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BAG, 25.02.1999 - 3 AZR 231/97 (A) - Revision gegen ein unzulässiges Zwischenurteil
Bundesarbeitsgericht
Beschl. v. 25.02.1999, Az.: 3 AZR 231/97 (A)
Revision gegen ein unzulässiges Zwischenurteil
BAG, 25.02.1999 - 3 AZR 231/97 (A)
In dem Rechtsstreit
hat der Dritte Senat des Bundesarbeitsgerichts
aufgrund der mündlichen Verhandlung
vom 25. Februar 1999
durch
den Richter Bepler als Vorsitzenden,
die Richter Dr. Friedrich und Kreft sowie
die ehrenamtliche Richterin Frehse und
den ehrenamtlichen Richter Stemmer
beschlossen:
Tenor:
- 1.
Von den Kosten des Rechtsstreits erster Instanz haben der Kläger 4/5, die Beklagte 1/5 zu tragen.
- 2.
Die Kosten der Berufung und der Revision hat die Beklagte zu tragen.
Tatbestand
1
I.
Die Parteien haben über Grund und Höhe eines Betriebsrentenanspruches des Klägers gegen die Beklagte gestritten.
2
Der am 17. August 1932 geborene Kläger war vom 27. Juli 1953 bis zum 15. August 1991 bei der Beklagten tätig, wobei er jeweils als Saisonarbeiter beschäftigt war und zwischenzeitlich Arbeitslosengeld bezog. Die Beklagte versorgt ihre Mitarbeiter nach Maßgabe einer am 1. Januar 1958 in Kraft getretenen Versorgungsordnung, die am 10. Dezember 1978 durch eine Betriebsvereinbarung teilweise geändert wurde. Nach der Versorgungsordnung treten alle Betriebsangehörigen nach einer zusammenhängenden Dienstzeit von 7 Jahren mit dem folgenden 1. Januar in die Versorgung ein. Hiernach versorgungsberechtigte Betriebsangehörige, die nach Erreichen der Altersgrenze (Männer: 65. Lebensjahr; Frauen: 60. Lebensjahr) aus den Diensten der Beklagten ausscheiden, erhalten eine lebenslängliche Altersrente; das gleiche gilt für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die nach Erreichen der flexiblen Altersgrenze (Männer: 63. Lebensjahr; Frauen: 60. Lebensjahr) ihr Arbeitsverhältnis mit der Beklagten beenden. Die Altersrente beläuft sich auf 20 % des Jahresbruttoarbeitsentgeltes aufgerundet auf volle DM und zahlbar in gleichen monatlichen Raten, jedoch höchstens 120,00 DM monatlich.
3
Der Kläger, der seit dem 1. September 1992 vorgezogene gesetzliche Altersrente in Anspruch nimmt, hat beantragt,
- 1.
die Beklagte zu verurteilen, ihm eine Betriebsrente aus der Versorgungsordnung vom 31. Dezember 1957 bzw. aus der Betriebsvereinbarung vom 10. Dezember 1978 zu gewähren.
- 2.
die Beklagte zu verurteilen, an ihn rückständige 7.339,16 DM netto (= 564,55 DM monatlich) und 4 % Zinsen ab Klagezustellung zu zahlen.
4
Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt. Der Kläger erfülle wegen seiner Saisonarbeit das Erfordernis einer 7-jährigen zusammenhängenden Dienstzeit nicht.
5
Das Arbeitsgericht hat ein mit "Teilurteil" überschriebenes Urteil verkündet, in dem es festgestellt hat, daß die Beklagte verpflichtet sei, dem Kläger auf der Grundlage der Versorgungsordnung vom 30. Dezember 1957/Betriebsvereinbarung vom 10. Dezember 1978 eine Betriebsrente zu gewähren. In den Gründen hat das Arbeitsgericht ausgeführt, zu den zwischen den Parteien weiter streitigen Fragen, ob der Kläger auch die Voraussetzungen der Betriebsvereinbarung erfülle und ob eine zeitratierliche Kürzung des Betriebsrentenanspruches wegen vorzeitigen Ausscheidens des Klägers in Betracht komme, nehme es nicht Stellung. Die Berufung der Beklagten gegen dieses Urteil hat das Landesarbeitsgericht als unbegründet zurückgewiesen. Hiergegen hat die Beklagte die zugelassene Revision eingelegt. In der mündlichen Verhandlung haben die Parteien den Rechtsstreit durch Vergleich dahin erledigt, daß die Beklagte sich verpflichtete, an den Kläger für die Zeit ab 1. September 1992 eine monatliche Betriebsrente von 102,00 DM brutto zu zahlen. Die Parteien haben hiernach die Hauptsache für erledigt erklärt und wechselseitig Kostenanträge gestellt.
Gründe
6
II.
Nachdem die Parteien den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklärt haben, war über dessen Kosten nach § 91 a ZPO, § 72 Abs. 5 ArbGG unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes wie geschehen zu entscheiden.
7
1.
