Mitarbeitendenbindung erhöhen – was Unternehmen tun können
Der Fehlzeiten-Report 2024 des Wissenschaftlichen Instituts der AOK (WIdO) zeigt: Beschäftigte, die sich stark an ihren Arbeitgeber gebunden fühlen, fehlen seltener krankheitsbedingt, wechseln weniger und sind engagierter. Entscheidend sind passende Aufgaben, ein gutes Miteinander und eine bindungsorientierte Führung.
Mehr Motivation und Anwesenheiten
Unternehmen mit hoher Mitarbeitendenbindung profitieren in vielerlei Hinsicht: Gut gebundene Beschäftigte nehmen ihre Arbeit als weniger belastend wahr, fühlen sich wohler, erscheinen motivierter zur Arbeit und fehlen seltener aufgrund von Erkrankungen. Dies belegen Ergebnisse des aktuellen Fehlzeiten-Reports des Wissenschaftlichen Instituts der AOK (WIdO).
Leistungsbereiter, kreativer und gesünder
„Fühlen sich Menschen stark an ihren Arbeitgeber gebunden, reduziert das nachweislich die Wahrscheinlichkeit, eine Organisation zu verlassen“, erläutert Dr. Johanna Baumgardt, Leiterin des Forschungsbereichs Betriebliche Gesundheitsförderung und Heilmittel am WIdO. „Zudem haben Studien gezeigt, dass eine starke Bindung auch positive Effekte auf Prozesse hat, die das Zusammenspiel zwischen Organisation und Beschäftigten fördern. Dazu gehören zum Beispiel mehr Leistungsbereitschaft, Wertschätzung, höhere Kreativität, stärkere Kundenorientierung sowie – ganz wichtig – bessere Gesundheit und gesteigertes Wohlbefinden.“
Der Report liefert zudem konkrete Befragungsergebnisse, die zeigen, dass das Gefühl einer starken Bindung von Beschäftigten gegenüber dem eigenen Arbeitgeber mit weniger erkrankungsbedingten Fehlzeiten einhergeht.
Hohe Passung bewirkt starke Bindung
Ein weiteres zentrales Ergebnis des WIdO-Reports:
Es gibt einen Zusammenhang zwischen der von Beschäftigten wahrgenommenen Passung ihrer Vorstellungen und Wünsche in Bezug auf ihre Arbeit auf der einen Seite. Auf der anderen Seite steht das Erleben, ob und wie diese tatsächlich durch die Arbeit umgesetzt werden können. Ist die Passung hoch, bewirkt sie eine starke Bindung. Ist sie gering, ist auch das Gefühl der Bindung schwächer.
Damit geht die Ausgestaltung der eigenen Arbeitsstelle indirekt auch mit beruflichen Fehlzeiten einher: Je höher die Passung, desto seltener melden sich Beschäftigte krank.
Baumgardt betont: „Es gibt grob gesagt also keine per se guten oder schlechten Jobs. Sondern entscheidend ist, ob die jeweilige Person zur Aufgabe passt. Gerade in Zeiten des Wandels sollte regelmäßig geprüft werden, ob Tätigkeiten, die vielleicht schon seit vielen Jahren von jemandem ausgeführt wurden, nach wie vor noch richtig für die jeweilige Person und ihre sich regelmäßig weiterentwickelten Fähigkeiten und Erfahrungen sind.“
Kooperationserleben ist stärkster Faktor
Im Rahmen der Passung spielt vor allem das soziale Klima eine zentrale Rolle. Werden die Wünsche nach einem wertschätzenden Miteinander, Vertrauen im Team und einer guten Beziehung zur Führungskraft erfüllt, fühlen Beschäftigte sich stärker an ihren Arbeitgeber gebunden.
„Ganz klar: Die erlebte Kooperationsqualität am Arbeitsplatz ist am entscheidendsten für das Gefühl der Bindung – noch vor Aspekten wie dem, ob individuelle berufliche Ziele sich in einer Organisation verwirklichen lassen oder der eigene Arbeitgeber eine hohe Wertschätzung in der Gesellschaft genießt“, betont Baumgardt.
Was Unternehmen konkret tun können
Um das Gefühl der Bindung an den eigenen Arbeitgeber wirksam zu stärken, braucht es laut Baumgardt gezieltes, strategisch eingebettetes Vorgehen:
Maßnahmen für mehr Mitarbeitendenbindung
- Klar kommunizierte Werte und Ziele: Zufriedene Beschäftigte wissen, wofür das Unternehmen steht, und haben das Gefühl, Teil davon zu sein.
