Rechtsdatenbank
Welche Fragen Arbeitgeber auch zum Thema Sozialversicherungsrecht bewegen: Die Rechtsdatenbank der AOK liefert die Antworten – einfach, fundiert und topaktuell.

Welche Fragen Arbeitgeber auch zum Thema Sozialversicherungsrecht bewegen: Die Rechtsdatenbank der AOK liefert die Antworten – einfach, fundiert und topaktuell.
Die Inhalte des Bereichs „Fachwissen SV“ geben Ihnen kostenlos Auskunft zu allen Themen der Sozialversicherung. Sie sind ein exklusives Angebot für eingeloggte Nutzer.
Jetzt einloggen:
Sie sind noch nicht registriert?
Zahnersatz - Härtefallregelung
Zahnersatz - Härtefallregelung
Normen
§ 55 Abs. 2 und 3 SGB V, Gemeinsames Rundschreiben der Spitzenverbände der Krankenkassen zu den leistungsrechtlichen Auswirkungen der Neuregelungen im Zahnersatzbereich ab 01.01.2005 vom 13.12.2004
Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses zur Bestimmung der Befunde und der Regelversorgungsleistungen für die Festzuschüsse nach §§ 55, 56 SGB V zu gewähren sind sowie über die Höhe der auf die Regelversorgungsleistungen entfallenden Beträge nach § 56 Abs. 4 SGB V (Festzuschuss-Richtlinie) vom 03.11.2004, letzte Änderung 03.12.2021, BAnz AT 22.12.2021 B6, in Kraft getreten am 01.01.2022
Kurzinfo
Im Rahmen der Härtefallregelung erhalten Versicherte zum Zahnersatz einen zusätzlichen Betrag in Höhe von 40 % der Regelversorgung. Insgesamt werden dann also 100 % der Regelversorgung übernommen. Die tatsächlich entstandenen Kosten dürfen dabei natürlich nicht überschritten werden.
Versicherte, die unzumutbar belastet wurden und ausschließlich die Regelversorgung in Anspruch nehmen, erhalten von der Krankenkasse auch die ggf. im Einzelfall über 100 % des Festzuschusses hinausgehenden tatsächlich entstehenden Kosten. Wählen als Härtefall anerkannte Versicherte einen über die Regelversorgung hinausgehenden gleichartigen oder einen andersartigen Zahnersatz, zahlen die Krankenkassen lediglich 100 % der Regelversorgungskosten.
Information
Inhaltsübersicht
- 1.
- 2.
- 3.
1. Individuelle Einkommensprüfung
Versicherte, deren monatliche Bruttoeinnahmen zum Lebensunterhalt 40 % der monatlichen Bezugsgröße (2023 1.358,00 EUR) nicht überschreiten, haben Anspruch auf volle Kostenübernahme im Rahmen der Regelversorgung. Die Einkommensgrenze erhöht sich für den ersten im gemeinsamen Haushalt lebenden Angehörigen um 15 % (2023 509,25 EUR) und für jeden weiteren um 10 % (2023 339,50 EUR) der monatlichen Bezugsgröße.
Angehörige i.S.d. Härtefallregelung sind alle im gemeinsamen Haushalt mit dem Versicherten lebenden Ehegatten/ Lebenspartner und Kinder (Familienverbund). Im gemeinsamen Haushalt lebende Kinder sind bis zum Kalenderjahr, in dem sie das 18. Lebensjahr vollenden, generell zu berücksichtigen. Die Prüfung, ob eine unzumutbare Belastung wegen geringer Einnahmen zum Lebensunterhalt vorliegt, ist grundsätzlich für jeden Versicherten getrennt durchzuführen. Für die im Familienverbund zu berücksichtigenden Angehörigen sind allerdings die gesamten Einnahmen zum Lebensunterhalt des Familienverbundes bei Prüfung des Vorliegens einer unzumutbaren Belastung zu berücksichtigen. Das bedeutet, dass nicht für jeden Versicherten einer im gemeinsamen Haushalt lebenden Familie eine separate Prüfung der unzumutbaren Belastung durchgeführt werden muss.
