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Welche Fragen Arbeitgeber auch zum Thema Sozialversicherungsrecht bewegen: Die Rechtsdatenbank der AOK liefert die Antworten – einfach, fundiert und topaktuell.

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Altersteilzeit - Altersrente
Altersteilzeit - Altersrente
Inhaltsübersicht
- 1.
- 2.
- 3.
- 4.Rechtsprechungs-ABC
- 4.1
- 4.2
- 4.3
- 4.4
- 4.5
- 4.6
- 4.7
- 4.8
- 4.9
- 4.10
- 4.11
- 4.12
- 4.13
Information
1. Allgemeines
Der erwerbstätige Mensch kommt irgendwann ans Limit. Die Leistung lässt nach, Arbeitgeber und Personaler suchen nach Lösungen. Das Altersteilzeitgesetz sieht in § 1 Abs. 1 AltTZG die Möglichkeit vor, dass Arbeitnehmer langsam via Altersteilzeit vom aktiven Erwerbsleben ins Rentnerdasein gleiten. Wenn sie das wollen. Altersteilzeit ist eine freiwillige Angelegenheit, es gibt keine Zwangsverrentung durch den Arbeitgeber.
Praxistipp:
Das Gesetz macht die Altersteilzeit in § 2 Abs. 1 Nr. 2 AltTZG davon abhängig, dass sie "sich zumindest auf die Zeit erstrecken muss, bis eine Rente wegen Alters beansprucht werden kann". Die Regelaltersrente knüpft inzwischen an die Vollendung des 67. Lebensjahres. Betroffen sind die Jahrgänge ab 1964 - für vor dem 01.01.1964 geborene Versicherte gibt es in den §§ 235 ff. SGB VI Regelungen für die Anhebung der überholten 65er-Regelung. In jedem Fall ist es wichtig, den Zeitpunkt des frühesten Rentenbeginns zu kennen.
Das Altersteilzeitgesetz enthält keine Definition von "Altersrente" oder "Rente wegen Alters". Insoweit ist auf § 33 Abs. 2 SGB VI Rückgriff zu nehmen, der sieben "Renten wegen Alters" nennt (s. dazu Gliederungspunkt 2.). Da ist zunächst die so genannte Regelaltersrente (§ 35 SGB VI), dann kommen besondere Altersrenten, die an persönliche Merkmale oder die Versicherungszeit anknüpfen. Was es heute nicht mehr gibt: eine Altersrente für Frauen, Arbeitslose oder nach Altersteilzeit (dazu Gliederungspunkt 3.). Einzelfragen werden im Rechtsprechungs-ABC - Gliederungspunkt 4. - beantwortet.
2. Altersrente - Rente wegen Alters
Das AltTZG erwähnt den Begriff "Altersrente" nur in zwei seiner Bestimmungen: § 1 Abs. 1 AltTZG ("Grundsatz") und § 10 Abs. 1 Satz 2 AltTZG ("Soziale Sicherung des Arbeitnehmers"). Im Übrigen spricht es von "Rente wegen Alters" (z. B. in § 2 Abs. 1 Nr. 1 AltTZG - "Begünstigter Personenkreis"). Das AltTZG sagt nicht, welche "Altersrente" oder "Rente wegen Alters" den Weg in die Altersteilzeit ebnet.
Das Sozialgesetzbuch VI kennt in § 33 Abs. 1 Nr. 1 bis Nr. 6 SGB VI sieben Renten, die wegen Alters gezahlt werden.
Regelaltersrente (Nr. 1; §§ 35, 235 SGB VI)
Altersrente für langjährig Versichert (Nr. 2, §§ 36, 236 SGB VI)
Altersrente für schwerbehinderte Menschen (Nr. 3, §§ 37, 236a SGB VI)
Altersrente für besonders langjährig Versicherter (Nr. 3a, §§ 38, 236b SGB VI)
Altersrente für langjährig unter Tage beschäftigte Bergleute (Nr. 4, §§ 40, 238 SGB VI)
Altersrente wegen Arbeitslosigkeit oder nach Alterszteilzeit (Nr. 5, § 237 SGB VI)
Altersrente für Frauen (Nr. 6, § 237a SGB VI)
Für den Weg in die Altersteilzeit ist es egal, welche Altersrente angestrebt wird. Wichtig ist nur, dass die Altersteizeit älteren Arbeitnehmern den gleitenden Übergang vom Erwerbsleben in die Altersrente ermöglicht (so: § 1 Abs. 1 AltTZG). Die einzelnen Rentenarten werden im Sozialversicherungslexikon der Personalpraxis24 näher vorgestellt.
