Rechtsdatenbank
Welche Fragen Arbeitgeber auch zum Thema Sozialversicherungsrecht bewegen: Die Rechtsdatenbank der AOK liefert die Antworten – einfach, fundiert und topaktuell.

Welche Fragen Arbeitgeber auch zum Thema Sozialversicherungsrecht bewegen: Die Rechtsdatenbank der AOK liefert die Antworten – einfach, fundiert und topaktuell.
Die Inhalte des Bereichs „Fachwissen SV“ geben Ihnen kostenlos Auskunft zu allen Themen der Sozialversicherung. Sie sind ein exklusives Angebot für eingeloggte Nutzer.
Jetzt einloggen:
Sie sind noch nicht registriert?
BAG, 10.04.1991 - 5 AS 2/91 - Antrag auf Bestimmung des örtlich zuständigen Gerichts beim Bundesarbeitsgericht; Bindungswirkung des Verweisungsbeschlusses und der Entscheidung im Bestimmungsverfahren
Bundesarbeitsgericht
Beschl. v. 10.04.1991, Az.: 5 AS 2/91
Antrag auf Bestimmung des örtlich zuständigen Gerichts beim Bundesarbeitsgericht; Bindungswirkung des Verweisungsbeschlusses und der Entscheidung im Bestimmungsverfahren
BAG, 10.04.1991 - 5 AS 2/91
In dem Beschlußverfahren
hat der Fünfte Senat des Bundesarbeitsgerichts am 10. April 1991
beschlossen:
Tenor:
Als sachlich zuständiges Gericht wird das Arbeitsgericht Hagen bestimmt.
Tatbestand
1
I.
Die Klägerin hat gegen Herrn W. S., den Ehemann der Inhaberin der Beklagten, vor dem Landgericht Hagen ein rechtskräftiges Urteil auf Zahlung von 9.541,21 DM nebst Zinsen und Kosten erwirkt (16 O 168/89). Das Urteil betrifft die Forderung der Klägerin aus der Lieferung von Einzelteilen für eine Entstaubungsanlage sowie einen Rohrbogen und ein weiteres Rohr mit vier Flanschen gemäß Rechnungen vom 9. September und 21. Oktober 1988. Der Ehemann der Beklagten soll sich vor dem Landgericht Hagen darauf berufen haben, er habe zwar selbst mit dem Ehemann der Inhaberin der Klägerin verhandelt, jedoch nur in seiner Eigenschaft als Angestellter der Beklagten dieses Rechtsstreits. Inhaber der Beklagten sei er nicht. Das Landgericht Hagen hat ihn mit seiner Verteidigung nicht gehört und ihn mit der Begründung verurteilt, er habe nicht bestritten, die zum Vertragsabschluß führende Willenserklärung selbst abgegeben zu haben, und habe nicht substantiiert dargelegt, daß er die Beklagte dieses Rechtsstreits vertrete. Die Überlegungen des Landgerichts Hagen basierten offenbar auf der Bestimmung des § 164 Abs. 2 BGB.
2
Nachdem die Klägerin gegen Herrn W. S. erfolglos die Vollstreckung versucht hat, hat sie mit Pfändungs- und Überweisungsbeschluß vom 10. Mai 1990 die Ansprüche des Herrn W. S. gegen die Beklagte als Drittschuldnerin aus
"a)
Erstattung des Gegenwertes für die Einzelteile der Entstaubungsanlage, des Rohrbogens und ein weiteres Rohr mit 4 Flanschen gemäß Rechnungen der Gläubigerin vom 21.10.1988 an den Schuldner (Urteil - 16 O 168/89 LG Hagen -)b)
Anspruch A (an Arbeitgeber, Arbeitsamt und Versicherungsträger)auf Zahlung des gesamten gegenwärtigen und künftigen Arbeitseinkommens (einschließlich des Geldwertes von Sachbezügen)"
3
gepfändet und sich zur Einziehung überweisen lassen.
