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BAG, 27.10.1994 - 8 AZR 43/92 - Umstellung des "DDR-Lohns" im Zuge der Deutschen Einheit; Einführung der Deutschen Mark als Währung in der DDR; Aufhebung eines Berufungsurteils und Zurückverweisung an das Landesarbeitsgericht; Währungsumstellung der Lohnzahlung nach dem Zeitpunkt der Fälligkeit der Forderung; Erfüllungswirkung der Abschlagzahlungen in Mark der DDR
Bundesarbeitsgericht
Urt. v. 27.10.1994, Az.: 8 AZR 43/92
Umstellung des "DDR-Lohns" im Zuge der Deutschen Einheit; Einführung der Deutschen Mark als Währung in der DDR; Aufhebung eines Berufungsurteils und Zurückverweisung an das Landesarbeitsgericht; Währungsumstellung der Lohnzahlung nach dem Zeitpunkt der Fälligkeit der Forderung; Erfüllungswirkung der Abschlagzahlungen in Mark der DDR
Verfahrensgang:
vorgehend:
BezirksG Rostock - 01.10.1991 - AZ: 1 Sa 76/91
Rechtsgrundlagen:
Anlage I Art. 7 § 1 Abs. 1 zum Vertrag über die Schaffung einer Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion
§ 125 Abs. 1 AGB (DDR)
§ 73 Abs. 2 ZGB (DDR)
BAG, 27.10.1994 - 8 AZR 43/92
In dem Rechtsstreit
hat der Achte Senat des Bundesarbeitsgerichts
gemäß § 128 Abs. 2 ZPO in der Sitzung vom 27. Oktober 1994
durch
den Richter Dr. Wittek als Vorsitzenden,
die Richter Dr. Müller-Glöge und Dr. Mikosch sowie
den ehrenamtlichen Richter Fox und
die ehrenamtliche Richterin Morsch
für Recht erkannt:
Tenor:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Bezirksgerichts Rostock vom 1. Oktober 1991 - 1 Sa 76/91 - aufgehoben.
Der Rechtsstreit wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern zurückverwiesen.
Tatbestand
1
Die Parteien streiten über die Frage, ob der Lohn des Klägers für den Monat Juni 1990 im Verhältnis 1 Mark der DDR zu 1 DM umzustellen war.
2
Der Kläger ist in einer von der Beklagten in W. betriebenen Werft als gewerblicher Arbeitnehmer beschäftigt. Bis einschließlich Mai 1990 erhielt der Kläger wie die übrigen Lohnempfänger der Beklagten den Monatslohn nach der betrieblich festgelegten Zahlungsweise regelmäßig um den 10 des Folgemonats.
3
Am 18. Mai 1990 schlossen die Bundesrepublik Deutschland und die DDR den Vertrag über die Schaffung einer Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion (fortan: Staatsvertrag), durch den mit Wirkung vom 1. Juli 1990 die DM als Währung in der DDR eingeführt wurde. Nach Anlage I Art. 7 § 1 Abs. 1 zum Staatsvertrag wurden Verbindlichkeiten, die vor dem 1. Juli 1990 begründet wurden, im Verhältnis 2 Mark der DDR zu 1 DM umgestellt. Abweichend davon war in Absatz 2 dieser Anlagenregelung bestimmt, daß Löhne und Gehälter, die nach dem 30. Juni 1990 fällig werden, im Verhältnis 1:1 umgestellt werden.
4
Am 13. Juni 1990 faßte der Ministerrat der DDR einen Beschluß, in dem es u.a. heißt:
"Um in der DDR eine einheitliche Basis für die Umstellung aller Löhne und Gehälter sowie anderer wiederkehrender Zahlungen zu gewährleisten und Spekulationen weitestgehend zu vermeiden, ist es erforderlich, als ökonomisch und sozial gerechte Basis für die Umstellung von Zahlungen auf Deutsche Mark nicht den Termin der Fälligkeit, sondern den Leistungszeitraum zu wählen, der die Fälligkeit begründet.
...
Wo betriebliche Vereinbarungen vorsehen, daß die Lohn- und Gehaltszahlungen des jeweiligen Monats erst in den ersten Tagen des Folgemonats erfolgen, sollte deshalb im Monat Juni 1990 eine weitgehende Zahlung als Abschlag stattfinden, so daß im Juli nur noch die Verrechnung der Spitzen erforderlich ist.
..."
