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Welche Fragen Arbeitgeber auch zum Thema Sozialversicherungsrecht bewegen: Die Rechtsdatenbank der AOK liefert die Antworten – einfach, fundiert und topaktuell.

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Verpfändung - Sozialleistungsansprüche
Verpfändung - Sozialleistungsansprüche
Normen
Kurzinfo
Der Leistungsberechtigte kann nach § 53 Abs. 2 und 3 SGB I grundsätzlich rechtsgeschäftlich über einen ihm gegen einen Leistungsträger zustehenden Sozialleistungsanspruch im Wege einer Abtretung verfügen. Da es sich bei dem abgetretenen sozialrechtlichen Anspruch um eine öffentlich-rechtliche Berechtigung handelt, ist auch das Verhältnis zwischen dem Berechtigten und dem Zessionar öffentlich-rechtlicher Natur. Bei der Abtretung handelt es sich um einen öffentlich-rechtlichen Vertrag auf den die Abtretungsvorschriften des BGB (§ 398 ff.) unter Berücksichtigung der sozialrechtlichen Besonderheiten entsprechend anwendbar sind (LSG Hessen, 15.03.2016 - L 3 U 204/11). Umstritten ist, ob der Abtretungsvertrag der Schriftform bedarf. Voraussetzung für eine wirksame Abtretung ist, dass der übertragene Anspruch ausreichend bestimmt oder zumindest bestimmbar ist. Auch künftige Ansprüche können abgetreten werden, wenn der Rechtsgrund dafür bereits gelegt ist und sie bei ihrer Abtretung nach Gegenstand und Umfang bestimmbar sind. Der abgetretene Anspruch geht dann zum Zeitpunkt seines Entstehens auf den Zessionar über. Eine Abtretungserklärung ist nur dann hinreichend bestimmt und damit wirksam, wenn die betreffende Forderung und ihr Rechtsgrund so genau bezeichnet sind, dass bei verständiger Auslegung (gem. §§ 133 und 157 BGB) unzweifelhaft feststeht, auf welche Ansprüche sie sich bezieht.
Sozialrechtliche Ansprüche auf Geldleistungen können nach § 53 Abs. 2 SGB I übertragen und verpfändet werden
- zur Erfüllung oder zur Sicherung von Ansprüchen auf Rückzahlung von Darlehn und auf Erstattung von Aufwendungen, die im Vorgriff auf fällig gewordene Sozialleistungen zu einer angemessenen Lebensführung gegeben oder gemacht worden sind oder
- wenn der zuständige Leistungsträger feststellt, dass die Übertragung oder Verpfändung im wohlverstandenen Interesse des Berechtigten liegt.
Gemäß der Regelung bleiben bei Vorliegen der o.g. Voraussetzungen die Pfändungsgrenzen für Arbeitseinkommen unberücksichtigt und stellen insoweit eine Erweiterung der Verfügungsmöglichkeiten des Sozialleistungsberechtigten dar.
Übertragung und Verpfändung in anderen Fällen, § 53 Abs. 3 SGB I, ist zulässig, wenn der Anspruch nach Maßgabe des § 54 Abs. 4 SGB I pfändbar ist und den unpfändbaren Teil des Einkommens gem. §§ 850c und 850d ZPO übersteigt. Laufende Sozialleistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes sind somit dem Arbeitseinkommen gleichgestellt und stellen eine Erweiterung der Verfügungsmöglichkeiten des Sozialleistungsberechtigten dar.
Bei dem in § 53 Abs. 2 Nr. 2 SGB I verwendeten Tatbestandsmerkmal "wohlverstandenes Interesse des Berechtigten" handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff, dessen Anwendung vollumfänglich der gerichtlichen Überprüfung unterliegt. Ein wohlverstandenes Interesse an der Übertragung eines Sozialleistungsanspruchs auf einen Dritten setzt jedenfalls einen gleichwertigen Vorteil zugunsten des Sozialleistungsberechtigten voraus (vgl. BSG, 25.05.1972 - 5 RKn 24/71). Die Konkretisierung des unbestimmten Rechtsbegriffs hängt auch vom Zwecke der jeweiligen Sozialleistung ab, wobei strenge Maßstäbe anzulegen sind. Wesentlich ist, dass der leistungsberechtigte auf den infrage stehenden Vorteil keinen rechtlichen Anspruch haben darf, da es sich ansonsten um keinen echten Vorteil handelt (vgl. Lilge, SGB I, § 53 Rn. 37). Allerdings hat das BSG auch entschieden, dass nicht mehr von einem wohlverstandenen Interesse auszugehen ist, wenn bei einer zur Sicherung der Befriedigung lebensnotwendiger Bedürfnisse begründeten Schuld Sozialleistungsansprüche abgetreten werden, die die zu sichernde Forderung erheblich übersteigen (vgl BSG, 07.09.1998 - 10 RKg 18/87).
Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts galten gem. § 54 Abs. 4 SGB I wie Arbeitseinkommen pfändbar. Nach § 42 Abs. 4 SGB II kann der Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nicht abgetreten, übertragen, verpfändet oder gepfändet werden. Damit wird die Regelung zur Unpfändbarkeit des Anspruchs auf Sozialhilfe (§ 17 Abs. 1 SGB XII) entsprechend auf das SGB II übertragen. Wie die Sozialhilfe dienen die Lebensunterhaltsleistungen nach dem SGB II - insbesondere Arbeitslosengeld II und Sozialgeld - der Sicherung des Existenzminimums und sollen daher bei den leistungsberechtigten Personen verbleiben. Die Abtretung und Übertragung nach § 53 Abs. 2 SGB I bleibt jedoch unberührt.
Siehe auch