Die Prüfung, ob eine unzumutbare Belastung wegen geringer Einnahmen zum Lebensunterhalt vorliegt, ist grundsätzlich für jeden Versicherten getrennt durchzuführen. Für die im Familienverbund zu berücksichtigenden Angehörigen sind allerdings die gesamten Einnahmen zum Lebensunterhalt des Familienverbundes bei Prüfung des Vorliegens einer unzumutbaren Belastung zu berücksichtigen. Das bedeutet, dass nicht für jeden Versicherten einer im gemeinsamen Haushalt lebenden Familie eine separate Prüfung der unzumutbaren Belastung durchgeführt werden muss.
Bei der Prüfung, ob eine volle Kostenübernahme im Rahmen der Regelversorgung aufgrund einer unzumutbaren Belastung in Betracht kommt, ist im Allgemeinen von den Bruttoeinnahmen zum Lebensunterhalt des Monats auszugehen, der dem Monat vorangeht, in dem der Heil- und Kostenplan zur Genehmigung vorgelegt wird. Führt die Berücksichtigung nur eines Monats zu Ergebnissen, die nicht den tatsächlichen Verhältnissen entsprechen (z.B. Teillohnzahlungszeitraum, stark schwankende monatliche Einkünfte), ist für die Beurteilung ein längerer Zeitraum (z.B. drei Monate) heranzuziehen. Der Anspruch auf volle Kostenübernahme besteht nur für den zugrundeliegenden Leistungsfall.
Die getroffene Entscheidung bei Vorlage eines Heil- und Kostenplans bleibt grundsätzlich verbindlich. Dies schließt jedoch nicht aus, dass bei einer wesentlichen Änderung der Einkommenssituation oder auf Antrag des Versicherten bei Vorlage der Zahnarztliquidation eine neue Entscheidung getroffen wird.
2. Sonderregelung für bestimmte Personenkreise
Unter anderem bei Sozialhilfebeziehern, Arbeitslosengeld-II-Beziehern und Beziehern von Ausbildungsförderung nach dem BAföG oder dem SGB III wird unterstellt, dass sie unzumutbar belastet sind; eine Einkommensprüfung erfolgt demnach nicht. Das gilt auch für in einem Heim untergebrachte Versicherte, wenn die Unterbringungskosten ganz oder teilweise von einem Träger der Sozialhilfe oder einem Träger der Kriegsopferfürsorge aufgebracht werden. Eine Heimunterbringung i.d.S. liegt nur vor, wenn der Versicherte in dieser Einrichtung regelmäßig übernachtet.
3. Gleitende Härtefallregelung
Die sog. gleitende Härtefallregelung bei Zahnersatz ist an die befundbezogenen Festzuschüsse angepasst. Danach zahlt die Krankenkasse zum Zahnersatz zusätzlich zu den Festzuschüssen einen weiteren einkommensabhängigen Betrag.
Versicherte mit einem Einkommen oberhalb der für die vollständige Kostenübernahme der Regelversorgung festgelegten Grenze erhalten von der Krankenkasse den Betrag, um den die Festzuschüsse (einfacher Festzuschuss) das Dreifache der Differenz zwischen den monatlichen Bruttoeinnahmen zum Lebensunterhalt und der zur Erbringung eines zweifachen Festzuschusses maßgebenden Einnahmegrenze übersteigen. Die Kostenübernahme insgesamt umfasst höchstens einen Betrag in Höhe der zweifachen Festzuschüsse, jedoch nicht mehr als die tatsächlich entstandenen Kosten.
Bei der Anwendung der "gleitenden Härtefallregelung" ist es unerheblich, ob der Versicherte den Zahnersatz als Regelversorgung, als gleichartige oder andersartige Versorgung erhalten hat.
Grundsätzlich ist die gleitende Härtefallregelung auf jeden Heil- und Kostenplan einzeln anzuwenden. Interimsversorgungen werden jedoch zusammen mit dem bleibenden Zahnersatz bewertet.