5
Aufgrund des Beschlusses des Ministerrates teilte die Beklagte ihren Mitarbeitern in einem Schreiben vom 22. Juni 1990 u.a. folgendes mit:
"...
Einmaliger Hinweis zur Lohnzahlung bei Umstellung der Zahlung auf Deutsche Mark
Durch den Ministerrat der DDR ist für die Umstellung von Zahlungen auf Deutsche Mark verbindlich beschlossen worden, daß nicht der Termin der Fälligkeit, sondern der Leistungszeitraum zu wählen ist, der die Fälligkeit begründet. Das heißt, daß bei Löhnen und Gehältern die Leistungen, die vor dem 1. Juli 1990 erbracht werden, wenn möglich, vollständig vor der Umstellung der Währung in Mark der DDR zu zahlen sind. Andernfalls kann die Bezahlung der Leistungen nach dem 30. Juli 1990 nur noch im Verhältnis von 2,- M der DDR zu einer Deutschen Mark erfolgen.
Wo betriebliche Vereinbarungen vorsehen, wie auch in der MTW, daß die Lohnzahlungen des jeweiligen Monats erst in den ersten Tagen des Folgemonats erfolgen, soll im Monat Juni ?90 eine weitgehende Zahlung als Abschlag stattfinden, so daß im Juli nur noch die Verrechnung der Spitzen erforderlich ist.
Auf dieser Grundlage ist für die MTW nachstehender Verfahrensweg einer Abschlagzahlung festgelegt worden:
1.
Die Berechnung des Abschlages erfolgt für Lohnempfänger nach folgendem Algorithmus:
Nettolohn Monat Mai minus Abschlag (je nach Vereinbarung 100,- M bis 300,- M, wo vorhanden) minus staatliches Kindergeld plus Unterhaltszahlungen (wo vorhanden) plus [ ... ](wo vorhanden) Der daraus resultierende Markbetrag wird zu 70 Prozent (weil im Monat Mai 23 AT, Juni jedoch nur 21 AT) als Abschlag zur Auszahlung gebracht.
Die Beträge zur Abschlagzahlung werden der Bank am 25.6.90 zur Buchung auf die Giro-Konten der Lohnempfänger übergeben. Die Buchungen erfolgen bis spätestens zum 28.06.1990.
Zur Kontrolle und Information über diese Beträge sind am Montag, dem 25.06.1990 ab 8.00 Uhr Listen kollektivweise (Abteilung) vom Lohnbüro abzuholen.
2.
Die Restberechnung des Lohnes für den Monat Juni 1990 erfolgt Anfang des Monats Juli 1990. Diese Berechnung erfolgt ohne Berücksichtigung des Kindergeldes.Lohnabrechnung für den Monat Juni 1990 minus Abschlag vom 25.06.1990
Die aus dieser Berechnung resultierende Lohnsumme wird im Verhältnis von 2,- Mark der DDR zu einer Deutschen Mark zur Auszahlung gebracht.
..."
6
Diesem Schreiben entsprechend leistete die Beklagte im Juni 1990 an den Kläger Abschlagszahlungen auf den für diesen Monat zustehenden Lohn in Mark der DDR. Den Restbetrag für Juni 1990 erhielt der Kläger Anfang Juli 1990 in DM im Verhältnis 2 Mark der DDR zu 1 DM ausbezahlt. Durch diese Zahlungsweise und den späteren Umtausch des in Mark der DDR erhaltenen Abschlags in DM im Verhältnis 2:1 erhielt der Kläger für den Monat Juni 1990 567,79 DM weniger als er erhalten hätte, wenn ihm der Juni-Lohn Anfang Juli 1990 in DM im Verhältnis 1:1 ausbezahlt worden wäre.
7
Mit seiner Klage hat er diesen Differenzbetrag geltend gemacht. Er hat die Auffassung vertreten, nach den Bestimmungen des Staatsvertrages vom 18. Mai 1990 seien mit Wirkung zum 1. Juli 1990 alle nach diesem Zeitpunkt fällig werdenden Löhne und Gehälter im Verhältnis 1 Mark zu 1 DM umzustellen. Der Ministerratsbeschluß vom 13. Juni 1990 könne hinsichtlich individueller Arbeitsvertragsansprüche keinen verbindlichen Charakter entfalten.
8
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, Lohn in Höhe von 567,79 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 5. September 1990 nachzuzahlen.
