Rechtsdatenbank
Welche Fragen Arbeitgeber auch zum Thema Sozialversicherungsrecht bewegen: Die Rechtsdatenbank der AOK liefert die Antworten – einfach, fundiert und topaktuell.

Welche Fragen Arbeitgeber auch zum Thema Sozialversicherungsrecht bewegen: Die Rechtsdatenbank der AOK liefert die Antworten – einfach, fundiert und topaktuell.
Die Inhalte des Bereichs „Fachwissen SV“ geben Ihnen kostenlos Auskunft zu allen Themen der Sozialversicherung. Sie sind ein exklusives Angebot für eingeloggte Nutzer.
Jetzt einloggen:
Sie sind noch nicht registriert?
Zumutbarkeit
Zumutbarkeit
Normen
Kurzinfo
Einem Arbeitslosen sind im Rahmen des SGB III alle Tätigkeiten zuzumuten, die seiner Arbeitsfähigkeit entsprechen, soweit keine allgemeinen oder persönlichen Gründe entgegenstehen. Nach § 10 SGB II ist dem Leistungsberechtigten grundsätzlich jede Arbeit zumutbar.
Information
Inhaltsübersicht
- 1.
- 2.
- 3.
1. Allgemeines
Der arbeitslosen Person sind auch solche Tätigkeiten zuzumuten, die sie bisher nicht ausgeübt hat, oder für die sie nicht ausgebildet ist (§ 140 Abs. 5 SGB III). Dies bedeutet, dass ein Arbeitsloser keinen Anspruch darauf hat, eine Tätigkeit in seinem bisherigen oder in einem vergleichbaren Beruf auszuüben. Von ihm können vielmehr auch Tätigkeiten verlangt werden, die unter seinem Qualifikationsniveau liegen. Die Bestimmung kennt daher keinen Berufsschutz. Die berufliche Qualifikation fließt nur insoweit in die Beurteilung der Zumutbarkeit einer Beschäftigung ein, als sie sich in dem Entgelt widerspiegelt, das der Bemessung des Arbeitslosengeldes zugrunde liegt.
Darüber hinaus besteht kein Anspruch auf ein dauerhaftes Arbeitsverhältnis. Einem Arbeitslosen kann auch die Aufnahme einer befristeten Tätigkeit, die ggf. sogar vorübergehend eine getrennte Haushaltsführung erfordert, zugemutet werden. Nimmt ein Arbeitsloser eine ihm von der Arbeitsagentur genannte Tätigkeit nicht auf und wurde er über die Rechtsfolgen seines Verhaltens informiert, kann diese eine Sperrzeit des Arbeitslosengeldes verhängen, wenn die Tätigkeitsaufnahme nicht unzumutbar war und kein anderer wichtiger Grund wie z.B. Krankheit vorliegt.
2. Ausnahmen
2.1 Unzumutbarkeit
Aus allgemeinen Gründen ist eine Beschäftigung nur dann nicht zumutbar, wenn die Tätigkeit gegen gesetzliche oder tarifliche Bestimmungen oder gegen Betriebsvereinbarungen über die Arbeitsbedingungen und über den Arbeitsschutz verstößt (§ 140 Abs. 2 SGB III). Über den Gesetzeswortlaut hinaus sind auch Rechtsnormen zu berücksichtigen, die nicht unmittelbar Arbeitsbedingungen oder den Arbeitsschutz regeln (z.B. BGB, StGB, MuSchG, SGB IX). Namentlich unzumutbar sind auch sittenwidrige Beschäftigungen; dies gilt auch für sittenwidrige Entlohnung. Ein Arbeitsentgelt, das um 30 % und mehr unter dem tariflichen oder ortsüblichen Arbeitsentgelt liegt, ist sittenwidrig.
Für die persönliche Zumutbarkeit einer Beschäftigungsaufnahme kommt es hauptsächlich auf das aus der Tätigkeit zu erzielende Einkommen an (§ 140 Abs. 3 SGB III). Einem Arbeitslosen ist auch die Aufnahme einer Tätigkeit zuzumuten, wenn er dabei im Vergleich zu seiner bisherigen Tätigkeit erheblich weniger verdient.
2.2 Einkommenseinbußen
Innerhalb der ersten drei Monate der Arbeitslosigkeit ist jede Beschäftigung zumutbar, bei der ein Arbeitsloser ein Arbeitsentgelt erhält, welches um bis zu 20 % geringer ist als das Arbeitsentgelt, das seinem Arbeitslosengeld zugrunde lag.
Während der nachfolgenden drei Monate ist jede Tätigkeit zumutbar, bei der das Arbeitsentgelt bis zu 30 % geringer als das letzte Einkommen vor Beginn der Arbeitslosigkeit ist.
Vom siebten Monat der Arbeitslosigkeit an ist eine Tätigkeitsaufnahme nur noch dann unzumutbar, wenn das daraus zu erzielende Nettoeinkommen (unter Berücksichtigung der mit der Beschäftigung verbundenen Aufwendungen wie etwa Fahrkosten o.ä.) geringer ist als das bisherige Arbeitslosengeld.
2.3 Pendelzeiten
Auch unverhältnismäßig lange Pendelstrecken zwischen Arbeitsstätte und Wohnung können eine Tätigkeitsaufnahme unzumutbar machen (§ 140 Abs. 4 SGB III).
