen, Tit. 2.6). Näheres finden Sie unter dem Stichwort Gesamteinkommen.
Für die Prüfung, ob das monatliche Gesamteinkommen regelmäßig 1/12 der Jahresarbeitsentgeltgrenze übersteigt, ist auf die Jahresarbeitsentgeltgrenze abzustellen, die auch für die Beurteilung der Versicherungspflicht bzw. Versicherungsfreiheit des nicht in der gesetzlichen Krankenversicherung versicherten Ehegatten bzw. Lebenspartners maßgebend ist.
Deshalb gilt für Ehegatten bzw. Lebenspartner, die am 31.12.2002 wegen Überschreitens der Jahresarbeitsentgeltgrenze krankenversicherungsfrei und bei einem privaten Krankenversicherungsunternehmen in einer substitutiven Krankenversicherung versichert waren, die besondere Jahresarbeitsentgeltgrenze (§ 6 Abs. 7 SGB V, GR v. 16.12.2002).
Im Jahr 2021 beträgt sie auf den Monat bezogen 4.837,50 EUR. Für alle übrigen Personen gilt die allgemeine Jahresarbeitsentgeltgrenze (2021 5.362,50 EUR), § 6 Abs. 6 SGB V.
Bei der Feststellung des Gesamteinkommens i.R.d. § 10 Abs. 3 SGB V bzw. § 25 Abs. 3 SGB XI sind Zuschläge, die mit Rücksicht auf den Familienstand gezahlt werden, einkommensmindernd zu berücksichtigen (BSG, 29.07.2003 - B 12 KR 16/02 R), GH v. 12.06.2019 zum Gesamteinkommen, Tit. 2.7.
6. Gesamteinkommen höher als das des Mitglieds
Die Familienversicherung der Kinder soll ausgeschlossen sein, wenn sich der Hauptverdiener einer Familie von der Solidargemeinschaft abgewendet hat. Deshalb wird der Ausschlusstatbestand nur dann wirksam, wenn das Gesamteinkommen des nicht in der gesetzlichen Krankenversicherung versicherten Ehegatten höher ist als das Gesamteinkommen des Mitglieds.