Rechtsdatenbank
Welche Fragen Arbeitgeber auch zum Thema Sozialversicherungsrecht bewegen: Die Rechtsdatenbank der AOK liefert die Antworten – einfach, fundiert und topaktuell.

Ehrenamt
Ehrenamt
Normen
§ 163 Abs. 3 und 4 SGB VI
§ 168 Abs. 1 Ziff. 5 SGB VI
§ 169 Ziff. 4 SGB VI
Kurzinfo
Mit den besonderen Regelungen für Ehrenamtsinhaber sollen die Nachteile ausgeglichen werden, die in der Rentenversicherung durch die Ausübung des Ehrenamtes entstehen. Von den Regelungen werden sowohl die Personen erfasst, die in ihrer ehrenamtlichen Tätigkeit nicht versicherungspflichtig sind, als auch die, die in dieser Tätigkeit versicherungspflichtig sind.
Information
Inhaltsübersicht
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1. Allgemeines
Ehrenamtlich ist jede unentgeltliche Betätigung für das Gemeinwohl bei einer gemeinnützigen Organisation, die Aufgaben des öffentlichen Interesses erfüllt und nicht auf Gewinnerzielung ausgerichtet ist.
Personen, die eine ehrenamtliche Tätigkeit ausüben, können für entgangene Entgelte oder in Fortführung einer freiwilligen Versicherung in der Rentenversicherung auf Antrag selbst Beiträge für ihre Rentenversicherung zahlen.
Bezieher von Arbeitslosengeld oder Arbeitslosenhilfe können eine ehrenamtliche Tätigkeit, die 15 Wochenstunden übersteigt, ohne Anspruchsverlust ausüben, sofern die berufliche Eingliederung nicht behindert wird. Der Arbeitslose hat der Arbeitsagentur die Ausübung einer mindestens 15 Stunden wöchentlich umfassenden ehrenamtlichen Betätigung unverzüglich anzuzeigen.
Auslagenersatz steht einer ehrenamtlichen Tätigkeit nicht entgegen, auch wenn der Auslagenersatz pauschaliert ist und 250,00 EUR monatlich (seit 01.01.2021) nicht übersteigt (§ 11b Abs. 2 Satz 3 SGB II i.V.m. § 3 Nr. 26 EStG).
2. Versicherungsrecht
2.1 Ehrenamtliche Tätigkeit neben einer versicherungspflichtigen Beschäftigung
§ 163 Abs. 3 SGB VI erfasst Personen, die in ihrer ehrenamtlichen Tätigkeit nicht der Versicherungspflicht unterliegen, im Hauptberuf jedoch bei einem Arbeitgeber versicherungspflichtig beschäftigt sind.
Wird aufgrund der ehrenamtlichen Tätigkeit das Arbeitsentgelt in der Hauptbeschäftigung gekürzt, hat der Beschäftigte Anspruch auf Aufstockung des Entgeltes für seine Beitragsentrichtung.
Aufstockungsbetrag ist der Betrag zwischen dem tatsächlich erzielten Entgelt aus der Beschäftigung und dem Entgelt, das ohne die ehrenamtliche Tätigkeit erzielt worden wäre.
Beispiel:
tatsächliches monatliches beitragspflichtiges Entgelt aus der Beschäftigung | 2.690,00 EUR |
ohne ehrenamtliche Tätigkeit beträgt das beitragspflichtige Entgelt | 3.240,00 EUR |
Aufstockungsbetrag | 550,00 EUR |
Das gilt allerdings nur, wenn die ehrenamtliche Tätigkeit für
eine Körperschaft, Anstalt oder Stiftung des öffentlichen Rechts,
deren Verbände einschließlich der Spitzenverbände oder ihrer Arbeitsgemeinschaften,
Parteien,
Gewerkschaften sowie
Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen, die wegen des ausschließlichen und unmittelbaren Dienstes für gemeinnützige, mildtätige oder kirchliche Zwecke von der Körperschaftssteuer befreit sind,
ausgeübt wird.
2.2 Versicherungspflicht im Ehrenamt
§ 163 Abs. 4 SGB VI setzt voraus, dass das Ehrenamt Versicherungspflicht begründet und in dem Kalenderjahr vor der Aufnahme des Ehrenamtes freiwillige Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung entrichtet wurden. Ausreichend ist dabei die Entrichtung mindestens eines freiwilligen Beitrages im vergangenen Kalenderjahr. In diesem Fall gilt als Aufstockungsbetrag jeder Betrag zwischen dem Entgelt aus dem Ehrenamt und der jeweils geltenden Beitragsbemessungsgrenze der Rentenversicherung (2021 7.100,00 EUR West und 6.700,00 EUR Ost). Dabei ist es unbedeutend, in welcher Höhe vor Aufnahme des Ehrenamtes freiwillige Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung gezahlt wurden.
