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Psychologie

Depressionen: Woher kommen sie und wie lassen sie sich behandeln?

Veröffentlicht am:10.01.2022

9 Minuten Lesedauer

Nora Tschirner, Sarah Connor, Kurt Krömer – immer mehr Promis sprechen über ihre Depressionen und helfen, dieses Thema zu entstigmatisieren. Denn Depression ist eine Krankheit, die wie jede andere ihre Auslöser hat und die behandelt werden kann.

Frau mit Depressionen sitzt auf ihrem Bett vor dem Fenster.

© iStock / bunditinay

Was ist eine Depression?

Jeder Mensch hat Tage, an denen er sich traurig, schlecht gelaunt und lustlos fühlt. Solche Phasen sind Teil des Lebens und ziehen in der Regel schnell vorüber. Hält das Stimmungstief jedoch länger als zwei Wochen an, kann das auf eine psychische Erkrankung hindeuten, genauer gesagt auf eine Depression. Ist von Depressionen die Rede, meint die Medizin in der Regel die sogenannten unipolaren Depressionen. Sie sind durch das Auftreten ausschließlich depressiver Phasen gekennzeichnet.

Häufigkeit von Depressionen

In Deutschland erkrankt etwa jede fünfte Person einmal in ihrem Leben an einer Depression. Innerhalb eines Jahres sind das nach Schätzungen um die 6,2 Millionen Menschen. Experten gehen aber von einer hohen Dunkelziffer aus, weil viele Betroffene keine fachliche Hilfe suchen. Bei Frauen wird doppelt so häufig eine Depression festgestellt wie bei Männern. Depressionen sind aber keine regionale Erscheinung: Die Weltgesundheitsorganisation geht davon aus, dass sie im Jahr 2030 die höchste Krankheitslast in der Weltbevölkerung verursachen werden.

Symptome von Depressionen

Die Anzeichen von einer depressiven Erkrankung werden in Haupt- und Nebensymptome unterteilt. Zu den wichtigsten Hauptsymptomen zählen:

  • eine gedrückte, depressive Stimmung (unbeeinflusst von den Umständen, also keine Trauer),
  • Freudlosigkeit und Interessenverlust,
  • ein Mangel an Antrieb und erhöhte Ermüdbarkeit.

Depressive leiden mindesten an zwei dieser Anzeichen und je nach Schweregrad kommen weitere, sogenannte Nebensymptome hinzu. Die häufigsten sind:

  • gestörte Konzentration und Aufmerksamkeit,
  • ein verringertes Selbstwertgefühl wie Selbstvertrauen,
  • Gefühle von Schuld und Bedeutungslosigkeit,
  • übermäßige Zukunftsängste,
  • Suizid- und Selbstverletzungsgedanken oder -handlungen,
  • Schlafstörungen,
  • verringerter Appetit.

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Welche Formen und Verläufe der Depression gibt es?

Keine Depression gleicht einer anderen. Die psychische Erkrankung unterscheidet sich vor allem in Intensität und Verlauf:

Schweregrade einer Depression

Eine Depression kann leicht, mittelgradig und schwer verlaufen. Entscheidend für die richtige Einordnung ist die Anzahl der Haupt- und Nebensymptome sowie ihre Dauer:

  • Leichte Depression: Wenn zwei Haupt- und zwei Nebensymptome mehr als zwei Wochen andauern.
  • Mittelgradige Depression: Wenn zwei Haupt- und drei bis vier Nebensymptome mehr als zwei Wochen andauern.
  • Schwere Depression: Wenn drei Haupt- und vier oder mehr Nebensymptome mehr als zwei Wochen andauern.

Verlaufsformen der Depression

Depressionen verlaufen in der Regel in Phasen, die einmalig oder wiederholt auftreten können.  Einzelne Phasen heißen depressive Episoden. Sie können unterschiedlich lange andauern. Halten die Episoden länger als zwei Jahre an, spricht die Medizin von chronischen Depressionen. Das ist bei etwa zwei von zehn Patienten der Fall. Es kann aber auch schon nach wenigen Wochen oder Monaten zu einer vollständigen oder teilweisen Wiederherstellung der psychischen Gesundheit kommen. Bei etwa der Hälfte der Patienten sind die Episoden trotzdem wiederkehrend. Dann ist die Rede von einer rezidivierenden Depression. Zwischen zwei Episoden können mehrere Jahre liegen, manchmal treten sie aber schon nach wenigen Wochen oder Monaten wieder auf.

