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BAG, 14.05.1991 - 3 AZR 212/90 - Einordnung der Erfolgsbeteiligung als Gratifikation oder als leistungsbezogener Vergütungsbestandteil
Bundesarbeitsgericht
Urt. v. 14.05.1991, Az.: 3 AZR 212/90
Einordnung der Erfolgsbeteiligung als Gratifikation oder als leistungsbezogener Vergütungsbestandteil
Rechtsgrundlagen:
§ 7 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 BetrAVG
§ 82 Abs. 1 VglO
§ 91a Abs. 1 Satz 1 ZPO
Fundstelle:
AuR 1991, 216-217 (Kurzinformation)
BAG, 14.05.1991 - 3 AZR 212/90
In dem Rechtsstreitverfahren
hat der Dritte Senat des Bundesarbeitsgerichts
aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 14. Mai 1991
durch
den Vorsitzenden Richter Dr. Heither,
die Richter Griebeling und Dr. Wittek sowie
die ehrenamtlichen Richter Dr. Bächle und Kähler
für Recht erkannt:
Tenor:
- 1.
Die Revision der Streithelferin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln vom 13. Februar 1990 - 11 Sa 1105/89 - wird zurückgewiesen.
- 2.
Die Streithelferin hat die Kosten der Revision zu tragen.
Tatbestand
1
Die Parteien streiten darüber, wer von ihnen für den Anspruch des Klägers auf Zahlung einer Betriebsrente einzustehen hat, der beklagte Pensionssicherungsverein als Träger der gesetzlichen Insolvenzsicherung (PSV) oder die Streithelferin als Erwerberin eines Betriebsteils der früheren Arbeitgeberin des Klägers.
2
Der Kläger, geboren am 2. Juni 1923, war seit 1957 bei der H GmbH in H beschäftigt. Die Gesellschaft betrieb ein Großhandelsunternehmen, das nach dem Firmenbriefkopf in fünf Abteilungen gegliedert war:
3
- Eisenhandel
4
- Heiz- und Kochgeräte, Elektro- und Rundfunkbedarf
5
- Werkzeuge, Maschinen, Baubeschlag, Bauelemente
6
- Haus- und Küchengeräte
7
- Sanitärer Installationsbedarf
8
Die H GmbH gewährte ihren Mitarbeitern Leistungen der betrieblichen Altersversorgung aufgrund einer Versorgungsordnung vom 1. Januar 1953. Sie bestätigte dem Kläger am 6. Oktober 1976 eine unverfallbare Versorgungsanwartschaft. Mit Ablauf des Monats Juni 1988 ist der Kläger in den Ruhestand getreten.
9
Die H GmbH geriet 1976 in wirtschaftliche Schwierigkeiten. Am 29. September 1976 beantragte sie die Eröffnung des gerichtlichen Vergleichsverfahrens. Es wurde ein vorläufiger Vergleichsverwalter bestellt. Das Vergleichsverfahren wurde am 16. November 1976 eröffnet.
10
Am 5. Oktober 1976 hatte der Kläger eine in Übereinstimmung mit dem Betriebsrat, der Geschäftsleitung und Vertretern der Gewerkschaft vorformulierte Erklärung unterschrieben, die wie folgt lautete:
"Ich erkläre hiermit, daß ich bereit bin, das Arbeitsverhältnis mit der Firma H G.m.b.H. im gegenseitigen Einvernehmen zu lösen, wenn gleichzeitig mit der U, B, ein neuer Arbeitsvertrag zustande kommt, der mindestens die gleichen Lohn-/Gehaltsbedingungen, sowie unter Berücksichtigung des alten Arbeitsplatzes eine zumutbare Tätigkeit sicherstellt.
Gleichzeitig erkläre ich, daß ich mit der Vertragsunterzeichnung bei der U auf alle Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis mit der Firma H G.m.b.H. verzichte, wenn bisher erworbene Ansprüche aus dem Altersversorgungswerk der H G.m.b.H. erhalten bleiben ..."
