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Welche Fragen Arbeitgeber auch zum Thema Sozialversicherungsrecht bewegen: Die Rechtsdatenbank der AOK liefert die Antworten – einfach, fundiert und topaktuell.

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Vorruhestand
Vorruhestand
Inhaltsübersicht
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Information
1. Allgemeines
Der Gesetzgeber hat sich schon immer darum bemüht, älteren Arbeitnehmern einen gleitenden Übergang vom Erwerbsleben in den Ruhestand zu ermöglichen. Die ersten Schritte dazu ging die so genannte "58er Regelung" im Gesetz zur Förderung von Vorruhestandsleistungen (VRG) vom 13.04.1984. Das Vorruhestandsgesetz sah unter anderem vor, dass die - damals noch als Bundesanstalt bezeichnete - Bundesagentur für Arbeit Arbeitgebern Zuschüsse zu ihren Aufwendungen für Vorruhestandsleistungen an Arbeitnehmer zahlte, die "das 58. Lebensjahr vollendet und ihre Erwerbstätigkeit beendet haben".
Praxistipp:
Früher wurde oft von "Zwangsverrentung" gesprochen. Sie ist auch nach heutigem Recht nicht möglich. Es gibt zwar Tarifverträge, die ein automatisches Ausscheiden von Arbeitnehmern vor Erreichen der gesetzlichen Regelaltersgrenze vorsehen. Diese tariflichen Altergrenzen stehen aber immer wieder auf dem Prüfstand der Arbeitsgerichte. Ohne kollektivvertragliche Verpflichtung braucht sich kein Arbeitnehmer - salopp ausgedrückt - von seinem Arbeitgeber zwangsweise in Rente schicken zu lassen.
Das VRG verlangte, dass Arbeitgeber und Arbeitnehmer auf Grund eines Tarifvertrags oder einer individualrechtlichen Vereinbarung eine Einigung fanden, wonach der Arbeitnehmer frühestens mit Vollendung des 58. Lebensjahres - daher der Begriff "58er-Regelung" - ausschied. Die Bundesagentur zahlte dem Arbeitgeber für dessen Aufwand wegen des vorzeitigen Ausscheidens einen Zuschuss. Der Arbeitnehmer konnte nach der Übergangsphase eine vorgezogene Rente wegen Alters bekommen ("Frühverrentung"). Das VRG lief mit dem 31.12.1988 aus. Es hatte sich in der Praxis auch nicht wirklich bewährt. Die "Entsorgung" älterer Arbeitnehmer zu Lasten der gesetzlichen Rentenversicherung war kein sozialpolitischer Erfolg.
2. Aktuelle Rechtslage
Zum besseren Verständnis zunächst zwei Definitionen:
Ruhestand ist die Zeit nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit Bezug der Regelaltersrente;
Vorruhestand ist die durch Arbeitgeber/Sozialleistungsträger finanzierte Zeitspanne von der Beendigung des Arbeitsverhältnisses bis zu dem Zeitpunkt, in dem die Regelaltersrente bezogen werden kann.
Da der Vorruhestand bei völliger Aufgabe der Erwerbstätigkeit nicht zu finanzieren ist, hat der Gesetzgeber den gleitenden Übergang älterer Mitarbeiter vom Erwerbsleben in den Ruhestand durch eine Reduzierung der Arbeitszeit mit dem Altersteilzeitgesetz (AltTZG) vom 23.07.1996 auf neue Beine gestellt. § 2 Abs. 1 AltTZG setzt dafür unter anderem voraus, dass
"... Arbeitnehmer .., .. nach dem 14. Februar 1996 auf Grund einer Vereinbarung mit ihrem Arbeitgeber, die sich zumindest auf die Zeit erstrecken muss, bis eine Rente wegen Alters beansprucht werden kann, ihre Arbeitszeit auf die Hälfte der bisherigen wöchentlichen Arbeitszeit vermindert haben, und versicherungspflichtig beschäftigt im Sinne des Dritten Buches Sozialgesetzbuch sind (Altersteilzeit)" (§ 2 Abs. 1 Nr. 2 AltTZG).
Wer als Arbeitgeber sämtliche AltTZG-Voraussetzungen erfüllte, bekam nach § 4 AltTZG Leistungen der Bundesagentur - unter anderem
eine Erstattung des Aufstockungsbetrags und
Zuschüsse zu den Rentenversicherungsbeiträgen.
