Gehirn & Nerven

Wie wirkt digitales Gedächtnistraining für Senioren und Seniorinnen?

Veröffentlicht am:23.10.2025

11 Minuten Lesedauer

Sich im Netz zurechtfinden, Suchbegriffe eingeben, Ergebnisse bewerten – wer das lernt, trainiert sein Gehirn. Denn digitale Kompetenzen können für ältere Menschen mehr sein als nur Technikverständnis.

Ein Seniorenpaar sitzt mit einem Laptop auf der Wohnzimmercouch.

© iStock / PIKSEL

Was ist gut für das Gehirn im Alter?

Manche Menschen bleiben im Alter geistig beweglicher als andere, selbst wenn altersbedingte Veränderungen im Gehirn nachweisbar sind. Denn der Verlust von kognitiver Leistungsfähigkeit kann aufgehalten werden. Fachleute sprechen dabei von der Theorie der kognitiven Reserve: Wer im Leben geistig gefordert wird, etwa durch Bildung, soziale Kontakte, Lesen oder Rätseln, hat oft bessere Chancen, seine mentale Fitness zu erhalten. Doch wie steht es um digitale Technologien? Fördert digitales Gedächtnistraining bei Senioren und Seniorinnen sowie regelmäßiges Surfen im Internet die kognitive Leistungsfähigkeit im Alter – oder schadet es dieser womöglich?

Einige Fachleute merken an, dass digitale Technologien die kognitiven Fähigkeiten auf lange Sicht eher schwächen könnten, vor allem dann, wenn sie passiv genutzt werden. Hinweise darauf kommen aus Studien mit jüngeren Menschen, bei denen eine intensive Bildschirmzeit mit einer geringeren geistigen Leistungsfähigkeit in Verbindung gebracht wurde. Auch bei Erwachsenen könnte eine starke Abhängigkeit von digitalen Geräten ähnliche Effekte haben: Wer sich beim Erinnern, Planen oder Orientieren dauerhaft auf Technik verlässt, nutzt eigene Denkprozesse womöglich seltener. Manche Fachleute sprechen in diesem Zusammenhang vom „Google-Effekt“, der Tendenz, Wissen eher auszulagern als aktiv zu nutzen. Bei älteren Menschen könnte das problematisch sein, weil sie ohnehin anfälliger für Konzentrationsschwäche oder Ablenkung sind.

Ein jüngerer Mann zeigt einem älteren Paar etwas auf dem Smartphone.

© iStock / milan2099

Wer Probleme hat, eine App oder ein Programm für Gedächtnistraining für Senioren auf seinem Smartphone zu installieren, findet sicherlich Hilfe bei der jüngeren Generation.

Welche digitalen Kompetenzen sind gut für das Gehirn?

Doch viele Forschende sehen das Internet nicht als Risiko, sondern als Chance für die geistige Gesundheit im Alter. Daraus haben sie die sogenannte technologische Reservehypothese entwickelt. Die Idee dahinter: Menschen, die regelmäßig digitale Medien nutzen, aktiv kommunizieren und sich geistig mit komplexen Inhalten beschäftigen, bauen kognitive Reserven auf. Diese Reserven können helfen, altersbedingte Veränderungen im Gehirn auszugleichen. Entscheidend ist, dass das Gehirn durch gezielte digitale Aktivitäten flexibel gefordert werden kann. Wer sich also im digitalen Alltag sicher bewegt, kann davon im besten Fall auch langfristig profitieren – geistig wie funktional.

Das zeigen auch immer mehr Studien: Zwar hatten viele ältere Menschen anfangs Schwierigkeiten mit neuen Geräten, doch inzwischen lernen viele von ihnen digitale Anwendungen wie den Umgang mit Smartphones und Videotelefonie und virtuellen Treffen immer erfolgreicher. Besonders während der COVID-19-Pandemie nutzten Seniorinnen und Senioren digitale Kanäle, um Kontakte zu pflegen und soziale Isolation zu vermeiden. Das stärkt nicht nur die Verbindung zu anderen, sondern kann auch dabei helfen, geistig fit zu bleiben.

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Lebensqualität im Alter: Geistig fit durch digitale Helfer?

