Psychische Belastung am Arbeitsplatz
Genau definiert: psychische Belastung und Beanspruchung
Beim Thema „Psychische Arbeitsbelastungen“ existieren zwei unterschiedliche Begrifflichkeiten. Die Europäische Norm EN ISO 10075-1 „Ergonomische Grundlagen bezüglich psychischer Arbeitsbelastung“ definiert sie.
Danach sind:
- Psychische Belastungen: die Gesamtheit aller erfassbaren Einflüsse, die von außen auf den Menschen zukommen und psychisch auf ihn einwirken
- Psychische Beanspruchung: die unmittelbare (nicht langfristige) Auswirkung der psychischen Belastung im Individuum in Abhängigkeit von seinen jeweiligen überdauernden und augenblicklichen Voraussetzungen, einschließlich der individuellen Bewältigungsstrategien
Krisensituationen von Arbeitnehmern in Zahlen
Die Zahl der psychischen Erkrankungen und die daraus resultierenden Fehltage stiegen innerhalb von zehn Jahren um über 64 Prozent. Das ermittelte der Fehlzeiten-Report 2019 des Wissenschaftlichen Instituts der AOK (WIdO) für die AOK-versicherten Beschäftigten. 2018 waren es 11,4 Prozent aller Krankheitsfälle und damit die dritthäufigste Krankmeldungsursache. Psychische Erkrankungen bringen zudem häufig lange Ausfallzeiten mit sich. Im Schnitt dauerten sie 26,3 Tage – das ist mehr als doppelt so lang wie die durchschnittliche Zahl der Krankheitstage bei anderen Erkrankungen.
Krisen von Beschäftigten erkennen
Krisen können entstehen durch:
- Konflikte innerhalb eines Teams, beispielsweise durch Mobbing
- Angst vor dem Verlust des Arbeitsplatzes beziehungsweise Arbeitslosigkeit
- Private Ereignisse (zum Beispiel Scheidung, Erkrankung, Todesfall)
Im Beruf macht sich diese extreme Belastung meist in der Qualität der Arbeit oder auch in der Person bemerkbar. Die Betroffenen sind dann weniger belastbar, manchmal reizbar oder auch traurig und sie können sich schlechter konzentrieren.
Langfristig wirken akute, vor allem aber auch unbewältigte chronische Krisen auf die Gesundheit der Betroffenen. Dies kann zu körperlichen Krankheiten führen.
Krisen bekämpfen und vorbeugen
Führungskräfte und Kollegen verhalten sich am besten sensibel und gesundheitsförderlich:
- Häufig hilft den Betroffenen ein offenes Gespräch mit dem Vorgesetzten oder vertrauten Kollegen. Hierbei kann darüber nachgedacht werden, wie die Krise überwunden wird.
- Wichtig ist, dass sowohl Vorgesetzte als auch direkte Kollegen verständnis- und rücksichtsvoll mit dem Betroffenen umgehen.
- Anders ist das bei Konflikten im Team: Hier können professionelle Mediatoren am besten helfen – gerade, wenn Führungskräfte dabei selbst Unterstützung brauchen oder gar in Konflikte involviert sind.
Mobbing erkennen
Mobbing kann viele Ursachen haben. Vielfach steht es im Zusammenhang mit Stress und Burn-out. Auch das Arbeitsklima und das Wohlbefinden der Mitarbeiter haben großen Einfluss auf die Entstehung von Mobbing.
Im Berufsleben versteht man unter Mobbing eine über einen längeren Zeitraum regelmäßig wiederkehrende und andauernde, bewusst eingesetzte psychische Aggression von Kollegen und Führungskräften gegen einen Mitarbeiter. Meist liegt Mobbinghandlungen ein ungelöster Konflikt zugrunde. Man darf allerdings nicht jede Konfliktsituation am Arbeitsplatz als Mobbing ansehen.
