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Welche Fragen Arbeitgeber auch zum Thema Sozialversicherungsrecht bewegen: Die Rechtsdatenbank der AOK liefert die Antworten – einfach, fundiert und topaktuell.

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Freiwilliges soziales Jahr
Freiwilliges soziales Jahr
Normen
Jugendfreiwilligendienstegesetz (JFDG)
Gesetz zur Förderung eines freiwilligen sozialen Jahres (FSJG)
Kurzinfo
Teilnehmer eines freiwilligen sozialen Jahres unterliegen grundsätzlich der Sozialversicherungspflicht. Die Beiträge bemessen sich nach dem gewährten Taschengeld sowie den Sachbezügen. Versicherungsfreiheit wegen Geringfügigkeit kommt bei diesen Personen nicht in Betracht.
Information
Inhaltsübersicht
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1. Inhalt des freiwilligen sozialen Jahres
Das freiwillige soziale Jahr wird nach § 3 JFDG ganztägig als überwiegend praktische Hilfstätigkeit geleistet. Es wird regelmäßig in Einrichtungen der Wohlfahrtspflege, der Kinder- und Jugendhilfe oder in Einrichtungen der Gesundheitspflege geleistet, vor allem in Krankenanstalten, Altersheimen, Kinderheimen, Kindertagesstätten, Erholungsheimen sowie in Einrichtungen für körperlich oder geistig behinderte Kinder und in Einrichtungen der Familienhilfe. Darüber hinaus ist auch ein Einsatz in kulturellen Einrichtungen möglich; in Betracht kommen dabei z.B. Bibliotheken, Museen, Musikinitiativen oder Bereiche der Denkmalpflege. Eine Ableistung des freiwilligen sozialen Jahres kann auch im außereuropäischen Ausland erfolgen.
Das freiwillige soziale Jahr kann bis zum 27. Lebensjahr abgeleistet werden, sofern die Vollzeitschulpflicht erfüllt ist. Ein Mindestalter ist nicht vorgeschrieben. Das freiwillige soziale Jahr wird regelmäßig bis zur Dauer von zwölf zusammenhängenden Monaten geleistet. Die Helfer müssen sich dabei für mindestens sechs Monate verpflichten. Die maximale Dauer beträgt 24 Monate. Während des freiwilligen sozialen Jahres erhalten die Helfer lediglich Unterkunft und Verpflegung, Arbeitskleidung und ein angemessenes Taschengeld; als angemessen wird dabei ein Taschengeld angesehen, das 6 % der in der Rentenversicherung geltenden Beitragsbemessungsgrenze nicht übersteigt. Für das Kalenderjahr 2023 ergibt sich somit ein Betrag von 438,00 EUR (West) bzw. 426,00 EUR (Ost).
Für freiwillige Dienste, die vor dem 01.06.2008 begonnen oder vereinbart worden sind, gelten die Vorschriften des FSJG fort, vgl. § 15 JFDG.
2. Versicherungsrechtliche Beurteilung
Die Zahlung des Taschengeldes bzw. die Gewährung der Sachbezüge stellt Arbeitsentgelt im sozialversicherungsrechtlichen Sinne dar. Die Helfer und Helferinnen unterliegen daher grundsätzlich der Versicherungspflicht als Arbeitnehmer in der Sozialversicherung. Aufgrund ausdrücklicher Bestimmungen in den einzelnen Sozialversicherungszweigen kommt Versicherungsfreiheit wegen Geringfügigkeit hier nicht in Betracht. Soweit im Einzelfall weder ein Taschengeld noch Sachbezüge gewährt werden, ist die Versicherungspflicht als Arbeitnehmer ausgeschlossen; in der Kranken- und Pflegeversicherung ist in diesen Fällen die beitragsfreie Familienversicherung (z.B. über die Krankenversicherung der Eltern) zu prüfen.
Kurzfristige Beschäftigungen zwischen Ende der Schulausbildung und Teilnahme am freiwilligen sozialen Jahr sind als berufsmäßig anzusehen; dies gilt selbst dann, wenn nach dem Freiwilligendienst ein Studium beabsichtigt ist. Bei einer neben dem Freiwilligendienst ausgeübten kurzfristigen Beschäftigung wird dagegen angenommen, dass sie für die in Betracht kommende Person von untergeordneter wirtschaftlicher Bedeutung ist. Berufsmäßigkeit liegt in diesem Fall daher nicht vor, weil der Freiwilligendienst quasi als (Haupt-)Beschäftigung angesehen wird.
