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Handstand und Kopfstand lernen: Ist Herz über Kopf gesund?

Veröffentlicht am:30.05.2025

7 Minuten Lesedauer

Bei einem Hand- und Kopfstand ist das Herz über Kopf und Lunge. Ist das gefährlich? Oder kann es sogar gesundheitliche Vorteile mit sich bringen? Dr. Rohleder und Dr. Möller von der Deutschen Sporthochschule wissen die Antworten.

Zwei junge Frauen am Strand, eine macht einen Handstand, die andere springt mit erhobenen Händen in die Höhe.

© iStock / DavorLovincic

Hand- und Kopfstand gehören zu den bekanntesten Gymnastikübungen. Besonders Kinder probieren immer wieder gerne, sich auf die Hände zu stellen. Im Erwachsenenalter ist die Übung häufig nur noch etwas für Fitnessenthusiasten. Dabei lohnt es sich, die Welt ab und zu auf den Kopf zu stellen. Zwei Experten der Deutschen Sporthochschule Köln über die Vorteile von Hand- und Kopfstand und wie Sie die Übungen am besten erlernen.

Dr. Jonas Rohleder lehrt Gerätturnen am Institut für Vermittlungskompetenz. Er vermittelt sein Wissen Schul-, Leistungs- und Spitzensporttreibenden.

Dr. Fabian Möller lehrt Sporttauchen am Institut für Vermittlungskompetenz. Als Tauchlehrer unterstützt er das Unterwasser-Training von Astronauten und Astronautinnen der European Space Agency (ESA) sowie die Ausbildung von Tauchlehrern und Tauchlehrerinnen im Verband Deutscher Sporttaucher (VDST).

Wie kann man einen Hand- und Kopfstand richtig lernen?

Dr. Rohleder: Die Übungen sind nicht gerade leicht. Wichtig ist es, den Körper als Ganzes zu stabilisieren. Gelingt das nicht, kann das zu Schmerzen an der Wirbelsäule führen, da sie übermäßig gestreckt wird. Um die Übungen technisch sauber vorzubereiten, ist es wichtig, nicht nur den Hand- beziehungsweise Kopfstand zu üben, sondern erstmal zu lernen, das Becken und den Schultergürtel zu stabilisieren. Das trainiert man am besten vorab.

Mit welchen Übungen trainiert man Becken und Schultergürtel?

Dr. Rohleder: Die vorbereitenden Übungen ähneln sehr stark dem, was man aus der Beckenbodengymnastik kennt. Mit dem Aufrichten des Beckens lernen Trainierende, wie sie die richtige Muskulatur ansteuern. Sie können sich etwa mit dem Rücken an die Wand stellen und versuchen, den unteren Rücken, also die Lendenwirbelsäule, an die Wand zu drücken. Das ist gar nicht so einfach, ohne dass noch eine Hand dazwischen passt.

Auch für den Schultergürtel gibt es vorbereitende Übungen, die man machen kann, ohne sich gleich auf die Hände stellen zu müssen. Ich spreche von der guten alten Plank oder dem Katzenbuckel, bei dem man die Schulterblätter an den Brustkorb herandrückt.

Der Plank eignet sich gut, um Schultergürtel und Körpermitte auf einen Handstand bzw. Kopfstand vorzubereiten – so machen Sie die Übung richtig.

Wie sehen die nächsten Schritte aus, um die Übungen zu lernen?

Dr. Rohleder: Die nächsten Schritte sind immer von den Voraussetzungen abhängig, die eine Person mitbringt, deswegen gibt es nicht den Königsweg. Die Mischung macht‘s. Neben den Übungen für die Stabilisierung ist es wichtig, die Stützbelastung zu trainieren.