Auch digitale Freizeitaktivitäten wie Computerspiele haben bei älteren Nutzerinnen und Nutzern zugenommen. Und Studien zufolge können sie für das Gehirn hilfreich sein: Ältere Menschen mit hoher digitaler Erfahrung scheinen geistig länger gesund zu bleiben. Eine umfassende Analyse von 54 Einzelstudien ergab: Personen mit höherer Alltagsnutzung digitaler Technologien zeigten weniger kognitive Beeinträchtigungen. Auch Studien, die Teilnehmende über längere Zeit hinweg begleiteten, kamen zu ähnlichen Ergebnissen: Wer digital aktiv blieb, zeigte seltener Anzeichen geistigen Abbaus als Vergleichsgruppen. Trotzdem muss man bei den Ergebnissen berücksichtigen: Die Forschenden haben in den Studien versucht, verschiedene Einflussfaktoren statistisch zu kontrollieren. Es kann aber nicht sicher ausgeschlossen werden, dass die Teilnehmenden mit höherer Offenheit für digitale Technologie andere gemeinsame Eigenschaften hatten, die gleichzeitig zu mehr Computernutzung und geistiger Gesundheit führten.

Im Video erklärt Doc Felix, wie das Gehirn trainiert werden kann und warum Gehirntraining auch im Alter wichtig ist.

Wie trainiere ich mein Gehirn im Alter?

Wie der Körper braucht auch das Gehirn regelmäßige Bewegung, um leistungsfähig zu bleiben. Im Alter wird das besonders wichtig: Geistige Fähigkeiten können nachlassen, wenn sie nicht mehr aktiv genutzt werden. Viele ältere Menschen suchen deshalb gezielt nach Möglichkeiten, ihr Gedächtnis zu trainieren, etwa durch Kreuzworträtsel oder Sudoku. Obwohl gegen diese Klassiker nichts einzuwenden ist: Für eine nachhaltige geistige Fitness fehlt oft die nötige Abwechslung. Laut Experten und Expertinnen  sind vielfältigere Aktivitäten wirksamer, besonders wenn sie regelmäßig durchgeführt werden.

Allerdings gibt es spezielle digitale Übungsspiele, welche ergänzend zu therapeutischen Maßnahmen, auch bei leichten kognitiven Einschränkungen zum Einsatz kommen. Schon drei Einheiten pro Woche à 30 Minuten können helfen, die geistige Leistungsfähigkeit in einigen Bereichen wie Aufmerksamkeit und Kurzzeitgedächtnis zu verbessern.

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Welches Gedächtnistraining eignet sich für Senioren und Seniorinnen?

Viele Smartphone-Apps und Computer-Programme versprechen, dass sie ein wirksames Gedächtnistraining für Senioren und Seniorinnen bieten. Sie sollen das Gehirn im Alter schützen und sogar verbessern. Allerdings darf man dabei nicht vergessen: Die Marketing-Versprechen stammen von Unternehmen, die ihre Produkte verkaufen möchten. Bisherige Studien zeigen: Computergestütztes Gedächtnistraining für Senioren und Seniorinnen kann dabei helfen, besser in den Bereichen zu werden, die sie durch das Programm oder die App üben. Einen allgemeinen Schub für andere Denkbereiche oder die gesamte geistige Leistungsfähigkeit liefern sie aber eher nicht. Wer solche Apps oder Programmen gerne anwendet, kann das dennoch weiterhin tun – auch wenn sie nicht als Wundermittel für geistige Fitness gelten.

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Was fördert die Gehirngesundheit?

Wer auch im Alter geistig beweglich bleiben will, braucht nicht zwingend eine App. Diese Strategien sind wissenschaftlich erprobt und haben sich bewährt:

  • Bewegung: Regelmäßige körperliche Aktivität schützt das Gehirn.
  • Ernährung: Mediterrane Kost mit viel Gemüse, Obst und gesunden Fetten wirkt sich positiv aus.
  • Verzicht: Wenig Alkohol, keine Drogen, ausreichend Schlaf.
  • Soziale Kontakte: Wer sozial aktiv bleibt, baut geistig langsamer ab.
  • Musik und Tanz: Fördern Gedächtnis, Stimmung und Konzentration.
  • Versorgung mit Hörgerät und Brille bei Bedarf
  • Achtsamkeit und Optimismus: Reduzieren Stress und schützen vor Gedächtnisverlust.
Fachlich geprüft
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