11
Mit der genannten "U GmbH & Co. KG, P (UZ)" schloß der Kläger mit Wirkung zum 7. Oktober 1976 einen Anstellungsvertrag "für U H GmbH in Gründung". Diese GmbH war ebenfalls am 7. Oktober 1976 gegründet worden. Sie wurde die Komplementärin der Streithelferin, der "U H GmbH & Co., Handels- und Kommanditgesellschaft" mit dem Sitz in H. Diese GmbH & Co. KG hat ihren Geschäftsbetrieb am 1. November 1976 begonnen; sie wurde am 4. Februar 1977 im Handelsregister eingetragen.
12
In dem Anstellungsvertrag des Klägers vom 7. Oktober 1976 heißt es:
"Der Mitarbeiter verzichtet unwiderruflich auf alle Rechte und Ansprüche gegen die U, die ihm aus dem ehemaligen Arbeitsvertrag mit der Firma H und aus sonstigen, das Arbeitsverhältnis berührenden Verträge, zustehen."
13
Am 6. Oktober 1976 schlossen die H GmbH als Verkäuferin und die U GmbH & Co. KG., als Käuferin einen Vertrag, in dem es eingangs heißt:
"Die Verkäuferin hat beim Amtsgericht in H den Antrag auf Eröffnung des Vergleichsverfahrens gestellt. Durch Beschluß des Amtsgerichts H vom 29.09.1976 - Az. 25 VN 1/76 - ist am 29.09.1976 das vorläufige Vergleichsverfahren eröffnet und Herr Betriebswirt H S zum vorläufigen Vergleichsverwalter ernannt worden.
Die Verkäuferin strebt einen Liquidationsvergleich an. Um den Warenbestand in angemessener Form zu realisieren, haben die vertragschließenden Parteien folgendes vereinbart: ..."
14
Sodann verkaufte die H GmbH ihr Warenlager gemäß einer Bestandsaufnahme in den Lägern H, W, B und C zu einem noch nicht endgültig festgesetzen Preis von ca. 3,15 Millionen DM. Ferner verkaufte die H GmbH einige ältere Fahrzeuge (§ 8 des Vertrags)und räumte der Käuferin das Recht ein, das Betriebsgelände der genannten Läger nebst Inventar bis zum 31. Dezember 1976 zu nutzen. In § 7 des Vertrags heißt es:
"§ 7
Die Käuferin benötigt für ihren geplanten neuen Geschäftsbereich H ca. 130 Beschäftigte. Sie hat sich bereiterklärt, in erster Linie neue Arbeitsverhältnisse mit ausscheidenden Arbeitnehmern der Verkäuferin zu begründen. Es besteht Einigkeit, daß die Käuferin diese Beschäftigten mit Wirkung vom 07.10.1976 anstellt, so daß die Verkäuferin insoweit aus der Lohn- und Gehaltszahlungsverpflichtung ab 07.10.1976 entlastet ist."
15
Schließlich wurden ca. 120 Arbeitnehmer der H GmbH übernommen.
16
In einer sogenannten Zusatzvereinbarung zum Kaufvertrag vom 6. Oktober 1976 wurde weiterhin folgendes vereinbart:
"Die Verkäuferin überläßt der Käuferin, ohne daß dafür ein besonderes Entgelt bezahlt werden muß, sämtliche vorliegenden Aufträge ihrer Kundschaft zur Auslieferung. Die Käuferin verpflichtet sich, diese Aufträge, soweit zumutbar, auszuführen. Es besteht Einigkeit, daß die Auslieferung grundsätzlich unter dem Namen der Käuferin erfolgt, so daß die Kaufverträge zu Gunsten und zu Lasten der Käuferin mit den früheren Kunden der Verkäuferin abgewickelt werden.
Sollten Kunden der Verkäuferin es ablehnen, mit der Käuferin geschäftliche Beziehungen aufzunehmen und vorhandene Aufträge auszuführen, erklärt sich die Verkäuferin bereit, die Auslieferung im eigenen Namen vorzunehmen, wobei sie sich hiermit verpflichtet, den Gegenwert aus dieser Auslieferung der Käuferin zur Verfügung zu stellen, weil diese nach Abschluß des Vertrages über den Warenbestand allein verfügungsberechtigt ist. Verkäuferin und Käuferin werden sich im Einzelfall insoweit abstimmen."