Trainierende müssen lernen, über die Arbeit in den Handgelenken die Balancekontrolle aufrechtzuerhalten. Für Anfängerinnen und Anfänger gibt es die Möglichkeit, sich auf die Hände zu stellen und dabei die Füße auf einem Mattenblock oder einem Tisch abzulegen. So belastet man die Handgelenke nicht direkt mit 100 Prozent des Körpergewichts und muss sich noch nicht um die Stabilisation des Mittelkörpers kümmern. Auch der Handstand an der Wand lässt sich in verschiedenen Variationen üben. Zudem kann ein Yoga-Kopfstandhocker den Anfang auch sehr erleichtern.

Welche Variationen vom Handstand gibt es?

Dr. Rohleder: Je nachdem, welche Muskeln man trainieren möchte, kann man den Handstand mit dem Bauch oder mit dem Rücken zur Wand machen. Mit dem Bauch zur Wand trainiert man sehr gut die vordere Rumpfmuskulatur, insbesondere wenn die Hände mit ein bisschen Abstand zur Wand platziert werden. Mit dem Rücken zur Wand lässt sich das „Reinkrallen“ in den Boden durch die Beugung im Handgelenk üben. In dieser Position kann man auch versuchen, den Körper von der Wand wegzubewegen – allein durch die Arbeit aus dem Handgelenk.

Es hilft auch, sich hin und wieder in den Hand- oder Kopfstand aufzuschwingen, um zu überprüfen, ob man schon einen Effekt der Übungen spürt. Wichtig ist auf jeden Fall regelmäßiges Üben. Am besten irgendwo, wo viel Platz ist, sodass man theoretisch in alle Himmelsrichtungen auf die Füße fallen kann. Alternativ gibt jemand Hilfestellung und hält die Beine fest.

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Sind Hand- und Kopfstand gesund?

Dr. Möller: Das lässt sich so pauschal nicht sagen, und hängt unter anderem von der Ausführung und den körperlichen Voraussetzungen ab. Generell wirken sich der Handstand und der Kopfstand auf unterschiedliche Systeme unseres Körpers aus. Dazu gehören die Muskulatur, das Herz und die Atmung.

Welche Muskelgruppen trainieren wir beim Hand- und Kopfstand

Dr. Rohleder: Hand- oder Kopfstand sind Ganzkörperübungen, bei denen viele verschiedene Muskeln miteinander im Zusammenspiel arbeiten. Der Trainierende muss während der Überkopfposition versuchen, den Körper als Ganzes zu stabilisieren. Im Bereich des Hüftgelenks sind dafür der Bauchmuskel und die Gesäßmuskulatur verantwortlich.

Welchen Einfluss hat die Überkopflage auf die Organe?

Dr. Möller: Beim Hand- oder Kopfstand dreht sich einiges um: Der Rücktransport des Bluts zum Herzen wird leichter, weil die Schwerkraft hinzukommt. Gleichzeitig hat der Körper mehr Arbeit, die unteren Extremitäten mit Blut zu versorgen.

Mann in einer Yogagruppe lernt Kopfstand und erhält Hilfestellung von der Lehrerin.

© iStock / fizkes

Wer Handstand und Kopfstand lernen will, braucht zu Beginn viel Platz oder jemanden, der Hilfestellung leistet, um einen Sturz zu vermeiden.

Wie reagieren die Gefäße bei einem Hand- oder Kopfstand?

Dr. Möller: Es kommt zum sogenannten Baroreflex, also der Regulation des Blutdrucks innerhalb des Körpers. Das betrifft auch den Druck im Kopf. Mehr Blutvolumen im Kopf führt tendenziell eher zu einem höheren Druck. Ohne den Baroreflex würde sich der Druck innerhalb des Schädels so erhöhen, dass eine ärztliche Behandlung notwendig ist.

Kann der Baroreflex durch Hand- und Kopfstand trainiert werden?