4
Die Klägerin hat ihre Klage an das Landgericht Hagen gerichtet. Dieses hat sich durch Beschluß vom 3. Januar 1991 für sachlich unzuständig erklärt und den Rechtsstreit auf Antrag der Klägerin an das Arbeitsgericht Hagen verwiesen. Das Arbeitsgericht hält sich durch den Verweisungsbeschluß für nicht gebunden. Die Verweisung sei offensichtlich gesetzwidrig und könne daher keine Bindungswirkung herbeiführen. Es handele sich um einen Werklohnprozeß. Die Beklagte habe Mängelrügen erhoben und mit Mangelbeseitigungskosten aufgerechnet. Ein Zusammenhang mit dem angeblichen Arbeitsverhältnis zwischen dem Ehemann der Inhaberin der Beklagten sei rein äußerlich und nur zufällig. Jedenfalls stehe der Streit in keiner inneren Beziehung zu diesem Arbeitsverhältnis.
Gründe
5
II.
Sachlich zuständiges Gericht ist das Arbeitsgericht Hagen.
6
1.
Die Voraussetzungen des beantragten Bestimmungsverfahrens nach § 36 Nr. 6 ZPO sind erfüllt. Verschiedene Gerichte, von denen eines für den Rechtsstreit sachlich zuständig ist, haben sich rechtskräftig für unzuständig erklärt. Das Gesuch um Bestimmung des zuständigen Gerichts kann von einer Partei oder auch durch ein Gericht gestellt werden. Das Bundesarbeitsgericht ist für die beantragte Bestimmung zuständig, weil es in dem Zuständigkeitsstreit zwischen dem Landgericht und dem Arbeitsgericht zuerst um die Bestimmung angegangen worden ist.
7
2.
Der Verweisungsbeschluß des Landgerichts Hagen bindet das Arbeitsgericht Hagen, an das der Rechtsstreit verwiesen worden ist (§ 281 Abs. 2 Satz 2 ZPO). Diese bindende Wirkung muß nach der ständigen Rechtsprechung des Senats auch im Bestimmungsverfahren des § 36 Nr. 6 ZPO beachtet werden (ständige Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts vgl. statt vieler BAG Beschluß vom 11. Januar 1982 - 5 AR 221/81 - AP Nr. 27 zu § 36 ZPO, zu II 1 der Gründe; ferner BGHZ 17, 168 und BGHZ 28, 349, 350). Lediglich eine offensichtlich gesetzwidrige Verweisung kann diese Bindungswirkung nicht erreichen (BAG Beschluß vom 29. September 1976 - 5 AR 232/76 - AP Nr. 20 zu § 36 ZPO, zu II 2 der Gründe; ferner BAG Beschluß vom 1. März 1984 - 5 AS 5/84 - AP Nr. 35 zu § 36 ZPO, zu II 3 der Gründe; jeweils m.w.N.). Offensichtlich gesetzwidrig ist der Verweisungsbeschluß des Landgerichts Hagen jedoch nicht.
8
3.
Entgegen der Ansicht der Arbeitsgerichts Hagen spielt das behauptete Arbeitsverhältnis des Herrn W. S. zu der Inhaberin der beklagten Firma (seiner Ehefrau) für den Rechtsstreit eine erhebliche Rolle. Die Klägerin hat, wie aus dem Pfändungs- und Überweisungsbeschluß des Amtsgerichts Hagen vom 10. Mai 1990 hervorgeht, nicht nur die Ansprüche des Herrn W. S. gegen die Beklagte "auf Erstattung des Gegenwertes" für bestimmte Einzelteile, sondern auch die Ansprüche gegen die Beklagte als Arbeitgeberin auf Zahlung des gesamten gegenwärtigen und künftigen Arbeitseinkommens gepfändet und sich zur Einziehung überweisen lassen. Dadurch ist die Beziehung zu dem behaupteten Arbeitsverhältnis zwischen Herrn W. S. und der Inhaberin der Beklagten hergestellt. Ob ein Arbeitsverhältnis wirklich besteht und daher Ansprüche aus einen solchen Rechtsverhältnis überhaupt gepfändet und zur Einziehung überwiesen werden konnten, ist eine Frage der Begründetheit der Klage. Diese wird von dem sachlich zuständigen Gericht zu prüfen sein.
Dr. Thomas,
Dr. Gehring,
Dr. Ascheid