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Was hat es mit dem Trend des Neuroathletik-Training auf sich?

Veröffentlicht am:08.12.2022

3 Minuten Lesedauer

Sportliche Höchstleistung ist Kopfsache – so der Ansatz der Neuroathletik. Durch gezielte Übungen sollen sich die Nervenfunktionen so optimieren lassen, dass die körperliche Leistungsfähigkeit zunimmt. Was steckt hinter dem Konzept?

Hürdenläuferin wächst dank Neuroathletik-Training sportlich über sich hinaus.

© iStock / RyanJLane

Was ist Neuroathletik?

Höher, schneller, weiter: Leistungssportler und Leistungssportlerinnen sind unentwegt getrieben, ihre eigenen Grenzen zu überschreiten. Um dies zu erreichen, müssen sie ihr gesamtes Potenzial ausschöpfen – körperlich und geistig. Neuroathletik beruht auf der Annahme, dass nicht Muskelkraft, Ausdauer oder Technik allein über sportliche Erfolge entscheiden, sondern dass auch das Gehirn eine wichtige Rolle dabei spielt. Jede körperliche Bewegung stellt eine Anforderung an das zentrale Nervensystem (ZNS). Eingeschränkte Funktionen im ZNS würden die Sportler und Sportlerinnen blockieren und damit von Höchstleistungen abhalten.

Dass Sporttreibende nicht nur physisch, sondern ebenso mental trainiert werden, ist nicht neu. Spezialisierte Trainier und Trainerinnen sowie Sportpsychologen und Sportpsychologinnen unterstützen sie dabei, sich auch geistig auf Spiele, Wettkämpfe und Co. vorzubereiten. Der besondere Ansatz beim Neuroathletik-Training ist, das Gehirn gezielt zu neuroplastischen Veränderungen anzuregen und ihm eine neue Entfaltung des Bewegungspotenzials zu erlauben, sprich: gestörte und hemmende Funktionen im ZNS auszuschalten, um so die körperliche Leistungsfähigkeit auf ein Höchstmaß zu bringen.

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Was hemmt die Fitness?

Der Körper ist nur so leistungsstark, wie das Gehirn es ihm erlaubt. In der Neuroathletik wird davon ausgegangen, dass bestimmte Prozesse in Gehirn und Nervensystem die Bewegung hemmen – und zwar aus einem Schutzmechanismus heraus. Grund dafür sei, dass das Gehirn in erster Linie versuche, den Körper vor Gefahren zu schützen. Sportliche Höchstleistungen haben keine Priorität. Daher entscheide das Gehirn bei anstrengenden oder „waghalsigen“ Bewegungen zugunsten der Sicherheit und wirke somit bewegungseinschränkend.

Das Gehirn verhängt dann Schutzmaßnahmen, die sich auf ganz unterschiedliche Weise zeigen, zum Beispiel in Form von Schmerzen oder Muskelverspannungen, einer eingeschränkten Beweglichkeit oder Kraftausdauer. Langfristig kann es zu Angstzuständen oder zu Veränderungen des Immunsystems sowie des Hormonhaushalts kommen. Eine eingeschränkte Leistungsfähigkeit sei daher nicht immer das Ergebnis von mangelndem Training oder körperlicher Schwäche, sondern eine Folge dieses Schutzmechanismus im Gehirn – so die Theorie.

Wie funktioniert Neuroathletik-Training?

Das Neuroathletik-Training hat zum Ziel, das Gehirn dahingehend zu schulen, dass es nach und nach bestimmte Schutzmechanismen ablegt und entsprechende Bewegungsmuster als sicher einstuft. Um dies zu erreichen, gibt es eine Vielzahl an Übungen, die individuell an den jeweiligen Sportler oder die jeweilige Sportlerin angepasst werden.

So wird zum Beispiel das visuelle System angesprochen. Übungen mit einer Lochbrille oder Augenklappe trainieren das Zusammenspiel zwischen der Informationsaufnahme mit den Augen und der Verarbeitung dieser Informationen im Gehirn. Das soll es Sporttreibendenden erleichtern, schnelle Bewegungen sicher auszuführen. Ein anderes Beispiel betrifft den Gleichgewichtssinn: Menschen, die Neuroathletik trainieren, versuchen beispielsweise durch Kopfnicken und Kopfschütteln die Arbeit der Gleichgewichtsorgane zu verbessern.

Neuroathletik funktioniert nicht über Nacht. Damit in bestimmten Hirnbereichen langfristig neue neuronale Verbindungen entstehen können, braucht es regelmäßiges Training. Etwa 20 Minuten täglich empfehlen Neuroathletik-Anbieter pro Themenkomplex, also für das visuelle System, für den Gleichgewichtssinn und die Wahrnehmung des eigenen Körpers, über einen Zeitraum von mindestens sechs bis acht Wochen. Es ist allerdings unklar, worauf diese Zeitangaben beruhen.

Ein Mensch hält eine Lochbrille in den Händen, diese kann für Neuroathletik-Training genutzt werden.

© iStock / towfiqu ahamed

Übungen mit einer Lochbrille sind Bestandteil von Neuroathletik-Training, sie sollen das Zusammenspiel zwischen Informationsaufnahme und der Verarbeitung im Gehirn schulen.

Neuroathletik-Training: Was sagt die Wissenschaft?

Unbestritten ist, dass sportliche Höchstleistungen ein hohes Maß an Aufmerksamkeit, Gedächtnisleistung und Entscheidungsfindungskompetenz erfordern. Ob ein gezieltes Training der kognitiven Fähigkeiten die sportliche Leistung verbessern kann, ist unklar. Tatsächlich ist es aber so, dass ein Gefühl der Bedrohung dazu führt, dass sich Menschen defensiver verhalten und Aufgaben schlechter lösen. Unangenehme Reize erzeugen Abwehrreaktionen und beeinflussen die Reaktionsgeschwindigkeit. Es gibt einige theoretische Grundlagen, die die Idee der Neuroathletik stützen. Welchen Effekt das Neuroathletik-Training tatsächlich hat, ist aus Sicht der Wissenschaft jedoch noch nicht abschließend geklärt. Es gibt erste Hinweise darauf, dass Neuroathletik-Training möglicherweise dazu beitragen kann, Verletzungsprävention und eine mögliche Leistungssteigerung zu bewirken. Beides könnte aber ebenfalls auf einem Placebo-Effekt fußen. Das heißt: Die Ergebnisse wären dann nicht auf die Übungen selbst zurückzuführen, sondern kämen nur durch den Glauben an ihre Wirksamkeit zustande. Unterm Strich sind weitere Studien nötig, um den Nutzen des Neuroathletik-Trainings weiter zu erforschen.

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