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Übertraining: Wenn der Körper überfordert ist

Veröffentlicht am:09.10.2025

6 Minuten Lesedauer

Es ist oft gar nicht so einfach, beim Sport die richtige Balance zwischen Training und Regeneration zu finden. Wie Sie Übertraining erkennen, behandeln und vermeiden.

Erschöpfter Sportler in der freien Natur stützt sich auf den Oberschenkeln ab.

© iStock / Studio4

Leistung steigern ohne Übertraining

Die meisten Menschen, die sportlich trainieren, möchten ihre Leistung im Lauf der Zeit steigern. Dafür muss man regelmäßig trainieren und die Anforderungen nach und nach steigern. Zwischen den Trainingseinheiten soll der Körper sich erholen. Dauert die Pause allerdings zu lange, wird es nichts mit der Leistungssteigerung. Wer umgekehrt zu wenig pausiert, riskiert ein Übertraining – das dann sogar zu einem Leistungsabfall führt. Was genau passiert dann im Körper und wie findet man das richtige Trainingsmaß?

Zunächst einmal: Dass man nach dem Sport erschöpft ist, ist völlig normal – und sogar wichtig für den Trainingseffekt. Fachleute nennen das Overreaching (deutsch etwa: Überlastung oder Überanstrengung). Normalerweise geht die Erschöpfung mit einem Leistungsabfall einher, der höchstens einige Tage dauert; danach kompensiert der Körper das Tief und ist fitter als vor dem Sport. Die Leistungskurve geht also vorübergehend nach unten, steigt dann aber in dieser Phase der sogenannten Superkompensation über das Ausgangsniveau.

Passiert jetzt nichts, sinkt die Kurve wieder auf den Ausgangswert. Fällt in die Phase der Superkompensation aber die nächste Trainingseinheit, und in die darauf folgende Superkompensation wieder ein Training, baut sich über einen längeren Zeitraum eine Leistungsverbesserung auf: Die Leistungsfähigkeit steigt. Dieser Prozess, in der Sportmedizin als „funktionelles Overreaching“ bekannt, macht die langfristige Leistungssteigerung aus.

Wenn Training zu Übertraining wird

Die allermeisten Sportlerinnen und Sportler laufen nicht Gefahr, dauerhaft zu viel zu trainieren. Und auch wenn Sie sich nach einem anstrengenden Training mal ein paar Tage erschöpft fühlen, ist das noch kein Grund zur Sorge. Im Freizeitsport kommt Übertraining wirklich selten vor. Nach besonders extensivem oder zu häufigem hartem Training ist die Erschöpfung allerdings ausgeprägter als nach wohldosiertem Programm – besonders, wenn das Folgetraining regelmäßig sehr schnell folgt und deshalb jeweils in die Zeit vor der Superkompensation fällt. Dann können sich psychische und körperliche Überlastungssymptome wie Gereiztheit, Herzklopfen und Motivationsverlust bemerkbar machen. Die Erholung dauert bei diesem „nicht-funktionellen Overreaching“ manchmal Wochen bis Monate. Danach geht es den Betroffenen bei entsprechender Erholung wieder besser, der Trainingeffekt ist allerdings verpufft. Noch ausgeprägter ist das, was Sportmedizinerinnen und -mediziner ein echtes „Übertraining-Syndrom“ nennen: Starke psychische und körperliche Symptome halten monatelang an. Das kann vor allem bei Leistungssportlerinnen und -sportlern vorkommen – und in Einzelfällen das Karriereende bedeuten. 

Beim Übertraining-Syndrom handelt es sich um eine anhaltende Fehlreaktion des Organismus auf exzessive körperliche Betätigung ohne ausreichende Erholung. Die chronische Überlastung kann sich auf verschiedene Körpersysteme auswirken, etwa das Nervensystem, die Immunabwehr oder die Hormone, und zu Stimmungsschwankungen führen.

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Welche Symptome treten bei Übertraining auf?