3. Altersrente wegen Arbeitslosigkeit, nach Altersteilzeit und für Frauen
Vor der SGB VI-Reform konnten Versicherte, die vor 1952 geboren wurden,
bei Arbeitslosigkeit oder
nach Altersteilzeit
vorzeitig eine Rente wegen Alters in Anspruch nehmen.
Natürlich war diese vorzeitig in Anspruch genommene Altersrente niedriger als die Regelaltersrente, die seinerzeit mit Vollendung des 65. Lebensjahres in Anspruch genommen werden konnte.
Das Gesetz sagt in § 237 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI ausdrücklich, dass nur noch die Versicherten Anspruch auf diese Art Rente wegen Alters haben, die "vor dem 1. Januar 1952" geboren sind". Die Regelung in § 237 SGB VI ist für "Neufälle" uninteressant. Wer vor 1952 geboren wurde, hat
spätestens am 31.12.2016 sein 65. und
spätestens am 31.12.2018 sein 67.
Lebensjahr vollendet. Eine Altersrente wegen Arbeitslosigkeit oder nach Altersteilzeit gibt es nicht mehr. Die Regelungen sind überholt - und tauchen deswegen in den §§ 35 ff. SGB VI nicht mehr auf. Sie sind nur noch für so genannte "Altfälle" von Bedeutung - weswegen hier von einer weiteren Darstellung abgesehen wird.
Überholt sind auch die früheren SGB VI-Regelungen für die vorzeitige Inanspruchnahme einer Altersrente für Frauen - sie müssen § 237a Abs. 1 Nr. 1 SGB VI zufolge ebenfalls vor dem 01.01.1952 geboren sein.
Schließlich sind auch die vielen Übergangsregelungen im
AltTZG und im
SGB VI
im Zusammenhang mit den Reformen der Arbeitsförderung und der gesetzlichen Rentenversicherung heute für aktive Arbeitsverhältnisse bedeutungslos.
4. Rechtsprechungs-ABC
An dieser Stelle werden einige der interessantesten Entscheidungen zum Thema Altersteilzeit - Altersrente in alphabetischer Reihenfolge nach Stichwörtern geordnet vorgestellt:
4.1 Abschlagsfreie Rente ab 63
Der Gesetzgeber hat 2014 die abschlagsfreie Rente ab 63 für besonders langjährige Versicherte eingeführt (§ 236b SGB VI). Begünstigte Versicherte müssen dafür eine Wartezeit von 45 Jahren erfüllt haben. Diese Wartezeit wird auch mit Zeiten des Bezugs von SGB III-Arbeitslosengeld erfüllt - es sei denn, die Leistungen werden in den letzten beiden Jahren vor Rentenbeginn bezogen. Ausnahme: Der Bezug der Entgeltersatzleistung ist durch eine Insolvenz oder vollständige Geschäftsaufgabe des Arbeitgebers bedingt (§ 51 Abs. 3a Nr. 3 SGB VI). Die Aufgabe einer unselbstständigen Geschäftsstelle des Arbeitgebers genügt nicht. Das gesamte Unternehmen des Arbeitgebers muss als Basis vorhandener Beschäftigungen aufgegeben werden (BSG, 28.06.2018 - B 5 R 8/16 R - mit dem Hinweis, dass der Gesetzgeber mit der Regelung in § 51 Abs. 3a Nr. 3 SGB VI der so genannten "Frühverrentung" vorbeugen will).
4.2 Altersrente nach Altersteilzeit - 1
§ 237 Abs. 1 Nr. 3 lit. b) SGB VI sieht als Anspruchsvoraussetzung für die Altersrente nach Altersteilzeit vor, dass der Arbeitnehmer seine Arbeitszeit "aufgrund von Altersteilzeit im Sinne der §§ 2 und 3 Abs. 1 Nr. 1 des Altersteilzeitgesetzes für mindestens 24 Kalendermonate vermindert" hat. Das heißt: Die bisherige Arbeitszeit muss auf Grund einer Altersteilzeitvereinbarung für mindestens 24 Kalendermonate auf das zulässige AltTZG-Maß gemindert worden sein und der Arbeitgeber die in § 3 Abs. 1 Nr. 1 AltTZG genannten Leistungen, insbesondere den Aufstockungsbetrag, tatsächlich gezahlt haben. Hat der Arbeitgeber die Zahlung von Arbeitsentgelt, Aufstockungsbeträgen und zusätzlichen Beiträgen zur Rentenversicherung eingestellt, kann dieser Zeitraum im Rahmen des § 237 Abs. 1 Nr. 3 lit. b) SGB VI nicht berücksichtigt werden (BSG, 17.04.2007 - B 5 R 16/06 R).
