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Gesundheitsmagazin

Gesund im Job

Wiedereingliederung in den Beruf nach langer Krankheit

Veröffentlicht am:27.06.2022

5 Minuten Lesedauer

Nach einem Unfall oder längerer Krankheit unterstützen verschiedene Maßnahmen den Wiedereinstieg in den Beruf. Was sind Betriebliches Eingliederungsmanagement und Stufenweise Wiedereingliederung und welche Rechte und Pflichten haben Sie dabei?

Mann mittleren Alters kehrt nach langer Krankheit in seinen Betrieb zurück und lässt sich wiedereingliedern.

© iStock / Edwin Tan

Modelle für die berufliche Wiedereigliederung

Das Berufsleben ist nach einem Unfall oder nach einer langen körperlichen oder psychischen Krankheit anders als zuvor. Wer lange ausgefallen ist, kann normalerweise nicht sofort mit 100 Prozent wieder durchstarten. Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber sind daher seit dem Jahr 2004 dazu verpflichtet, Beschäftigten nach einer Krankheit für den Wiedereinstieg in den Beruf ein sogenanntes Betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM) anzubieten. Arbeitgeber und -geberinnen müssen es allen Mitarbeitenden ermöglichen, die innerhalb eines Jahres sechs Wochen ununterbrochen oder wiederholt arbeitsunfähig sind.

Die Teilnahme daran ist für betroffene Beschäftigte freiwillig, niemand kann gezwungen werden. Ein langsamer Einstieg nach langer Krankheit ist aber häufig sinnvoll, um einem Rückfall in die Krankheit durch Überlastung und Überforderung vorzubeugen. Daher sind vertrauensbildende Gespräche zwischen Rückkehrenden und der Führungskraft über Ziel und Ablauf der BEM-Gespräche im Vorfelde sehr wichtig.

Zum BEM gehören verschiedene Aspekte: Wie kann die Arbeitsfähigkeit erhalten bleiben? Welche Belastungen am Arbeitsplatz, die eine Neuerkrankung verursachen könnten, müssen abgebaut oder vermieden werden,? Welche Unterstützung brauchen Sie als Arbeitnehmer oder Arbeitnehmerin, damit Sie nicht erneut arbeitsunfähig werden oder gar eine Frühverrentung befürchten müssen? Welche Arbeitsbelastung ist zumutbar beziehungsweise sollte die Arbeitszeit sukzessive erhöht werden?

Weitere Informationen

Was ist das Betriebliche Eingliederungsmanagement?

Das Betriebliche Eingliederungsmanagement dient dazu, Beschäftigte nach Krankheit oder Unfall wieder in den Betrieb und das Arbeitsleben einzugliedern und weiteren Ausfällen vorzubeugen. Die Initiative für diese unterstützte Form des beruflichen Wiedereinstiegs nach Krankheit geht vom Arbeitgeber aus. Stimmt der Beschäftigte zu, setzen sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer zusammen, um ergebnisoffen nach einer Lösung für die Wiedereingliederung zu suchen. Je nach Betrieb, Problemstellung und Wunsch des Beschäftigten können weitere Personen oder Stellen hinzugezogen werden, etwa der Betriebs- oder Personalrat, die Schwerbehindertenvertretung, das Integrationsamt oder der Betriebs- oder Personalarzt.

Vielleicht reicht es schon aus, den Arbeitsplatz organisatorisch oder räumlich umzugestalten. Manchmal sind aber auch weitere Leistungen erforderlich, etwa zur medizinischen Rehabilitation oder in Form anderer begleitender Hilfen im Arbeitsleben. Auch ein Tätigkeitswechsel oder die Anpassung der Arbeitszeiten durch eine Stufenweise Wiedereingliederung – auch Hamburger Modell genannt – kann ergänzend zum BEM sinnvoll sein.

Wichtig

Scheuen Sie nicht davor zurück, entsprechende Angebote für die Wiedereingliederung in den Beruf anzunehmen. Nach einer langen Krankheit ist es wichtig, dass Sie behutsam zurück ins Arbeitsleben kehren und Unterstützung annehmen.

Was ist das Hamburger Modell?

Eine Möglichkeit für den beruflichen Wiedereinstieg nach Krankheit stellt die Stufenweise Wiedereingliederung (StW) dar. Dabei nehmen Sie Ihre Tätigkeit in mehreren Stufen wieder auf, das heißt, Sie erhöhen langsam Ihre Arbeitszeit und führen auf Ihren Leistungsstand angepasste Aufgaben im Betrieb aus. Die Teilnahme ist für Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber sowie Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer freiwillig.  

Mit dem Hamburger Modell können Sie Schritt für Schritt wieder in den Beruf einsteigen. Diese Form der Wiedereingliederung wird als Maßnahme der medizinischen Rehabilitation eingeleitet. Den Antrag stellt Ihr behandelnder Arzt oder Ihre Ärztin. Die Maßnahme startet bereits bei noch bestehender Arbeitsunfähigkeit, aber nur, wenn der Sozialversicherungsträger – also Ihre Krankenkasse, die Rentenversicherung oder die Agentur für Arbeit – und Ihr Arbeitgeber zustimmen und wenn absehbar ist, dass Sie bald wieder arbeiten können. Das BEM und die stufenweise Wiedereingliederung nach dem Hamburger Modell stehen übrigens nicht isoliert nebeneinander. Sie können beim Wiedereinstieg beides nutzen, wenn es sinnvoll erscheint.