9
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
10
Sie hat die Ansicht vertreten, Art. 7 § 1 Abs. 2 Nr. 1 der Anlage I zum Staatsvertrag sei dahingehend auszulegen, daß hinsichtlich der Fälligkeit der Löhne und Gehälter auf den zugrunde liegenden Leistungszeitraum abzustellen sei. Das ergebe sich verbindlich aus dem Beschluß des Ministerrates vom 13. Juni 1990. Einer Änderung der Arbeitsordnung habe es nicht bedurft. Im übrigen seien im Betrieb der Beklagten schon immer Abschlagszahlungen üblich gewesen.
11
Das Kreisgericht hat der Klage stattgegeben. Das Bezirksgericht hat die Berufung zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.
Gründe
12
Die Revision der Beklagten ist begründet. Das angefochtene Urteil ist aufzuheben und die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückzuverweisen (§ 565 Abs. 1 ZPO).
13
A.
Das Bezirksgericht hat seine Entscheidung im wesentlichen wie folgt begründet:
14
Der Kläger habe Anspruch auf den geltend gemachten Lohn. Die vorzeitige Lohnzahlung im Juni 1990 sei unzulässig gewesen. Gemäß § 125 AGB seien Lohnzahlungsperioden und Lohnzahlungstage zwingend in der Arbeitsordnung festzulegen. Unstreitig sei die Lohnzahlungsperiode für den Kläger der Kalendermonat und der Lohnzahlungstag der Zehnte des Folgemonats gewesen. Da die Arbeitsordnung die vom Betriebsleiter aufgrund der §§ 91, 92 AGB unter Mitwirkung der Werktätigen ausgearbeitete und mit Zustimmung der Betriebsgewerkschaftsleitung (BGL) erlassene Regelung der innerbetrieblichen Arbeitsorganisation gewesen sei, habe die Beklagte nicht einseitig ohne Mitwirkung der Werktätigen und der BGL die Lohnzahlungskonditionen ändern können.
15
B.
Diese Ausführungen halten nicht in allen Punkten einer revisionsrechtlichen Überprüfung stand.
16
I.
Zutreffend hat das Bezirksgericht für die Währungsumstellung der Lohnzahlung auf deren Fälligkeit und nicht auf den Zeitraum, für den die Leistung erfolgte, abgestellt.
17
1.
Nach Art. 10 Abs. 5 Spiegelstrich 2 des Staatsvertrages i.V.m. Anlage I Art. 7 § 1 Abs. 2 Nr. 1 sind Löhne und Gehälter, die nach dem 30. Juni 1990 fällig werden, im Verhältnis 1 Mark zu 1 DM umzustellen. Der Staatsvertrag ist unmittelbar anwendbares Recht. Er wurde durch das Gesetz zu dem Vertrag vom 18. Mai 1990 über die Schaffung einer Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik vom 25. Juni 1990 (BGBl. II S. 518) in der Bundesrepublik Deutschland und durch das Gesetz zum Vertrag vom 18. Mai 1990 über die Schaffung einer Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion zwischen der Deutschen Demokratischen Republik und der Bundesrepublik Deutschland vom 21. Juni 1990 (GBl. I S. 331) in der ehemaligen DDR innerstaatliches Recht.
18
2.
Mit dem im Staatsvertrag verwendeten Begriff der Fälligkeit wurde in den seinerseits bestehenden Rechtsordnungen der vertragsschließenden Staaten übereinstimmend derjenige Zeitpunkt umschrieben, in welchem der Gläubiger die Leistung zu fordern berechtigt ist (vgl. § 271 BGB und § 73 Abs. 1 ZGB-DDR). Dem Staatsvertrag lassen sich keine Anhaltspunkte dafür entnehmen, daß neben oder anstelle der Fälligkeit in dem so verstandenen Sinne auch die Begründung der Forderung nach dem 30. Juni 1990 als Voraussetzung für einen Umstellungskurs von 1 Mark zu 1 DM gemäß Art. 7 § 1 Abs. 2 Nr. 1 der Anlage I zum Staatsvertrag ist. Die unterschiedliche Wortwahl in Art. 7 § 1 Abs. 1 und Abs. 2 verdeutlicht, daß die Vertragsparteien zwischen Begründung und Fälligkeit der Forderung unterschieden haben. Tatbestandsvoraussetzung gemäß Abs. 2 Nr. 1 ist ausdrücklich nur die Fälligkeit und nicht (auch) die Begründung der Forderung nach dem 30. Juni 1990.