4.3 Altersrente nach Altersteilzeit - 2
Nach den bis zum 31.07.1996 geltenden Altersgrenzen hätten viele Antragsteller vor Inkrafttreten des Ruhestandsförderungsgesetzes noch eine ungekürzte Rentenleistung bekommen. Aber: Die vorgezogene Anhebung des Renteneintrittsalters für einen ungekürzten Bezug einer Altersrente wegen Arbeitslosigkeit oder nach Altersteilzeitarbeit durch das Ruhestandsförderungsgesetz und die durch das Wachstum- und Beschäftigungsförderungsgesetz beschleunigte Anhebung sind verfassungsgemäß. Die maßgeblichen Regelungen genügen insbesondere auch den Anforderungen an eine verfassungsgemäße Inhalts- und Schrankenbestimmung nach Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG (BVerfG, 05.02.2009 - 1 BvR 1631/04).
4.4 Ausgleichszahlung
Macht ein als Tarifvertrag geschlossenes Altersteilzeitabkommen für den Fall, dass ein Arbeitnehmer eine vorzeitige Rente in Anspruch nimmt, den Anspruch auf eine Ausgleichszahlung davon abhängig, dass das 63. Lebensjahr vollendet ist, ist das eine Regelung, die schwerbehinderte Mitarbeiter der Jahrgänge 1952 bis 1963, die eine vorzeitige Altersrente vordem vollendeten 63. Lebensjahr beziehen, mittelbar benachteiligt. Im Ergebnis führt diese Regelung nämlich dazu, dass schwerbehinderte Arbeitnehmer im Gegensatz zu ihren nicht schwerbehinderten Kollegen keine Ausgleichszahlung erhalten, obwohl sie wie ihre Kollegen zum frühestmöglichen Zeitpunkt ein vorzeitiges Altersruhegeld in Anspruch nehmen. Diese Ungleichbehandlung wird auch nicht durch rentenrechtliche Vorteile kompensiert (BAG, 25.08.2020 - 9 AZR 266/19).
4.5 Diskriminierung wg. des Geschlechts
"Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie 79/7/EWG des Rates vom 19. Dezember 1978 zur schrittweisen Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen im Bereich der sozialen Sicherheit ist dahin auszulegen, dass er einer nationalen Regelung nicht entgegensteht, die bei freiwilligem Eintritt eines dem allgemeinen System der sozialen Sicherheit angeschlossenen Beschäftigten in den Vorruhestand den Anspruch dieses Beschäftigten auf eine vorzeitige Altersrente von der Voraussetzung abhängig macht, dass der Betrag dieser Altersrente mindestens dem Betrag der Mindestrente, auf die dieser Beschäftigte mit 65 Jahren Anspruch hätte, entspricht, auch wenn – was zu prüfen Sache des nationalen Gerichts ist – diese Regelung weibliche Beschäftigte gegenüber männlichen Beschäftigten in besonderer Weise benachteiligte, jedoch nur, soweit diese Folge durch legitime sozialpolitische Ziele gerechtfertigt wäre, die nichts mit einer Diskriminierung aufgrund des Geschlechts zu tun haben" (EuGH, 21.01.2021 – C-843/19 – Leitsatz - Spanien).
4.6 Gleichbehandlung
"1. Der Grundsatz der Gleichbehandlung, der in Art. 3 Abs. 1 der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 des Rates vom 14. Juni 1971 zur Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und Selbstständige sowie deren Familienangehörige, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern, in ihrer durch die Verordnung (EG) Nr. 1992/2006 (...) vom 18. Dezember 2006, verankert ist, steht einer Bestimmung eines Mitgliedsstaats entgegen, nach der die Gewährung einer Altersrente nach Altersteilzeit voraussetzt, dass die Altersteilzeitarbeit ausschließlich nach den nationalen Rechtsvorschriften dieses Mitgliedsstaats ausgebübt wurde" (EuGH, 18.12.2014 - C-523/13 - 1. Leitsatz - Österreich).
