Wenn Algorithmen mitarbeiten: Künstliche Intelligenz und Gesundheit

Künstliche Intelligenz (KI) verändert die Arbeitswelt rasant. Sie übernimmt Aufgaben, beeinflusst Entscheidungen und strukturiert Abläufe neu. Richtig integriert, kann sie zu Entlastungen führen und dadurch Stress reduzieren und die Gesundheit von Beschäftigten fördern. Ein unreflektierter Einsatz birgt jedoch das Risiko, zusätzlichen Stress zu verursachen. Der AOK-Fehlzeiten-Report 2025 „KI und Gesundheit“ zeigt, wie Unternehmen durch klare Regeln und gesundheitsförderliche Integration die Chancen der KI nutzen können.

KI und Gesundheit im Arbeitskontext

„Ob KI entlastet oder belastet, hängt von der Einführung ab“, sagt Dr. Thomas Lennefer, Referent für Betriebliche Gesundheitsförderung (BGF) beim AOK-Bundesverband und Mitautor des Fehlzeiten-Reports 2025 „KI und Gesundheit“ des Wissenschaftlichen Instituts der AOK (WIdO). Denn KI-Systeme, darunter Sprachassistenten, Empfehlungssysteme sowie Bild- und Spracherkennung, verändern Arbeitsprozesse und damit die Bedingungen, unter denen Menschen arbeiten. Eine allgemeingültige Definition von KI existiert zurzeit nicht. Der von der EU verabschiedete einheitliche Rahmen für den Einsatz von Künstlicher Intelligenz, der AI Act von 2024, muss von den Mitgliedstaaten in nationales Recht umgesetzt werden.

Chancen und Risiken für Beschäftigte

Der Einsatz von KI kann Menschen spürbar entlasten, zum Beispiel bei wiederkehrenden Aufgaben, beispielsweise Dokumentation oder musterhaften Anschreiben. Das schafft Freiräume für Arbeitsaufgaben, für die sie Kreativität und Zeit benötigen und die sie als wertvoll erleben. Digitale Angebote können zudem dazu beitragen, Stress zu senken, Arbeitszeiten flexibler zu gestalten und insgesamt die Balance zwischen Beruf und Privatleben zu verbessern.

Fehlen jedoch durchdachte Einführung und klare Strukturen, kann der Einsatz von KI die Anwendenden zusätzlich belasten. Möglich sind Technikstress, digitale Erschöpfung und ein Gefühl von Überwachung, doch die aktuelle Studienlage ist dünn. „Geben Systeme Aufgaben nur noch vor, entfällt zumindest ein wichtiger Schutzfaktor für die Gesundheit. Denn eigener Handlungsspielraum ist eine zentrale Ressource für Gesundheit“, erklärt der BGF-Experte. „Dazu kommt: Fallen Aufgaben weg, die Menschen als sinnerfüllend empfinden, kann das ebenfalls Motivation und Gesundheit beeinträchtigen.“

Mögliche Einsatzszenarien für KI

Pflege: KI kann bei der Dokumentation entlasten. Wird sie jedoch zur Emotionserkennung der zu Pflegenden eingesetzt, kann dies die unmittelbare Beziehungserfahrung zwischen den betroffenen Menschen verändern. Was der Arbeit Sinn verleiht, fällt dann weg.

Logistik: KI-gestützte Routenplanung kann Wege und körperliche Belastung reduzieren, zugleich durch engere Taktungen Stress und Erschöpfung erhöhen.

Verwaltung: KI kann Routineaufgaben übernehmen, Prozesse beschleunigen und Transparenz schaffen, was jedoch das Risiko erhöht, immer mehr andere Aufgaben übernehmen zu müssen.

Produktion: KI-basierte Assistenzsysteme können die Sicherheit erhöhen.