Seit dem 01.01.2018 beträgt der Beitragssatz zur gesetzlichen Rentenversicherung 18,6 %.
Beispiel:
Es wurde eine freiwillige Beitragsleistung zur Rentenversicherung i.H.d. Regelbeitrages im Kalenderjahr 2020 geleistet:
maximaler Aufstockungsbetrag mtl. 2021 | 2.700,00 EUR |
Entgelt aus dem versicherungspflichtigen Ehrenamt 2020 mtl. | 4.400,00 EUR |
Beitragsbemessungsgrenze in der RV 2021 (West) | 7.100,00 EUR |
Das bedeutet, dass aus einem fiktiven Entgelt von bis zu 2.700,00 EUR max. ein freiwilliger Beitrag i.H.v. 502,20 EUR (2.700,00 EUR × 18,6 %) entrichtet werden darf.
Dieses Recht können nur Personen in Anspruch nehmen, die ein Ehrenamt bei einer öffentlich-rechtlichen Körperschaft ausüben.
Hinweis:
Nehmen kommunale Ehrenbeamte über ihre Repräsentationsaufgaben hinaus Verwaltungsaufgaben wahr, die dem allgemeinen Erwerbsleben zugänglich sind, stehen sie nach ständiger Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes (BSG) in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis. Mit Urteil vom 25.01.2006 (BSG, 25.01.2006 - B 12 KR 12/05 R) hat sich das BSG erstmals fundiert mit der Gewichtung von Verwaltungsaufgaben und Repräsentationsfunktionen auseinandergesetzt. Die Spitzenverbände der Krankenkassen, die Deutsche Rentenversicherung Bund und die Bundesagentur für Arbeit haben in ihrer Besprechung am 11.07.2007 unter Pkt. 2 der Tagesordnung festgelegt, dass nach ihrer Auffassung die Grundsätze des BSG-Urteils (s.o.) spätestens vom 01.09.2007 an anzuwenden sind. Soweit in der Vergangenheit anders verfahren worden ist, behält es dabei für vor diesem Zeitpunkt begründete Amtsverhältnisse sein Bewenden. Dieser Vertrauensschutz endet mit dem Ende der laufenden Amtszeit; dies gilt auch bei einer Wiederwahl.
Am 16.08.2017 hat das BSG (BSG, 16.08.2017 - B 12 KR 14/16 R) in Fortführung seiner Rechtsprechung neue Grundsätze für die Beurteilung ehrenamtlicher Organtätigkeiten aufgestellt. Im redaktionellen Leitsatz heißt es dort:
Aufgaben und Tätigkeiten, die Ausfluss der organschaftlichen Stellung einer ein Ehrenamt ausübenden Person und auch nicht für jedermann frei zugänglich sind, führen regelmäßig nicht zu der in § 7 Abs. 1 SGB IV umschriebenen persönlichen Abhängigkeit.
Zudem ist ehrenamtliche Tätigkeit nicht auf Repräsentationsaufgaben beschränkt, sondern erhält ihr Gepräge durch ihre ideellen Zwecke und Unentgeltlichkeit.
Entgeltlichkeit ist zwar kein absolut zwingendes Kriterium abhängiger Beschäftigung, jedoch ist sie typusbildend für die abhängige Beschäftigung, denn regelhaft liegt der Ausübung einer Beschäftigung ein Erwerbszweck zugrunde.
Die Sozialversicherungsträger wenden diese neuen Grundsätze i.R.d. Verjährung auch für abgelaufene Zeiträume an.
3. Beitragsrecht
Die Inhaber eines Ehrenamtes nach Ziff. 2.1 und 2.2 können dann Beiträge zur Rentenversicherung vom Aufstockungsbetrag entrichten, wenn sie einen entsprechenden Antrag bei ihrem Arbeitgeber stellen. Der Antrag kann nur für zukünftige und nicht für zurückliegende Lohn-/Gehaltszeiträume gestellt werden. Der Rentenversicherungsbeitrag ist von beiden Personengruppen alleine in voller Höhe vom Aufstockungsbetrag zu tragen und mit den übrigen Sozialversicherungsbeiträgen vom Arbeitgeber abzuführen. Das gilt auch nach § 169 Ziffer 4 SGB VI für Hausgewerbetreibende im Ehrenamt. Da Hausgewerbetreibende keinen Arbeitgeber haben, sind sie selbst verpflichtet, den Aufstockungsbetrag zu ermitteln.
Das Recht kann auch nur für Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung in Anspruch genommen werden. Die Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung und zur Arbeitslosenversicherung werden vom tatsächlichen Entgelt berechnet.
Gegebenenfalls haben Ehrenamtsinhaber die Möglichkeit, einen Ausgleich von der Stelle zu erhalten, für die sie ehrenamtlich tätig sind.