17
Die gekauften Waren wurden später zum Teil der Streithelferin zur Weiterveräußerung überlassen, nachdem diese den Geschäftsbetrieb aufgenommen hatte.
18
Mit Rücksicht auf die nur vorübergehende Möglichkeit die Räume der H GmbH zu nutzen, schloß die U H am 7. Oktober 1976 mit Wirkung vom 11. Oktober 1976 mit der R -Handelsgesellschaft W mbH einen Mietvertrag über Räume zum Betrieb eines Zentrallagers in H.
19
In welchem Umfang die U Nord oder die Streithelferin die ihnen überlassenen Geschäfts- und Lagerräume tatsächlich genutzt hat, ist streitig. Die Nutzung endete spätestens am 31. Dezember 1976.
20
Der beklagte PSV bescheinigte dem Kläger am 4. Dezember 1980 zunächst eine unverfallbare Anwartschaft auf eine monatliche Betriebsrente von 200,90 DM. Mit Schreiben vom 23. Februar 1982 teilte er dem Kläger jedoch mit, für die Anwartschaft habe nicht er, sondern die Streithelferin einzutreten, da diese den Betriebsteil, in dem der Kläger gearbeitet habe, übernommen habe.
21
Der Kläger hat die Feststellung begehrt, daß der Beklagte für die ihm zustehende Betriebsrente einstehen müsse. Die Streithelferin habe keinen Betriebsteil der H GmbH übernommen, sondern nur einen Teil der Waren und einige ältere Fahrzeuge erworben. Die Streithelferin hat sich diesem Vortrag angeschlossen.
22
Der Kläger und die Streithelferin haben beantragt
festzustellen, daß der Beklagte verpflichtet sei, dem Kläger aus der betrieblichen Altersversorgung der Versorgungsordnung der C. H GmbH, H, vom 1. Januar 1953 mit Ergänzung vom 23. Dezember 1957 ab Juli 1988 die ihm zustehende Betriebsrente zu zahlen.
23
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
24
Er hat vorgetragen, aufgrund der getroffenen Vereinbarungen sei der Betriebsteil, in dem der Kläger beschäftigt gewesen sei, auf die Streithelferin übergegangen. Da dies vor der Eröffnung des Vergleichsverfahrens geschehen sei, müsse die Streithelferin den Rentenanspruch des Klägers erfüllen.
25
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung der Streithelferin blieb ohne Erfolg. Mit der Revision verfolgt die Streithelferin das Begehren des Klägers weiter.
Gründe
26
Die Revision der Streithelferin ist unbegründet. Arbeitsgericht und Landesarbeitsgericht haben die Klage zu Recht abgewiesen.
27
A.
Gegen die Zulässigkeit des Beitritts der Streithelferin (§ 70 ZPO) bestehen keine Bedenken. Der Kläger hat ihr mit der Klageerhebung den Streit verkündet. Mit Schriftsatz vom 19. Dezember 1988 ist sie dem Rechtsstreit beigetreten. Sie hat sich dem Feststellungsantrag des Klägers angeschlossen.
28
Auch gegen die selbständige Einlegung der Berufung und der Revision durch die Streithelferin bestehen keine Bedenken (§ 74 Abs. 1, § 67 ZPO). Der Kläger hat zwar das klageabweisende Urteil des Arbeitsgerichts hingenommen. Er hat aber weder persönlich einen Rechtsmittelverzicht erklärt, noch der Einlegung von Rechtsmitteln durch die Streithelferin widersprochen (vgl. hierzu Thomas/Putzo, ZPO, 16. Auflage, § 67 Anm. 3 e bb).
29
B.
Ebensowenig bestehen Bedenken gegen die gewählte Klageart. Der Kläger und die Streithelferin begehren die Feststellung eines Rechtsverhältnisses (§ 256 Abs. 1 ZPO). Sie wollen festgestellt haben, daß der beklagte PSV für die vom Kläger bei der H GmbH erdiente Versorgungsanwartschaft einzustehen hat. Über die Unverfallbarkeit der Anwartschaft sowie über Grund und Höhe des Anspruchs bei Eintritt des Versorgungsfalls besteht kein Streit.
30
C.
