Beziehung
Midlife Crisis beim Mann – wie kann ich meinem Partner helfen?
Veröffentlicht am:29.04.2022
5 Minuten Lesedauer
Aktualisiert am: 18.11.2025
Gerät ein Mann in seiner Lebensmitte aus dem psychischen Gleichgewicht, spricht man oft von einer Midlife Crisis. Welche Wege es gibt, diese Phase gemeinsam zu bewältigen – und wie die Beziehung dadurch sogar gestärkt werden kann.

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Was ist eine Midlife Crisis?
Wenn Menschen ein mittleres Alter erreichen, haben manche den Eindruck, dass ihre weiteren Entwicklungsmöglichkeiten begrenzt sind oder dass das Alter körperlich spürbar ist. Es ist wie beim „Das Glas ist halb leer oder halb voll“-Spruch: Während einige entspannt betrachten, was sie privat oder beruflich erreicht haben, sehen andere eher, was sie verpasst haben, was sie hätten besser machen können oder welche Fehlschläge es gab.
Manche Ziele scheinen jetzt unerreichbar – das kann Resignation, Frustration oder Verzweiflung auslösen. Diesen Zustand nennt man Midlife Crisis. Midlife Crisis tritt vorwiegend bei Männern auf, ungefähr im Alter zwischen 40 und 55 Jahren. Die tief empfundene Sinnkrise geht gelegentlich mit ungewöhnlichen Verhaltensweisen einher, die für Partnerinnen oder Partner, Kinder, Kolleginnen oder Kollegen zur Belastung werden können.
Viele wissenschaftliche Studien haben belegt, dass in diesem Lebensabschnitt Menschen anfällig für etwas sind, das mit „Midlife Crisis“ gut beschrieben wird. Trotz der individuellen Unterschiede treten in diesem mittleren Lebensalter Selbstzweifel und Mutlosigkeit verstärkt auf. Daher spricht man von einer krisenanfälligen Phase – ähnlich der Pubertät oder dem Eintritt in den Ruhestand.
Ist Midlife Crisis eine Krankheit?
Zunächst eine beruhigende Einordnung: Die Lebensmitte bringt nicht zwangsläufig eine Krise mit sich. Selbst wenn diese eintritt, sind schwere emotionale Störungen infolge einer Midlife Crisis eher die Ausnahme als die Regel. Offiziell ist die Midlife Crisis keine anerkannte psychische Krankheit. Dennoch sollte man sie ernst nehmen, denn andauernde Unzufriedenheit und psychische Belastung können durchaus in eine Erkrankung wie eine Depression münden.
Midlife Crisis: ein reines Männerproblem?
Die Midlife Crisis betrifft überwiegend, aber nicht ausschließlich Männer. Frauen können ebenfalls mit ihrem Leben unzufrieden sein oder darüber verzweifeln. Dass Frauen seltener unter diesem Phänomen leiden, begründen Expertinnen und Experten vor allem mit dem Sozialverhalten: Frauen tauschen sich in ihrem Umfeld – zum Beispiel mit ihren Freundinnen, Müttern, Schwestern oder Kolleginnen – tendenziell stärker über Probleme aus als Männer. Sozialer Austausch hat eine ausgleichende Wirkung. Krisen werden so frühzeitig angesprochen und abgemildert. Das könnte der Grund sein, warum Frauen oft besser durch diese Zeit kommen.
Woran bemerke ich eine Midlife Crisis bei meinem Partner?
Eine Midlife Crisis betrifft vor allem die Selbstsicht und die Gefühlswelt des Mannes. Typisch dafür sind negative Empfindungen wie Sinnlosigkeit, Leere, Einsamkeit, Verzweiflung, Enttäuschung, Reue oder Angst. Diese inneren Prozesse sind von außen oft nicht direkt sichtbar, besonders wenn der Betroffene nicht darüber spricht.
Deutlicher zeigt sich eine Midlife Crisis in einem veränderten Verhalten des Partners. Anzeichen können sein:
- verstärktes Konkurrenzdenken,
- die plötzliche Beschäftigung mit Krankheit, Tod und Sterben,
- ein neuer Fokus auf Gesundheit oder Aussehen,
- erhöhte Reizbarkeit,
- unübliche Spontaneität,
- selbstgewählte Isolation,
- im schlimmsten Fall extremes oder selbstgefährdendes Verhalten wie Alkohol- oder Drogenmissbrauch, Affären oder Glücksspiel.
Wie hilft man einem Mann aus der Midlife Crisis?