Wie kommt es zu einer Depression?

Die Ursachen, die Depressionen auslösen können, sind noch nicht vollends geklärt. Klar ist: Depressionen sind selten an einer bestimmten Ursache festzumachen. Sie können viele Gründe haben und die Medizin geht davon aus, dass sie in der Regel aus einem Zusammenspiel psychosozialer und körperlicher Faktoren entstehen.

Psychosoziale Faktoren

Die Lebensumstände und das soziale Umfeld haben Einfluss auf die Entstehung. Kinder, die beispielsweise durch Gewalt oder Missbrauch der Eltern frühe traumatische Erfahrungen gemacht haben, sind anfälliger für Depressionen. Auch ein gestörtes Mutter-Kind-Verhältnis in der frühen Kindheit kann die Krankheit begünstigen. Als Auslöser dienen dann oft negative oder belastende Lebensereignisse wie der Verlust einer geliebten Person, Scheidung oder chronischer Stress, etwa im Job. Das bedeutet im Umkehrschluss: Eine vertrauensvolle Partnerschaft, soziale Unterstützung oder eine sichere berufliche Anstellung können schützende Faktoren darstellen – darauf deuten mehrere Studien hin.

Körperliche Aspekte

Eine Depression ist auch eine körperliche Erkrankung. Ein Risikofaktor ist zum Beispiel die genetische Veranlagung: Die Wahrscheinlichkeit zu erkranken ist höher, wenn bereits Familienmitglieder betroffen waren oder sind. Zudem können Depressionen als Nebenwirkung einer Alkohol-, Tabletten- oder Drogensucht entstehen. Genauso können sie von Erkrankungen des Herz-Kreislauf-Systems oder von Krebserkrankungen begünstigt werden. Auslöser der Depression ist dann eine neurobiologische Veränderung im Gehirn. Genauer gesagt geraten bestimmte Botenstoffe aus dem Gleichgewicht.

Wie wird eine Depression festgestellt?

Die Übergänge zwischen Phasen der Niedergeschlagenheit und der Krankheit Depression sind oft fließend. Das macht es nicht immer einfach, sie zu erkennen. In der Regel beginnen Ärzte und Psychotherapeutinnen die Diagnosefindung, indem sie den Patienten Fragen zu ihren Symptomen stellen. Erste Hinweise im hausärztlichen Bereich liefert der „Zwei-Fragen-Test“:

  1. Fühlten Sie sich im letzten Monat häufig niedergeschlagen, traurig, bedrückt oder hoffnungslos?
  2. Hatten Sie im letzten Monat deutlich weniger Lust und Freude an Dingen, die Sie sonst gerne tun?

Lautet die Antwort auf beiden Fragen „Ja“, ist es die Aufgabe des medizinischen Fachpersonals, die Anzeichen genauer zu bestimmen. Das geschieht mithilfe des diagnostischen Gesprächs und teilweise auch von Fragebögen. Daher gilt: Je offener und detaillierter Sie antworten, desto besser lässt sich eine Diagnose stellen. Anhand der Symptome wird dann bestimmt, ob eine Depression vorliegt und gegebenenfalls um welchen Schweregrad es sich handelt.

Neben der Psyche kann gelegentlich auch das körperliche Wohlbefinden zur Diagnosefindung beitragen. So können beispielsweise Beschwerden wie Kopfschmerzen, Rückenschmerzen, Atemnot, Schwindel oder Verdauungsprobleme eine Depression als Ursache haben.

Wie wird eine Depression behandelt?

In den meisten Fällen lässt sich eine Depression gut behandeln. Die Therapieziele sind zum einen, dass die Symptome so weit zurückgehen, dass die Patienten ihren beruflichen und sozialen Alltag wieder vollumfänglich bestreiten können. Zum anderen soll die Rückfallwahrscheinlichkeit so gut es geht minimiert werden. Die gängigsten und vielversprechendsten Behandlungen, um eine Depression zu bekämpfen, sind:

  • Psychotherapie

    Bei der Psychotherapie sollen die Patienten lernen, besser mit Krankheitssymptomen umzugehen und so schrittweise das Befinden zu bessern. Die Behandlung erfolgt über Gespräche und Übungen und kann in Einzel-, Paar- oder Gruppensitzungen stattfinden. Es gibt verschiedene Formen, die zum Erfolg führen können.

