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BFH, 29.03.1961 - VII 188/58 U - Erstattungsfähigkeit von Gebühren für Beschwerdeverfahren vor dem Finanzgericht
Bundesfinanzhof
Urt. v. 29.03.1961, Az.: VII 188/58 U
Erstattungsfähigkeit von Gebühren für Beschwerdeverfahren vor dem Finanzgericht
Rechtsgrundlagen:
§ 18 Verordnung Nr. 175 der Britischen Militärregierung
§ 41 RAGebO
§ 91 RAGebO
Fundstellen:
BFHE 72, 678 - 680
BStBl III 1961, 247
DB 1961, 1054 (Volltext mit amtl. LS)
BFH, 29.03.1961 - VII 188/58 U
Amtlicher Leitsatz:
Im Beschwerdeverfahren vor den Finanzgerichten gemäß § 18 der Verordnung Nr. 175 der Britischen Militärregierung sind 3/10 der in den §§ 13-17 RAGebO bestimmten Gebühren erstattungsfähig.
Zusammenfassung:
Im Beschwerdeverfahren vor den Finanzgerichten gemäß §18 der Verordnung Nr. 175 der Britischen Militärregierung sind 3/10 der in den §§13--17 RAGebO bestimmten Gebühren erstattungsfähig
Gründe
1
I.
In einem Beschwerdeverfahren wegen einer Vollstreckungssache des Kaufmanns X. gemäß § 18 c) der Verordnung Nr. 175 der Britischen Militärregierung über die Wiedererrichtung von Finanzgerichten hat das Finanzgericht mit rechtskräftigem Beschluß vom 12. Dezember 1956 die Kosten des Beschwerdeverfahrens dem Land Y. auferlegt. Der Steuerpflichtige hat den Kostenerstattungsanspruch an den ihn in dem Beschwerdeverfahren vertretenden Bf., einen Helfer in Steuersachen, abgetreten.
2
Streitig ist nunmehr, ob dem Bf. die nach § 316 AO zu erstattenden Kosten für die Prozeßgebühr und die Verhandlungsgebühr nach der im Streitfall anzuwendenden Gebührenordnung für Rechtsanwälte (RAGebO) zum Satz von drei Zehnteilen, wie sie die Geschäftsstelle des Finanzamts festgesetzt hat, oder zum Satz von dreizehn Zehnteilen, wie sie der Bf. beansprucht, zu erstatten sind.
3
Die von dem Bf. eingelegte Erinnerung und die Berufung hatten keinen Erfolg.
4
Mit der Rb. wiederholt der Bf. sein Vorbringen, daß ein Beschwerdeverfahren, welches gebührenrechtlich nach der RAGebO berechnet werde, dem finanzgerichtlichen Verfahren fremd sei. In einem Rechtsstreit vor dem Finanzgericht kämen unterschiedslos die Sätze für das Berufungsverfahren zur Anwendung. Auch könne die RAGebO bei der vorliegenden Erstattung deshalb nicht angewendet werden, da das Beschwerdeverfahren nach der Verordnung Nr. 175 mit dem gerichtlichen Beschwerdeverfahren (bei dem nur eine 3/10-Gebühr entsteht) nicht vergleichbar sei.
5
II.
Die Rb. ist nicht begründet.
6
Der Entscheidung über die Kostentragung lag eine Beschwerde gegen eine Pfändungsverfügung des Finanzamts vom 19. Oktober 1954 zugrunde. Über diese Beschwerde hat das Finanzgericht ohne Zwischenschaltung der Oberfinanzdirektion durch Beschluß vom 12. Dezember 1956 entschieden.
7
Nach § 316 Abs. 2 AO werden im Verfahren vor den Finanzgerichten die Kosten für die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten, der geschäftsmäßig Hilfe in Steuersachen leistet, bis zur Höhe der vollen Gebühren der Gebührenordnung für Rechtsanwälte - im Streitfalle der RAGebO vom 7. Juli 1879 mit ihren späteren Änderungen - erstattet. Die Vorschriften dieser Gebührenordnung gelten nach § 91 Abs. 1 Ziff. 3 RAGebO im Rechtsmittelverfahren vor den Steuerbehörden, worunter in diesem Zusammenhang auch die Steuergerichte zu verstehen sind, entsprechend. Nach § 41 a.a.O. stehen dem Rechtsanwalt für das Beschwerdeverfahren nur drei Zehnteile der in den §§ 13-17 a.a.O. bestimmten Gebühren zu. Eine Erhöhung der Gebührensätze tritt nur für die Berufungs- und die Revisionsinstanz ein (§ 52 a.a.O.); für einen Rechtsstreit, der im Wege des finanzgerichtlichen Berufungsverfahrens durchzuführen ist, wird die Prozeß- und Verhandlungsgebühr mit einer 13/10-Gebühr eingesetzt.
8
Die entsprechende Anwendung der vorstehend aufgeführten Vorschriften der RAGebO auf das Rechtsmittelverfahren vor den Finanzgerichten ergibt daher, daß im Verfahren vor den Finanzgerichten nicht unterschiedslos die erhöhten Sätze für das Berufungsverfahren zur Anwendung kommen können, wie der Bf. meint, vielmehr hängt ihre Anwendung davon ab, daß das Finanzgericht auch als Berufungsinstanz tätig gewesen ist. Das Finanzgericht wäre im Streitfall nur dann Berufungsinstanz gewesen, wenn es sich tatsächlich um ein Berufungsverfahren nach § 17 der Verordnung Nr. 175 oder im erweiterten Rechtsmittelverfahren nach Art. 19 Abs. 4 des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland gehandelt hätte. Da jedoch das Finanzgericht nach § 18 c) a.a.O. unmittelbar über eine Beschwerde gegen eine Verfügung der Finanzverwaltungsbehörde entschieden hat, lag eine erstinstanzliche Entscheidung des Finanzgerichts, nicht aber eine Entscheidung im Berufungsverfahren vor. Da in der Verordnung Nr. 175 prozessual zwischen Berufungs- und Beschwerdeverfahren unterschieden wird, muß auch kostenrechtlich das Verfahren nach § 18 a.a.O. als Beschwerdeverfahren gewertet werden.
9
Der Ansicht der Vorinstanzen, daß die Bestimmung des § 41 RAGebO auf den vorliegenden Kostenerstattungsanspruch anzuwenden ist, wird deshalb beigestimmt. Für das vorliegende Beschwerdeverfahren nach § 18 c) der Verordnung Nr. 175 können sonach die Gebühren des als Prozeßbevollmächtigten hinzugezogenen Bf. nur in Höhe von drei Zehnteilen der vollen Gebühren erstattet werden (ebenso Baumbach-Lauterbach, Kostengesetze, 12. Aufl., RAGebO § 91 Bern. 4; Klempt-Meyer, Rechtsmittelverfahren und Rechtsmittelkosten in Steuerstreitsachen, 2. Aufl., Ziffern 123 a und b, S. 172, 173; Boeker, Kostenerstattung im steuerlichen Rechtsmittelverfahren, 1957, S. 68).
10
Die Rb. war deshalb als unbegründet zurückzuweisen.