Unverhältnismäßig lang sind Pendelzeiten nur dann, wenn sie bei einer täglichen Arbeitszeit von mehr als sechs Stunden, die Dauer von insgesamt zweieinhalb Stunden überschreiten.
Beträgt die tägliche Arbeitszeit sechs Stunden oder weniger, sind Pendelzeiten zur Arbeitsstätte von insgesamt zwei Stunden hinzunehmen, ohne dass dadurch die Tätigkeitsaufnahme unzumutbar wird.
Auch noch längere Pendelzeiten können im Einzelfall verlangt werden, wenn diese in der betreffenden Region unter vergleichbaren Arbeitnehmern üblich sind.
Ein Umzug zur Aufnahme einer Beschäftigung außerhalb des zumutbaren Pendelbereichs ist einem Arbeitslosen zumutbar, wenn nicht zu erwarten ist, dass der Arbeitslose innerhalb der ersten drei Monate der Arbeitslosigkeit eine Beschäftigung innerhalb des zumutbaren Pendelbereichs aufnehmen wird. Vom vierten Monat der Arbeitslosigkeit an ist einem Arbeitslosen ein Umzug zur Aufnahme einer Beschäftigung außerhalb des zumutbaren Pendelbereichs in der Regel zumutbar. Vorstehendes gilt nicht, wenn dem Umzug ein wichtiger Grund entgegensteht. Ein wichtiger Grund kann sich insbesondere aus familiären Bindungen ergeben (§ 140 Abs. 4 SGB III).
Beschäftigungen, die von dem Arbeitslosen vorübergehend eine getrennte Haushaltsführung erfordern, sind allein aus diesem Grund nicht unzumutbar. Als vorübergehend in diesem Sinne kann eine Beschäftigung bis zur Dauer von sechs Monaten angesehen werden (§ 140 Abs. 5 SGB III ist Regelbeispiel der Zumutbarkeit des Abs. 1). Die Unzumutbarkeit einer getrennten Haushaltsführung kann sich aber aus sonstigen Umständen ergeben. Unzumutbarkeit liegt insbesondere dann vor, wenn der Arbeitslose Verpflichtungen nicht nachkommen kann, die sich aus tatsächlichen Bindungen ergeben und wenn deshalb die Betreuung aufsichtsbedürftiger Kinder oder pflegebedürftiger Personen nicht sichergestellt wäre. Die Umstände hat der Arbeitslose glaubhaft darzulegen.
Auch die Befristung einer Beschäftigung steht der Zumutbarkeit nicht entgegen, soweit nicht sonstige Umstände hinzutreten. Unzumutbarkeit würde namentlich dann vorliegen, wenn durch das Eingehen eines befristeten Beschäftigungsverhältnisses die Aufnahme einer unbefristeten Beschäftigung vereitelt würde. Dies setzt regelmäßig voraus, dass das Datum der Arbeitsaufnahme der unbefristeten Beschäftigung zum Zeitpunkt des Angebotes der befristeten Beschäftigung bekannt ist.
3. Zumutbarkeit im Rahmen des SGB II
Nach § 10 SGB II muss der erwerbsfähige Leistungsberechtigte bei Inanspruchnahme von Leistungen nach dem SGB II grundsätzlich jede Arbeit annehmen und ausüben, die er annehmen und ausüben kann und darf, um den Zustand der Arbeitslosigkeit zu beenden. Abs. 1 enthält sodann eine abschließende Aufzählung von Hinderungsgründen, die eine Arbeit unzumutbar machen (BT-Drs. 15/1516, S. 53).
Die Beurteilung der Zumutbarkeit ist eng mit der Beurteilung der Minimaleignung des Arbeitnehmers für eine bestimmte Arbeit verbunden. Es ist jede Arbeit zumutbar, für die hinsichtlich der Fähigkeiten und Leistungsvoraussetzungen die Mindestanforderungen für die Arbeitsaufnahme erfüllt werden. Zumutbar ist damit zum Schutz der Solidargemeinschaft auch eine Tätigkeit, die unterhalb der erworbenen Qualifikationen und Erfahrungen liegt.
Eine untertarifliche Entlohnung oder eine Entlohnung unter dem ortsüblichen Entgelt stehen der Zumutbarkeit der Arbeitsaufnahme nur dann entgegen, wenn die Entlohnung gegen ein Gesetz oder die guten Sitten verstößt. Arbeit, die selbst oder deren Ausübung gegen ein gesetzliches Gebot (z.B. Beschäftigungsverbot nach Mutterschutzgesetz - oder Infektionsschutzgesetz), sonstige zwingende Arbeitsschutzvorschriften (gesetzlich oder tariflich) oder die guten Sitten verstößt, ist grundsätzlich unzumutbar. Eine Schwangerschaft an sich führt nicht zur sofortigen Unzumutbarkeit jeder Arbeit oder der Teilnahme an einer Maßnahme zu einer Eingliederung, allerdings sind die Vorgaben des Mutterschutzgesetzes (MuSchG) zu beachten.
Nach § 5 Abs. 3 SGB II werden Leistungen zur Eingliederung in Arbeit nach dem Ersten Abschnitt des Dritten Kapitels nicht an oder für erwerbsfähige Leistungsberechtigte erbracht, die einen Anspruch auf Arbeitslosengeld oder Teilarbeitslosengeld haben.
Siehe auch