3. Beiträge während des freiwilligen sozialen Jahres
Die Kranken-, Pflege- und Rentenversicherungsbeiträge bemessen sich an dem gezahlten Taschengeld sowie dem Wert der Sachbezüge. Hinsichtlich der Sachbezüge ist zu beachten, dass die Helfer und Helferinnen insoweit nicht als Auszubildende gelten. Bei volljährigen Helfern und Helferinnen ist daher der ungekürzte Sachbezugswert zu berücksichtigen; der gekürzte Sachbezugswert kommt ausschließlich für die Zeit bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres zur Anwendung. In der Krankenversicherung ist, sofern ein mindestens sechswöchiger Anspruch auf Entgeltfortzahlung bei Arbeitsunfähigkeit besteht, der allgemeine Beitragssatz zu berücksichtigen.
In der Arbeitslosenversicherung gelten die Regelungen für die Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung entsprechend, soweit das freiwillige soziale Jahr nicht im unmittelbaren Anschluss an eine versicherungspflichtige Beschäftigung absolviert wird. Schließt sich hingegen das freiwillige soziale Jahr unmittelbar an eine versicherungspflichtige Beschäftigung an, gilt nach ausdrücklicher Bestimmung (vgl. § 344 Absatz 2 SGB III) als beitragspflichtige Einnahme ein Arbeitsentgelt in Höhe der monatlichen Bezugsgröße. Für das Kalenderjahr 2023 ergibt sich in diesem Fall eine beitragspflichtige Einnahme i.H.v. 3.395,00 EUR (West) bzw. 3,290,00 EUR (Ost).
Ein unmittelbarer Anschluss in diesem Sinne liegt ferner auch dann noch vor, wenn zwischen dem Ende der versicherungspflichtigen Beschäftigung und dem Beginn des freiwilligen sozialen Jahres ein Zeitraum von nicht mehr als einem Monat liegt.
Im Übrigen gelten die Regelungen zur besonderen Beitragsberechnung innerhalb des Übergangsbereiches (vgl. Übergangsbereich - Voraussetzungen) i.R.d. freiwilligen sozialen Jahres nicht.
4. Tragung der Beiträge
Die Beiträge zur Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung der Teilnehmer am freiwilligen sozialen Jahr werden vom Arbeitgeber getragen. Eine hälftige Aufteilung der Sozialversicherungsbeiträge zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer findet also nicht statt.
Es wird ein zusätzlicher Beitrag i.H.v. 0,35 % (Anhebung aufgrund des Gesundheitsversorgungsweiterentwicklungsgesetzes (GVWG) zum 01.01.2022; zuvor 0,25 %) in der sozialen Pflegeversicherung für kinderlose Mitglieder erhoben. Ausgenommen hiervon sind lediglich Mitglieder, die das 23. Lebensjahr noch nicht vollendet haben oder vor dem 01.01.1940 geboren wurden, sowie Wehr- und Zivildienstleistende. Der zusätzliche Beitrag zur Pflegeversicherung ist zwar grundsätzlich vom Mitglied selbst zu tragen; für Teilnehmer am freiwilligen sozialen Jahr ist der Zusatzbeitrag jedoch vom Arbeitgeber zu tragen (vgl. hierzu auch Pflegeversicherung - Beiträge).
Aktuelle Rechtsentwicklung
Das Bundesverfassungsgericht hat mit seinem Beschluss vom 07.04.2022 die bestehende Regelung zur Berücksichtigung von Kindern als mit dem Grundgesetz für unvereinbar erklärt.
Hintergrund ist der Umstand, dass beitragspflichtige Eltern in der sozialen Pflegeversicherung unabhängig von der Zahl der von ihnen betreuten und erzogenen Kinder mit gleichen Beiträgen belastet werden. In der Konsequenz werden Eltern mit mehr Kindern gegenüber solchen mit weniger Kindern in spezifischer Weise benachteiligt, weil der mit steigender Kinderzahl anwachsende Erziehungsmehraufwand im geltenden Beitragsrecht keine Berücksichtigung findet. Die gleiche Beitragsbelastung der Eltern unabhängig von der Zahl ihrer Kinder ist jedoch aus Sicht des Bundesverfassungsgerichts verfassungsrechtlich nicht gerechtfertigt. Der Gesetzgeber ist nun verpflichtet, bis zum 31.07.2023 eine Neuregelung zu treffen.