19
3.
Dieser Auslegung steht der anderslautende Ministerratsbeschluß vom 13. Juni 1990 nicht entgegen.
20
Gemäß § 8 Abs. 2 des Gesetzes über den Ministerrat der Deutschen Demokratischen Republik vom 16. Oktober 1972 (GBl. I S. 253) erließ der Ministerrat der DDR Rechtsvorschriften in Form von Verordnungen und Beschlüssen. Beschlüsse des Ministerrates konnten auch normative, d.h. allgemeinverbindliche Verhaltensregeln enthalten (Verwaltungsrecht, Lehrbuch, 2. Aufl., Staatsverlag der DDR, 1988, S. 121).
21
Es kann dahinstehen, ob der Ministerratsbeschluß nicht insgesamt lediglich empfehlenden Charakter hatte. Jedenfalls ist er insoweit unverbindlich, als er neben der Forderung nach möglichst vollständiger Bezahlung der vor dem 1. Juli 1990 erbrachten Leistungen bis zur Währungsumstellung auch eine bestimmte Auslegung des Art. 7 § 1 Abs. 1 und 2 der Anl. 1 zum Staatsvertrag wiedergibt. Soweit der Ministerratsbeschluß vom 13. Juni 1990 davon ausgeht, daß der erst mit der Verkündung im Gesetzblatt der DDR am 25. Juni 1990 in innerstaatliches Recht der DDR transformierte Staatsvertrag nur solche Lohn- und Gehaltsforderungen erfaßt, die nach dem 30. Juni 1990 begründet worden sind, drückt er lediglich (deklaratorisch) aus, was sich nach Ansicht des Ministerrates bereits aus dem Staatsvertrag selbst ergibt. Eine allgemeinverbindliche Verhaltensregel enthält der Beschluß insoweit nicht.
22
II.
Ob die Beklagte im Juni 1990 Abschlagszahlungen in Mark der DDR mit Erfüllungswirkung leisten konnte, kann der Senat nicht abschließend entscheiden. Hierzu ist die zu diesem Zeitpunkt geltende betriebliche Arbeitsordnung zu überprüfen.
23
1.
Der Lohnanspruch des Klägers für Juni 1990 und die Erfüllbarkeit der Lohnforderung richten sich nach dem Recht der ehemaligen DDR. Das BGB ist im Beitrittgebiet erst am 3. Oktober 1990 in Kraft getreten (Art. 8 EV, Art. 230 Abs. 2 EGBGB). Nach Art. 232 § 5 EGBGB sind auf die beim Wirksamwerden des Beitritts bestehenden Arbeitsverhältnisse "von dieser Zeit an" die Vorschriften des BGB anzuwenden.
24
2.
Nach § 125 Abs. 1 AGB sind die Lohnzahlungstage in der Arbeitsordnung betrieblich festzulegen. Es ist zwischen den Parteien unstreitig, daß als Lohnzahlungstag der 10. des Folgemonats betrieblich festgelegt war. Der Kläger konnte somit seinen Lohn jeweils am 10. des Folgemonats verlangen (Fälligkeit). Dies schließt aber nicht aus, daß die im Juli 1990 fällige Juni-Lohnforderung im Juni 1990 durch Abschlagszahlungen in Mark der DDR teilweise getilgt werden konnte. Voraussetzung dafür ist, daß die Beklagte Abschlagszahlungen vor Fälligkeit mit Erfüllungswirkung leisten konnte (Erfüllbarkeit). Wegen der Besonderheiten der Währungsumstellung kann dabei nicht davon ausgegangen werden, daß im Zweifel Abschlagszahlungen möglich waren. Durch die vorzeitige Leistung im Juni 1990 wurde dem Gläubiger nämlich ein Währungsrisiko auferlegt. Wenn die betriebliche Arbeitsordnung aber Vorauszahlungen im Leistungsmonat vorsah, konnte die Beklagte auch im Juni 1990 Abschlagszahlungen für den am 10. Juli 1990 fälligen Juni-Lohn mit Tilgungswirkung leisten. Das Bezirksgericht hätte deshalb die Arbeitsordnung im Betrieb der Beklagten zur Zulässigkeit von Abschlagszahlungen prüfen müssen.
25
3.