4.7 Sperrzeit nach Ende der Alterszeilzeit - 1
Wer mit seinem Arbeitgeber einen Altersteilzeitvertrag geschlossen hat bzw. noch schließen wird, um nach Beendigung der Altersteilzeit die Zeit bis zum Bezug einer (vorgezogenen) Altersrente mit Arbeitslosengeld zu überbrücken, kann eine böse Überraschung erleben. Es kann ihm passieren, dass die Bundesagentur für Arbeit nach § 159 Abs. 1 SGB III eine 12-wöchige Sperrfrist verhängt. Dass der Gesetzgeber 2014 die abschlagsfreie Rente mit 63 für besonders langjährig Versicherte eingeführt hat, rechtfertigt es nicht, den Rentenantrag auf Kosten der Arbeitslosenversicherung weiter hinauszuschieben und die ursprüngliche Planung - vorzeitiger Rentenbezug mit Abschlägen - über den Haufen zu werfen. Die Versichertengemeinschaft muss für die selbst herbeigeführte Beschäftigungslosigkeit nicht in vollem Umfang eintreten (LSG Baden-Württemberg, 24.02.2017 - L 8 AL 3805/16).
4.8 Sperrzeit nach Ende der Altersteilzeit - 2
Nun ist es amtlich: Nach Altersteilzeit tritt keine Sperrzeit ein, "wenn eine Arbeitnehmerin am Ende der Altersteilzeit entgegen ihrer ursprünglichen Planung nicht sofort Altersrente in Anspruch nimmt, sondern zunächst Arbeitslosengeld beantragt, weil sie - bedingt durch eine Gesetzesänderung - zu einem späteren Zeitpunkt abschlagsfrei in Rente gehen kann". Hier liegt ein wichtiger Grund für die Auflösung des unbefristeten Arbeitsverhältnisses durch die Altersteilzeitvereinbarung vor. Dabei kommt es nicht auf die spätere Entwicklung an. "Das Vorliegen eines wichtigen Grundes ist inhaltlich und auch zeitlich allein bezogen auf den das Beschäftigungsverhältnis auflösenden Akt zu prüfen" (BSG, 12.09.2017 - B 11 AL 25/16 R - Pressemitteilung).
4.9 Teilrente
Versicherte können nach § 42 Abs. 1 SGB VI eine Rente wegen Alters als Voll- oder Teilrente in Anspruch nehmen. Die Teilrente hat den Zweck, dem Arbeitnehmer einen gleitenden Übergang in den Ruhestand zu ermöglichen. Bei ihr gilt nicht das "Alles-oder-nichts-Prinzip", wonach die Rente bei Aufnahme/Fortsetzung einer Beschäftigung und Überschreiten des zulässigen Hinzuverdiensts komplett entfallen würde. Bei ihr bleibt der Rentenanspruch teilweise erhalten.
Die Teilrente ist keine eigene Art Rente, sondern als quotierte Vollrente eine anteilige Altersrente. Der Anspruch auf eine Teilrente verlangt eine besondere Berechnung der Rente. "Teil- und Vollrente betreffen dabei stets denselben individuellen Altersrentenanspruch. § 42 Abs. 1 SGB VI eröffnet dem rentenberechtigten Arbeitnehmer lediglich ein Wahlrecht hinsichtlich des Rentenumfangs und damit der Rentenhöhe (…). Wird eine Hinzuverdienstgrenze überschritten, wird der Anspruch auf die niedrigere Teilrente von Amts wegen geleistet, sofern der Versicherte nicht eine noch niedrigere Teilrente beantragt oder völlig auf die Rente verzichtet" (BAG, 22.09.2016 - 6 AZR 397/15).
4.10 Vorzeitiger Rentenbezug
Wer eine Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung vor Erreichen des für ihn maßgeblichen Regelalters in Anspruch nimmt, kann das oft nur mit gewissen Abschlägen. § 77 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 lit. a) SGB VI gibt vor: "Der Zugangsfaktor ist für Entgeltpunkte, die noch nicht Grundlage von persönlichen Entgeltpunkten einer Rente waren, … bei Renten wegen Alters, die .. vorzeitig in Anspruch genommen werden, für jeden Kalendermonat um 0,003 niedriger als 1,0". Das Bundessozialgericht dazu: "Die Vorschriften über die Minderung des Zugangsfaktors bei vorzeitiger Inanspruchnahme der Altersrente für langjährig Versicherte (§ 236 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 3 Nr. 2 Buchst. a, Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 SGB VI i.V.m. § 77 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a SGB VI) verstoßen nicht gegen das GG. Sie stellen eine zulässige gesetzliche Inhalts- und Schrankenbestimmung des Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG dar und verletzen nicht den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG" (BSG, 17.06.2020 – B 5 R 2/19).