Personen, die einen Freiwilligendienst nach dem JFDG oder dem BFD leisten und im Ausnahmefall nicht versicherungspflichtig, sondern freiwillig krankenversichert sind, erhalten zukünftig von ihrem Arbeitgeber (Träger/Einsatzstellen im JFDG bzw. BFD) einen Zuschuss zu den Beiträgen zur freiwilligen Krankenversicherung (und zur sozialen Pflegeversicherung). Das Gesundheitsversorgungsweiterentwicklungsgesetz (GVWG) sieht entsprechende Regelungen vor. Der Zuschuss bemisst sich nach dem Betrag, der als Arbeitgeberbeitragsanteil im Falle einer Versicherungspflicht aufzubringen wäre.
Personen, die einen Freiwilligendienst nach dem JFDG oder dem BFD leisten und im Ausnahmefall nicht versicherungspflichtig, sondern freiwillig krankenversichert sind, erhalten von ihrem Arbeitgeber (Träger/Einsatzstellen im JFDG bzw. BFD) einen Zuschuss zu den Beiträgen zur freiwilligen Krankenversicherung (und zur sozialen Pflegeversicherung). Das Gesundheitsversorgungsweiterentwicklungsgesetz (GVWG) sieht entsprechende Regelungen vor. Der Zuschuss bemisst sich nach dem Betrag, der als Arbeitgeberbeitragsanteil im Falle einer Versicherungspflicht aufzubringen wäre.
5. Teilnahme am Umlageverfahren nach dem Aufwendungsausgleichsgesetz (AAG)
Teilnehmer an einem freiwilligen sozialen Jahr gelten grundsätzlich nicht als Arbeitnehmer i.S.d. Arbeitsrechts; sie nehmen daher am Umlageverfahren nach dem Aufwendungsausgleichsgesetz (Ausgleich der Arbeitgeberaufwendungen bei Entgeltfortzahlung) nicht teil. Von den Arbeitsentgelten sind also keine Umlagen zum U1-Verfahren zu entrichten; eine Erstattung der Arbeitgeberaufwendungen bei Arbeitsunfähigkeit erfolgt nicht. Und auch bei der Prüfung der Teilnahmepflicht eines Arbeitgebers am U1-Verfahren ist dieser Personenkreis bei der Gesamtzahl der beschäftigten Mitarbeiter nicht zu berücksichtigen.
Die Teilnehmer an einem Freiwilligendienst sind in das U2-Verfahren (Ausgleich der Arbeitgeberaufwendungen bei Mutterschaft) einbezogen.
Mit der Möglichkeit der Erstattung von entsprechenden Aufwendungen geht naturgemäß auch die Verpflichtung einher, für diesen Personenkreis Umlagen zum U2-Verfahren zu entrichten.
6. Zusatzbeitragssatz
Mit dem "Gesetz zur Weiterentwicklung der Finanzstruktur und der Qualität in der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Finanzstruktur- und Qualitäts-Weiterentwicklungsgesetz - GKV-FQWG)" wurde die Finanzierung der GKV neu ausgerichtet und der bis dahin geltende bundeseinheitliche Beitragssatz von 15,5 % auf 14,6 % abgesenkt.
Jede Krankenkasse setzt ihren individuellen Zusatzbeitrag in einem Prozentsatz fest, sodass unterschiedliche kassenindividuelle Beitragssätze gelten.
Für einige Personengruppen gilt allerdings die Besonderheit, dass nicht der kassenindividuelle Beitragssatz, sondern ein durchschnittlicher Zusatzbeitragssatz zu berücksichtigen ist - hierzu gehört auch die Gruppe der Teilnehmer an einem freiwilligen sozialen oder ökologischen Jahr i.S.d. Jugendfreiwilligengesetzes. Gleiches gilt für Teilnehmer an einem Bundesfreiwilligendienst nach dem Bundesfreiwilligendienstgesetz. Der durchschnittliche Zusatzbeitragssatz wird von der Bundesregierung festgesetzt; er beträgt im Kalenderjahr 2023 1,6 %. Soweit der Teilnehmer am Freiwilligendienst jedoch noch weitere Einnahmen hat (z.B. Rente, Versorgungsbezüge), gilt für diese Einnahmen der kassenindividuelle Zusatzbeitragssatz.
Weiterhin gilt: Die Beiträge - einschließlich der Zusatzbeiträge - werden vom Arbeitgeber getragen, soweit sie auf das Taschengeld bzw. den Wert der Sachbezüge entfallen.
Siehe auch