Mobbing bekämpfen und vorbeugen
Unternehmen helfen ihren Mitarbeitern, indem sie ein offenes Ohr für deren Probleme haben und gemeinsam mit ihnen nach Lösungen suchen. Schon klar abgegrenzte Arbeitsbereiche und Strukturen leisten einen wichtigen Beitrag zur Vermeidung von Mobbing im Unternehmen. Diese Aufgabe ist also im Wesentlichen von der Führung im Unternehmen zu leisten. Sobald Vorgesetzte Mobbing im Betrieb beobachten, müssen sie einschreiten.
Burn-out erkennen
Der englische Begriff „Burn-out“ bedeutet „ausbrennen“ und bezeichnet einen chronischen Erschöpfungszustand. Betroffene fühlen sich krank und regelrecht „ausgebrannt“.
Burn-out als Syndrom anerkannt
Experten im Gesundheitswesen orientieren sich bei ihrer Arbeit oft an der Internationalen statistischen Klassifikation der Krankheiten (ICD) der Weltgesundheitsorganisation (WHO). Die WHO hat auf ihrer Jahresversammlung 2019 einen überarbeiteten Katalog der Krankheiten verabschiedet, der am 1. Januar 2022 in Kraft tritt. Darin ist Burn-out erstmals als Syndrom aufgrund von „chronischem Stress am Arbeitsplatz, der nicht erfolgreich verarbeitet wird“ definiert.
Dabei sehen die Gesundheitsexperten drei Dimensionen des Syndroms: ein Gefühl von Erschöpfung, eine zunehmende geistige Distanz oder negative Haltung zum eigenen Job sowie verringertes berufliches Leistungsvermögen. Zudem weist die WHO darauf hin, dass der Begriff Burn-out ausschließlich im beruflichen Zusammenhang und nicht „für Erfahrungen in anderen Lebensbereichen“ verwendet werden sollte.
Gefährdet sind häufig Menschen, die unter Dauerstress stehen und keine Gelegenheit haben, ihren „Akku“ wieder aufzuladen. Nicht der Stress selbst ist das Problem, sondern der Verlust der Erholungsfähigkeit. Das Burn-out-Syndrom ist nur die letzte Phase einer Entwicklung, die sich über Monate oder sogar Jahre hinziehen kann.
Der Weg dazu kann unterschiedlich verlaufen. Häufige Einflussfaktoren sind jedoch:
- Arbeitsüberlastung
- Mangelnde Wertschätzung
- Fehlende Abgrenzung zum Privatleben
- Perfektionismus
- Selbstüberschätzung
- Reduzierte Stresstoleranz
Burn-out bekämpfen und vorbeugen
Wenn das Burn-out-Syndrom noch nicht weit fortgeschritten ist, hilft eventuell ein klärendes Gespräch, um über die eigenen Sorgen offen mit Angehörigen, Freunden oder auch dem Vorgesetzten zu sprechen. Weitere Maßnahmen können sein:
- Schutzfaktoren entwickeln, um mit Belastungen besser umgehen zu können. Sie können im Rahmen betrieblicher Gesundheitsförderung entwickelt und gefördert werden, zum Beispiel durch achtsamkeitsbasierte Stressmanagementprogramme.
- Entspannungstechniken wie autogenes Training und progressive Muskelentspannung helfen, abzuschalten und neue Kraft zu tanken. Zum Stressabbau besonders gut geeignet sind Ausdauersportarten wie Joggen, Schwimmen oder Radfahren.
- Außerdem sollten Gestresste genügend schlafen und sich ausgewogen ernähren.
- Um die psychischen Belastungen zu minimieren und ihnen so auch zukünftig präventiv entgegenzuwirken, ist es sinnvoll, alle Aspekte einer Tätigkeit systematisch auf potenzielle Belastungsfaktoren zu überprüfen. Hier eignet sich insbesondere die psychische Gefährdungsbeurteilung.
Stand
Zuletzt geprüft am: 15.06.2020
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