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Wie funktioniert die Superkompensation beim Training?

Veröffentlicht am:09.02.2023

5 Minuten Lesedauer

Den perfekten Zeitpunkt fürs nächste Training finden – das versuchen einige Sportler und Sportlerinnen mit dem Prinzip der Superkompensation. Das Modell nutzt die natürliche Überanpassung des Körpers an sportliche Belastung. Funktioniert das?

Eine Sportlerin und ihr Trainer besprechen einen Trainingsplan, der die leistungssteigernden Effekte der Superkompensation nutzt.

© iStock / EmirMemedovski

Was versteht man unter Superkompensation?

Sportler und Sportlerinnen kennen das Phänomen: Läuft der Körper während des Trainings auf Hochtouren, kommt nach dem Sport die Ermüdung. Erst nach einer bestimmten Erholungszeit ist der Körper wieder bereit, sich zu verausgaben. Wer den richtigen Zeitpunkt für das neue Training abpasst, baut schneller eine höhere Leistungsfähigkeit auf – das besagt das Konzept der Superkompensation. Was heißt das im Detail?

Beim Sport arbeitet der Körper mehr als sonst, er setzt mehr Kraft ein und verbraucht mehr Sauerstoff und Energie als im Ruhezustand. Das schafft der Organismus aber nur über einen bestimmten Zeitraum, der von der individuellen körperlichen Verfassung abhängt. Danach beginnt die Erholungsphase, die unter anderem dazu dient, Energieressourcen wieder aufzubauen – wie Glykogen als Energievorrat der Muskeln. In dieser Phase steigt die Leistungsfähigkeit allmählich wieder an. Nach dem Modell der Superkompensation stellt der Körper mit der Zeit seine Kapazitäten wieder her, allerdings nicht nur auf das Niveau vor der letzten Sporteinheit, sondern etwas darüber, also angepasst an den vorherigen Trainingsreiz. Demnach ist nun eine intensivere Sporteinheit möglich, die erneut für eine Anpassung des Leistungsvermögens sorgt. Verpassen Sportler und Sportlerinnen diesen Zeitpunkt der Superkompensation, sinkt die Leistungsfähigkeit wieder ab.

Superkompensation als Fähigkeit zur Glykogenanpassung

Grundlage des Superkompensationsmodells ist also die Tatsache, dass sich der menschliche Körper an Herausforderungen oder Umweltreize anpassen kann. Dreh- und Angelpunkt des Modells war ursprünglich das Kohlenhydrat Glykogen. Dieses besteht aus vielen Glukoseeinheiten (Traubenzucker) und wird in Muskel- und Leberzellen gebildet. In Leber und Muskeln wird auch der überwiegende Teil gespeichert. Glykogen sorgt unter anderem dafür, dass der Blutzuckerspiegel konstant bleibt, der Organismus also nicht über- oder unterzuckert. Das in den Muskelzellen gespeicherte Glykogen dient den Muskeln als Energievorrat.

Diese Glykogenreserve in den Muskeln wird während des Sports abgebaut und in der Regenerationsphase nach dem Training allmählich wieder aufgefüllt – sogar großzügiger als vorher. Das Ausschöpfen der Energiereserven durch das Training führt dazu, dass der Körper in der Regenerationsphase mehr Glykogen speichert und damit eine bessere Leistungsreserve für zukünftige Belastungen hat. Werden die erhöhten Reserven nicht benötigt, baut der Körper sie schnell wieder ab. Sporttreibende könnten demnach diesen Superkompensationseffekt nutzen, um das Training optimal zu gestalten und die Leistungsfähigkeit zu erhöhen.

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Welche Kritik gibt es am Prinzip der Superkompensation?

Sport ist ein Umweltreiz, der eine Anpassungsreaktion erfordert. Die Anpassung des Körpers an Belastungen findet jedoch auch in anderen Bereichen statt – nicht nur bei der Glykogenkonzentration. So führt regelmäßiges Krafttraining zu einer Zunahme der Muskelmasse. Auch auf das vegetative Nervensystem und somit die Herzfunktion nimmt die Belastungsanpassung Einfluss. Diese Prozesse folgen jedoch einem anderen zeitlichen Ablauf und nicht der typischen Aufstiegs- und Abfall-Kurve der Superkompensation. Dennoch wurden die Annahmen über die Glykogenanpassung verallgemeinert und als Grundlage für die allgemeinen Anpassungsreaktionen des Körpers herangezogen. Einige Fachleute kritisieren daher, dass hinter dem Prinzip der Superkompensation eine zu einseitige Sichtweise steht, die ausschließlich den Energiestatus der Muskeln im Fokus hat. Tatsächlich seien die Regenerationsprozesse deutlich vielfältiger – mit jeweils eigenen Zeitfenstern – und damit auch ihr Einfluss auf die Trainingsgestaltung.

