Neues Fachkräfteeinwanderungsgesetz
Um die Einwanderung weiter zu erhöhen und das Zuwanderungsrecht weiter zu modernisieren und zu verbessern, veröffentlichte die Bundesregierung im Herbst 2022 ein Eckpunktepapier zur Fachkräfteeinwanderung aus Drittstaaten. Das Gesetz dazu wurde im Sommer 2023 verabschiedet. Ziel ist, Fachkräfte aus Drittstaaten einfacher und schneller für den deutschen Arbeitsmarkt zu gewinnen.
Das neue Fachkräfteeinwanderungsgesetz ist in Teilen bereits ab November 2023 und 1. März 2024 in Kraft. Weitere Bestandteile werden ab 1. Juni 2024 rechtskräftig. Das Video fasst die wesentlichen Änderungen zusammen.
Fachkräfte gewinnen (seit November 2023)
Die Gewinnung von Fachkräften mit anerkanntem Abschluss bleibt der zentrale Pfad der Zuwanderung. Eine wesentliche Verbesserung für Unternehmen durch das neue Recht ist, dass sie Personen in nicht reglementierten Berufen mit einer in Deutschland anerkannten Berufsausbildung in jeder qualifizierten Tätigkeit beschäftigen dürfen – und nicht wie bisher nur in dem Bereich der anerkannten Berufsqualifikation. Eine Elektrikerin kann so etwa als Mechatronikerin oder ein technischer Betriebswirt als IT-Berater beschäftigt werden.
Die Gehaltsschwellen für die Blaue Karte EU in Regel- und Engpassberufen wurden abgesenkt. Nun gilt ein Mindestgehalt von
- 45,3 Prozent der jährlichen Beitragsbemessungsgrenze in der Rentenversicherung für die Engpassberufe und für Berufsanfängerinnen und -anfänger. Im Jahr 2024 sind das 41.041,80 Euro.
- 50 Prozent für alle anderen Berufe. Im Jahr 2024 liegt die Gehaltsschwelle bei 45.300 Euro.
Eine Abweichung der Gehaltsschwelle nach unten ist möglich, wenn der Arbeitgeber tarifgebunden ist. Zudem muss bei einem Arbeitsplatzwechsel die Ausländerbehörde nur noch informiert werden. Eine Zustimmung ist nicht mehr erforderlich.
Reglementierte Berufe
In Deutschland gibt es reglementierte Berufe, in denen Deutsche und Nicht-Deutsche nur dann arbeiten dürfen, wenn sie eine ganz bestimmte Qualifikation besitzen.
Das gilt zum Beispiel für
- Gesundheits- und Krankenpflegekräfte,
- Ärztinnen und Ärzte,
- Lehrkräfte oder
- Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte.
Es gilt auch für bestimmte Meisterberufe im Handwerk, wenn sie als selbstständige Unternehmerinnen oder Unternehmer tätig sind. Personen mit einer ausländischen Qualifikation, die in einem reglementierten Beruf in Deutschland arbeiten möchten, brauchen eine Anerkennung ihres ausländischen Abschlusses beziehungsweise eine Berufsausübungserlaubnis.
Berufserfahrung wird anerkannt (seit März 2024)
Die Erfahrung von Bewerbern und Bewerberinnen ermöglicht seit März 2024 die Beschäftigung ausländischer Fachkräfte auch ohne vorherige formale Anerkennung des Berufsabschlusses.
Allerdings müssen dafür eine im Herkunftsland staatlich anerkannte, mindestens zweijährige absolvierte Berufsausbildung sowie dazu passende mindestens zweijährige Berufserfahrung, vom Arbeitgeber zu prüfende Sprachkenntnisse sowie ein Mindestgehalt in Deutschland von 45 Prozent der Beitragsbemessungsgrenze der allgemeinen Rentenversicherung (2024: 40,770 Euro) vorliegen.
Fachkräfte, die über eine ausländische Qualifikation verfügen, aber nicht die notwendige Gehaltsschwelle erreichen, können im Rahmen einer Anerkennungspartnerschaft beschäftigt werden. Das ist eine privatrechtliche Vereinbarung, die in die Anerkennung einer Berufsqualifikation mündet. Sie steht in Zusammenhang mit dem angestrebten Beruf im Arbeitsvertrag.
