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Let’s dance: Tanzen ist gesund

Veröffentlicht am:08.07.2022

5 Minuten Lesedauer

Möbel wegrücken, Musik aufdrehen und den Rhythmus ins Blut lassen. Tanzen macht nicht nur Spaß, sondern ist auch noch gesund für Körper und Psyche. Neugierig? Zwei der renommiertesten Expertinnen Deutschlands bitten zum Tanz.

Ein Seniorenpaar tanzt in der Küche miteinander.

© iStock / g-stockstudio

Psychologin Dr. Sabine C. Koch, Professorin für Tanz- und Bewegungstherapie an der SRH Hochschule Heidelberg und Direktorin des Forschungsinstituts für Künstlerische Therapien an der Alanus Hochschule in Bonn, und Dr. Julia F. Christensen, Psychologin und Neurowissenschaftlerin am Max-Planck-Institut für Empirische Ästhetik wissen, warum Tanzen gesund ist und sogar glücklich macht.

Wie Tanzen auf Körper und Psyche wirkt

Tanzen ist so viel mehr als nur „ein schönes Hobby“. Umfragen haben ergeben, dass 90 Prozent der Frauen gern tanzen. Gibt man hingegen online „Männer“ und „Tanzen“ in die Suchmaschine ein, schlägt sie den Kauf eines T-Shirts mit der Aufschrift „Ich hasse Tanzen!“ vor. Häufig gehörte Worte in diesem Zusammenhang: „Ich kann es einfach nicht.“ Dabei ist die Fähigkeit, einem Rhythmus zu folgen, jedem in die Wiege gelegt. Wissenschaftlichen Erkenntnissen zufolge reagiert bereits das Gehirn von Neugeborenen auf plötzliche Taktunterbrechungen in der Musik, sie haben also schon ein Rhythmusgefühl.

„Tanzen hilft auf wunderbare Art und Weise, gesund zu bleiben.“

Dr. Julia F. Christensen
Psychologin und Neurowissenschaftlerin am Max-Planck-Institut für Empirische Ästhetik

„Aber auf der nördlichen Erdhalbkugel halten sich viele Herren eher vornehm zurück, während zum Beispiel in Kolumbien als uncool gilt, wer nicht tanzt“, sagt Dr. Christensen. In dieser Hinsicht sind die Südamerikaner für sie nicht nur cooler, sondern auch cleverer. Weil das Tanzen nämlich eine ganze Reihe von Prozessen in Kopf und Körper anstößt, die Erkrankungen vorbeugen und Beschwerden lindern können. Weil es glücklich macht. Und sogar Konflikte lösen kann.

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Tanzen als Stressabbau

Aber was genau macht „Links, zwei, drei, im Wiegeschritt“ zur Formel des Gesundbleibens? „Musik, Bewegung und Berührung“, zählt die gebürtige Dänin die drei wichtigsten Faktoren auf. Allein die Musik hat auf den Körper gleich eine doppelte Wirkung. So konnten Wissenschaftler vom University College London in Studien zeigen, dass Musikhören die Produktion von Antikörpern ankurbelt und so das Immunsystem stärkt. Forscher der Universität Oldenburg ließen Probanden Tango tanzen – eine Gruppe mit, die andere ohne Musik. Das Ergebnis: Bei denjenigen, die zu den Tangoklängen tanzten, war die Konzentration des Stresshormons Cortisol im Blut deutlich niedriger.

Tanzen ist effektiver Stressabbau, der Spaß macht, und jedem als Mittel zur Verfügung steht: Nur etwa 1,5 Prozent der Bevölkerung haben eine angeborene Störung, die sogenannte Amusie. Sie können Rhythmen nicht richtig einordnen oder in Bewegungen umwandeln. „Der Rest kann tanzen“, sagt Dr. Christensen. Ob Standard, Zumba oder Freestyle: Wer tanze, der begebe sich auf eine Art „Waldspaziergang für das Hirn“. Je komplexer die Schrittfolgen sind, desto mehr Neuronen verknüpfen sich im Gehirn, erklärt die Psychologin. „Erst ist es eine Art Trampelpfad, aber mit jeder Wiederholung bauen wir diesen Pfad aus, bis es sozusagen eine Autobahn ist.“

Tanztherapie: Mit Tanzen mehr Lebensqualität

Auf diesen neu angelegten Autobahnen in unserem Kopf sind Neurotransmitter unterwegs, spezielle Botenstoffe, die unter anderem das Gedächtnis stärken und für eine bessere Konzentrationsfähigkeit sorgen. Der Tango gilt dabei mit seinen anspruchsvollen Schrittfolgen als ein Therapietanz mit weitreichender Wirkung, die auch durch Studien belegt ist. „Gerade das Rückwärtsgehen dabei schickt starke Impulse ans Gehirn“, sagt Professorin Dr. Sabine C. Koch. So seien Parkinson und Demenz Erkrankungen, bei denen Tanzen nachweislich das Fortschreiten verlangsamen oder bestehende Fähigkeiten erhalten könne. „In mehreren Studien konnte gezeigt werden, dass sich im Laufe eines Jahres der Gang, die Balance und die Lebensqualität erheblich verbesserten.“