Ein weiterer Kritikpunkt ist, dass das Modell der Superkompensation den Anpassungsprozess zu einfach beschreibt. Es berücksichtigt nicht die vielen verschiedenen Einflüsse auf die körperliche Anpassung und bildet auch nicht ab, dass ein Trainingsreiz den Körper bei verschiedenen Personen und zu unterschiedlichen Zeitpunkten jeweils anders belastet. Denn das hängt unter anderem vom aktuellen Trainingszustand sowie von erblich bedingten Faktoren ab.

Wie kann Superkompensation Sportlern und Sportlerinnen nutzen?

Trotz Kritik ist die Superkompensation der Glykogenspeicher besonders für Wettkämpfe in Ausdauersportarten interessant. Sie bietet den Vorteil, dass die Sporttreibenden im Wettkampf mehr Energie zur Verfügung haben und dadurch möglicherweise leistungsfähiger werden. Ein spezieller Ernährungsplan ergänzt oft den Trainingsplan, um diesen Effekt zu verstärken.

Wann ist der richtige Zeitpunkt für die Superkompensation?

Die Superkompensation tritt während der Regenerationsphase auf, also einige Zeit nach dem Training. Nach wie vielen Tagen sie genau einsetzt und wie lange sie andauert, ist individuell verschieden. Das hängt unter anderem vom Leistungsniveau ab, von der Art und Intensität des Reizes, sprich des Trainings, und davon, wie die Erholungsphase gestaltet ist. Es ist daher nicht möglich, allgemeingültige Pläne für die Superkompensation aufzustellen – der perfekte Zeitpunkt für den nächsten Trainingsreiz ist schwer zu ermitteln. Eine zu kurze Erholungsphase kann sich hingegen auch negativ auf die Leistungsfähigkeit auswirken.

Superkompensation im Leistungssport

Superkompensation versuchen eher Leistungssportler und -sportlerinnen einzusetzen, die aufgrund ihrer eigenen Erfahrung und der Erfahrung des Trainers oder der Trainerin ein gutes Gefühl dafür haben, wann ihre Leistungsspitzen auftreten. Fachleute raten auch davon ab, Trainingsreize ausschließlich nach dem Prinzip der Superkompensation zu setzen. Es müssen auch weitere Faktoren Berücksichtigung finden, etwa die Tatsache, dass sich der Bandapparat und die Knochen nicht so schnell an größere Belastungen anpassen können wie die Muskeln.

Läufer und Läuferinnen bei einem Marathon

© iStock / Nenad Stojnev

Der leistungssteigernde Effekt der Superkompensation lässt sich besonders gut bei Ausdauersport anwenden. Läufer und Läuferinnen, die nach diesem Modell trainieren, haben einen größeren Energievorrat für die Muskeln.

Superkompensation für Anfänger und Anfängerinnen

Für Einsteiger und Einsteigerinnen ist das Modell weniger geeignet, da eine Superkompensation vermutlich erst bei großen Reizen einsetzt. Fachleute gehen zum Beispiel davon aus, dass für die Vergrößerung der Glykogenreserven eine Ausdauerbelastung von mehr als 120 Minuten notwendig ist. Sport und Training unter einer Stunde würden den Glykogenspeicher demzufolge vermutlich nicht erhöhen, also keine Superkompensation in Gang setzen.

Aus dem Prinzip der Superkompensation können Anfänger und Anfängerinnen jedoch Anhaltspunkte für das Training und eine Leistungssteigerung ableiten. Im Training sollte beispielsweise ein ausreichend intensiver, aber nicht zu hoher Trainingsreiz gesetzt werden. Ein leichter Muskelkater ist hierfür ein guter Indikator. Ein starker Muskelkater deutet eher auf eine Überlastung hin. Je nach vorheriger Belastung sollten die beanspruchten Muskeln ein bis zwei Tage nur moderat gefordert werden. Danach können Sie probieren, ob Sie einen etwas höheren Trainingsreiz setzen können, ohne dass die Muskeln anschließend überlastet sind. So entwickeln Sie ein Gefühl dafür, in welchen Zeitabständen und in welchem Maß Sie Ihre Leistung steigern können.


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