Von den Kosten des Rechtsstreits erster Instanz, bei dem noch zum Vergleichsschluß der Zahlungsantrag des Klägers anhängig war, müssen der Kläger 4/5 und die Beklagte 1/5 tragen. Dem Kläger steht von Rechts wegen statt der dort geltend gemachten monatlichen Betriebsrente von 564,55 DM nur ein monatlicher Betrag von 102,00 DM zu. Er erfüllt zwar die Voraussetzungen für einen Betriebsrentenanspruch, weil bei zutreffender Auslegung des Begriffes der "zusammenhängenden Dienstzeit" auch ein miteinander verknüpftes Saisonarbeitsverhältnis, wie es der Kläger bei der Beklagten zurückgelegt hat, diese Voraussetzung erfüllt. Die vom Kläger erreichbare Höchstrente beläuft sich jedoch nach Nr. 3 der Versorgungsordnung vom 1. Januar 1958 i. V. mit Nr. 1 der Betriebsvereinbarung vom 22. Dezember 1977 nur auf 120,00 DM. Da der Kläger vorzeitig aus dem Arbeitsverhältnis bei der Beklagten ausgeschieden ist, muß er eine zeitanteilige Kürzung hinnehmen, die dem Verhältnis zwischen erreichter und erreichbarer Betriebszugehörigkeit entspricht. Darüber hinaus muß berücksichtigt werden, daß der Kläger vorzeitig in den Ruhestand getreten ist. Schließlich ist von Bedeutung, daß die Versorgungsordnung der Beklagten für Männer und Frauen ein unterschiedliches Rentenzugangsalter vorsieht, was gegen Art. 119 EG-Vertrag verstößt (EuGH Urteil vom 17. Mai 1990 - Rs C - 262/88 - Barber - EuGHE I 1990, 1889 = AP Nr. 20 zu Art. 119 EWG-Vertrag). Aus diesem Grund muß die dem Kläger zustehende Teilrente in zwei Teilbeträgen ermittelt werden, welche die Betriebszugehörigkeit bis zum 17. Mai 1990 und ab dem 18. Mai 1990 betreffen (BAG Urteil vom 18. März 1997 - 3 AZR 759/95 - BAGE 85, 284 [BAG 18.03.1997 - 3 AZR 756/95] = AP Nr. 32 zu § 1 BetrAVG Gleichbehandlung). Aus den hiernach erforderlichen Rechenschritten folgt ein monatlicher Betriebsrentenanspruch über 102,00 DM brutto.
8
2.
Die Kosten der Berufung und der Revision muß die Beklagte allein tragen. Insoweit bestand für sie keine Erfolgsaussicht.
9
Bei dem Teilurteil des Arbeitsgerichts handelt es sich in der Sache um ein Zwischenurteil über Fragen des Klagegrundes. Das Arbeitsgericht hat nur dazu entschieden, ob von den Voraussetzungen des mit dem Antrag zu 2 beziffert geltend gemachten Betriebsrentenanspruchs einzelne Voraussetzungen erfüllt sind, nämlich die in der Versorgungsordnung erforderte Vordienstzeit und eine zusammenhängende Betriebszugehörigkeit bis zum Ausscheiden. Alle anderen Fragen, die auch im Zusammenhang mit dem Antrag zu 1 zu klären waren und die Höhe des Anspruchs betreffen, hat das Arbeitsgericht nicht beschieden.
10
Ein Zwischenurteil, in welchem nur über Teile des Grundes eines Anspruchs entschieden wird, ist im arbeitsgerichtlichen Verfahren auch dann, wenn es als Teilurteil bezeichnet worden ist, nicht als Endurteil anzusehen (§ 61 Abs. 3 ArbGG). Damit war die Berufung gegen das erstinstanzliche Urteil unstatthaft und unzulässig (§ 511 ZPO).
11
Daraus folgt zugleich, daß auch die Revision der Beklagten unzulässig war. Wird über eine unzulässige Berufung gegen ein Zwischenurteil durch Sachurteil entschieden, wie dies im vorliegenden Fall geschehen ist, handelt es sich auch bei dem Urteil des Berufungsgerichts um ein Zwischenurteil und nicht um ein Endurteil. Die Revision gegen dieses Urteil ist deshalb nach § 545 ZPO nicht eröffnet (vgl. BGHZ 102, 232, 233) [BGH 25.11.1987 - IVa ZR 135/86].
12
Hieran ändert auch der Umstand nichts, daß Arbeitsgericht und Landesarbeitsgericht eine Rechtsmittelbelehrung gegeben haben, die im Widerspruch zu dieser Rechtslage steht. Belehrt ein Grund- oder Zwischenurteil zu Unrecht über ein vermeintlich eröffnetes Rechtsmittel, bleibt dieses unstatthaft. Weder das Landesarbeitsgericht noch das Bundesarbeitsgericht sind an eine solche Rechtsmittelbelehrung gebunden (Germelmann/Matthes/Prütting, ArbGG, 2. Aufl., § 61 Rz 42, m.w.N.).
Bepler
Friedrich
Kreft
Stemmer
H. Frehse