    Die drei häufigsten sind die kognitive Verhaltenstherapie, die tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie und die analytische Psychotherapie. Bei der Verhaltenstherapie soll der Patient erlernen, negative Denk- und Verhaltensmuster zu erkennen und durch hilfreichere Muster zu ersetzen. Mit den beiden anderen Verfahren versuchen die Therapeuten, unbewusste psychische Konflikte, die Grund für die Depression sein können, aufzuspüren und zu bearbeiten, so dass sich das psychische Befinden bessern kann.

  • Medikamentöse Therapie

    Bei der sogenannten Pharmakotherapie kommen Antidepressiva zum Einsatz, also Medikamente, die auf die Psyche wirken. Sie sollen die Stimmung und den inneren Antrieb der Betroffenen verbessern, indem sie die Botenstoffe im Gehirn wieder ins Gleichgewicht bringen.

    Die Einnahme eines Antidepressivums birgt keine Suchtgefahr, aber sie kann unter Umständen Nebenwirkungen hervorrufen. Diese unterscheiden sich je nach Präparat und Dosierung. Im engen Kontakt zum behandelnden Arzt kann eine Anpassung, Ergänzung oder Umstellung des Präparats erfolgen, so dass Wirkung und Nebenwirkung in einem günstigen Verhältnis stehen. Antidepressiva sind ein wichtiger Baustein bei der Behandlung von Depression. Ihre Wirksamkeit ist in Studien nachgewiesen.

Arzt verschreibt Frau mit Depressionen Antidepressiva.

© iStock / SDI Productions

Die Psychotherapie und die medikamentöse Therapie sind die vielversprechendsten Behandlungsmethoden, um Depressionen zu behandeln.

Darüber hinaus gibt es leicht zugängliche Angebote wie Selbsthilfe-Handbücher, DVDs oder Online-Programme mit Übungen und Anregungen. Sie können helfen, eine Depression zu bekämpfen, wenn Sie mit der persönlichen Therapie noch nicht beginnen können oder lediglich eine leichte Depression vorliegt. Zudem gibt es in besonderen Fällen eine Elektrokrampftherapie, eine Lichttherapie oder eine Wachtherapie.

moodgym

Hilfe im Internet

Moodgym ist ein Online-Selbsthilfe-Programm, das auf dem Prinzip der kognitiven Verhaltenstherapie basiert und von Wissenschaftlern empfohlen wird. Es wurde zur Prävention depressiver Symptome entwickelt und kann bei Menschen mit Depressionen ergänzend zur ärztlichen oder psychotherapeutischen Behandlung eingesetzt werden.

Moodgym ist anonym und kostenfrei nutzbar.

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Die richtige Therapie einer Depression

Welche Therapie bei Depressionen am geeignetsten ist, entscheidet der Arzt mit dem Patienten gemeinsam. Neben den eigenen persönlichen Wünschen und Vorstellungen werden bei der Entscheidung auch die Krankengeschichte und der Schweregrad der Depression berücksichtigt:

  • Bei leichten Depressionen empfiehlt es sich – in Absprache mit dem behandelnden Experten – zunächst zu versuchen, die depressive Episode mit Aufklärung, allgemeiner Unterstützung und Selbstmanagement zum Abklingen zu bringen. Bleiben die Beschwerden, ist eine Psychotherapie zu empfehlen. Antidepressiva sollten nicht generell zum Einsatz kommen.
  • Bei einer mittelgradigen Depression wird in der Regel eine Psychotherapie oder eine Behandlung mit Antidepressiva angeboten.
  • Bei einer schweren Depression ist eine Kombination aus Medikamenten und Psychotherapie am wirksamsten.

Die Behandlungsphasen einer Depression

Die Behandlung von Depressionen kann in drei unterschiedliche Phasen eingeteilt werden. Sie geben einen ungefähren Überblick über den Ablauf und die Dauer einer Behandlung.