Parallel zur Beschäftigung wird das berufliche Anerkennungsverfahren durchlaufen.
Der Arbeitgeber verpflichtet sich hierbei zur Unterstützung. Allerdings erteilt die Bundesagentur für Arbeit (BA) eine Aufenthaltserlaubnis zur „Anerkennungspartnerschaft“ zunächst für maximal ein Jahr mit der Option, auf maximal drei Jahre zu verlängern.
Kurzzeitige kontingentierte Beschäftigung
Mit Verordnungsänderungen wurde zum 1. März 2024 eine neue Möglichkeit für die kurzzeitige Beschäftigung von Drittstaatenangehörigen eingeführt, unabhängig von ihrer Qualifikation. Sobald die BA ein bedarfsorientiertes Kontingent – möglich ist das auch differenziert für bestimmte Wirtschaftszweige oder Berufsgruppen – festlegt, können interessierte Arbeitgeber eine Arbeitserlaubnis oder eine Zustimmung zu einem Aufenthaltstitel für Arbeitskräfte aus dem Ausland beantragen. Diese wird erteilt, wenn
- der Arbeitgeber tarifgebunden ist und die Arbeitskräfte nach den geltenden tariflichen Arbeitsbedingungen beschäftigt sind,
- der Arbeitgeber sich dazu verpflichtet, die erforderlichen Reisekosten vollständig zu übernehmen,
- die geplante Beschäftigung acht Monate innerhalb von zwölf Monaten nicht überschreitet und
- die wöchentliche Arbeitszeit mindestens 30 Stunden beträgt.
Hinweis: Diese Art der Beschäftigung kann nicht als versicherungsfreie kurzfristige Beschäftigung erfolgen.
Potenzial entdecken (ab Juni 2024)
Neu im Fachkräfteeinwanderungsgesetz ist die sogenannte Potenzialsäule. Dafür wird auf Basis eines Punktesystems ab Juni 2024 eine Chancenkarte für Drittstaatenangehörige eingeführt, die noch keinen Arbeitsvertrag in Deutschland haben. Mit der Chancenkarte sollen sie einen Aufenthaltstitel von bis zu einem Jahr zur Arbeitssuche erhalten. Dieser berechtigt während der Arbeitsplatzsuche zu einer zweiwöchigen Probebeschäftigung oder einer Nebentätigkeit von bis zu 20 Stunden pro Woche.
Auswahlkriterien im Punktesystem können Qualifikation, Sprachkenntnisse, Berufserfahrung, Deutschlandbezug (etwa durch bisherige Aufenthalte in Deutschland) und Alter sein. Zudem soll die Chancenkarte nur erteilt werden, wenn der Lebensunterhalt gesichert ist. Wenn eine Fachkraft danach keinen anderen Erwerbstitel aus dem Aufenthaltsgesetz bekommen kann, aber dennoch ein Angebot für eine qualifizierte Beschäftigung hat, kann die Chancenkarte um weitere zwei Jahre verlängert werden.
Westbalkanregelung
Die Westbalkanregelung ermöglicht Staatsangehörigen der Länder Albanien, Bosnien und Herzegowina, Kosovo, Republik Nordmazedonien, Montenegro und Serbien seit 2016 einen Arbeitsmarktzugang in Deutschland. Die Regelung war ursprünglich bis zum 31. Dezember 2023 befristet, wurde nun aber im Rahmen der Verordnung zur Weiterentwicklung der Fachkräfteeinwanderung entfristet.
Das bislang begrenzte Kontingent von 25.000 ausgestellten Aufenthaltstiteln pro Kalenderjahr wird ab Juni 2024 auf 50.000 erhöht.
Voraussetzungen für den Zugang zum deutschen Arbeitsmarkt:
- Verbindliches Arbeitsplatzangebot
- Kein Bezug von Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz in den letzten 24 Monaten
- Erfüllen der visarechtlichen Voraussetzungen