Praktische KI-Anwendungen im BGM

Der Fehlzeiten-Report nennt unterschiedliche Einsatzfelder, in denen KI zu Prävention und Gesundheitsförderung beitragen kann. Dazu zählen

  • KI-gestützte Ergonomieanalysen
  • smarte Schicht- und Arbeitszeitplanung oder -systeme
  • Pausen- und Bewegungsimpulse
  • Unterstützung bei Gefährdungsbeurteilungen
  • Chatbots für gesundheitliche Unterstützung

„Wichtig ist dabei: Ein Chatbot kann in der Regel einfache Fragen aus dem Bereich Prävention beantworten, ersetzt aber keinen Fachexperten oder sogar eine Therapie“, warnt Lennefer. „Viele Angebote sind zudem eher digitale Tools, die als KI vermarktet werden. Wirklich gesundheitsfokussierte Anwendungen entstehen erst noch“, gibt Thomas Lennefer zu Bedenken. Das sei jedoch kein Grund zur Skepsis, sondern ein Hinweis, die Entwicklung aufmerksam zu begleiten. Wichtig sei, dass Unternehmen KI nicht nur isoliert durch die IT-Abteilung einführen, sondern als echten Change-Prozess verstehen: „Nur wenn Mitarbeitende einbezogen werden, kann KI gesundheitsförderlich wirken.“

Messbarkeit und Erfolgsfaktoren

Der Fehlzeiten-Report 2025 zeigt: Damit KI die Gesundheit fördert, sind wissenschaftlich fundierte Lösungen und klare Rahmenbedingungen für ihre Nutzung zielführend.

Dazu gehören Regeln für den Umgang mit sensiblen Daten ebenso wie fest vereinbarte Grenzen für Erreichbarkeit und die generelle Einbeziehung der Mitarbeitenden bei der Gestaltung von Arbeitsprozessen.

Rechtliche Vorgaben wie die europäische KI-Verordnung, die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) und der geplante Gesundheitsdatenraum geben gute Orientierung, wie KI verantwortungsvoll eingesetzt werden kann. „Gerade für Führungskräfte ist es wichtig zu verstehen, wie KI funktioniert und welchen Nutzen sie für die Beschäftigten in ihrem Team haben kann. Nur dann können sie die technischen Neuerungen auf spezifische Anwendungsfälle runterbrechen und ihr Team mitnehmen“, so Thomas Lennefer.

Die Wirksamkeit betrieblicher Maßnahmen lässt sich mit folgenden Messgrößen erfassen:

Messgrößen im Überblick

  1. Fehlzeitenmuster: zeigen, ob Belastungen langfristig reduziert werden
  2. Zufriedenheit und Akzeptanz: geben Hinweise auf die Akzeptanz neuer Systeme
  3. Nutzungsrate und Prozesskennzahlen: machen sichtbar, ob KI im Alltag tatsächlich entlastet
  4. Pausenrealisation und Erholungsqualität: prüfen, ob digitale Impulse zu wirksamer Regeneration führen
  5. Sicherheit: Vorfälle und Beinaheunfälle zeigen, ob KI Arbeitsplätze wirklich sicherer macht

Doppelter Mehrwert für Unternehmen

„Die technologische Entwicklung ist rasant, Regulierung und Wissenschaft sind oft langsamer. Umso wichtiger ist es, dass Unternehmen die Perspektive Gesundheit von Anfang an einbeziehen“, sagt Thomas Lennefer. Der doppelte Mehrwert für Unternehmen: Weniger Routineaufgaben durch KI bedeuten mehr Zeit für wertschöpfende Tätigkeiten und somit Produktivität.

Zugleich stärkt eine gesundheitsförderliche KI-Einführung die Arbeitgebermarke – ein Vorteil im Wettbewerb um Fachkräfte.

Für einen gesundheitsförderlichen Einsatz von KI empfiehlt der AOK-Experte darum grundsätzlich, KI-Implementierung als umfassenden Veränderungsprozess zu verstehen, mit klaren Zielen, offener Kommunikation und Beteiligung der Beschäftigten.

Entscheidend sei, KI nicht als reine technische Angelegenheit zu sehen, sondern als Teil gemeinsamer Lern- und Entwicklungskultur. Wenn Beschäftigte verstehen, was sich verändert und warum, können Akzeptanz, Vertrauen und gesundheitsförderliche Effekte entstehen.

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Stand

Erstellt am: 13.11.2025

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