Die drei Phasen der Therapie

Schritt 01/03

Akuttherapie

In der akuten Episode ist es das Ziel, die Symptome der Depression so schnell und so gut wie möglich zu behandeln. In der Akuttherapie soll dem Patienten ein möglichst normales Leben ermöglicht werden. Normalerweise dauert sie sechs bis zwölf Wochen.

Welche Folgen hat eine unbehandelte Depression?

Nicht selten verschwindet eine depressive Episode auch ohne eine Behandlung. Eine Therapie kann die Dauer der Episode aber deutlich verkürzen und das Risiko, dass sie wiederkehrt, verringern. Zudem geben sich depressive Patienten oft selbst die Schuld für ihre Gefühlslage. Das kann die Depression sogar noch verstärken. Sie beginnen, sich immer mehr aus ihrem sozialen Umfeld zurückzuziehen, mitunter werden sie süchtig nach Alkohol oder anderen Rauschmitteln. Sie können  in einen Teufelskreis geraten, aus dem sie nicht mehr ohne weiteres rausfinden können.

Besonders wichtig ist professionelle Hilfe bei Selbstmordgedanken. Allein in Deutschland sterben jedes Jahr ungefähr 9.200 Menschen durch Suizid. Knapp die Hälfte von ihnen sind depressiv. Oft sind die Handlungen mit großer Hoffnungslosigkeit verbunden und mit dem Verlust von Selbstständigkeit. Darum ist Suizid vor allem im Alter ein wichtiges Thema. Oft sind ältere Menschen von körperlichen Erkrankungen und Beschwerden geplagt. Zudem erleiden ältere Menschen häufiger den Verlust ihres Partners oder von Freunden. Kommt dann eine weitere Einschränkung durch die Depression hinzu, stellt sie einen belastend erlebten Einschnitt in die Lebensqualität dar. Eine erfolgreiche Behandlung der Depression ist die beste Suizidprävention.

Tipps für Angehörige depressiver Menschen

Die AOK unterstützt Sie.

Für den Umgang mit depressiv erkrankten Angehörigen bietet die AOK Hilfe mit dem Familiencoach Depression. Dieser soll helfen, den Alltag besser zu meistern, die eigenen Bedürfnisse nicht aus den Augen zu verlieren und die Krankheit besser zu verstehen.

Was können Sie selbst bei Depressionen tun?

  • Gehen Sie zu einem Arzt oder Psychotherapeuten: Das ist der wichtigste Schritt. Eine Depression ist eine Erkrankung wie jede andere auch. Schamgefühle sind häufig – lassen Sie sich davon nicht verunsichern, Experten kennen das. Versuchen Sie,  offen und ehrlich zu sein, um eine bestmögliche Einschätzung der Situation zu bekommen.
  • Suchen Sie sich Unterstützung: Es kann helfen, eine vertraute Person zum Arzt oder Psychotherapeuten mitzunehmen. Sie kann Sie unterstützen und hat eine Sicht von außen auf die Symptome, die sie dem Arzt vermitteln kann.
  • Seien Sie geduldig mit sich: Der erste Schritt ist getan – Sie sind in Behandlung. Machen Sie sich jetzt bewusst, dass so eine Behandlung Zeit braucht. In der Regel dauert es mindestens zwei bis vier Wochen, bis sich erste Besserungen einstellen.
  • Bleiben Sie in Bewegung: Es reicht, wenn Sie sich kleine Ziele setzen.  Eine Fahrradtour oder ein Spaziergang in der Natur können schon einen positiven Effekt haben.
  • Werden Sie aktiv: Eine Verabredung mit einem Freund, ein Besuch beim Friseur oder ein leckeres selbst gekochtes Essen können kleine Schritte auf dem Weg zum Erfolg sein.
  • Seien Sie offen für Hilfe: Ihre Familie und Ihre Freunde wollen Sie unterstützen. Nehmen Sie ihre Hilfs- und Gesprächsangebote an und besprechen Sie, was Ihnen am besten hilft und was Sie nervt. So lassen sich Krisen leichter bewältigen.
  • Reden Sie mit anderen Betroffenen: In Selbsthilfegruppen können Sie sich mit Menschen austauschen, die wissen, was Sie durchmachen. Probieren Sie, ob diese Gespräche Ihnen helfen können - dann zögern Sie nicht, das Angebot längere Zeit wahrzunehmen.

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