Die vom Kläger erst im Revisionsverfahren vorgelegte Arbeitsordnung enthält in § 42 Abs. 1 Unterabs. 2 die Regelung, daß bis zum 10. des Monats die Lohnrestzahlung des Vormonats und bis zum 23. des Monats die Abschlagszahlung für den laufenden Monat erfolgt. Danach wären Abschlagszahlungen im Leistungsmonat im Betrieb der Beklagten grundsätzlich zulässig gewesen.
26
Allerdings trägt der Kläger vor, daß die von ihm selbst vorgelegte Arbeitsordnung im Juni 1990 nicht mehr wirksam gewesen sei. Bereits ab 1. März 1982 sei durch Änderung der betrieblichen Arbeitsordnung zwischen dem Werftdirektor und der Betriebsgewerkschaftsleitung die einmalige Lohnzahlung vereinbart worden. Das Landesarbeitsgericht wird daher zu prüfen haben, ob nach der im Juni 1990 geltenden betrieblichen Arbeitsordnung Abschlagszahlungen für Lohnempfänger zulässig waren.
27
4.
Zutreffend hat das Bezirksgericht erkannt, daß der Ministerratsbeschluß vom 13. Juni 1990 nicht die betriebliche Arbeitsordnung ändern und betrieblich nicht vorgesehene Abschlagszahlungen zulassen konnte. Ohne Mitwirkung der Werktätigen und der Betriebsgewerkschaftsleitung konnte der Ministerrat der DDR nicht die innerbetrieblichen Lohnzahlungskonditionen ändern.
28
III.
Für den Fall, daß das Landesarbeitsgericht danach zur Unzulässigkeit der Abschlagszahlungen kommen sollte, wäre weiter zu prüfen, ob der Kläger die vorzeitige Leistung nachträglich genehmigt hat. Dabei wäre folgendes rechtlich zu beachten:
29
Wie auch § 73 Abs. 2 ZGB-DDR regelte, wäre eine vorzeitige Leistung zulässig, wenn sich der Kläger damit einverstanden erklärte oder die Leistung abnahm. Eine Zustimmung des Klägers zu einer vorzeitigen Abschlagszahlung kann nicht darin erblickt werden, daß er auf das Schreiben der Beklagten vom 22. Juni 1990 nicht reagierte. Die Juni-Lohnforderung des Klägers könnte allerdings dadurch teilweise erloschen sein, daß die Beklagte vor dem 1. Juli 1990 vorzeitig geleistet und der Kläger die Leistung abgenommen und damit nachträglich gebilligt hat. Die Tilgungswirkung einer noch im Juni 1990 in Mark der DDR ausgeführten Überweisung trat nur dann nicht ein, wenn der Kläger nach Zugang der Gutschriftenanzeige der Beklagten gegenüber in angemessener Frist widersprach (vgl. für Fälle anläßlich der Währungsreform 1948 OGHZ 3, 336). Das Landesarbeitsgericht wird deshalb Feststellungen zum Zugang der Gutschriftenanzeige und zum Zeitpunkt des Widerspruchs zu treffen haben und sodann entscheiden müssen, ob der Widerspruch unter Berücksichtigung der Besonderheiten der Währungsumstellung in der DDR am 1. Juli 1990 in angemessener Frist erfolgte.
30
IV.
Die im Juli 1990 erfolgte Restzahlung des Juni-Lohnes mußte im Verhältnis 1:1 umgestellt werden. Dies ergibt sich direkt aus der Anlage I Art. 7 § 1 Abs. 2 zum Staatsvertrag. Danach sind Löhne und Gehälter, die nach dem 30. Juni 1990 fällig werden, im Verhältnis 1:1 umzustellen. Da der Juni-Lohn 1990 erst am 10. Juli 1990 fällig wurde, durfte die Beklagte den Restzahlungsbetrag nicht halbieren, sondern mußte ihn voll in DM auszahlen. Insoweit hat die Klage jedenfalls Erfolg. Dies hat das Bezirksgericht richtig entschieden. Der Senat kann aber auch insoweit nicht durchentscheiden, da nicht festgestellt ist, welchen Restbetrag des Juni-Lohnes die Beklagte im Juli 1990 dem Kläger zahlte. Damit steht auch noch nicht fest, welchen Betrag die Beklagte dem Kläger wegen der unzulässigen Kürzung der Restzahlung noch schuldet.
Dr. Wittek,
Müller-Glöge,
Mikosch,
Fox,
Morsch
Von Rechts wegen!