Die Entscheidung des Rechtsstreits hängt davon ab, ob das Arbeitsverhältnis des Klägers mit der H GmbH einschließlich der Ansprüche auf Altersversorgung vor Eintritt des Sicherungsfalles auf die Streithelferin übergegangen ist und die Streithelferin deshalb für die Versorgungsanwartschaft einzutreten hat.
31
I.
Durch die Eröffnung des gerichtlichen Vergleichsverfahrens über das Vermögen der H GmbH ist bei dieser Gesellschaft ein Sicherungsfall gemäß § 7 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 BetrAVG eingetreten. In dem Umfang, in dem die Ansprüche der Versorgungsberechtigten durch einen gerichtlich bestätigten Vergleich erlassen werden (§ 82 Abs. 1 VglO), hat der PSV einzutreten (§ 7 Abs. 4 BetrAVG). Maßgeblicher Zeitpunkt ist das Datum der Eröffnung des gerichtlichen Vergleichsverfahrens (§ 7 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 BetrAVG). Das gerichtliche Vergleichsverfahren über das Vermögen der H GmbH ist am 16. November 1976 eröffnet worden.
32
II.
Das Arbeitsverhältnis ist schon vorher, nämlich am 6. Oktober 1976, nach § 613 a Abs. 1 BGB auf die Streithelferin übergegangen.
33
1.
Geht ein Betrieb oder Betriebsteil durch Rechtsgeschäft auf einen anderen Inhaber über, so tritt dieser in die Rechte und Pflichten aus den im Zeitpunkt des Übergangs bestehenden Arbeitsverhältnissen ein (§ 613 a Abs. 1 Satz 1 BGB). Zu den Rechten und Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis zählt auch die Versorgungszusage des früheren Arbeitgebers (ständige Rechtsprechung des Senats, statt aller BAGE 29, 94 [BAG 24.03.1977 - 3 AZR 649/76] = AP Nr. 6 zu § 613 a BGB). Um die Übertragung eines Betriebs oder Betriebsteils handelt es sich dann, wenn dem neuen Inhaber die sachlichen und immateriellen Betriebsmittel überlassen werden, mit denen er unter Hilfe von Arbeitnehmern bestimmte arbeitstechnische Zwecke verfolgen kann. Der Erwerber muß in der Lage sein, mit den übernommenen Betriebsmitteln den Betrieb oder Betriebsteil im wesentlichen unverändert fortzuführen. Es genügt, wenn dem Erwerber eine Nutzungsberechtigung auf Zeit eingeräumt wird. Es ist auch nicht erforderlich, daß sämtliche Wirtschaftsgüter des bisherigen Betriebs oder Betriebsteils auf den neuen Inhaber übergehen. Entscheidend ist, ob einzelne Wirtschaftsgüter übertragen werden oder ein Betriebsteil (ständige Rechtsprechung des BAG, statt aller: Urteil vom 28. April 1988 - 2 AZR 623/87 - AP Nr. 74 zu § 613 a BGB, zu III 2 b der Gründe, und BAGE 47, 206, 210 = AP Nr. 38 zu § 613 a BGB, zu I b der Gründe).
34
2.
Das Berufungsgericht hat diese Rechtsgrundsätze beachtet. Es hat auch die erforderlichen Voraussetzungen für einen rechtsgeschäftlichen Betriebsübergang in tatsächlicher Hinsicht bejaht: Die U Nord und in deren Nachfolge die Streithelferin hätten das gesamte Sortiment der Haushaltswaren, Garten- und Freizeitbedarf und Eisenwaren erworben. Damit hätten sie als Anbieter anstelle der H GmbH auf dem Markt auftreten können. Durch die Abwicklung der noch nicht ausgeführten Aufträge habe die Streithelferin auch auf die Kunden der H GmbH zugreifen können; ob die Streithelferin selbst solche Aufträge abgewickelt habe, sei unerheblich. Es genüge, daß ihre Rechtsvorgängerin, die U Nord diese Geschäfte wahrgenommen habe. Auch durch die zeitweilige Nutzung von Geschäftsräumen seien Betriebsmittel übergegangen. Die Streithelferin sei jedenfalls ab 1. November 1976 Ansprechpartner der früheren Kunden der H GmbH geworden. Schließlich habe die U Nord und in deren Nachfolge die Streithelferin Fahrzeuge erworben, die es ihr ermöglicht hätten, die Kunden zu beliefern. Es sei mithin eine funktionsfähige betriebliche Einheit übernommen worden. Die Streithelferin habe auf die gewachsenen Geschäftsbeziehungen der H GmbH zurückgreifen können. Dazu habe auch die Übernahme der alten Belegschaft aus der übertragenen Abteilung und das bei diesen Mitarbeitern vorhandene know-how beigetragen.