- Beteiligung an Entscheidungen: Wer mitgestalten kann, fühlt sich ernst genommen und eher verbunden.
- Verlässliches Feedback und Anerkennung: Wertschätzung im Arbeitsalltag ist ein starker Motivator.
- Individuelle Entwicklung fördern: Weiterbildungsangebote und Karrieremöglichkeiten stärken die Mitarbeitendenbindung, gerade bei jüngeren Beschäftigten.
- Betriebliches Gesundheitsmanagement (BGM) systematisch verankern: BGM ist kein Zusatzprogramm, sondern ein strategisches Instrument, um Mitarbeitende im Unternehmen zu halten.
- Passung zwischen Mitarbeitenden und Aufgaben gewährleisten und regelmäßig prüfen: Veränderungen im Arbeitsalltag erfordern Flexibilität – und Aufmerksamkeit für die individuelle Eignung.
Bindungsorientierte Führung: ein Schlüssel im hybriden Alltag
Führungskräfte spielen eine entscheidende Rolle für das Gefühl einer starken Bindung an den Arbeitgeber, insbesondere in hybriden und digitalisierten Arbeitswelten. Hier sind Kommunikationsfähigkeit und Beziehungsarbeit gefragt. „Bindungsorientierte Führung bedeutet, auf die Bedürfnisse der Beschäftigten einzugehen, Vertrauen zu schaffen und Orientierung zu geben, auch auf Distanz“, so Baumgardt.
Bewusst gestaltete Strukturen, regelmäßige Kontaktpunkte
Gleichzeitig stellt die digitale Arbeitswelt Führungskräfte vor neue Herausforderungen. Der Mangel an spontanen Begegnungen und informellen Gesprächen erschwert den Aufbau tragfähiger Beziehungen. Hier braucht es bewusst gestaltete Kommunikationsstrukturen, regelmäßige persönliche Kontaktpunkte und ein klares Bewusstsein dafür, dass Beziehungspflege auch im Homeoffice möglich und notwendig ist.
Fünf Tipps zur Förderung hoher Anwesenheitsquoten
Abschließend unterstreicht Johanna Baumgardt: „Die Stärkung der Bindung von Beschäftigten ist kein „Nebenbei-Projekt“, sondern ein zentrales Element in Zeiten von Fachkräftemangel und gesellschaftlichen Umbrüchen – und damit vor allem auch ein betriebswirtschaftlich relevanter Hebel. Sie wirkt präventiv, stabilisierend – und ist eine zentrale Ressource für gesunde, produktive und zukunftsfähige Unternehmen.“ Die wichtigsten Empfehlungen für Unternehmen und Führungskräfte, die aus den Untersuchungen des WIdO resultieren, fasst sie so zusammen:
1. Führungskräfte qualifizieren: insbesondere im Bereich bindungsorientierter Führung
2. Gesundheitskompetenz fördern: vor allem auch mit Blick auf psychische Belastungen
3. Arbeitsbedingungen evaluieren: zum Beispiel durch regelmäßige Mitarbeitendenbefragungen oder Gefährdungsbeurteilungen psychischer Belastungen
4. Strukturen für Feedback und Beteiligung schaffen: etwa in Form von regelmäßigen Dialogformaten
5. Beziehungspflege strategisch verstehen: als gemeinsame Aufgabe aller Führungsebenen begreifen

So unterstützt die AOK
Das AOK-Online-Programm „Gesund führen“ unterstützt Führungskräfte dabei, ihre Mitarbeitenden gesund zu führen und ihre eigene innere Balance im Blick zu behalten. Jetzt kostenlos teilnehmen.
Informationen zum Thema „Psychische Gesundheit am Arbeitsplatz“ und wie Führungskräfte diese aktiv fördern können, finden Sie im AOK-Fachportal für Arbeitgeber.
Betriebliche Gesundheitsförderung senkt Krankenstände und Fluktuation, steigert die Zufriedenheit von Beschäftigten und führt auf diese Weise zu mehr Produktivität und Wettbewerbsfähigkeit. Jetzt informieren.
Stand
Erstellt am: 15.05.2025
Persönlicher Ansprechpartner
E-Mail-Service