Bis zum 31.12.2009 war das AltTZG noch in vollem Umfang anzuwenden.
Danach gilt:
"Für die Zeit ab dem 1. Januar 2010 sind Leistungen nach § 4 nur noch zu erbringen, wenn die Voraussetzungen des § 2 erstmals vor diesem Zeitpunkt vorgelegen haben (§ 16 AltTZG)."
Die Regelung in § 16 AltTZG bedeutet nun nicht, dass ab dem 01.01.2010 keine Altersteilzeitvereinbarungen im Sinn des AltTZG mehr möglich und zulässig sind. Sie sind es weiterhin - nur werden sie nicht mehr von der Bundesagentur für Arbeit gefördert.
Wer aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr zu arbeiten in der Lage ist, hat nach § 43 SGB VI die Möglichkeit, eine Rente wegen
teilweiser oder
voller
Erwerbsminderung zu beantragen.
3. Rechtsprechungs-ABC
An dieser Stelle werden einige der interessantesten Entscheidungen zum Thema Vorruhestand in alphabetischer Reihenfolge nach Stichwörtern geordnet hintelegt:
3.1 Wohnsitzverlegung ins Ausland
Der vereinfachte Fall: Arbeitgeber G und Arbeitnehmer N hatten eine Vorruhestandsvereinbarung geschlossen, die in Ziffer 4.1 folgende Regelung enthielt: "Die Ansprüche aus dieser Vorruhestandsvereinbarung erlöschen mit Beginn des Monats, für den Herr B eine gesetzliche Rente wegen Alters, Schwerbehinderung oder Erwerbsminderung beanspruchen kann; das ist nach Rechtslage zur Zeit des Abschlusses dieses Vertrages am 01.01.2011. Erforderliche Antragstellungen obliegen Herrn B." N lebt seit 2004 in Bolivien. Sein Schwerbehindertenstatus wurde mit Bescheid vom 15.09.2010 rechtskräftig aufgehoben, die Deutsche Rentenversicherung hat N's Antrag auf Zahlung einer Rente für Schwerbehinderte abgelehnt. G meinte, er müsse keine Vorruhestandsleistungen mehr zahlen, weil N die Möglichkeit habe, eine Altersrente für Schwerbehinderte in Anspruch zu nehmen.
Nach 4.1 der Vorruhestandsregelung soll N's Anspruch auf Vorruhestandsgeld nur erlöschen, wenn er "eine gesetzliche Rente wegen Alters, Schwerbehinderung oder Erwerbsminderung beanspruchen kann". Einen Anspruch auf vorzeitiges Altersruhegeld hatte N nicht - auch nicht auf ein vorgezogenes Altersruhegeld für Schwerbehinderte nach § 236a Abs. 2 Satz 1 Halbs. 2 SGB VI. Auch wenn N das 60. Lebensjahr in dem von § 236a SGB vorgegebenen Zeitfenster vollendete: "Weitere Voraussetzung war nach § 236a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB VI aber die Anerkennung als schwerbehinderter Mensch iSv. § 2 Abs. 2 SGB IX zum Zeitpunkt des möglichen Rentenbeginns. Schwerbehindert sind jedoch ausweislich des eindeutigen Wortlauts der Norm nur solche Personen, die ihren Wohnsitz, ihren gewöhnlichen Aufenthalt oder ihre Beschäftigung auf einem Arbeitsplatz i. S. d. § 73 SGB IX rechtmäßig im Geltungsbereich des SGB IX haben. Hieran fehlt es, weil der Kläger seit Ende 2004 in Bolivien lebt" (BAG, 23.09.2014 - 9 AZR 827/12 - mit dem Hinweis, dass die Zahlung eines Vorruhestandsgeldes typischerweise dazu dient, die Versorgungslücke zwischen dem Ende des Arbeitsverhältnisses und dem Rentenbeginn zu überbrücken).
Siehe auch
Altersgrenze - AllgemeinesAltersgrenze - AllgemeinesBefristung - AllgemeinesKündigung - außerordentliche: ArbeitnehmerAltersgrenze - RechtsschutzAltersgrenze - vermeidbare FehlerAltersgrenze - RechtsgrundlagenKündigung - ordentliche: AllgemeinesAltersteilzeit - Begünstigte ArbeitnehmerAltersteilzeit - Leistungen der BundesagenturAltersteilzeit - Neubesetzung