35
3.
Die gegen diese Begründung erhobenen Angriffe der Revision vermögen nicht zu überzeugen:
36
Die Streithelferin macht geltend, mit dem Warensortiment habe sie weder einzelne Kunden noch die Kundenkartei der H GmbH übernommen.
37
Richtig ist, daß der Streithelferin allein mit dem Erwerb des Warenlagers noch kein funktionsfähiger Betrieb zur Verfügung stand, mit dem sie hätte werbend auf den Markt tätig werden können. Notwendig ist jedoch eine Gesamtschau aller Betriebsmittel, die dem Erwerber überlassen werden. Hier hat die Streithelferin nach den von der Revision nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts zusätzlich die nötigen Betriebsräume nebst Inventar - jedenfalls befristet - erhalten, und sie hat einige Fahrzeuge erworben, um die gekauften Waren transportieren zu können. Sie hat vor allem Zugriff auf die bisherige Kundschaft der H GmbH erhalten, einmal durch die Auslieferung und Abwicklung der von der H GmbH noch nicht erledigten Aufträge und zum anderen durch die Präsenz in den Geschäftsräumen der H GmbH. Anders als in dem vom 2. Senat des Bundesarbeitsgerichts entschiedenen Rechtsstreit (Urteil vom 28. April 1988 - 2 AZR 623/87 - AP Nr. 74 zu § 613 a BGB) war daher im vorliegenden Rechtsstreit die Überlassung der Kundenliste gerade nicht erforderlich, um die bisher von der H GmbH betriebenen Geschäfte weiter betreiben zu können.
38
Es kommt auch nicht entscheidend darauf an, ob die Streithelferin auf die bisherigen Lieferantenbeziehungen zurückgreifen kann. Ihre weitere Belieferung konnte die Streithelferin unschwer sicherstellen. Daß die H GmbH spezielle Produkte vertrieb und die Streithelferin deshalb auf spezielle Lieferantenbeziehungen angewiesen war, haben die Partien nicht behauptet (siehe auch hierzu BAG Urteil vom 28. April 1988, aaO).
39
Hiernach konnte das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei den Schluß ziehen, die der Streithelferin überlassenen Betriebsmittel seien ausreichend und in ihrer Gesamtheit geeignet gewesen, die aus der H GmbH als selbständigen Teil herauslösbare Abteilung der Haushaltswaren im wesentlichen unverändert fortzuführen.
40
III.
Das Berufungsgericht hat auch zu Recht angenommen, daß der Kläger im Verhältnis zur Streithelferin nicht wirksam auf seine bei der H GmbH erdiente Versorgungsanwartschaft verzichtet hat.
41
1.
Der im Arbeitsvertrag mit der U erklärte Verzicht auf die Rechte aus dem Arbeitsverhältnis mit der H GmbH erfaßt seinem Wortlaut nach "alle Rechte und Ansprüche") auch die dort erdiente Versorgungsanwartschaft. Ein solcher Verzicht setzte daher voraus, daß die Streithelferin in die Anwartschaft eingetreten wäre. Dies ist der Fall, da das Arbeitsverhältnis mit allen Rechten und Pflichten auf die Streithelferin übergegangen ist (BAG Urteil vom 15. März 1979 - 3 AZR 859/77 - AP Nr. 15 zu § 613 a BGB).
42
2.
Der in der Erklärung vom 5. Oktober 1976 und in dem neuen Arbeitsvertrag erklärte Verzicht ist unwirksam (BAG Urteil vom 14. Juli 1981 - 3 AZR 517/80 - AP Nr. 27 zu § 613 a BGB; BAG Urteil vom 28. April 1987 - BAGE 55, 229 [BAG 28.04.1987 - 3 AZR 75/86] = AP Nr. 5 zu § 1 BetrAVG Betriebsveräußerung).