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© iStock / LanaStock

In der zur Hochschule gehörenden Ambulanz sind aber auch viele Kinder in Tanztherapie, die unter Traumata leiden. Als einen der Wirkfaktoren vermutet Professorin Koch den symbolischen Ausdruck. Außerdem ist das Tanzen eine große Lernhilfe: Von klein auf kann rhythmische Bewegung der Schlüssel für ein besseres mathematisches Verständnis sein. Entwicklungspsychologin Elizabeth Spelke von der US-Universität Harvard fand heraus, dass Tanzpraxis bei Schulkindern räumliches Denken fördert. Kinder, die gern und oft tanzten, schnitten in Geometrie-Tests besser ab als Kinder, die selten oder nie getanzt hatten.

Ob klassische Ballett-Ausbildung, Tanzkreis im Kindergarten oder Hip-Hop im Jugendalter auf einem Konzert, spielt dabei laut Forschern übrigens keine Rolle. Tanzen trainiert die Geschicklichkeit, Beweglichkeit und das Koordinationsvermögen. Und macht aus tanzbegeisterten Kids in der Regel konzentrationsstarke Erwachsene, die sich häufig besonders gut in andere einfühlen können.

Tanzen macht glücklich

Denn Tanzen kann soziale Brücken bauen, Freundschaften, Liebe – und sogar Frieden – stiften. „Es eröffnet nämlich eine andere Kommunikationsebene“, erläutert Dr. Julia F. Christensen. Genau sind die Mechanismen wissenschaftlich noch nicht verstanden, aber man geht davon aus, dass die synchronen Bewegungen es den Tanzpartnern erleichtern, in die Rolle des anderen zu schlüpfen und so ein besseres Verständnis füreinander zu entwickeln. Dr. Christensen: „Wenn der eine die Bewegungen des anderen spiegelt, so zeigen Studien, nimmt er den anderen als Teil seiner selbst auf.“ Es erwächst praktisch eine Einheit.

„Mit Tanz kann das ausgedrückt werden, was sich mit Worten nicht sagen lässt.“

Prof. Dr. Sabine C. Koch
Professorin für Tanz- und Bewegungstherapie an der SRH Hochschule Heidelberg und Direktorin des Forschungsinstituts für Künstlerische Therapien an der Alanus Hochschule in Bonn

Bleibt noch die Kraft der Berührung. „Die Haut ist unser größtes Sinnesorgan, und durch die tastende Stimulation schüttet der Körper Glückshormone wie Oxytocin aus.“ Die guten Gefühle sprudeln nur so. Das wirke motivierend, verspricht Dr. Christensen, „denn alles, was unser Genusssystem anregt, tun wir wieder“.

Tipps zum Tanzeinstieg

Tipp 1: Die Musik wirken lassen

Wer die Abfolge von Schritten korrekt und am liebsten perfekt umsetzen will, setzt sich selbst schnell zu sehr unter Druck. Besser ist es, einfach der Musik zuzuhören und sie zu genießen. Welche Instrumente spielen gerade? Worum geht es im Text? Es hilft auch, einen einfachen Grundschritt auszuführen, sich im Takt zu wiegen oder mit den Händen den Rhythmus zu klopfen. Lassen Sie sich von den Klängen treiben, ohne viel darüber nachzudenken.

Tipp 2: Fokus auf Freude

Tanzen ist umso gesünder, je mehr Spaß es macht. Sorgen Sie sich also nicht darum, ob Ihre Schritte technisch perfekt sind. Denken Sie daran, dass der Tanzsinn angeboren ist – er mag sich verstecken, aber er ist da. Hobbytanzen ist eine tolle Art, um das Stresshormon Cortisol abzubauen. Wird aber eine Art Wettbewerbstanzen daraus, geht dieser gute Effekt nicht nur verloren, der Cortisolspiegel im Blut steigt sogar an.

Tipp 3: Geduld tanzt mit

Neues müssen wir erst erlernen, das gilt für komplexe Bewegungsabläufe ganz besonders. Das ist so beim Autofahren – und auch bei Tänzen wie Salsa, Swing und Tango. Unser Gehirn verfügt aber über Neuroplastizität – das heißt, es kann ein Leben lang lernen. Das braucht aber Zeit. Die sollten wir uns auch beim Tanzen geben und geduldig sein mit uns, aber auch dem Partner oder der Gruppe.

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