Wird eine Midlife Crisis von der Partnerin, dem Partner oder anderen nahestehenden Personen im Haushalt für belanglos gehalten oder ignoriert, fühlen sich Betroffene oft missverstanden und können noch gereizter auf ihre Umwelt reagieren. Eine vorsichtige Konfrontation ist zur Verbesserung des Zustands besser geeignet. Es ist möglich, Betroffene zu unterstützen, ihr Leben wieder wertzuschätzen und die Krise zu überwinden. Dazu sind Verständnis, Bestärkung und aktive Teilhabe am Leben des Partners hilfreich.
Besteht die ernsthafte Sorge, dass sich die Midlife Crisis zu einer Depression ausweiten könnte und Gesprächsversuche nicht mehr durchdringen, kann professionelle Hilfe sinnvoll sein. Eine psychologische Beratung oder eine Therapie bieten hier wichtige Unterstützung.

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Midlife Crisis: Warum Verständnis entscheidend ist
Auch wenn die Gereiztheit oder Unzufriedenheit des Mannes unbegründet erscheinen mag: Vorwürfe sind kontraproduktiv und können den Betroffenen in seinem negativen Selbstbild bestärken. Ein achtsamer Umgang mit seinen Sorgen ist der bessere Weg. Es geht darum, seine Ansichten ernst zu nehmen. So lässt sich die abwertende Sicht auf das eigene Leben verändern: „Ja, du hast recht, das hätte besser laufen können – aber am Ende hat es doch geklappt.“
Den Partner positiv bestärken
Eine hilfreiche Strategie ist es, den negativen Gedanken gezielt etwas Positives entgegenzustellen. Was ist dem Betroffenen im Leben gut gelungen? Wofür kann er dankbar sein? Wer liebt und schätzt ihn? Gespräche über seine möglichen Veränderungswünsche können einen Perspektivwechsel bewirken: Ein Jobwechsel bedeutet nicht zwangsläufig weniger Routine. Welche Veränderung ist das Risiko wert? Ein solches Abwägen vermag oft das deutlich zu machen, was „Mann“ im Leben erreicht hat und was wert ist, bewahrt zu werden.
Aktive Teilhabe am Leben des Partners
Ein offenes Gespräch über die Wünsche und Ziele des Partners kann ein guter Ausgangspunkt sein. Entsteht daraus das Bedürfnis nach Veränderung, ist eine aktive Beteiligung eine Möglichkeit, um Unterstützung zu signalisieren. Das kann bedeuten, ein neues Hobby gemeinsam in Angriff zu nehmen oder den Partner bei der Bewerbung auf seinen Traumjob zu unterstützen. So entstehen neue positive Erlebnisse, die das Gefühl der Stagnation durchbrechen können.
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Wie lange dauert eine Midlife Crisis an bei einem Mann?
Ob eine Person unter einer Midlife Crisis leidet, ist meist nur an ihrem emotionalen und sozialen Verhalten abzulesen. Zu welchem Zeitpunkt eine Midlife Crisis am wahrscheinlichsten ist, versuchen aktuelle Studien zu beantworten. Angenommen wird, dass nicht mehr die Jahre um die 40, sondern das Jahrzehnt zwischen Mitte 40 und Mitte 50 als potenzielle „Unglücksdelle“ zu sehen ist – das heißt nicht, dass man in dieser Lebensspanne zwangsläufig unglücklich wird. Es ist in diesem Zeitraum jedoch unwahrscheinlicher, die glücklichste Zeit seines Lebens zu erleben. Andersherum formuliert: In diesem Zeitraum ist eine Lebenskrise am wahrscheinlichsten – allerdings ohne zwangsläufig eintreten zu müssen. Laut einer Untersuchung schätzt die Altersgruppe der 40- bis 54-Jährigen jedoch ihre Lebenszufriedenheit mit 76,7 Prozent als hoch ein.
Eine Studie von 2007 mit Daten aus 55 Ländern kommt zu dem Ergebnis, dass der durchschnittliche Tiefpunkt der Lebenszufriedenheit weltweit bei 46,1 Jahren liegt – in Deutschland bei 47,5. Zuverlässige Aussagen darüber, wie lange eine Midlife Crisis individuell anhält, gibt es nicht. Die Dauer der Midlife Crisis scheint auf die mittleren Lebensjahre begrenzt zu sein. In höherem Alter bessert sich in aller Regel die Lebenszufriedenheit wieder. Vermutlich sind gesunde, ältere Menschen dankbar dafür, noch am Alltag teilhaben zu können. Allerdings steigt ab 65 Jahren das Risiko für eine Altersdepression – ein anderes Phänomen mit anderen Auslösern wie Verlustschmerz, Einsamkeit oder Leiden unter der eigenen Hilfsbedürftigkeit.
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Psychotherapie: ambulante Hilfe
Bei Verdacht auf eine psychische Erkrankung oder als Unterstützung für die Angehörigen, hilft eine psychologische Beratung oder eine Psychotherapie. Diese kann in der Regel ambulant durchgeführt werden.
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