Die Feststellung des evtl. zusätzlichen Zuschusses kann wegen der ggf. notwendigen Begrenzung auf die tatsächlichen Kosten regelmäßig erst nach Vorlage der Rechnung vorgenommen werden. Es sind grundsätzlich die Bruttoeinnahmen in dem Monat vor Eingliederung des Zahnersatzes maßgebend.
Welche Einkünfte als Bruttoeinnahmen zum Lebensunterhalt zu berücksichtigen sind, ergibt sich aus dem Gemeinsamen Rundschreiben der Spitzenverbände der Krankenkassen zu den Einnahmen zum Lebensunterhalt vom 04.12.2013.
Beispiel 1 (ohne Bonus):
Der Versicherte ist ledig.
monatliche Bruttoeinnahmen | 1.439,00 EUR | |
Grenzbetrag 2023 nach § 55 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 SGB V 40 % der monatlichen Bezugsgröße | 1.358,00 EUR | |
Unterschiedsbetrag | 81,00 EUR | |
Unterschiedsbetrag × 3 (= zumutbare Belastung) | 243,00 EUR | |
Festzuschuss (ohne Bonus) | 500,00 EUR | |
Festzuschuss nach § 55 Abs. 1 Satz 2 SGB V | 500,00 EUR | |
abzüglich Betrag für zumutbare Belastung | 243,00 EUR | |
zusätzlicher Zuschuss der Krankenkasse | 257,00 EUR | + 257,00 EUR |
Gesamtzuschuss der Krankenkasse | = 757,00 EUR |
Beispiel 2 (mit Bonus):
Der Versicherte ist verheiratet und hat zwei Kinder.
monatliche Bruttoeinnahmen | 2.632,45 EUR | |
Grenzbetrag 2023 nach § 55 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 SGB V 40 % der monatlichen Bezugsgröße | 1.358,00 EUR | |
15 % der monatlichen Bezugsgröße | 509,25 EUR | |
10 % der monatlichen Bezugsgröße × 2 | 679,00 EUR | |
Gesamtgrenzbetrag | 2.546,25 EUR | |
Unterschiedsbetrag | 86,20 EUR | |
Unterschiedsbetrag × 3 (= zumutbare Belastung) | 258,60 EUR | |
Festzuschuss (ohne Bonus) | 900,00 EUR | |
+ Bonus (10 % Der Regelversorgung) | 180,00 EUR | |
Gesamtbetrag Festzuschuss | 1.080,00 EUR | |
Festzuschuss nach § 55 Abs. 1 Satz 2 SGB V | 900,00 EUR | |
abzüglich Betrag für zumutbare Belastung | 258,60 EUR | |
zusätzlicher Zuschuss der Krankenkasse | 641,40 EUR | + 641,40 EUR |
Gesamtzuschuss der Krankenkasse | = 1.721,40 EUR |
Beispiel 3 (mit Bonus):
Der Versicherte ist ledig.
monatliche Bruttoeinnahmen | 1.404,00 EUR | |
Grenzbetrag 2023 nach § 55 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 SGB V 40 % der monatlichen Bezugsgröße | 1.358,00 EUR | |
Unterschiedsbetrag | 46,00 EUR | |
Unterschiedsbetrag × 3 (= zumutbare Belastung) | 138,00 EUR | |
Festzuschuss (ohne Bonus) | 400,00 EUR | |
+ Bonus (15 % der Regelversorgung) | 120,00 EUR | |
Gesamtbetrag Festzuschuss | 520,00 EUR | |
Festzuschuss nach § 55 Abs. 1 Satz 2 SGB V | 400,00 EUR | |
abzüglich Betrag für zumutbare Belastung | 138,00 EUR | |
zusätzlicher Zuschuss der Krankenkasse | 262,00 EUR | + 262,00 EUR |
Gesamtzuschuss der Krankenkasse | = 782,00 EUR |