4.11 Zeiten von ALG-Bezug
Auf die Wartezeit von 45 Jahren werden gemäß § 51 Abs. 3a Nr. 3 lit. a) SGB VI Zeiten des ALG-Bezugs in den letzten zwei Jahren vor dem Rentenbeginn nicht angerechnet – es sei denn, "der Bezug von Entgeltersatzleistungen der Arbeitsförderung ist durch eine Insolvenz oder vollständige Geschäftsaufgabe des Arbeitgebers bedingt". Aber: "1. Der Bezug von Arbeitslosengeld in den letzten zwei Jahren vor Rentenbeginn beruht nicht auf einer vollständigen Geschäftsaufgabe des Arbeitgebers, wenn zwar der einzige Standort des ursprünglichen Beschäftigungsunternehmens aufgegeben, dieses jedoch zuvor auf ein anderes Unternehmen mit weiteren Standorten verschmolzen wird. 2. Der Bezug von Arbeitslosengeld kann auch dann durch die vollständige Geschäftsaufgabe des Arbeitgebers bedingt sein, wenn der Versicherte aus diesem Anlass in eine Transfergesellschaft wechselt und das 'Transferarbeitsverhältnis' durch Fristablauf endet" (BSG, 20.05.2020 – B 13 R 23/18 R – Leitsätze).
4.12 "Zwangsverrentung" - 1
Viele Arbeitgeber spielen mit dem Gedanken, ältere Mitarbeiter einfach "in Rente zu schicken". Arbeitsrechtlich ist das nur möglich, wenn dazu eine Vereinbarung i. S. des § 41 SGB VI vorliegt oder ein Tarifvertrag das vorzeitige - automatische - Aus bei Erreichen eines bestimmten Lebensalters vorsieht. Wer allerdings schon aus dem Arbeitsleben raus ist und SGB II-Leistungen ("Hartz IV") bezieht, dem kann es tatsächlich passieren, dass er "zwangsverrentet" wird: § 12a Satz 1 SGB II sieht vor: "Leistungsberechtigte sind verpflichtet, Sozialleistungen anderer Träger in Anspruch zu nehmen und die hierfür erforderlichen Anträge zu stellen, sofern dies zur Vermeidung, Beseitigung, Verkürzung oder Verminderung der Hilfebedürftigkeit erforderlich ist." So darf dann der SGB II-Leistungsträger (nicht der Arbeitgeber, Anm. d. Verf.) einen "Hartz IV"-Empfänger rechtmäßig auffordern, eine vorzeitige Altersrente zu beantragen (BSG, 23.06.2016 - B 14 AS 46/15 R).
4.13 "Zwangsverrentung" - 2
SGB II-Leistungsberechtigte (Hartz IV-Empfänger) sind gem. § 12a Satz 1 SGB II gesetzlich verpflichtet, "Sozialleistungen anderer Träger in Anspruch zu nehmen und die dafür erforderlichen Anträge zu stellen, sofern dies zur Vermeidung, Beseitigung, Verkürzung oder Verminderung der Hilfebedürftigkeit erforderlich ist." § 12a Satz 2 Nr. 1 SGB II schränkt die Regelung in Satz 1 insoweit ein, dass niemand verpflichtet ist, "bis zur Vollendung des 63. Lebensjahres eine Rente wegen Alters vorzeitig in Anspruch zu nehmen". Bleiben Leistungsberechtigte trotz Aufforderung untätig, darf der SGB II-Leistungsträger (was der Arbeitgeber bei älteren Mitarbeitern nicht kann und auch nicht erzwingen darf, Anm. d. Verf.) nach § 5 Abs. 3 Satz 1 SGB II den Rentenantrag stellen. Aber: "Liegt zwischen abschlagsbehafteter und abschlagsfreier Altersrente ein Abstand von vier Monaten, ist der Verweis auf die Altersrente mit Abschlägen unbillig, weil die Möglichkeit der Altersrente ohne Abschläge 'in nächster Zukunft' besteht" (BSG, 09.08.2018 - B 14 AS 1/18 R - Leitsatz).
Siehe auch
Altersteilzeit - AllgemeinesAltersteilzeit - ArbeitnehmerschutzAltersteilzeit - ArbeitsentgeltAltersteilzeit - begünstigte ArbeitnehmerAltersteilzeit - Leistungen der BundesagenturAltersteilzeit - Neubesetzung