Dr. Möller: Es gibt nicht so viele Studien darüber, wie sich der Baroeflex trainieren lässt. Wichtig ist immer die Frage, ob solche Anforderungen kurz- oder langzeitig sind. Beim Handstand sicherlich kurzzeitig. Wir müssen jeden Tag unseren Blutdruck regulieren – vom Sitzen zum Stehen oder zum Liegen. Wenn wir uns da weiteren Herausforderungen stellen, wie im Hand- oder Kopfstand, dann hilft das der Blutregulation und den Gefäßeigenschaften. Also, dass sie schnell auf Befehle im Kopf reagieren und sich weit- beziehungsweise engstellen können.

„Wir müssen jeden Tag unseren Blutdruck regulieren – vom Sitzen zum Stehen oder zum Liegen. Wenn wir uns da weiteren Herausforderungen stellen, wie im Hand- oder Kopfstand, dann hilft das der Blutregulation und den Gefäßeigenschaften.“

Porträt von Fabian Möller.

Dr. Fabian Möller
Lehrkraft für den Bereich Sporttauchen am Institut für Vermittlungskompetenz in den Sportarten der Deutschen Sporthochschule Köln

© Jonas Rohleder

Welche Probleme können Menschen mit einem schwachen Baroreflexe haben?

Dr. Möller: Das sehen wir bei Menschen, die über längere Zeiträume keinen Reizen ausgesetzt sind, etwa bei Personen, die bettlägerig sind. Wenn sie dann die Herausforderung haben, wieder schnell vom Liegen zum Stehen zu kommen, kippen sie meistens um. Der Blutdruck kann sich nicht schnell genug anpassen und das Blut in den Beinen versackt. Das heißt, die Gefäße stellen sich nicht eng und die Herzfrequenz steigt nicht schnell genug an.

Welchen Einfluss haben Hand- und Kopfstand auf die Atmung?

Dr. Möller: So wie die Lunge aufgebaut ist, haben wir in der aufrechten Position immer mehr Durchblutung im unteren Bereich der Lunge, wohingegen die Belüftung der Lunge eher im oberen Bereich stattfindet. In der Überkopfposition dreht sich das um. Es ergibt sich eine größere Durchblutung der Lunge und neue Bereiche der Lunge werden beansprucht. Das bedeutet: Venen, Arterien und auch Kapillaren, die teilweise gar nicht genutzt werden, werden durchblutet. Entscheidend ist, dass man während des Hand- oder Kopfstandes ruhig weiteratmet.

Gibt es Menschen, denen Sie Hand- und Kopfstand nicht empfehlen?

Dr. Rohleder: Der Handstand ist nicht ausreichend erforscht. Nur einzelne Studien beleuchten diese Übung. Ein Ergebnis deutet darauf hin, dass sie für Menschen mit hohem Augendruck nicht geeignet ist. Für Menschen, die diese Übungen auf Leistungsniveau ausführen, wie etwa Turnende, kann es sicherlich auch zum leichten chronischen Schmerz im Handgelenk oder in der Schulterpartie kommen – ohne dass diese Schmerzen den Alltag groß einschränken. Auf der anderen Seite legt eine Studie nahe, dass ein Handstand sich bei Herzrhythmusstörungen positiv auswirken kann.

Dr. Möller: Es gibt sicherlich Personen, denen man die Übungen nicht empfehlen würde. Etwa bei muskulären Problemen oder Schmerzen in den Gelenken. Genauso bei bestimmten Herzerkrankungen, bei denen man höhere Herzfrequenzen vermeiden will. Auch bei Lungenproblemen, wie einem Bluthochdruck der Lunge, ist ein Hand- beziehungsweise Kopfstand nicht ratsam. Aber wie gesagt, die Studienlage ist sehr dünn.

Bezüglich des Blutdrucks im Kopf ist wieder die Frage „kurz- oder langfristig“. Es gibt langfristig nämlich sehr negative Auswirkungen von einem erhöhten Druck im Kopf. Wir reden aber von Wochen und Monaten und nicht von den Sekunden und Minuten, die man im Handstand verbringt.

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