Während ein vorübergehendes Übertraining unangenehm sein kann, aber nicht besorgniserregend ist, sollte man das ausgeprägtere Übertraining-Syndrom durchaus ernst nehmen.

Ein Übertraining-Syndrom kann vielfältige Beschwerden auslösen, darunter

  • extreme Erschöpfung (Fatigue)
  • Motivationsverlust
  • besonders langsamer oder schneller Herzschlag
  • Schlafprobleme oder nicht-erholsamer Schlaf
  • Gereiztheit
  • depressive und Angstsymptome
  • Konzentrationsstörungen
  • Gewichtsverlust
  • Bluthochdruck

Wie viele Sporttreibende solche Symptome bekommen, weiß man nicht genau. Die Häufigkeit ist schon deshalb schwer einzuschätzen, weil Bezeichnungen für die verschiedenen Übertraining-Ausprägungen nicht einheitlich verwendet werden und die Abgrenzung der Symptome schwierig ist. Schätzungen gehen davon aus, dass etwa zwei Drittel aller Leistungssportlerinnen und -sportler irgendwann einmal unter einem nicht-funktionellen Overreaching leiden, unter Freizeitsportlerinnen und -sportlern etwa ein Drittel. Voll ausgeprägte Übertraining-Syndrome mit monatelangem Leistungsknick scheinen hingegen eher selten, haben dann aber oft dramatische Auswirkungen.

Wie entsteht ein Übertraining-Syndrom?

Über die Ursachen des Übertraining-Syndroms ist wenig bekannt. Vermutet werden zum Beispiel Störungen im autonomen Nervensystem, exzessiver oxidativer Stress, ein Mangel am Speicherstoff Glykogen oder an der Aminosäure Glutamin, eine Fehlregulation hormoneller Regelkreise oder eine Entzündungsreaktion. Belegt ist keine dieser Theorien.

Klar ist: Wer zu viel, zu oft oder zu intensiv trainiert, riskiert eine Überlastung. Viele Sportlerinnen und Sportler haben die Formel „Ohne Fleiß kein Preis“ verinnerlicht. Tatsächlich ist regelmäßiges Training wichtig für eine Leistungssteigerung, aber es kommt auf das richtige Maß an. Riskant ist vor allem eine plötzliche Intensivierung des Trainings – wenn Sie zum Beispiel die Laufstrecke von einem Tag auf den anderen verdoppeln oder jeden Tag Langstreckenläufe absolvieren, auch wenn der Körper mit Schmerzen reagiert oder Sie sich hinterher krank fühlen.

Theoretisch kann jede und jeder, die oder der körperlich aktiv ist, ein Übertraining-Syndrom bekommen. Nicht nur Leistungssportler und -sportlerinnen, sondern auch Freizeitaktive, bei denen die Regeneration zwischen den Trainingseinheiten zu kurz kommt, können in ein Übertraining gelangen. Leistungssportlerinnen und -sportler sind aber besonders gefährdet; vor allem, wenn sie kurz vor einem Wettkampf beim Training einen Zahn zulegen. Auch Kinder, die sich schon früh auf eine Sportart festlegen und sehr ehrgeizig sind, haben ein erhöhtes Risiko, in ein Übertraining zu rutschen. Sportarten, bei denen die Leistung in Zeiten oder bei Rennen gemessen wird, bergen eine besondere Gefahr, das Limit zu überschreiten; etwa Laufen, Schwimmen oder Radfahren.

Eine Frau und ein Mann in mittlerem Alter in Sporkleidung meditieren auf Matten im Park.

© iStock / Frazao Studio Latino

Meditation hilft, Stress abzubauen, die mentale Stärke zu verbessern und Übertraining zu vermeiden.

Wie erkennt und behandelt man Übertraining?