43
a)
Ein Vertrag über die Aufhebung eines Arbeitsverhältnisses und die in diesem Arbeitsverhältnis erdienten Versorungsrechte ist gemäß § 134 BGB nichtig, wenn er dazu dient, den Eintritt der in § 613 a Abs. 1 BGB vorgesehenen Rechtsfolgen zu verhindern (BAGE 55, 228, 233 = AP Nr. 5 zu § 1 BetrAVG Betriebsveräußerung, zu II 2 a der Gründe, m.w.N.). Nach § 613 a Abs. 4 BGB ist eine Kündigung des Arbeitsverhältnisses seitens des Betriebsveräußerers oder -erwerbers aus Anlaß des Betriebsübergangs unwirksam. Das Gesetz verwirklicht den aus Art. 4 Abs. 1 der EG-Richtlinie vom 14. Februar 1977 (ABl. EG Nr. L 61 S. 26) folgenden Grundsatz, daß der Übergang eines Unternehmens, eines Betriebs oder Betriebsteils für Veräußerer und Erwerber keinen Kündigungsgrund darstellen darf. Der Übergang der Arbeitsverhältnisse mit dem Inhalt der bisher bestehenden Rechte und Pflichten soll gewährleistet sein. Damit sind auch solche Rechtsgeschäfte verboten, die dazu dienen, das gesetzliche Regelungsziel zu umgehen (BAGE 48, 40, 49 = AP Nr.40 zu § 613 a BGB, zu II 2 c der Gründe; Urteil vom 5. Dezember 1985 - 2 AZR 3/85 - AP Nr. 47 zu § 613 a BGB, zu B I der Gründe).
44
b)
Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts wurde das Arbeitsverhältnis des Klägers mit der H GmbH im Zusammenhang mit den Abmachungen aufgehoben, die den Betriebsübergang nach § 613 a BGB darstellten. Der maßgebliche Vertrag zwischen der H GmbH und der für die spätere Streithelferin handelnden U Nord wurde am 6. Oktober 1976 geschlossen. Der Kläger erklärte tags zuvor, am 5. Oktober 1976, sein (bedingtes) Einverständnis mit der Beendigung seines Arbeitsverhältnisses. Schon ab 7. Oktober 1976 war er aufgrund des neuen Arbeitsvertrages für die spätere Streithelferin tätig.
45
c)
Sind die Voraussetzungen des § 613 a Abs. 1 BGB erfüllt, dann verstößt der Verzicht auf Rechte aus der Versorgungszusage gegenüber der Streithelferin auch gegen § 4 BetrAVG. Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats tritt der Betriebserwerber mit dem Erwerb des Betriebs in die bestehenden Versorungsanwartschaften ein (statt aller: BAGE 55, 228, 233 f. = AP Nr. 5 zu § 1 BetrAVG Betriebsveräußerung, zu II 2 b der Gründe, m.w.N.). Hier sollte die getroffene Regelung dazu führen, daß die unverfallbare Versorgungsanwartschaft des Klägers bei der H GmbH zurückblieb. Wie der Fall zeigt, bedeutet dies eine Verschiebung des Risikos auf den PSV. Dieser müßte das Insolvenzrisiko tragen.
46
Nach § 4 BetrAVG sind aber solche Regelungen nicht uneingeschränkt zulässig. Sie bedürfen in den vom Gesetz nicht ausdrücklich erlaubten Fallgestaltungen der Zustimmung des PSV (vgl. BAGE 33, 234 [BAG 26.06.1980 - 3 AZR 156/79] = AP Nr. 1 zu § 4 BetrAVG und zuletzt BAGE 55, 228, 233 f. [BAG 28.04.1987 - 3 AZR 75/86] = AP Nr. 5 zu § 1 BetrAVG Betriebsveräußerung, zu II 2 b der Gründe, m.w.N.). Am Fehlen der Zustimmung des beklagten PSV muß daher die Ablösung der Versorgungsanwartschaft von dem fortbestehenden Arbeitsverhältnis scheitern.
Dr. Heither,
Griebeling,
Dr. Wittek,
Dr. Bächle,
Kähler
Von Rechts wegen!