Ältere Frau möchte nach Krankheit in ihren alten Beruf zurück, ihr Arzt berät sie bei der Wiedereingliederung.

© iStock / Geber86

Den Antrag über eine Wiedereingliederung nach Krankheit in den alten Beruf stellt der behandelnde Arzt oder die behandelnde Ärztin in enger Absprache mit den Betroffenen.

Was ändert sich nach längerer Erkrankung im Berufsleben?

Wenn Sie nach einer längeren Erkrankung von über sechs Wochen in den Beruf zurückkehren möchten, haben Sie möglicherweise noch keine genaue Vorstellung von Ihrer Belastbarkeit. Vielleicht müssen Sie erst noch die Auswirkungen der Behandlung verarbeiten, etwa nach einer Krebstherapie. Wie also gelingt der Wiedereinstieg in den Beruf am besten? Wichtig ist: Nehmen Sie sich Zeit für eine genaue Selbstbeobachtung. Testen Sie aus, wie leistungsfähig Sie im Alltag schon wieder sind. Leistungsschwankungen und Erschöpfungszustände sind nach langer Krankheit normal. Sie zu akzeptieren ist wichtig für die Selbstfürsorge. Der Austausch mit anderen Betroffenen in einer Selbsthilfegruppe oder die Begleitung durch eine Therapeutin oder einen Therapeuten oder Coach kann in dieser Phase hilfreich sein.

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Besteht ein Anspruch auf die vorherige Position?

Ihr Arbeitgeber kann Ihnen bei der Wiedereingliederung in den Beruf einen anderen Arbeitsplatz zuweisen. Einen Anspruch auf die gleiche Position wie vor der Erkrankung haben Sie leider nicht. Grundsätzlich kann der Aufgabenbereich also verändert werden, doch in der Regel hat der Arbeitgeber ein Interesse, qualifizierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auch wieder entsprechend ihrer Fähigkeiten einzusetzen. Nicht immer jedoch sind Ersatzarbeitsplätze vorhanden, so dass besprochen werden muss, an welchem Arbeitsplatz Mitarbeitende bestmöglich eingesetzt werden können. Die Anschaffung von Hilfsmitteln kann den Wiedereinstieg in den alten Aufgabenbereich erleichtern.

Fällt ihr Arbeitsplatz während der Erkrankung weg, ist generell auch eine betriebsbedingte Kündigung möglich. Das gilt jedoch nur, wenn der Arbeitsplatz tatsächlich wegfällt. Solange Sie anderweitig weiterbeschäftigt oder an einen anderen Arbeitsort versetzt werden können, ist eine betriebsbedingte Kündigung unwirksam.

Wer bestimmt in der Wiedereingliederung die Arbeitszeiten?

In einer mehrwöchigen, in Ausnahmen auch mehrere Monate dauernden Maßnahme werden die Arbeitszeit und die Belastung stufenweise und immer in Absprache zwischen Arzt und Arbeitnehmerin oder Arbeitnehmer erhöht. In der Regel arbeiten Vollzeitkräfte mindestens zwei Stunden pro Arbeitstag und steigern ihre Arbeitszeit nach einigen Wochen stundenweise, Teilzeitkräfte entsprechend weniger. Ein Wiedereingliederungsplan hält die Vereinbarungen und Arbeitszeiten schriftlich fest.

Bekommen Arbeitnehmer in der Wiedereingliederung Gehalt?

Um keinen Druck aufzubauen, hat Ihr Arbeitgeber in der Zeit der Wiedereingliederung keinen Anspruch auf Ihre Arbeitsleistung. Das heißt, er muss andere Beschäftigte für die Arbeit einsetzen, wenn Sie als Rückkehrer für den beruflichen Einstieg nach einer längeren Krankheit wider Erwarten doch noch mehr Zeit benötigen oder überlastet sind. Er zahlt Ihnen während der Maßnahme aber auch kein Gehalt, denn Sie gelten auch in dieser Zeit noch als arbeitsunfähig. Sie beziehen während der Zeit der Wiedereingliederung Krankengeld der gesetzlichen Krankenkassen oder Übergangsgeld der gesetzlichen Rentenversicherung.

Wann ist der richtige Zeitpunkt zum Wiedereinstieg in den Beruf?

Auch wenn die familiäre Situation oder finanzielle Zwänge es erfordern, möglichst schnell wieder in den Beruf zurückzukehren: Besprechen Sie die Rückkehr in den Beruf ausführlich mit Ihrer Ärztin oder Ihrem Arzt, um alle medizinischen Fragen zu klären, die den Arbeitsalltag betreffen könnten. Lassen Sie sich so lange Zeit, bis Sie gesundheitlich stabil und den Herausforderungen auch psychisch wieder gewachsen sind. Denn die Rückkehr in den Beruf ist oft von Unsicherheiten begleitet und viele Betroffene fragen sich, ob sie den Wiedereinstieg überhaupt durchhalten werden. Das ist völlig normal. Bei der Entscheidungsfindung, ob der Zeitpunkt für die Rückkehr in den Job schon gekommen ist, kann es zum Beispiel helfen, die Argumente für und gegen den Weg zurück ins Arbeitsleben aufzuschreiben.

All diese Maßnahmen sollen dazu beitragen, dass Ihnen nach langer Krankheit der Wiedereinstieg in den Beruf problemlos gelingt.

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