Wichtige Hinweise auf ein Übertraining sind

  • ein Leistungsknick – und trotz mehrwöchiger oder gar mehrmonatiger Pause keine Erholung
  • psychische Probleme wie Stimmungsschwankungen, Depression oder Angst
  • Fehlen anderer Erklärungen (etwa Erkrankungen) für den Leistungsabfall

Der letzte Punkt ist besonders wichtig. Deshalb führt der Arzt oder die Ärztin in der Regel verschiedene Untersuchungen durch, um eine andere Ursache auszuschließen – etwa eine Infektion oder Anämie.

Sind andere Gründe für den Leistungsabfall ausgeschlossen, folgt eine Therapie je nach Schwere der Symptome:

  • Handelt es sich um funktionelles Overreaching, ist alles in Ordnung und keine Therapie notwendig. Fühlen Sie sich erschöpft, sollten Sie das Verhältnis von Trainingsrhythmus/-intensität und Pausen neu austarieren.
  • Bei nicht-funktionellem Overreaching und bei voll ausgeprägtem Übertraining-Syndrom ist Ruhe der wichtigste Therapiebaustein. Einige Fachleute empfehlen eine sogenannte relative Ruhe: Täglich 5 bis 10 Minuten leichtes Training, dann zuerst die Länge langsam steigern, bis eine Stunde gut vertragen wird – und erst dann bei der Intensität zulegen. Welche Strategie besser ist, ist nicht bekannt; deshalb sollten Betroffene und Behandelnde gemeinsam besprechen, wie sie vorgehen wollen.

Übertraining vermeiden

Am besten ist es natürlich, ein Übertraining von vornherein zu vermeiden. Dafür sollten Sie besonders aufmerksam sein für erste Hinweise auf eine zu starke Trainingsbelastung. Im Leistungssport werden oft spezielle Fragebögen zum Wohlbefinden (zum Beispiel den Erholung-Belastung-Fragebogen, EBF) verwendet, um rechtzeitig auf Veränderungen reagieren zu können. Für alle gilt: Hören Sie auf Ihren Körper, beißen Sie bei Schmerzen oder anderen Symptomen (wie den oben genannten) nicht die Zähne zusammen, sondern passen Sie das Trainingspensum an.

In Studien erwies sich als sinnvoll, bei folgenden Anzeichen die Anforderungen zu verringern:

  • Die Stimmung verschlechtert sich.
  • Das übliche Training scheint plötzlich anstrengender.

Aber auch Müdigkeit, die über das übliche Maß nach einem Trainingstag hinausgeht, häufige Infekte oder Verletzungen, ein Leistungsabfall oder Herz-Kreislauf-Probleme sind Alarmzeichen. Trainieren Sie für einen Wettkampf, suchen Sie sich eine Trainerin oder einen Trainer, die mit Ihnen zusammen einen individuellen Trainingsplan erstellen.

Die richtige Regeneration schützt vor Übertraining

Wichtig für eine ausreichende Erholung beim Sport ist nicht nur die Balance zwischen Training und Pausen, sondern auch, was in den Pausen passiert. Fachleute unterscheiden zwischen der körperlichen und der psychischen Regeneration.

Für die körperliche Regeneration sind wichtig:

  • Ernährung: Ausreichend Proteine, Kohlehydrate, Vitamine und Mineralstoffe decken den Energiebedarf und helfen, Muskelschäden zu reparieren. Ausdauertraining erfordert mehr Flüssigkeit und Elektrolyte, bei Krafttraining ist die Proteinaufnahme entscheidend für den Muskelaufbau.
  • Schlaf: Während des Schlafs werden Wachstumshormone ausgeschüttet, die wichtig für Reparaturprozesse im Gewebe sind.
  • Aktive Erholung: Leichte Bewegung, Saunagänge und Massagen fördern die Durchblutung der Muskeln.

Die psychische Regeneration wird unterstützt durch:

  • Mentales Training: Meditation, Visualisierung und andere mentale Trainingsmethoden helfen, Stress abzubauen und die mentale Stärke zu verbessern.
  • Ablenkung: Sich in den Pausen mit ganz anderen Dingen beschäftigen – das baut Stress ab und hält mental frisch!

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