Rechtsdatenbank
Welche Fragen Arbeitgeber auch zum Thema Sozialversicherungsrecht bewegen: Die Rechtsdatenbank der AOK liefert die Antworten – einfach, fundiert und topaktuell.

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Scheinselbstständigkeit
Scheinselbstständigkeit
Normen
Kurzinfo
Die verschärfte Arbeitsmarkt- und Wettbewerbssituation, steigende Lohn- und Lohnnebenkosten und eine zunehmende Deregulierung der Beschäftigung sind einige der vielen Gründe für einen in den letzten Jahren immer stärker zu beobachtenden Trend zur sog. Scheinselbstständigkeit. Dabei handelt es sich, wie der Name schon sagt, nicht um "echte" Selbstständige, sondern in Wirklichkeit um Arbeitnehmer, die nur nach außen wie Selbstständige auftreten. Zu beobachten ist dies in den unterschiedlichsten Wirtschaftsbereichen.
Damit erhebliche Beitragsnachforderungen weitgehend vermieden werden, können Auftraggeber und Auftragnehmer eine Klärung bzw. Entscheidung über den Status des Erwerbstätigen beantragen. Ziel dieses von der Deutschen Rentenversicherung durchgeführten Clearingverfahrens soll eine schnelle und unkomplizierte Klärung der Statusfrage sein; ferner sollen divergierende Entscheidungen in der Praxis weitgehend vermieden werden.
Die Regelungen im Überblick:
Anfrageverfahren zur Statusprüfung,
Ausschluss unzumutbarer Beitragsnachforderungen,
Gewährung eines vorläufigen Rechtsschutzes,
Klarstellung, dass die Neuregelungen der genaueren Abgrenzung dienen, also nicht aus Selbstständigen abhängig Beschäftigte gemacht werden,
Erweiterung der Befreiungsmöglichkeiten von der Rentenversicherungspflicht für Selbstständige, insbesondere für Existenzgründer.
Information
Die Sozialversicherung hat immer von sich aus die Tatsachen zu ermitteln, die zur Beurteilung der Rechtsfrage erforderlich sind, ob Selbstständigkeit oder abhängige Beschäftigung vorliegt (Amtsermittlungsgrundsatz). Für die Abgrenzung sind weiterhin die von der Rechtsprechung entwickelten Kriterien maßgeblich.
Selbstständig ist, wer u.a. seine Tätigkeit im Wesentlichen frei gestalten und seine Arbeitszeit und seinen Arbeitsort frei bestimmen kann.
Gegen das Vorliegen einer selbstständigen Tätigkeit spricht:
- Weisungsgebundenheit gegenüber dem Auftraggeber in zeitlicher, fachlicher und örtlicher Hinsicht,
- Eingliederung in den Betrieb des Auftraggebers,
- Einbeziehung in den betrieblichen Ablauf,
- keine Unternehmerinitiative,
- kein Unternehmerrisiko,
- festes Entgelt,
- Anspruch auf Urlaub,
- Entgeltfortzahlung,
- Leistungserbringung in eigener Person, keine Delegationsmöglichkeit an andere Personen,
- Arbeitsumfang wird von anderen bestimmt.
Treffen Merkmale, die für die Beschäftigteneigenschaft sprechen, mit Merkmalen zusammen, die auf Selbstständigkeit hindeuten, hat der Sozialversicherungsträger nach Aufklärung des Sachverhalts im Rahmen einer Gesamtwürdigung der Umstände der Arbeitsleistung zu prüfen, welche Merkmale überwiegen bzw. in welchem Bereich der Schwerpunkt der Tätigkeit liegt. Es können einzelne Indizien vorliegen, ohne dass gleich der Schluss auf ein Arbeitnehmerverhältnis gezogen werden muss. Ausschlaggebend sind immer die tatsächlichen Verhältnisse, die vertragliche Bezeichnung ist nicht entscheidend.
Aktuelle Rechtsentwicklung - Neue Regelungen seit dem 01.04.2022
Mit dem "Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2019/882 des Europäischen Parlaments und des Rates über die Barrierefreiheitsanforderungen für Produkte und Dienstleistungen und zur Änderung anderer Gesetze" vom 16.07.2021 wurde das Statusfeststellungsverfahren der Deutschen Rentenversicherung weiterentwickelt. Ziel ist es, das Verfahren zu vereinfachen und zwischen den einzelnen Zweigen der Sozialversicherung widerspruchsfrei auszugestalten. Hierzu sieht das Gesetz folgende Bausteine vor:
die Möglichkeit einer Prognoseentscheidung wird geschaffen,
die Entscheidung bezieht sich nunmehr auf den Status der Erwerbstätigkeit und nicht auf die versicherungsrechtliche Beurteilung in den einzelnen Versicherungszweigen (sog. "Elementenfeststellung"),
es besteht die Möglichkeit der Gruppenfeststellung,
Klärungsmöglichkeit von sog. "Dreiecksverhältnissen",
es wird ein Antragsrecht für Dritte geschaffen sowie
die Möglichkeit einer mündlichen Anhörung im Widerspruchsverfahren.
Die Statusentscheidung gegenüber Dritten, die Möglichkeit der Antragstellung Dritter, der Prognoseentscheidung und Gruppenfeststellung sowie der mündlichen Anhörung im Widerspruchsverfahren sind bis 30.06.2027 befristet.
Die Regelungen traten am 01.04.2022 in Kraft. Die Spitzenorganisationen der Sozialversicherung haben unter dem Datum vom 01.04.2022 eine Gemeinsame Verlautbarung zur Statusfeststellung von Erwerbstätigen veröffentlicht, in der weitere Einzelheiten sowie die Verfahrensabläufe beschrieben sind.
Siehe auch
Arbeitnehmerähnliche SelbstständigeScheinselbstständigkeit - AbgrenzungScheinselbstständigkeit - BeitragsrechtScheinselbstständigkeit - GruppenfeststellungScheinselbstständigkeit - MelderechtScheinselbstständigkeit - Obligatorisches AnfrageverfahrenScheinselbstständigkeit - Optionales AnfrageverfahrenScheinselbstständigkeit - PrognoseentscheidungScheinselbstständigkeit - VermutungsregelungScheinselbstständigkeit - Versicherungsrecht